Entscheidungsdatum
14.07.2020Norm
GewO 1994 §9Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte OG, ***, *** gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 14. November 2019, ***, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die A GmbH ist Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Elektrotechnik, unter Ausschluss der Errichtung von Alarmanlagen und der Hochspannung“ im Standort ***, ***.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 14. November 2019, ***, wurde der A GmbH die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Elektrotechnik, unter Ausschluss der Errichtung von Alarmanlagen und der Hochspannung“ im Standort ***, *** gemäß § 91 Abs. 2, § 87 Abs. 1, § 361 Gewerbeordnung 1994 entzogen.
In der Begründung wurde darauf verwiesen, dass Herr C, geb. ***, alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der A GmbH sei. Aufgrund dieser Funktionen komme ihm ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Gewerbeinhaberin zu.
Er habe es als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GmbH zu verantworten, dass das gegenständliche Gewerbe nach Ausscheiden von Herrn D als letztmaligem gewerberechtlichen Geschäftsführer vom 1.11.2017 an ausgeübt werde, ohne dass ein neuerlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt worden sei.
Dadurch werde das Tatbestandsmerkmal des schwerwiegenden Verstoßes gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, insofern verwirklicht, als der gewerberechtliche Geschäftsführer jene Person sei, die einerseits dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und andererseits der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich sei. Erschwerend komme hinzu, dass es sich beim gegenständlichen Gewerbe um ein Gewerbe handle, bei dessen Ausübung ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen gegeben sei.
Da auch drei diesbezüglich erlassene Strafverfügungen zu keinem Umdenken geführt hätten, sei Herrn C die erforderliche Zuverlässigkeit für die gegenständliche Gewerbeausübung abzusprechen, da dieser offenkundig nicht in der Lage oder nicht gewillt sei, die mit der Gewerbeausübung einhergehenden Bestimmungen und Verpflichtungen einzuhalten.
Mit Verfahrensanordnung der Gewerbebehörde vom 21. Mai 2019 sei die Gewerbeinhaberin nachweislich davon in Kenntnis gesetzt worden, dass dadurch die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 in Verbindung mit § 91 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 vorliegen würden und sei diese aufgefordert worden, Herrn C binnen einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Schreibens aus der Gesellschaft zu entfernen, widrigenfalls mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorgegangen werden müsste. Da nach wie vor kein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt sei und einer Firmenbuchabfrage vom 13. November 2019 zufolge trotz ergangener Verfahrensanordnung Herr C weiterhin als handelsrechtlicher Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der A GmbH eingetragen sei, sei die Gewerbeberechtigung zu entziehen gewesen.
Dagegen hat die A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte OG, ***, ***, fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu das Verfahren zur Ergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Dazu wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin auch nach Ausscheiden von Herrn D beinahe durchgehend über einen gewerberechtlichen Geschäftsführer verfügt habe, allerdings habe die Beschwerdeführerin bzw. ihr handelsrechtlicher Geschäftsführer in entschuldbarer Weise es verabsäumt, das tatsächliche Vorhandensein eines gewerberechtlichen Geschäftsführers der Gewerbebehörde nachweislich mitzuteilen. Festzuhalten sei, dass es keine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen gegeben habe und auch keine Schutzinteressen gefährdet gewesen seien, da es eben einen gewerberechtlichen Geschäftsführer gegeben habe, jedoch „bloß“ dessen Bestellung nicht fristgerecht angezeigt worden sei. Auch in den drei Strafverfügungen sei jeweils nur deshalb eine Strafe ausgesprochen worden, weil der neue gewerberechtliche Geschäftsführer der Behörde nicht angezeigt worden sei, nicht aber deshalb, weil es da keinen gegeben habe. Dass es verabsäumt worden sei, diesen der Behörde anzuzeigen, stehe im Zusammenhang mit großen finanziellen und privaten Schwierigkeiten des handelsrechtlichen Geschäftsführers und alleinigen Gesellschafters der Beschwerdeführerin.
Herr C betreibe das gegenständliche Unternehmen mit höchsten persönlichen Engagement, er habe einen ordentlichen Lebenswandel, die Kunden seien mit den erbrachten Leistungen sehr zufrieden, was für dessen Zuverlässigkeit spreche.
