Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.
Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Thomas Stegmüller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Helmut Frick (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** L*****, vertreten durch LIKAR Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei U***** D*****, vertreten durch Cho? & Axmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, wegen 91,40 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Februar 2020, GZ 7 Ra 74/19k-11, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. September 2019, GZ 24 Cga 83/19v-7, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 169,75 EUR (darin 28,29 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war bei der Beklagten als Tankstellenarbeiterin von 2. 1. 2019 bis 12. 2. 2019 in einer Fünftagewoche mit 40 Stunden vollzeitbeschäftigt. Die Klägerin arbeitete auch am Sonntag, den 6. 1. 2019, von 6:30 Uhr bis 16:30 Uhr (10 Stunden). Am 4. und 5. 1. 2019 hatte sie nicht gearbeitet. Die Klägerin erhielt für ihre gesamte Tätigkeit den vereinbarten Bruttomonatslohn von 1.583 EUR bezahlt, aber kein (zusätzliches) Feiertagsarbeitsentgelt für den 6. 1. 2019 (Heilige Drei Könige).
Die Klägerin begehrt von der Beklagten 91,40 EUR an Feiertagsarbeitsentgelt für die am 6. 1. 2019 geleisteten Arbeitsstunden.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass für einen Feiertag, der auf einen Sonntag falle, kein zusätzliches Feiertagsarbeitsentgelt gebühre.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Gemäß § 7 Abs 7 ARG gelte ein Feiertag, der auf einen Sonntag falle, nicht als Feiertag. Der Klägerin stünde daher kein zusätzliches Feiertagsarbeitsentgelt zu.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge und ließ die Revision nicht zu.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, das Klagebegehren abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer vom Senat freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision der Klägerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur hier strittigen Rechtsfrage noch nicht Stellung genommen hat; sie ist jedoch nicht berechtigt.
1. Die Feiertagsruhe wird in § 7 ARG geregelt: Nach dessen Abs 1 hat der Arbeitnehmer an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden, die frühestens um 0:00 Uhr und spätestens um 6:00 Uhr des Feiertags beginnen muss. Feiertag im Sinne des ARG ist ua der 6. Jänner (Heilige Drei Könige). Fällt ein Feiertag auf einen Sonntag, so sind die §§ 3 bis 5 ARG anzuwenden (§ 7 Abs 7 ARG). §§ 3 bis 5 ARG enthalten Bestimmungen zur Wochenendruhe (§ 3 ARG) und Wochenruhe (§ 4 ARG) sowie abweichende Regelungen der wöchentlichen Ruhezeit (§ 5 ARG).
2. Gemäß § 9 Abs 1 ARG behält der Arbeitnehmer für die infolge eines Feiertags oder der Ersatzruhe (§ 6 ARG) ausgefallene Arbeit seinen Anspruch auf Entgelt (das sog Feiertagsentgelt). Wird der Arbeitnehmer während der Feiertagsruhe beschäftigt, hat er außer dem Feiertagsentgelt nach § 9 Abs 1 ARG Anspruch auf das für die geleistete Arbeit gebührende Entgelt (das sog Feiertagsarbeitsentgelt), es sei denn, es wird Zeitausgleich im Sinne des § 7 Abs 6 ARG vereinbart (§ 9 Abs 5 ARG).
3. § 9 Abs 5 ARG, auf welche Bestimmung die Revisionswerberin ihren Anspruch auf Feiertagsarbeitsentgelt für die von ihr am 6. 1. 2019 geleistete Arbeit stützt, sieht die Zahlung eines Feiertagsarbeitsentgelts nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer während der Feiertagsruhe beschäftigt wird. § 9 Abs 5 ARG stellt somit auf die Feiertagsruhe und nicht auf den Feiertag an sich ab. Da § 7 Abs 7 ARG aber inhaltlich anordnet, dass bei einem Zusammenfallen von Feiertag und Sonntag die Wochenendruhe (Sonntagsruhe) und nicht die Feiertagsruhe zur Anwendung gelangt, gebührt in diesem Fall (bei Beschäftigung während der Zeit der Wochenendruhe) kein Feiertagsarbeitsentgelt nach § 9 Abs 5 ARG, sondern (nur) Wochenruhe nach § 4 ARG oder Ersatzruhe nach § 5 ARG.
4. Diese Rechtsauffassung wird auch im Schrifttum einhellig vertreten: Lutz/Heilegger, Arbeitsruhegesetz5 § 7 Rz 59 bis 62; Pfeil in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 9 ARG Rz 2; Schrank, Arbeitszeit5, § 7 ARG Rz 11 f; Tomandl, Möglichkeiten und Grenzen der Arbeitszeitgestaltung Rz 82; Rauch, Feiertage während eines Krankenstands, ASoK 2018, 457 Pkt 3.2.; Lindmayr, Handbuch zur Arbeitszeit4 Rz 548; Resch, Feiertagsentlohnung im Schichtbetrieb, ecolex 2001, 463 Pkt 1.a).
5. Damit in Einklang stehen die Gesetzesmaterialien zu § 9 ARG (RV 1289 BlgNR 15. GP 20). Sie halten zur vergleichbaren Regelung des § 3 Abs 2 letzter Satz im subsidiär anwendbaren Feiertagsruhegesetz 1957 (§ 31 Abs 2 Z 1 ARG) fest, dass diese Bestimmungen, wonach für Arbeiten, die aufgrund geltender Ausnahmebestimmungen an Feiertagen geleistet werden, das auf die geleistete Arbeit entfallende Entgelt zu zahlen ist, dann nicht gelten, wenn ein Feiertag auf einen Sonntag fällt.
6. Aus dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Kollektivvertrag für Garagen-, Tankstellen- und Serviceunternehmen, aus dem die Klägerin ihren Klagsanspruch nicht ableitet, ergibt sich nichts Abweichendes.
7. Zusammengefasst hat ein Arbeitnehmer für die von ihm an einem Feiertag, der gleichzeitig ein Sonntag ist, geleistete Arbeit keinen Anspruch auf Feiertagsarbeitsentgelt nach § 9 Abs 5 ARG, weil in diesem Fall keine Beschäftigung während der Feiertagsruhe vorliegt (§ 7 Abs 7 ARG).
Der Revision der Klägerin war daher nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E129161European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:009OBA00029.20K.0729.000Im RIS seit
29.09.2020Zuletzt aktualisiert am
17.06.2021