TE OGH 2020/9/16 13Os62/20x

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Veröffentlicht am 16.09.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. September 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Pöttinger in der Strafsache gegen Marvin W***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 22. April 2020, GZ 16 Hv 98/19h-49, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Einziehungserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten zunächst dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Marvin W***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 2. Oktober 2019 in K***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Dennis K***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) 30 Euro, somit fremde bewegliche Sachen, unter Verwendung einer Waffe abgenötigt, indem er ein Jagdmesser gegen den Genannten richtete und ankündigte zuzustechen, sollte er ihm kein Bargeld geben.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider hat das Erstgericht beim Ausspruch über entscheidende Tatsachen die Aussage des Zeugen K***** und die leugnende Verantwortung des Angeklagten ebenso berücksichtigt wie die Tatsache, dass der Angeklagte bei seiner unmittelbar nach der Tat erfolgten Festnahme kein Bargeld, sondern Cannabis mit sich führte (vgl US 3 und 5 f). Soweit die Rüge aus den angesprochenen Verfahrensergebnissen dem Beschwerdestandpunkt günstigere Schlüsse zieht als das Erstgericht, erschöpft sie sich in einem Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof allerdings von einer nicht geltend gemachten, dem Angeklagten zum Nachteil gereichenden Nichtigkeit betreffend das Einziehungserkenntnis (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO):

Gewöhnliche Messer mit stumpfen Rücken, die über keine besondere Vorrichtung verfügen (wie Jagdmesser), sind in der Regel (nicht als Waffen im technischen Sinn, sondern) als Gebrauchsgegenstände anzusehen und daher nicht einzuziehen (vgl RIS-Justiz RS0082031).

Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB setzt voraus, dass die vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des betroffenen Gegenstands geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen durch den Täter selbst oder durch andere Personen entgegenzuwirken. Dabei spricht das Wort „geboten“ die Deliktstauglichkeit des Gegenstands an (RIS-Justiz RS0121298).

Feststellungen dazu als notwendige Grundlage der Gefährlichkeitsprognose hat das Erstgericht, das die gemäß § 26 Abs 1 StGB ausgesprochene Maßnahme der Einziehung des zur Tatbegehung verwendeten Jagdmessers (US 2) bloß mit dem Hinweis auf die genannte Gesetzesstelle begründet hat (US 8), nicht getroffen.

Da dem Berufungsgericht zufolge Beschränkung auf die der Berufung unterzogenen Punkte die amtswegige Wahrnehmung der die Einziehung betreffenden Nichtigkeit zu Gunsten des Angeklagten verwehrt ist, war diese vom Obersten Gerichtshof von Amts wegen aufzugreifen (§§ 285e erster Satz, 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Zunächst wird das Oberlandesgericht über die Berufung zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung, welche die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, KW-StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E129158

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00062.20X.0916.000

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.04.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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