Im Detail wurde dazu vorgebracht, dass nach Ausscheiden von D als gewerberechtlichen Geschäftsführer per 31.10.2017 im Sommer 2018 E als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt und per 2.10.2018 bei der Gebietskrankenkasse angemeldet worden sei. Dies ergebe sich eindeutig aus der Korrespondenz zwischen C und der F. C sei sich auch sicher, dass er damals entsprechende Schreiben an die Behörde verfasst habe, um den neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer anzuzeigen, er könne sich jedoch nicht mehr daran erinnern, ob diese Anzeige auch verschickt worden sei. Anhand der Verfahrensereignisse sei jedoch davon auszugehen, dass im Sommer 2018 tatsächlich keine Anzeige gegenüber der Behörde erfolgt sei bzw. zumindest keine bei ihr eingelangt sei. Die genauen Umstände seien nicht mehr nachzuvollziehen, da er bzw. die Beschwerdeführerin Anfang 2019 Opfer eines Einbruchsdiebstahles geworden seien, wobei sämtliche Rechner und Geschäftsunterlagen gestohlen worden seien. E sei jedenfalls seit Sommer 2018 bis 11.2.2019 gewerberechtlicher Geschäftsführer gewesen, er sei in der Zwischenzeit neuerlich angestellt worden, um zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt zu werden. Eine diesbezügliche Meldung an die Behörde sei bereits ergangen.
Weiters wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2017 aufgrund des Konkurses der G GmbH massive wirtschaftliche Probleme gehabt habe, da sie damit eine Forderung in der Höhe von rund € 400.000 nicht mehr erhalten habe. Dies habe zu massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten geführt, was auch psychisch sehr belastend gewesen sei. In diese Zeit sei die erste Strafverfügung vom 17.7.2018 sowie die zweite Anzeige vom 6.9.2018 gefallen. Zu dieser Zeit sei C weitgehend damit beschäftigt gewesen, das Unternehmen wiederaufzubauen, was ihm letztlich auch gelungen sei. Im Sommer 2018 sei schließlich seine Tochter schwer an Epilepsie erkrankt, nur rund zwei Wochen nach dem ersten schweren Anfall der Tochter sei auch die Ehefrau schwer erkrankt. Aufgrund der persönlichen, wirtschaftlichen sowie finanziellen Sorgen und Existenzängste dürfte einiges „untergegangen“ sein, sodass möglicherweise vergessen worden sei, den neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer E der Gewerbebehörde anzuzeigen.
Das erste Strafverfahren habe sich überdies zeitlich mit der Bestellung von E überschnitten, welcher per 2.7.2018 angemeldet worden sei. Da der Tatzeitraum der ersten Strafverfügung vor dessen Anmeldung per 2.7.2018 gelegen sei, habe C die erste Strafverfügung auch anstandslos bezahlt.
Im Dezember 2018 habe er eine Doppelhaushälfte verkaufen müssen, um das Unternehmen der Beschwerdeführerin am Leben zu erhalten. In diese Zeit seien die zweite und dritte Strafverfügung gefallen, welche ihm nicht mehr erinnerlich seien. Es sei die Post auch an die Privatadresse von C zugestellt worden, es sei wahrscheinlich, dass seine Frau oder seine Kinder Post in Empfang genommen hätten und ihm nicht alle Schriftstücke immer übergeben hätten.
Anfang 2019 sei schließlich an der Privatadresse von C eingebrochen worden, es seien Firmenunterlagen, Festplatten und Laptops gestohlen worden. Dies habe damit zu tun gehabt, dass ein Firmenumzug geplant gewesen sei, weshalb der Geschäftsführer bereits zahlreiche Unterlagen in sein Wohnhaus mitgenommen habe. Kurze Zeit später sei erneut bei ihm eingebrochen worden, die Polizei sei damals von einem gezielten Angriff auf seinen Geschäftsbetrieb ausgegangen.
Auch diese zwei Einbrüche seien eine große psychische Belastung gewesen. Noch dazu habe er die gestohlenen Unterlagen in einer finanziell äußerst angespannten Situation wiederherstellen müssen.
Im Frühjahr 2019 habe schließlich die NÖGKK einen Antrag auf Konkurseröffnung über das Unternehmen der Beschwerdeführerin gestellt, welcher schließlich mit Beschluss vom 1. April 2019 abgewiesen worden sei, da die Konkursvoraussetzung der Zahlungsunfähigkeit nicht gegeben gewesen sei. In diese Zeit seien zusätzlich die Schreiben der Gewerbebehörde vom 1.4.2019 und 21.5.2019 gefallen, welche möglicherweise aufgrund der privaten und wirtschaftlichen Turbulenzen „untergegangen“ seien.
Im Sommer 2019 habe es schließlich Schäden an zwei unternehmerischen Fahrzeugen gegeben, wobei eines unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen sei und es zu einem annähernden Totalschaden gekommen sei. Einer seiner Mitarbeiter sei im Sommer 2019 krankheitsbedingt über einen Zeitraum von zwei Monaten ausgefallen, welche Umstände C schnellstmöglich lösen habe müssen.
Weiters sei festzuhalten, dass die Schreiben der Behörde von April und Mai 2019 an die private Wohnadresse zugestellt worden seien und nicht klar sei, wer die Schreiben übernommen habe und ob sie auch tatsächlich übergeben worden seien. Dies würde bedeuten, dass die Fehler eines Übernehmers der Poststücke nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren ausgelegt werden dürften. Insbesondere die Schreiben vom 1. April 2019 und vom 21. Mai 2019 seien C nicht erinnerlich.
Festzuhalten sei, dass C im Begriff sei, eine zweite Immobilie zu verkaufen, sodass das Unternehmen der Beschwerdeführerin sodann gänzlich schuldenfrei wäre. Zu seiner Zuverlässigkeit sei noch hervor zu streichen, dass er in zahlreichen weiteren Unternehmen federführend tätig sei, Geschäftsführertätigkeit innehabe und auch Allein- oder Mehrheitsgesellschafter sei, wobei all diese Unternehmen bestens geführt würden. Seine Zuverlässigkeit sei nicht in Zweifel zu ziehen, insbesondere bestehe eine positive Zukunftsprognose.
Ungeachtet dessen sei beabsichtigt, die überwiegenden Geschäftsanteile an der Beschwerdeführerin auf H zu übertragen, welcher auch als alleiniger Geschäftsführer eingesetzt würde.
Es bestehe daher insgesamt kein Grund, der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung zu entziehen, zumal C zuverlässig sei und sich ohnehin von der handelsrechtlichen Geschäftsführung zurückziehen wolle.
Weiters wurde auf die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 22.2.2018 verwiesen, in der ebenfalls eine positive Zukunftsprognose und getroffenen Maßnahmen honoriert worden seien und ausgesprochen worden sei, dass eine Entziehung der Gewerbeberechtigung im Lichte dessen nicht verhältnismäßig sei.
Schließlich wurde auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, der gegenständliche Fall sei jedoch hinsichtlich der Schwere und Zahl der Verwaltungsübertretungen nicht mit denen vergleichbar, die der Verwaltungsgerichtshof in ähnlichen Fällen als ausreichend angesehen habe, um den Tatbestand der schwerwiegenden Verstöße in ihrer Gesamtheit zu erfüllen.
Entscheidend sei letztlich, dass bzw. ob die dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Übertretungen solche seien, die zeigten, dass er die insbesondere zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze. Aus der geringen Zahl von lediglich drei Strafverfügungen bzw. der Verfahrensanordnung vom 21. Mai 2019, welcher nicht entsprochen worden sei, und unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung, lasse sich keineswegs die Prognose stellen, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen. Der VwGH habe acht Verurteilungen als zu gering erachtet, um eine Entziehung der Gewerbeberechtigung zu rechtfertigen, gegenständlich seien lediglich drei Strafverfügungen ergangen.
Schutzinteressen sei nicht verletzt worden, das Gewerbe sei ausgeübt worden, wobei es einen gewerberechtlichen Geschäftsführer gegeben habe, nämlich E, der über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfüge. Dieser sei angestellt und der Gebietskrankenkasse gemeldet worden. Demnach stelle die Ausübung des Gewerbes gegenüber den anderen Gewerbetreibenden auch keine Wettbewerbsverzerrung dar. Es seien auch keine Kundeninteressen verletzt worden, ebenso wenig seien öffentliche Interessen verletzt worden. Allein die Verletzung objektiver Anzeigepflichten lasse keinen Raum für eine gerechtfertigte Entziehung der Gewerbeberechtigung, welche als ultima ratio eine unverhältnismäßige Maßnahme sei.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2020 hat der Magistrat der Stadt St. Pölten die Beschwerde und den Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich hat am 7. Juli 2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Verlesung des Aktes des Magistrats der Stadt St. Pölten zur Zahl *** und des Aktes des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich zur Zahl LVwG-AV-235-2020, sowie durch Verlesung des Firmenbuchauszugs zur Firmenbuchnummer *** und der Auszüge aus dem Gewerbeinformationssystem Austria vom 6. Juli 2020 zu den GISA Zahlen *** betreffend die Gewerbeberechtigung „Baumeister“ der Beschwerdeführerin sowie *** zur gegenständlichen Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin. Schließlich wurde in dieser Verhandlung C als Zeuge einvernommen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:
Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:
Die A GmbH ist seit 13. Mai 2015 Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Elektrotechnik unter Ausschluss der Errichtung von Alarmanlagen und der Hochspannung“ im Standort ***, ***.
Gewerberechtlicher Geschäftsführer war zuletzt vom 12.5.2017 bis zum 31.10.2017 D, geb. ***. Seit 1.11.2017 wird das gegenständliche Gewerbe ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer ausgeübt.
Handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GmbH war seit deren Gründung C, dessen Funktion wurde am 9.4.2020 gelöscht. Er war weiters seit der Gründung deren Mehrheitsgesellschafter neben I, nach der Löschung von dessen Funktion mit 15.3.2018 war er alleiniger Gesellschafter, seit 9.4.2020 ist er neben J und H Gesellschafter.
Gegen C liegen folgende rechtskräftige Strafverfügungen vor:
1. Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 17. Juli 2018, ***:
Mit dieser Strafverfügung wurde über C eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 verhängt, da er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GmbH, welche Inhaberin der Gewerbeberechtigung „Lüftungstechnik, verbunden mit Heizungstechnik“ im Standort ***, *** ist, zu verantworten hat, dass kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer der Behörde bis zumindest 12.6.2018 angezeigt wurde, obwohl der gewerberechtliche Geschäftsführer mit Wirkung vom 30.10.2017 ausgeschieden ist und das Gewerbe vom 30.10.2017 bis zumindest 12.6.2018 ausgeübt wurde.
2. Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 25. Oktober 2018, ***:
Mit dieser Strafverfügung wurde über C eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 verhängt, da er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GmbH, welche Inhaberin der Gewerbeberechtigung „Lüftungstechnik, verbunden mit Heizungstechnik“ im Standort ***, *** ist, zu verantworten hat, dass kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer der Behörde bis zumindest 6.9.2018 angezeigt wurde, obwohl der gewerberechtliche Geschäftsführer mit Wirkung vom 31.10.2017 ausgeschieden ist und das Gewerbe vom 31.10.2017 bis zumindest 6.9.2018 ausgeübt wurde.
3. Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 8. Jänner 2019, ***:
Mit dieser Strafverfügung wurde über C eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 verhängt, da er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GmbH, welche Inhaberin der Gewerbeberechtigung „Lüftungstechnik, verbunden mit Heizungstechnik“ im Standort ***, *** ist, zu verantworten hat, dass kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer der Behörde bis zumindest 10.12.2018 angezeigt wurde, obwohl der gewerberechtliche Geschäftsführer mit Wirkung vom 31.10.2017 ausgeschieden ist und das Gewerbe vom 31.10.2017 bis zumindest 10.12.2018 ausgeübt wurde.
Mit Schreiben des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 1. April 2019 wurde die nunmehrige Beschwerdeführerin auf die Bestimmung des § 9 Abs. 2 GewO 1994 hingewiesen, wonach nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden darf. Dieses Schreiben wurde nachweislich am 5.4.2019 zugestellt, diesem Schreiben war bereits ein Schreiben der Behörde vom 12.12.2017 vorausgegangen, worin über diese gesetzlichen Vorgaben aufgrund des Ausscheidens von Herrn D hingewiesen wurde.
Mit Verfahrensanordnung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 21. Mai 2019, ***, wurde die A GmbH unter Hinweis auf das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers und der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes seit 1.11.2017 ohne Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sowie die Erlassung von drei Strafverfügungen aufgefordert, Herrn C, welchem als dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ und als alleinigem Gesellschafter der A GmbH ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zukomme, innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Schreibens zu entfernen, widrigenfalls mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorgegangen werden müsse. Da er es somit als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gewerbeinhaberin zu verantworten habe, dass ein Gewerbe, welches mit einer besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden sei, seit nunmehr rund 17 Monate ausgeübt werde, ohne einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt zu haben, und auch drei diesbezüglich erlassene Strafverfügungen zu keinem Umdenken geführt hätten, besitze Herr C nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes.
Diese Verfahrensanordnung wurde der nunmehrigen Beschwerdeführerin nachweislich zugestellt.
Die Entfernung von C innerhalb der mit Verfahrensanordnung bestimmten Frist erfolgte nicht, seine Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer wurde am 9.4.2020 im Firmenbuch gelöscht, weiters ist er seit 9.4.2020 nicht mehr alleiniger Gesellschafter.
Von der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde mit 2.7.2018 E bei der Sozialversicherung angemeldet, wobei als Tätigkeit „Gewerberechtlicher GF“ angegeben wurde. Eine Anzeige gegenüber der Behörde gemäß § 39 Gewerbeordnung 1994 erfolgte nicht. Im Gewerbeinformationssystem Austria ist folglich kein gewerberechtlicher Geschäftsführer seit 1.11.2017 eingetragen. Mit 11.2.2019 wurde E aufgrund einer einvernehmlichen Lösung wieder abgemeldet und am 10.12.2019 wieder angemeldet.
Weder die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich noch die Wirtschaftskammer NÖ haben sich gegen die Entziehung der Gewerbeberechtigung ausgesprochen.
