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L22003 Landesbedienstete NiederösterreichNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 2. Dezember 2019, Zl. LVwG-AV-306/001-2019, betreffend Disziplinarstrafe nach der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der im Jahr 1958 geborene Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.
2 Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 31. Jänner 2019 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, eine Dienstpflichtverletzung dadurch begangen zu haben, dass er entgegen § 26 Abs. 1 erster Satz in Verbindung mit §§ 30 und 30a der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972 in der Zeit vom 14. Juli 2016 bis 30. Oktober 2016 ungerechtfertigt vom Dienst abwesend gewesen sei. Es wurde über ihn als Disziplinarstrafe eine Geldstrafe in der Höhe von fünf Dienstbezügen verhängt.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 2. Dezember 2019 wurde eine dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 26. Februar 2020, E 108/2020-7, ablehnte und sie mit weiterem Beschluss vom 11. März 2020 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
5 Die vorliegende, innerhalb der Frist des § 26 Abs. 4 VwGG erhobene außerordentliche Revision erweist sich als unzulässig:
6 Gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2018/09/0115; 24.1.2019, Ra 2018/09/0210; 21.3.2018, Ra 2018/09/0017). Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. In der Zulässigkeitsbegründung ist daher konkret darzutun, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 29.1.2020, Ra 2019/09/0162; 25.4.2019, Ra 2019/09/0060; 7.7.2016, Ro 2016/09/0006).
9 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird zunächst geltend gemacht, der Verwaltungsgerichtshof sei in seinem - den vom Verwaltungsgericht bestätigten Bescheid über die Einleitung des gegenständlichen Disziplinarverfahrens betreffenden - Beschluss vom 19. November 2019, Ra 2019/09/0050, nicht auf den besonderen Aspekt eingegangen, „dass es hier nicht um beliebige verschiedene Fachabteilungen [gemeint: Dienstrechtsabteilung und Disziplinarabteilung] geht, sondern um Fachabteilungen mit dem stärksten überhaupt denkbaren inneren Zusammenhang“. Der Verwaltungsgerichtshof habe den Zurückweisungsbeschluss auf Judikatur gestützt, die diese Besonderheiten nicht zum Gegenstand gehabt hätten. Es bestehe damit das Erfordernis, dass sich das Höchstgericht „nunmehr mit diesen Besonderheiten auseinandersetzt, da sie grundsätzliche Bedeutung haben und auch eine hohe Zahl von Gesetzesadressaten (potentiell)“ beträfen.
10 Zu diesem - auf eine nochmalige Beurteilung der Frage der Verjährung abzielenden - Vorbringen kann auf den genannten Beschluss vom 19. November 2019, Ra 2019/09/0050, sowie auf die ständige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach bereits bei Erlassung des durch ein ordentliches Rechtsmittel bekämpfbaren Einleitungsbeschlusses die Frage der Verjährung zu beurteilen war, sodass diese Frage daher nicht neuerlich aufgeworfen werden kann (vgl. etwa VwGH 25.9.2019, Ro 2019/09/0006 [zum K-GBG], mit Verweis auf VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0050 [zum HDG 2002]; 23.2.2017, Ra 2016/09/0113 [zum HDG 2014]; 14.11.2002, 2001/09/0008; 17.11.1994, 94/09/0112; 27.4.1989, 88/09/0004 [zum BDG 1979]). Mit dem wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen kann daher eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, von deren Lösung das Schicksal der vorliegenden Revision abhängt, nicht aufgezeigt werden.
11 In der Zulässigkeitsbegründung wird im Weiteren geltend gemacht, es bedürfe auch in Ansehung „der Kriterien für die Beurteilung der Schuldfrage und die Strafbemessung“ einer höchstgerichtlichen Klärung. Der medizinische Sachverständige habe in der Verhandlung vor der belangten Behörde - im Folgenden wörtlich wiedergegebene - Aussagen gemacht. Die gegenständliche Sache sei dadurch charakterisiert, dass es für den Revisionswerber „objektiv gute Gründe dafür gegeben“ habe, sich „als dienstunfähig anzusehen“, dies ungeachtet des Umstandes, dass „letztlich rechtlich verbindlich“ festgestanden sei, dass er als dienstfähig anzusehen gewesen sei. Dies sei bei der Beurteilung der Verschuldensfrage und der Strafbemessung nicht berücksichtigt worden.
12 Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass der Revisionswerber damit nicht von dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt ausgeht, hat dieses doch u.a. festgestellt, dass der Revisionswerber im gesamten Tatzeitraum seine Dienstfähigkeit fahrlässig verkannt habe, da ihm einerseits die auf fachmedizinischen Gutachten beruhende dienstbehördliche Beurteilung seiner Dienstfähigkeit, die sämtliche im Tatzeitraum vorgelegenen Beeinträchtigungen seiner Gesundheit umfasst habe, bekannt gewesen sei und er andererseits über keine Informationen verfügt habe, die ihn dennoch auf das Vorliegen von Dienstunfähigkeit vertrauen hätten lassen dürfen.
13 Soweit mit diesen Ausführungen - die allerdings nicht darlegen, warum der Revisionswerber der Ansicht ist, aus den wiedergegebenen Aussagen des Sachverständigen ableiten zu können, es habe „objektiv gute Gründe“ dafür gegeben, sich als dienstunfähig anzusehen, aber die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes bekämpft wird, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 30.3.2020, Ra 2019/09/0057; 29.10.2019, Ra 2019/09/0146; 22.5.2019, Ro 2019/09/0002). Derartiges wird hier aber nicht aufgezeigt.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 15. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020090030.L00Im RIS seit
02.11.2020Zuletzt aktualisiert am
02.11.2020