TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/19 97/09/0169

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.1997
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1988/231;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §51a;
B-VG Art129a;
EGVG Art8;
EGVG Art9;
VwGG §47 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Oswald K in I, vertreten durch Dr. Friedrich Hohenauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, Templstraße 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. Februar 1997, Zl. 2/36-5/1996, 17/188/1996, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird - soweit er die Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz betrifft - in seinem Spruchpunkt I. im Umfang des Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die gegen den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gerichtete Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Februar 1997 wurde der Beschwerdeführer unter Spruchpunkt I. der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a (in Verbindung mit § 3 Abs. 1) Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend für schuldig befunden, er habe einen namentlich genannten jugoslawischen Staatsangehörigen im Zeitraum 4. August 1995 bis 18. August 1995 während der im einzelnen bezeichneten Tatzeiten als Küchengehilfen in seinem Betrieb Hotel S in I als Arbeitgeber beschäftigt, ohne daß für diesen Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt bzw. ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden seien. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer in teilweiser Stattgebung seiner Berufung hinsichtlich der in erster Instanz bestimmten Ersatzfreiheitsstrafe eine Geldstrafe in der Höhe von S 50.000,-- verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen festgesetzt. Ein Kostenbeitrag zu diesem Spruchpunkt (Übertretung nach dem AuslBG) wurde nicht ausgesprochen.

Gegen diesen die Bestrafung nach dem AuslBG betreffenden Teil des Bescheides richtet sich die vorliegende zur hg. Zl. 97/09/0169 protokollierte Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides in dem Recht verletzt, nicht der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür nicht, zumindest aber der Höhe nach nicht unangemessen bestraft zu werden. Er beantragt im Rahmen seiner gegen den gesamten Bescheid gerichteten Beschwerde unter anderem auch die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Umfang der Bestrafung nach dem AuslBG.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, soweit sie die Bestrafung nach dem AuslBG betrifft, erwogen:

Die Beschwerdeausführungen zur objektiven Tatseite der Übertretung nach dem AuslBG lassen sich dahin zusammenfassen, daß der Ausländer wohl die Verköstigung (Speisen und Getränke) sowie Zigaretten erhalten habe, es habe aber keine vertragliche Willenseinigung über das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses bestanden. Hinsichtlich der Erbringung der geringfügigen Aushilfe des Ausländers habe der Beschwerdeführer kein Arbeitsverhältnis begründen wollen. Im übrigen habe er aus dem Gespräch mit dem Ausländer gefolgert, daß dieser über einen Befreiungsschein verfüge. Dieser erst anläßlich der Kontrolle des Arbeitsinspektorates aufgeklärte Tatsachenirrtum sei als entschuldbarer Irrtum zu werten, da er der Meinung habe sein können, der Ausländer dürfe unter diesen Umständen geringfügige Tätigkeiten ausüben.

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß die belangte Behörde schon auf Grund des auch vom Beschwerdeführer nicht bezweifelten, unstrittig gebliebenen Sachverhaltes das Tatbestandselement einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung nach dem AuslBG als erwiesen annehmen konnte. Die Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, das Vorliegen der objektiven Tatseite zu entkräften. Der Begriff der Beschäftigung ist - soweit dies für den Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, daß die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (lit. a) oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (lit. b), sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, daß die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen.

Der Beschwerdeführer verkennt bei seinen gegen die behördliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes gerichteten Ausführungen, daß das für die ihm angelastete Verwaltungsübertretung wesentliche Tatbestandselement der Beschäftigung ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen war. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustandekam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0338, und die darin angegebenen weiteren Judikaturnachweise).

Eine Entlohnung des Ausländers muß auch nicht unbedingt in Geld erfolgen, sondern kann - wie vorliegend im Beschwerdefall - auch in Naturalien erfolgen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1991, Zl. 91/09/0038, und vom 21. Jänner 1994, Zl. 93/09/0174, sowie auch Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht, 5. Auflage, Seite 296). Daß die dem Ausländer zugewendeten Naturalien im Verhältnis zu den erbrachten (kurzfristigen und geringen) Aushilfstätigkeiten einen zu vernachlässigenden Wert nicht überstiegen hätten, ist für den Verwaltungsgerichtshof auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht zu finden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war es demnach im Ergebnis nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde - selbst ausgehend davon, daß nach dem in der Beschwerde behaupteten Willen der Beteiligten ein Arbeitsverhältnis nicht beabsichtigt gewesen sein soll - den wirtschaftlichen Gehalt der festgestellten Verwendung des Ausländers nach dem konkreten Gesamtbild der Tätigkeit als Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis wertete, da der Ausländer unter ähnlichen wirtschaftlichen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig wurde (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0338, und die darin angegebenen weiteren Judikaturnachweise).