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund folgender Beweiswürdigung:
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich aufgrund des unbedenklichen Aktes der Verwaltungsbehörde, in dem auch die drei genannten Strafverfügungen enthalten sind. Ergänzend wurde Einsicht in das Gewerbeinformationssystem Austria genommen, woraus zweifelsfrei hervorgeht, dass seit 1.11.2017 das gegenständliche Gewerbe ausgeübt wird, ohne dass nach Ausscheiden des letzten gewerberechtlichen Geschäftsführers ein neuer bestellt wurde.
Aus dem Firmenbuch zur Firmenbuchnummern *** ergibt sich, dass C seit 10.10.2014 handelsrechtlicher Geschäftsführer war, nach Löschung von dessen Funktion am 9.4.2020 ist nun J handelsrechtlicher Geschäftsführer. Weiters gehen aus dem Firmenbuchauszug die geänderten Gesellschafterverhältnisse hervor.
Weiters ist im vorgelegten Verwaltungsakt der Zustellnachweis betreffend die Zustellung der Verfahrensanordnung enthalten. Demnach wurde das Feld Empfänger angekreuzt und die Verfahrensanordnung am 27.5.2019 übernommen. C hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Paraphen nicht von ihm stammen. Bei dem Rückschein (Formular 4/2 zu § 22 des Zustellgesetzes) handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die nach § 47 AVG in Verbindung mit § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist widerlegbar, wobei die Behauptung der Unrichtigkeit des Beurkundeten entsprechend zu begründen ist und Beweise dafür anzuführen sind, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (vgl. VwGH 28.10.2008, 2007/05/0205 m.w.N.). Im Akt der Behörde ist auf dem Bescheid ein Vermerk angebracht, wonach der Entziehungsbescheid persönlich am 20.11.2019 übernommen wurde. Diesbezüglich hat der Empfänger die Übernahme mit einer Paraphe bestätigt, diese Paraphe weist nun eine gewisse Ähnlichkeit mit der Paraphe auf dem RSb-Abschnitt betreffend die Übernahme der Verfahrensanordnung insofern auf, als ein Buchstabe (vermutlich ein A) mit einem deutlichen Querstrich versehen wird. Bei der Übernahme des Bescheides scheint der Empfänger zusätzlich am Beginn ein P vermerkt zu haben sowie abschließend ein G, sodass Vor- und Nachnamen abgekürzt vermerkt sind. Vor allem aber ist festzuhalten, dass im Akt der belangten Behörde auch eine Kopie des Führerscheins mit einer Unterschrift von C enthalten ist, welche wieder etwas anders aussieht, jedoch ebenfalls einen deutlichen Querstrich aufweist. Außerdem hat C in der Verhandlung selbst angegeben, dass an der Zustelladresse keine Arbeitnehmer seien, er jedoch nicht wüsste, wer das Schriftstück übernommen habe. Das Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich geht daher davon aus, dass die Verfahrensanordnung von ihm selbst übernommen wurde, es ihm jedoch nicht mehr erinnerlich ist, dies insbesondere auch aufgrund des Vermerks „Empfänger“. Außerdem entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Unterschrift auf Zustellnachweisen oft nicht leserlich ist.
Weiters ist im Akt der belangten Behörde auch das Schreiben vom 1. April 2019 enthalten, welches aufgrund des im Akt enthaltenen Zustellnachweises in Verbindung mit der Aussage von C in der mündlichen Verhandlung von seiner Ehefrau übernommen wurde, dasselbe Schriftstück wurde auch zu eigenen Handen zugestellt und nach Einlegung der Verständigung über die Hinterlegung im Briefkasten beim zuständigen Postamt hinterlegt, wobei es schließlich als nicht behoben der Behörde retourniert wurde. Dass es bereits vor dem Schreiben vom 1. April 2019 ein weiteres Schreiben vom 12. Dezember 2017 gegeben hat, ergibt sich aus dem Schreiben vom 1. April 2019.
Der Beschwerde wurden schließlich die An- und Abmeldung von E bei der Gebietskrankenkasse angeschlossen, worauf die diesbezüglichen Feststellungen beruhen. Mit 10.12.2019 wurde er schließlich wieder bei der Sozialversicherung als Angestellter angemeldet.
Dass seit 1. November 2017 kein gewerberechtlicher Geschäftsführer für die gegenständliche Gewerbeberechtigung bestellt wurde, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria zur GISA-Zahl ***.
Den Beweisanträgen hinsichtlich der Zeugeneinvernahmen war nicht zu folgen, da diese sich einerseits auf die nicht entscheidungsrelevanten großen wirtschaftlichen und privaten Probleme von C bezogen haben, andererseits auf die unstrittige Anmeldung von E bei der Sozialversicherung, wohingegen von der Beschwerdeführerin selbst zugestanden wurde, das dessen Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer möglicherweise der Behörde nicht angezeigt worden sei. Soweit vorgebracht wurde, dass C die Strafverfügungen nicht erhalten habe, weil sie möglicherweise von Familienmitgliedern übernommen worden seien und ihm nicht zugekommen seien, ist festzuhalten, dass dieser Umstand insofern nicht entscheidungsrelevant ist, als das erkennende Gericht an diese rechtskräftigen Strafverfügungen gebunden ist.
In rechtlicher Hinsicht wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wie folgt erwogen:
Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:
§ 9 GewO 1994 lautet:
(1) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) können Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben.
(2) Scheidet der Geschäftsführer aus, so darf das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist oder in den vorangegangenen zwei Jahren vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe insgesamt länger als sechs Monate ohne Geschäftsführer ausgeübt wurde.
(3) Sofern eingetragene Personengesellschaften ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, ausüben wollen, muß ein persönlich haftender Gesellschafter, der nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, oder ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer zum Geschäftsführer (§ 39) bestellt werden. Diese Bestimmung gilt nicht für die in § 7 Abs. 5 angeführten Gewerbe, die in der Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden; weiters ist diese Bestimmung im Falle des Todes des Geschäftsführers (§ 39) nicht anzuwenden, wenn die Gesellschaft nach dem Tod dieses persönlich haftenden Gesellschafters das Gewerbe weiter ausübt, bis zur Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung nach diesem Gesellschafter, im Falle des vorherigen Ausscheidens der Verlassenschaft aus der Gesellschaft nur bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens.
….
§ 39 Abs. 1 GewO 1994 lautet:
(1) Der Gewerbeinhaber kann für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde (§ 333) gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Der Gewerbeinhaber hat einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn er den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann oder wenn er keinen Wohnsitz im Inland hat. Für Gewerbeinhaber, die keinen Wohnsitz im Inland haben, entfällt die Verpflichtung, einen Geschäftsführer zu bestellen, wenn
1. die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen durch Übereinkommen sichergestellt sind, oder
2. es sich um Staatsangehörige eines Vertragsstaates des EWR handelt, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat des EWR haben, oder
3. es sich um Staatsangehörige der Schweizerischen Eidgenossenschaft handelt, die ihren Wohnsitz in der Schweiz oder in einem Vertragsstaat des EWR haben.
§ 87 Abs. 1 Z. 3 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lautet auszugsweise:
(1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn
…
3. der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt
….
Schutzinteressen gemäß Z. 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen aus dem Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. III Abs. 1 Z. 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008). Die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne der Z. 3 liegt auch dann nicht vor, wenn eine Eintragung eines Unternehmens in die Liste gemäß § 8 Abs. 10 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG, BGBl. I Nr. 113/2015, aufgrund des § 8 Abs. 3 Z. 4 SBBG vorliegt.
…
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob es sich bei den festgestellten Verwaltungsübertretungen des Gewerbetreibenden um schwerwiegende Verstöße im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 handelt, danach zu beurteilen, ob sich unter Berücksichtigung der Art der verletzten Schutzinteressen und der Schwere ihrer Verletzung der Schluss ziehen lässt, der Gewerbetreibende sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen (vgl. VwGH 26.2.2014, Ro 2014/04/0013; 9.4.2013, 2012/04/0151; 14.3.2012, 2011/04/0209; 18.6.2012, 2012/04/0026; 28.2.2012, 2011/04/0171 etc.).
Ob schwerwiegende Verstöße vorliegen, ist auf Grund des bezughabenden Straferkenntnisses bzw. der Straferkenntnisse zu beurteilen. Schwere Verletzungen sind nach der Judikatur des VwGH etwa dann anzunehmen, wenn die Verstöße trotz erfolgter Bestrafung wiederholt begangen wurden (vgl. VwGH 23.5.2014, Ro 2014/04/0009 mit Verweis auf 11.9.2013, 2013/04/0107 sowie auf die Erkenntnisse vom 22.5.2012, 2012/04/0062 und vom 18.10.2012, 2012/04/0122, jeweils mwN). Da sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als zwingende Rechtsvermutung aus den schwerwiegenden Verstößen ergibt, bedarf es bei der Beurteilung, ob der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 erfüllt ist, keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbeinhabers (vgl. VwGH 13.12.2000, 2000/04/0180 mit Verweis auf E 14.4.1999, 99/04/0001; Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung 20113, § 87 Rz 14). Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass auf Grund von rechtskräftigen und nicht getilgten Bestrafungen feststeht, dass der Gewerbeinhaber schwerwiegende und noch nicht lange zurückliegende – somit für seine Zuverlässigkeit jedenfalls noch relevante – Verstöße rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. VwGH 23.5.2014, Ro 2014/04/0009 mwN). Bei bereits getilgten Bestrafungen ergibt sich jedoch die mangelnde Zuverlässigkeit nicht zwingend aus den rechtskräftigen Bestrafungen wegen schwerwiegender Verstöße. In solchen Fällen hat die Behörde anhand des sich aus den Verstößen ergebenden Persönlichkeitsbildes des Gewerbetreibenden zu beurteilen, ob dieser die Zuverlässigkeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 besitzt. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob der Gewerbetreibende in der Folge gleichartige Verstöße begangen hat, weil der Rückfall trotz rechtskräftiger Bestrafung ein wichtiges Indiz für die Unzuverlässigkeit darstellt (VwGH 25.6.2008, 2007/04/0137; Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung 20113, § 87 Rz 14).
Mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 17. Juli 2018, ***, wurde über C eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 verhängt, da er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GmbH, welche Gewerbeinhaberin des Gewerbes „Lüftungstechnik, verbunden mit Heizungstechnik“ im Standort ***, *** ist, zu verantworten hat, dass kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer der Behörde bis zumindest 12.6.2018 angezeigt wurde, obwohl der gewerberechtliche Geschäftsführer mit Wirkung vom 30.10.2017 ausgeschieden ist und das Gewerbe vom 30.10.2017 bis zumindest 12.6.2018 ausgeübt wurde.
Mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 25. Oktober 2018, ***, wurde über ihn eine weitere Geldstrafe in der Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 46 Stunden) gemäß § 367 Einleitungssatz Gewerbeordnung 1994 wegen desselben Tatbestandes verhängt, wobei als Tatzeitraum nunmehr die Zeit bis 6.9.2018 angelastet wurde.
Schließlich erfolgte mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt St. Pölten vom 8. Jänner 2019, ***, wegen dieses Tatbestandes eine weitere Geldstrafe, diesmal für den Tatzeitraum bis 10.12.2018.
Die nunmehrige Beschwerdeführerin übt das gegenständliche Gewerbe seit 13. Mai 2015 aus, wobei der letzte gewerberechtliche Geschäftsführer mit 31.10.2017 ausgeschieden ist, seit 1.11.2017 wurde der Behörde kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer angezeigt wurde.
Treten Ausschlussgründe wie die mangelnde Zuverlässigkeit, die gemäß § 87 zugleich Entziehungsgründe darstellen, nach dem für die Erlangung der Gewerbeberechtigung maßgeblichen Zeitpunkt bei Personen mit maßgebenden Einfluss auf den Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder eingetragenen Personengesellschaft auf, so ist das Verfahren gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 einzuleiten. Die in § 91 Abs. 2 GewO 1994 geregelte Entziehung der Gewerbeberechtigung stellt eine Sanktion für die Nichtentfernung der Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, dar; Änderungen im maßgebenden Sachverhalt nach Ablauf der dem Gewerbetreibenden gesetzten behördlichen Frist sind unbeachtlich (VwGH 29.6.2017, Ra 2017/04/0059 mit Hinweis auf B 17.2. 2016, Ra 2016/04/0012, mwN). Es ist daher alleine die Aufforderung der Gewerbebehörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 und deren rechtliche Beurteilung durch das Verwaltungsgericht maßgeblich.
Dementsprechend hat die Behörde mit nachweislich zugestellter Verfahrensanordnung vom 21. Mai 2019, ***, die A GmbH unter Hinweis auf das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers mit 31.10.2017 und die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes seit rund 17 Monaten ohne Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sowie die Erlassung von drei Strafverfügungen aufgefordert, Herrn C, welchem als Alleingesellschafter und handelsrechtlichem Geschäftsführer der A GmbH ein maßgeblicher Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zukomme, innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung des Schreibens zu entfernen, widrigenfalls mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorgegangen werden müsse.
Weder die Bestrafungen wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 367 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994, noch das Schreiben der Behörde, wonach das Gewerbe nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten weiter ausgeübt werden dürfe, haben C als Person mit maßgebenden Einfluss auf die Geschäfte der Beschwerdeführerin zu einem rechtskonformen Verhalten bewegt. Auch drei Strafverfügungen im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeberechtigung der nunmehrigen Beschwerdeführerin haben nicht zu einem Umdenken geführt, dieser verharrte weiterhin in der widerrechtlichen Haltung, sodass die nunmehrige Beschwerdeführerin seit 1.11.2017 keinen gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt gehabt hat und seitdem das Gewerbe ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer ausübt. Nach der oben zitierten Judikatur stellt der Rückfall trotz rechtskräftiger Bestrafung ein wichtiges Indiz für die Unzuverlässigkeit dar.
Hier ist auch zu beachten, dass es sich beim gegenständlichen Gewerbe um ein besonders gefahrengeneigtes Gewerbe handelt, dessen Ausübung mit einer besonderen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist.
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine juristische Person, sodass gemäß § 9 Abs. 1 GewO ein gewerberechtlicher Geschäftsführer zu bestellen ist.
Durch die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers soll die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften sichergestellt werden, weshalb § 9 Abs. 2 GewO 1994 die weitere Ausübung des Gewerbes bei Ausscheiden des bisherigen gewerberechtlichen Geschäftsführers ausdrücklich von der rechtzeitigen Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers abhängig macht. Dieses Schutzinteresse wurde durch C schwer verletzt, weil das Fehlverhalten nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers mit 31.10.2017 bis zur gegenständlichen Gewerbeentziehung bereits 2 Jahre andauerte (vgl. zur Erfüllung des Tatbestandes des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 durch das fortgesetzte Delikt der Nichtbestellung eines neuen Geschäftsführers VwGH 1.2.2017, Ra 2015/04/0047 mit Verweis auf das E vom 6.3.2013, 2012/04/0135).
Die nunmehrige Beschwerdeführerin hat dazu in der Beschwerde vorgebracht, dass sie sehr wohl einen gewerberechtlichen Geschäftsführer bei der Sozialversicherung angemeldet habe, nämlich E. Diesbezüglich waren der Beschwerde auch die Anmeldungen bei der NÖGKK angeschlossen. Seit der gegenständlichen Gewerbeanmeldung mit Wirkung ab 13.5.2015 ist der nunmehrigen Beschwerdeführerin jedoch bekannt, dass die Anmeldung zur Gebietskrankenkasse alleine für die Meldung eines Mitarbeiters als gewerberechtlichen Geschäftsführer nicht ausreichend ist, vielmehr ist auch eine Erklärung als gewerberechtlicher Geschäftsführer, welche auch vom Gewerbeinhaber zu unterschreiben ist, vorzulegen. Erst durch die Anzeige der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers wird die Behörde in die Lage versetzt zu prüfen, ob dieser gemäß § 39 Abs. 2 GewO 1994 den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entspricht und ob er auch in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend betätigen zu können.
Die genannten rechtskräftigen Strafverfügungen des Magistrats der Stadt St. Pölten sind zwar im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeberechtigung der nunmehrigen Beschwerdeführerin ergangen, sie machen jedoch deutlich, dass auch im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeberechtigung C sich trotz rechtskräftiger Bestrafung den Anordnungen der Behörde widersetzt hat und auch im Zusammenhang mit dieser Gewerbeberechtigung über fast 1,5 Jahre hindurch kein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt wurde. Dazu wurde vorgebracht, dass die Firma seit 2107 mit massiven wirtschaftlichen Problemen im Zusammenhang mit dem Konkurs eines Hauptschuldners zu kämpfen gehabt habe, wobei private Sorgen infolge der Erkrankung von Familienmitgliedern hinzugekommen seien. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass die Gewerbebehörde bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung ihre Entscheidung in Bindung an die rechtskräftigen Straferkenntnisse zu treffen. Damit hat sie auch nicht in Frage zu stellen, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen schuldhaft begangen hat (vgl. VwGH 19.3.2012, 2011/04/0209 mit Hinweis E 24.2 2010, 2009/04/0303, mwN).
Im Zusammenhang mit der gegenständlichen Gewerbeberechtigung liegt zwar keine rechtskräftige Bestrafung vor. Allerdings wurde im Zeitraum nach der Aufforderung der Behörde zur Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers mit Schreiben vom 7.12.2017 und 1.4.2019 und auch nach der Verfahrensanordnung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 durch die Gewerbebehörde das Fehlverhalten nicht beendet. Dass die Verwirklichung des Entziehungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 keine Bestrafung erfordert, sondern die Feststellung des Verstoßes genügt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen (vgl. VwGH 1.2.2017, Ra 2015/04/0047; 8.11.2012, Zl. 2009/04/0025, mwN).
Bei den geahndeten Verwaltungsübertretungen handelt es sich um schwerwiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften.
Im Hinblick auf die wiederholte und weiterhin andauernde Begehung von Verstößen gerade gegen gewerberechtlich maßgebende Vorschriften und den Umstand, dass die gegenständliche Ausübung eines besonders gefahrengeneigten Gewerbes bis zu deren Entziehung fast 2 Jahre andauerte, ist die belangte Behörde daher zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass der Alleingesellschafter und handelsrechtliche Geschäftsführer der nunmehrigen Beschwerdeführerin die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Da der Verfahrensanordnung nicht Folge geleistet wurde, war die Gewerbeberechtigung somit zu entziehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht das gegenständliche Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Elektrotechnik; Gewerbeberechtigung; Entziehung; gewerberechtlicher Geschäftsführer; schwerwiegender Verstoß; Zuverlässigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.235.001.2020Zuletzt aktualisiert am
25.09.2020