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32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §213Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Berger, die Hofrätin Dr. Koprivnikar sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspielgegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 28. März 2018, RV/7105344/2017, betreffend Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 Glücksspielgesetz für die Monate Februar 2012 bis November 2015 (mitbeteiligte Partei: R Ltd., vertreten durch Dr. Michael Sedlaczek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Die mitbeteiligte Partei, eine Gesellschaft mit Sitz in Malta, bot Spielern die Möglichkeit, vom Inland aus an diversen Online-Glücksspielen teilzunehmen. Sie besaß dafür jedoch keine inländische Konzession nach § 14 Glücksspielgesetz - GSpG.
2 Das revisionswerbende Finanzamt schrieb der mitbeteiligten Partei mit Bescheiden vom 24. Jänner 2017 die Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 2 GSpG für den Zeitraum 1. Februar 2012 bis 30. November 2015 vor.
3 Das Bundesfinanzgericht (BFG) gab mit dem angefochtenen Erkenntnis den dagegen erhobenen Beschwerden teilweise Folge und setzte unter Berücksichtigung der von der mitbeteiligten Partei geltend gemachten Vielspielerbegünstigungen die Glücksspielabgabe für die genannten Monate neu fest, wobei das angefochtene Erkenntnis für Dezember 2014 als Abgabe ein „Guthaben € 15.342,69“ ausweist. Das BFG sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Der vorliegende Revisionsfall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. Juni 2020, Ro 2018/17/0003, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es bei der Ermittlung der Jahresbruttospieleinnahmen im Zusammenhang mit der Besteuerung von elektronischen Lotterien nach § 57 Abs. 2 GSpG nicht zulässig ist, Boni und andere Vielspielerbegünstigungen, die nicht aufgrund eines überwiegend vom Zufall abhängigen Spielergebnisses gewährt werden, als Gewinne von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Stellen diese Begünstigungen einen von einer allfälligen weiteren Spielteilnahme unabhängigen Vermögenswert dar (z.B. bei Gewährung von Bargeldablösen) erhöhen diese im Falle ihrer späteren Verwendung als Einsätze die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe. Andernfalls mindern sie die Höhe der jeweiligen Einsätze im Ausmaß der in Anspruch genommenen Rabatte.
6 Auch im vorliegenden Revisionsfall hat das BFG in dieser Hinsicht die Rechtslage verkannt und das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
7 Darüber hinaus macht das revisionswerbende Finanzamt geltend, das BFG habe mit dem angefochtenen Erkenntnis als Glücksspielabgabe für den Monat Dezember 2014 zu Unrecht ein „Guthaben“ von € 15.342,69 festgesetzt.
8 Dazu ist Folgendes anzumerken:
9 Der Begriff „Guthaben“ ist ein Begriff der Abgabenverrechnung, der zum Ausdruck bringt, dass auf ein und demselben Abgabenkonto des Abgabepflichtigen per Saldo ein Überschuss zugunsten des Abgabepflichtigen besteht (vgl. VwGH 19.12.1991, 91/16/0066 bis 0068, mwN). Ein Guthaben entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt (vgl. VwGH 24.1.2013, 2012/16/0025).
10 Eine Gutschrift in bestimmter Höhe muss daher keineswegs zu einem Guthaben in gleicher Höhe führen. Haften auf dem Abgabenkonto eines Abgabepflichtigen Abgabenschuldigkeiten aus, so führt eine Gutschrift, die geringer ist als die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten, nicht zu einem Guthaben, sondern lediglich zu einer entsprechenden Minderung dieser aushaftenden Abgabenschuldigkeiten (vgl. wieder VwGH 19.12.1991, 91/16/0066 bis 0068, mwN).
11 Selbst wenn das BFG sich bei der Verwendung des Wortes „Guthaben“ nur im Ausdruck vergriffen hätte und ausführen hätte wollen, dass der mitbeteiligten Partei für den Kalendermonat Dezember 2014 eine Gutschrift aus dem Titel der Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 2 GSpG zustünde, erwiese sich dieses Vorgehen bereits mangels gesetzlicher Grundlage als rechtswidrig. Daraus folgt, dass das angefochtene Erkenntnis sich auch in dieser Hinsicht als rechtswidrig erweist.
12 Das angefochtene Erkenntnis war daher aus den genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
13 Von der Durchführung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, zumal bereits vor dem BFG eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Wien, am 10. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2018170004.J00Im RIS seit
10.11.2020Zuletzt aktualisiert am
10.11.2020