Mit dem Hinweis auf seinen "Tatsachenirrtum" über das Vorliegen eines Befreiungsscheines gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, sein fehlendes Verschulden an der Verletzung des AuslBG glaubhaft zu machen (§ 5 Abs. 1 und 2 VStG). Daß er die nach den Verhältnissen erforderliche Sorgfalt angewendet und (vor Kontrolle des Arbeitsinspektorates) Einsicht in den "Befreiungsschein" genommen habe, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht. Dem Beschwerdeführer war daher zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten. Die belangte Behörde ist demnach zu Recht zur Bestätigung des erstinstanzlichen Schuldspruches wegen der Verwaltungsübertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gelangt.

Der Beschwerde kommt aber hinsichtlich der Strafbemessung (für die Übertretung nach dem AuslBG) Berechtigung zu.

Die belangte Behörde ging von einem (auf Grund eines hier vorliegenden Tatzeitraumes vor dem Antimißbrauchsgesetz BGBl. Nr. 895/1995 geltenden) Strafrahmen von S 10.000,-- bis S 120.000,-- aus und wendete erkennbar den für den Fall der Wiederholung geltenden zweiten Strafsatz des § 28 Abs. 1 AuslBGB an. Als erschwerend wertete sie zwei einschlägige Verwaltungsübertretungen; Milderungsgründe seien nicht vorgelegen.

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG in Verbindung mit § 24 VStG, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen in der gesetzmäßigen Ausmessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen. Als Rechtsfrage stellt sich hiebei für die Behörde insbesondere die Aufgabe, unter Bedachtnahme auf die Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten im Rahmen des gesetzlichen Strafsatzes die dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessene Strafe festzusetzen, also bei der Strafbemessung auf objektive und subjektive Kriterien der Tat Bedacht zu nehmen. Ein Tatbestandsmerkmal darf bei der Strafbemessung weder als erschwerender noch als mildernder Umstand gewertet werden (sogenanntes Doppelverwertungsverbot - vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 1996, Zl. 95/09/0066, mit weiteren Judikaturnachweisen).

Diesen Erfordernissen wird die Strafbemessung vorliegendenfalls schon deshalb nicht gerecht, weil sie das strafsatzqualifizierende Tatbestandsmerkmal der "erstmaligen und weiteren Wiederholung" als Erschwerungsgrund in die Strafbemessung einbezogen und solcherart gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen hat.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit in seinem Spruchpunkt I. (Bestrafung nach dem AuslBG) hinsichtlich des Strafausspruches als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt im übrigen jedoch gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Über die Beschwerde betreffend die im angefochtenen Bescheid enthaltene Entscheidung bezüglich Übertretung des ASVG und des Bazillenausscheidergesetzes ist in den Verfahren zu den hg. Zlen. 97/08/0423 und 97/11/0144 zu entscheiden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

Nach § 47 Abs. 5 VwGG hat für den Aufwandersatz, der auf Grund dieses Bundesgesetzes von einer Behörde zu leisten ist, der Rechtsträger aufzukommen, in dessen Namen die Behörde in der Beschwerdesache gehandelt hat oder handeln hätte sollen. Der unabhängige Verwaltungssenat ist zwar organisatorisch eine Landesbehörde; für welchen Rechtsträger er jeweils handelt oder handeln hätte sollen, richtet sich aber nach dem Gegenstand des Verfahrens und den in diesem Verfahren zu vollziehenden Rechtsvorschriften (vgl. insoweit die hg. Erkenntnisse vom 26. April 1993, Zl. 92/10/0456, vom 28. September 1995, Zl. 95/17/0154, und vom 24. Jänner 1996, Zl. 95/03/0170). Von einem derartigen Verständnis der Kostentragungspflicht geht auch (ohne nähere Begründung) der Verfassungsgerichtshof aus (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. März 1992, VfSlg. 13037/1992, u. a.). Die gegenteilige Auffassung von Thienel in Pernthaler, Unabhängige Verwaltungssenate und Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1993, Seite 5 ff (insbesondere Seite 16) vermag nicht zu überzeugen. Die genannten Ausführungen von Thienel (die überdies von seinem früheren Standpunkt, vgl. Das Verfahren der Verwaltungssenate 1992, Seite 174, teilweise abweichen) zwingen nicht dazu, die Tätigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate aus dem Blickwinkel des § 47 Abs. 5 VwGG, der auf einen funktionellen Aufgabenbegriff abstellt, als Landesverwaltung im funktionellen Sinn zu beurteilen bzw. aufgrund fehlender Weisungsbindung aus dem Gesichtspunkt der Kostentragung von Aufwandersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Verschiebung der Verbandskompetenz anzunehmen.

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde hinsichtlich der Bestrafung wegen Übertretung des AuslBG für den Bund tätig geworden. Die Bestrafung von Übertretungen des AuslBG gehört nicht zu den Aufgaben der Länder. Der Bund hat daher für den an den Beschwerdeführer zu leistenden Aufwandersatz aufzukommen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997090169.X00

Im RIS seit

20.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten