TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/27 W184 2157912-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2019
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Entscheidungsdatum

27.06.2019

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W184 2157912-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.04.2017, Zl. 1103787008/160147214, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.06.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei, ein - damals noch minderjähriger - männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 28.01.2016 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde folgende Entscheidung über diesen Antrag getroffen:

"I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wird Ihnen der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

III. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wird Ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 11.04.2018 erteilt."

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurden im angefochtenen Bescheid folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt und teilweise anonymisiert durch das Bundesverwaltungsgericht):

"A) Verfahrensgang

...

Anlässlich der niederschriftlichen Befragung am 29.01.2016 ... gaben Sie an, dass Sie Ihr Herkunftsland deshalb verlassen hätten, weil in Afghanistan Krieg herrschen würde und Sie im Iran illegal aufhältig gewesen wären.

Am 17.02.2017 wurden Sie von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des BFA einvernommen. Es folgen die entscheidungsrelevanten Auszüge aus dieser Einvernahme (LA = Leiter der Amtshandlung, AW = Asylwerber):

...

LA: Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Mit wem verkehren Sie?

AW: Ich lerne Deutsch. Ich gehe in die Kirche, immer sonntags.

...

LA: Welche Staatsangehörigkeit besitzen Sie?

AW: Ich bin afghanischer Staatsbürger, aber im Iran geboren.

LA: Können Sie ihr Geburtsdatum in afghanischer Zeitrechnung nennen?

AW: Nein, aber in iranischer Zeitrechnung, ich bin am XXXX (Umrechnung durch den Dolmetscher: XXXX ) geboren.

LA: Wissen Sie Ihr Alter in Jahren? Wenn ja, wer hat Ihnen das gesagt?

AW: Ich werde diesen Montag 17 Jahre alt.

LA: Warum haben Sie bei Ihrer Erstbefragung ein anders Geburtsdatum angegeben?

AW: Da bin ich nur nach meinem Alter gefragt worden und ich habe gesagt, dass ich 16 Jahre alt bin, sie haben es so protokolliert.

LA: Gehören Sie einer bestimmten Volksgruppe bzw. Stamm an?

AW: Ich bin Tadschike.

...

LA: Welche Schulen haben Sie besucht?

AW: Ich habe die Schule im Iran neun Jahre besucht.

...

LA: Wo halten sich Ihre Familienangehörigen aktuell auf?

AW: Meine Familie lebt im Iran, in der Stadt XXXX in dem Stadtteil XXXX . Davor waren sie zwar im selben Stadtteil, sie sind umgesiedelt.

LA: Wie bestreiten Ihre Eltern den Lebensunterhalt in der Heimatregion bzw. Herkunftsregion?

AW: Mein Vater arbeitet als Hilfsarbeiter am Bau.

LA: Welche weiteren Familienangehörigen (Großeltern, Geschwister, Onkel, Tanten, sonstige Angehörige) haben Sie noch in Ihrem Heimatland bzw. Herkunftsland?

AW: Es gibt niemanden mehr dort.

LA: Haben Sie in einem anderen europäischen Land bzw. in anderen Ländern Angehörige?

AW: Nein, habe ich nicht.

LA: Stehen Sie in regelmäßigem Kontakt mit Ihren Familienangehörigen, z. B. per Telefon, E-Mail, Skype, usw.?

AW: Ich habe mit meiner Familie einmal in der Woche über das Internet Kontakt.

...

LA: Wissen Sie, warum Ihre Eltern damals Afghanistan verlassen haben und in den Iran übersiedelt sind?

AW: Das weiß ich nicht.

LA: Aus welchen Gründen haben Sie Ihren Herkunftsstaat Iran verlassen?

AW: Es war an einem Samstag, mein Bruder ist zu mir gekommen und ich sollte ihm helfen, Werbung zu verteilen, ich habe nicht nachgefragt, welche Werbung das war. Am ersten Tag sind wir nach XXXX und am zweiten Tag sind wir nach XXXX . Mein Bruder hat die Zettel ausgeteilt, als ein Motorrad gekommen ist, und ich stand bei unserem Motorrad und der Mann hat gefragt, wo er schon überall Zettel verteilt hat. Er hat sie schon in XXXX verteilt, er hat einen Zettel verlangt, mein Bruder gab ihm ein Dokument und mein Bruder hat ihm seine Fitnesskarte gegeben, dort stand die Adresse unseres Hauses darauf. Er hat meinen Bruder beschimpft und an der Hand gepackt und der zweite Mann hat die Zettel, die wir ausgeteilt hatten, eingesammelt. Mein Bruder hat ihn mit seiner Tasche gestoßen, er fiel um und die Zettel waren in englischer Sprache verfasst, das konnten wir nicht. Ich habe das Motorrad gestartet, wir sind losgefahren, wir haben nicht mehr nach hinten geschaut.

LA: Was geschah weiter?

AW: Ich stand unter Schock. Wir sind auf der "100-Meter-Straße" gefahren und es ist uns niemand gefolgt, wir haben die Plätze getauscht und wir sind zu einem Freund meines Bruders gefahren. Die Adresse war XXXX . Wir blieben bis Mittwoch Nacht dort, der Freund meines Bruder hat einen Schlepper organisiert, dann sind wir über Teheran ausgereist.

LA: Wie weit war das Haus des Freundes Ihres Bruders von Ihrem Elternhaus entfernt?

AW: Es war ca. 45 Minuten mit dem Motorrad entfernt.

LA: Beschreiben Sie mir die zwei Personen, von denen Sie und Ihr Bruder angehalten wurden, genau und detailreich.

AW: Die waren gepflegt und hatten Hemden an, sie waren körperlich gut gebaut und hatten auch Bärte.

LA: Haben Sie den Auftraggeber Ihres Bruders jemals gesehen?

AW: Nein, habe ich nicht.

LA: Was haben Sie, nachdem Sie diesen Personen entkommen sind, genau gefühlt?

AW: Ich stand unter Schock und hatte die ganze Zeit Angst.

LA: Was ist genau passiert, nachdem Sie und Ihr Bruder bei dem Freund Ihres Bruders angekommen sind?

AW: Nichts, wir sind in das Haus gegangen und haben erst am nächsten Tag erzählt, was passiert ist.

LA: Wie war es möglich, dass Sie nach einem solchen Erlebnis noch schlafen konnten?

AW: Ich stand unter Schock, ich konnte nicht richtig schlafen.

LA: Warum hat Sie der Freund Ihres Bruders nicht gleich gefragt, was Sie in seinem Haus wollen?

AW: Nichts, wir haben uns im unteren Teil des Hauses hingesetzt, er hat nicht gefragt, was wir dort machen.

LA: Warum haben Sie nun genau den Iran verlassen?

AW: Wegen der Zettel, weil sie gesagt haben, dass das für das Christentum ist, wir hatten sehr große Angst.

LA: Wurden Sie im Iran jemals persönlich belangt?

AW: Nein, das war das erste Mal, dass etwas passiert ist.

LA: Warum können Ihre Angehörigen weiterhin im Iran leben, während Sie ausreisen mussten?

AW: Weil meine Familie nichts gemacht hat, wir waren ja die Beteiligten.

LA: Hätten Sie damals die Möglichkeit gehabt, sich woanders ins Heimatland zu begeben, um sich der angegebenen Übergriffe, Probleme bzw. Schwierigkeiten zu entziehen bzw. haben Sie das schon erwogen oder versucht, z. B. in ein anderes Gebiet, z. B. im Familienverband?

AW: Wir hatten die Möglichkeit nicht. Wie wäre es möglich gewesen, einfach nach Afghanistan zu gehen?

LA: Was würde bei Ihrer aktuellen (fiktiven) Heimkehr nach Afghanistan passieren? Was würde Sie dort erwarten?

AW: Die Enkel meines Großvaters Schwester sind in Afghanistan, sie würden uns deshalb umbringen, weil sie erfahren haben, dass wir Christen geworden sind.

LA: Wie haben das diese Personen erfahren?

AW: Das ist über die Leute, die wir im Iran gekannt haben, bis nach Afghanistan gekommen. Als wir nicht mehr dort waren, ist die Polizei zu uns nach Hause gekommen, die Leute im Iran haben das erfahren und irgendwie auch die Leute in Afghanistan. Die Behörden waren zwei Mal bei uns, sie haben zum ersten Mal meinen Vater mitgenommen und dann haben sie auch nach uns gesucht.

LA: Wann haben Sie diese Personen (die Verwandten in Afghanistan) zum letzten Mal gesehen?

AW: Ich habe sie noch nie gesehen.

LA: Woher wussten die Verwandten dann, dass Sie Christ geworden sind?

AW: Die Leute, die uns im Iran gekannt haben, haben es unseren Verwandten in Afghanistan gesagt.

LA: Woher sollten diese Bekannten Ihre Verwandten kennen?

AW: Sie hatten Kontakt miteinander, woher weiß ich aber nicht.

LA: Seit wann wollten Sie Christ werden?

AW: Ich bin schon seit fünf bis sechs Monaten Christ. Am Donnerstag haben wir noch einen Taufkurs für das Christentum, wir gehen auch sonntags beten. Davor ist mein Bruder immer allein hingegangen, weil er Angst um mich hatte.

LA: Warum hatte Ihr Bruder Angst um Sie?

AW: Dass mich die anderen Afghanen, die schon hier sind, schlagen würden.

LA: Was ist jetzt anders?

AW: Ich bin jetzt älter geworden, ich kann jetzt schon auf mich selbst aufpassen.

LA: Seit wann besuchen Sie die Kirche?

AW: Ich gehe erst seit zwei bis drei Wochen und wir haben den Taufkurs vor kurzem bekommen.

LA: Warum besuchen Sie die Kirche erst seit zwei bis drei Wochen?

AW: Weil mein Bruder Angst um mich hatte.

LA: Was würde sich für Sie persönlich verändern, wenn Sie getauft sind?

AW: Vieles. Ich habe im Christentum meinen Weg fürs Leben gefunden.

LA: Was meinen Sie konkret damit?

AW: Es gibt hier keinen Krieg, es wird von Frieden und Erbarmen gesprochen, deshalb liebe ich das Christentum.

LA: Welche christlichen Gebete kennen Sie?

AW: Ich kenne die Namen nicht. Wir gehen dorthin und beten.

LA: Welche Gebete beten Sie, wenn Sie keine namentlich nennen können?

AW: Es fällt mir nicht ein, Gebete über das Christentum.

LA: Welche christlichen Feiertage kennen Sie?

AW: Christmas, den Geburtstag von Jesus, es fällt mir nicht ein.

LA: Wann hat Jesus Geburtstag?

AW: Am Christmas.

LA: Wann genau ist der Geburtstag von Jesus Christus?

AW: Das weiß ich nicht.

Anmerkung: Der AW überlegt sehr lang.

LA: Wie viele Apostel gibt es?

AW: Ich glaube 13. Ich weiß die Namen, sie heißen Johannes, Simon, Petrus, Andreas, mehr weiß ich aber nicht.

Anmerkung: Der AW überlegt sehr lang und schenkt sich Wasser ein.

LA: Welches christliche Fest ist das höchste im Jahr?

AW: Das ist Christmas.

Anmerkung: Der AW überlegt nochmals sehr lang.

LA: Was wird an Weihnachten gefeiert?

AW: Das weiß ich nicht.

LA: Was wird an Ostern gefeiert?

AW: Das weiß ich nicht.

LA: Wann haben Sie sich entschlossen, der islamischen Welt den Rücken zu kehren und Christ zu werden?

AW: Damals, als wir von dort geflohen sind, nur wegen der Werbung für das Christentum. Danach befragt, gebe ich an, dass ich erst hier in Österreich darüber nachgedacht habe. Es gibt eine iranische Frau im Camp, sie hat mit mir darüber gesprochen, sie hat uns XXXX von der Kirche, in die wir gehen, vorgestellt. Wir haben ihr gesagt, dass wir Christen werden wollen, und sie hat uns XXXX vorgestellt.

LA: Was genau hat Ihnen XXXX gesagt?

AW: Sie hat uns gefragt, ob wir die Kirche der Protestanten lieben. Ich habe gesagt, ja, wir lieben es, wir wollen Christ werden. Uns wurde ein Taufkurs gegeben. Danach befragt, gebe ich an, dass es sich bei Frau XXXX um die gleiche Person handelt, die auch unsere Bestätigung ausgestellt hat und dort Priesterin ist.

LA: Warum haben Sie noch bei Ihrer Erstbefragung angegeben, dass Sie dem muslimischen Glauben zugehörig sind?

AW: Damals war ich noch Moslem, ich hatte damals noch Angst.

LA: Wovor genau hatten Sie Angst?

AW: Vor den Afghanen, die hier in Österreich sind.

LA: Haben Sie im Iran das Christentum auch schon praktiziert?

AW: Nein, habe ich nicht, dort war ich noch Moslem. Danach befragt, gebe ich an, dass meine Eltern davon wissen, sie haben gesagt, wir sollen machen, was wir wollen.

LA: Was machen Sie, wenn Sie eine Kirche betreten?

AW: Wir beten und sprechen dann, es gibt ein Gebet, und dann wird alles erklärt.

LA: Was machen Sie, wenn Sie eine Kirche verlassen?

AW: Man geht hinaus und geht nach Hause.

LA: Nennen Sie den Namen der Kirche, die Sie jeden Sonntag aufsuchen.

AW: Den Namen kenne ich nicht, der steht auf dem Zettel, ich habe nie danach gefragt ..."

Es folgten im angefochtenen Bescheid die Sachverhaltsfeststellungen, die Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung zu den einzelnen Spruchpunkten. Der Status des Asylberechtigten könne nicht zuerkannt werden, weil ein asylrelevantes Vorbringen nicht glaubhaft gemacht worden sei. Aufgrund des Fehlens von Angehörigen im Herkunftsstaat sei subsidiärer Schutz zu gewähren und eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher nur der Spruchpunkt I. angefochten und im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.06.2019 eine mündliche Verhandlung durch, in welcher die beschwerdeführende Partei und die als Zeugin vernommene Pfarrerin der Evangelischen Kirche A. B. in XXXX , Frau XXXX , Folgendes aussagten (gekürzt und teilweise anonymisiert durch das Bundesverwaltungsgericht, RI = Richter, BF2 = beschwerdeführende Partei, RV = Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei, Z = Zeugin):

"Aufgerufen wird die Zeugin ...

RI: Wie sind die BFs zu Ihnen gekommen?

Z: Sie haben damals in XXXX in einem Camp gelebt, wo 50 Flüchtlinge waren. Ich hatte schon Kontakt mit einer Familie, nämlich der Frau XXXX . Diese sind schon länger davor an mich herangetreten und sagten, sie sind evangelisch und sie möchten gerne an der Gemeinde teilnehmen. Diese waren aus dem Iran. Ich habe gesagt, ich kann sie nicht gleich taufen, auch wenn sie schon evangelisch waren. Sie haben einen Taufkurs von einem Jahr besucht und sie kamen zum Gottesdienst. Ende 2016 sind dann auch die BFs mitgekommen, dort habe ich sie kennengelernt und sie haben im Jänner auch gesagt, sie möchten getauft werden und einen Taufkurs machen.

RI: Frau XXXX hat auch dort im Asylheim gewohnt?

Z: Ja, genau. Sie hatten damals noch kein Asyl. Ich habe zum Containerdorf auch Kontakt gehabt. In der Gemeinde haben sie, weil sie immer in den Gottesdiensten waren, die Texte in Farsi gedruckt, damit die anderen es mitbekommen können. Ich habe dann mit den BFs ein Erstgespräch geführt. Sie sind eingestiegen mit einem Taufkurs über ein Jahr zusammen mit anderen. Die anderen sind zu Ostern getauft worden und die BFs haben den Kurs weitergemacht und wurden zu Weihnachten getauft. Sie haben sich auch in die Gemeinde integriert. Sie waren einige Male im Jugendclub, den es jetzt nicht mehr gibt.

RI: Die Messen sind auf Deutsch oder Englisch?

Z: Gottesdienste sind auf Deutsch. Ich bin seit einem Jahr im Sabbatical. Wir haben die Bibeltexte und den Ablauf auf Farsi ausgedruckt.

RI: Haben Sie diesen Taufkurs selber gemacht und in welchem Umfang?

Z: Ja. Es waren zehn größere Blöcke, jeweils einige Stunden, wo wichtige Themen besprochen wurden, über die Bibel, den Aufbau, die wichtigen Texte, die Taufe, was bedeutet Abendmahl, etc. Mir war es wichtig, dass ich mit ihnen ins Gespräch gekommen bin.

RI: Dieser Unterricht war auf Deutsch?

Z: Beim Erstgespräch hatte ich jemanden zum Übersetzen, damit ich weiß, wo stehen die Menschen, wo muss ich anknüpfen beim Kurs. Einen anderen Teil haben wir auf Englisch gemacht. Zweimal war auch jemand dabei, der von Deutsch auf Farsi übersetzt hat.

RI: Sind die beiden immer zu dem Unterricht erschienen?

Z: Sie sind immer erschienen.

RI: Die Taufe war vor über einem Jahr. Sind die beiden nachher auch noch zum Gottesdienst gekommen?

Z: Ja, dieser ist am Sonntag.

RI: Sind beide regelmäßig gekommen?

Z: Es ist nicht Pflicht für Evangelische, an jedem Sonntag zum Gottesdienst zu kommen. Die beiden sind regelmäßig gekommen. Ich würde mich freuen, wenn alle so oft kommen würden.

RI: Wann haben Sie sie zuletzt gesehen, von heute zurückgerechnet?

Z: Ich war jetzt nicht dort. Ich habe eine Vertreterin in der Gemeinde. Diese kennt sie auch.

RI: Was sagen Sie dazu? Haben die beiden eine Überzeugung, sodass Sie an den christlichen Glauben tatsächlich glauben?

Z: So etwas zu sagen, ist immer schwer, weil man in das Herz nicht hineinschauen kann. Soweit ich es in der Arbeit und im Taufkurs und Erstgespräch mitbekommen habe, war da wirklich Interesse an dieser Religion da, die uns Dinge gibt, die sie so nicht im Islam erlebt haben, z. B. Toleranz und Vergebung, Nächstenliebe. Es ging in den Gesprächen nie um Asyl. Sie hatten auch Interesse, an der Gemeinde anzuknüpfen. Ich kann dies mit gutem Gewissen sagen.

RI: Wie viele Leute sind in so einem Taufunterricht?

Z: Das erste Mal waren es sechs Menschen und dann sind die BFs und noch zwei weitere dazugekommen. Einer hat sich danach entschieden, katholisch zu werden. Die Höchstzahl war zehn.

RI: Haben die beiden auch Fragen gestellt und sich interessiert?

Z: Man kann in einem Jahr, in zehn Blöcken, nicht das gesamte Wissen vermitteln. Es geht um mehr als Wissen. Es waren sehr schöne Gespräche.

RI: Was haben die BF wissen wollen?

Z: Das ist schon lange her. Ich war manchmal beeindruckt über Gespräche, z. B. über Vergebung. Natürlich wollten sie auch etwas über Jesus wissen. Der BF1 hat andere Fragen gestellt, weil er älter war. Ich habe die beiden als wirklich interessiert wahrgenommen.

RI: Wieso wird man nicht auf einen christlichen Namen getauft?

Z: Die Namensgebung hat mit der Taufe nichts zu tun. Die Kirche hat früher die Funktion des Standesamtes gehabt und daher hatte die Namensgebung diese Bedeutung.

RI an RV: Haben Sie Fragen?

RV: Wie lange hat die Taufvorbereitung gedauert?

Z: Der erste Kurs war im Februar und getauft wurden sie am 17.12.2017. Sie wurden auch im Rahmen des Gottesdienstes getauft, weil das für die Gemeinde ein schönes Fest ist.

...

RI an BF2: Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, dass Sie nach Afghanistan oder in den Iran zurückkehren?

BF2: Ich werde von den Enkelkindern meines Onkels getötet, weil sie von unserer Konversion erfahren haben.

RI: Wo leben diese Enkelkinder Ihres Onkels?

BF2: In Afghanistan, in Herat.

RI: Wie heißen diese Personen?

BF2: XXXX , XXXX , XXXX , und den Namen des vierten habe ich vergessen.

RI: Wie haben diese davon erfahren, dass Sie in Österreich in die Kirche gehen?

BF2: Sie haben meinen Vater gefragt. Wie gesagt, sie haben auch uns angerufen, sie haben uns über Facebook auch gefunden. Deswegen haben sie erfahren, dass wir uns für das Christentum interessieren. Sie haben gedroht, bei einer Rückkehr nach Afghanistan werden sie uns töten.

RI: Waren Sie schon einmal in Afghanistan?

BF2: Nein. Ich bin im Iran geboren und aufgewachsen.

RI: Warum sind Sie aus dem Iran ausgereist?

BF2: Wir haben Probleme gehabt im Iran. Wir haben Werbezettel über die häuslichen Gegenstände verteilt, die verkauft hätten werden sollen. Wir haben diese Zettel an die Häuser verteilt. Dabei hat irgendwer die Hand meines Bruders festgehalten. Er hat den Zettel gelesen. Er hat daraufhin meinen Bruder geschlagen. Mein Bruder hat auch dabei seinen Sportklubausweis verloren. Auf der Karte sind die Daten meines Bruders gestanden.

RI: Und warum ist Ihr Bruder festgehalten worden?

BF2: Weil es bei dieser Werbung um eine Werbung für das Christentum gegangen ist, und wir haben den Inhalt nicht verstanden gehabt, weil es auf Englisch geschrieben war.

RI: Seit wann interessieren Sie sich für das Christentum?

BF2: Seit 2016, nachdem wir auch die iranische Familie kennengelernt haben. Die ersten Monate nach unserer Ankunft in Österreich waren wir schockiert. Mit der Zeit haben wir uns gefragt, was ist denn das für eine Religion, die wegen der Werbung für das Christentum die Leute umbringen.

RI: Wie hat im Iran Ihre religiöse Erziehung ausgesehen?

BF2: Ich war im Iran sehr jung. Ich war ein Kind. Ich bin nur in die Schule gegangen, habe Fußball gespielt und habe mich für sonst nichts interessiert.

RI: Sind Sie eine staatliche Schule im Iran gegangen?

BF2: Ja.

RI: Gab es dort keinen Religionsunterricht?

BF2: Es gab einen Religionsunterricht, für den ich mich aber nicht interessiert habe. Wir mussten aber den Unterricht besuchen. Wenn wir dort gefehlt haben, wurden wir dort von unseren Lehrern geschlagen.

RI: Welche Religion haben Ihr Vater und Ihre Mutter?

BF2: Muslime. Im Iran müssen sie Muslime sein. Sie sind schiitische Moslems.

RI: Sind Ihre Eltern sehr religiös? Halten sie die Gebote des Islam ein, z. B. Beten, Moscheebesuch, Fasten?

BF2: Ein normaler Muslim, mein Vater hat ab und zu seine Gebete verrichtet, aber ich weiß nicht mehr viel dazu.

RI: Sie müssen doch wissen, ob Ihr Vater ein gläubiger Moslem ist oder nicht?

BF2: Er war sicher kein streng religiöser Mensch. Er hat natürlich seine Gebete verrichtet, aber ein normaler Muslim.

RI: Welche Religion haben Sie jetzt?

BF2: Ich bin ein Christ.

RI: Seit wann sind Sie ein Christ und warum haben Sie sich dazu entschlossen?

BF2: Nachdem wir in Österreich angekommen sind, habe ich mich immer wieder gefragt, wie kann es sein, dass eine Religion andere Menschen aufgrund der Verteilung von christlichen Zetteln verurteilen bzw. töten kann. Das Christentum habe ich hier in Österreich kennengelernt, vor allem über die iranische Familie und die anwesende Zeugin. Das Christentum ist eine Religion, die die Menschen zu einem wahren Leben führt, und im Islam gibt es nur mehr Blutvergießen, Krieg und Töten.

RI: Sind Sie mit Ihrem Bruder einfach mitgegangen in die Kirche oder haben Sie sich auch dafür interessiert, was dort gemacht wird?

BF2: In die evangelische Kirche in XXXX bin ich gegangen.

RI: Warum sind Sie dort hingegangen?

BF2: Weil ich die Religion mag, weil es in dieser Religion Ruhe und Leben gibt, weil es kein Blutvergießen wie im Islam gibt.

RI: Wann waren Sie das letzte Mal in der Kirche?

BF2: Vor zwei Wochen war ich bei einem Gottesdienst.

RI: Welches Fest ist vor zwei Wochen gefeiert worden?

BF2: Ich glaube, es war Ostern. Ich glaube, es ging um die Auferstehung von Jesus.

RI: In welcher Kirche waren Sie da?

BF2: In der evangelischen Kirche in XXXX . Es war Pfingsten.

RI: Um welche Uhrzeit hat der Gottesdienst angefangen?

BF2: Um 09:30 Uhr hat es angefangen.

RI: Waren Sie auch schon in einer anderen Kirche in Österreich?

BF2: Nein, ich war nur am Stephansplatz. Einmal in der Woche ist es in XXXX und einmal in XXXX .

RI: Wie oft gehen Sie dorthin zum Gottesdienst?

BF2: Ich gehe so oft, wie es möglich ist, in die Kirche in XXXX .

RI: Einmal im Monat, einmal im Jahr?

BF2: Wenn es möglich ist, dann gehe ich drei bis vier Mal im Monat, wenn der Gottesdienst in XXXX stattfindet.

RI: Wo wohnen Sie jetzt?

BF2: Im XXXX Bezirk in der XXXX .

RI: Sind Sie nicht in XXXX gemeldet?

BF2: Nein, in Wien.

RI: Welche von den Zehn Geboten der Christen kennen Sie?

BF2: Nicht stehlen, nicht Ehe brechen.

RI: Wie lautet das erste Gebot?

BF2: Ich glaube, nicht stehlen.

RI: Wann haben Sie beschlossen, dass Sie sich taufen lassen?

BF2: Nachdem wir die iranische Familie kennengelernt haben, habe ich mit denen darüber gesprochen, und Frau XXXX ist auch in unsere Einrichtung gekommen. Sie hat uns dann den Taufkurs organisiert. Das waren zehn Blöcke jeweils zu drei bis vier Stunden, über ein Jahr verteilt.

RI: Was hat Sie an dem Unterricht interessiert?

BF2: Die Art, wie man leben soll.

RI: Was haben Sie dort gelernt, wie man leben soll?

BF2: Dass man nicht stehlen soll, dass man keine Ehe brechen soll und dass man nicht lügen soll.

RI: Das alles beachten ja auch die schiitischen Moslems. Das ist nichts Besonderes.

BF2: Soweit ich weiß, gibt es so etwas im schiitischen Islam nicht.

RI: Welche Gebete haben Sie in dem Unterricht gelernt?

BF2: Unser Vater. Zuerst soll man den Gott lieben und dann soll man die anderen so lieben, wie man sich selbst liebt.

RI: Werden in dem Gottesdienst Gebete gemeinsam gesprochen?

BF2: Es funktioniert so, dass es zunächst einmal vorgesprochen wird und wir reden das dann nach. Den nächsten Teil lesen wir. Er betet dann am Schluss für alle.

RI: Welche Gebete sind das zum Beispiel? Wie heißen diese?

BF2: Er liest immer eine Stelle von der Bibel vor, aber den Namen dieser Stelle weiß ich nicht.

RI: Beten Sie auch allein zu Hause?

BF2: Ab und zu mache ich das, das Halleluja.

RI: Wie lautet dieses Gebet? Sagen Sie mir den Text.

BF2: Das heißt: Kommt und betet und verehrt den Gott.

RI: Wie heißen Vater und Mutter von Jesus Christus?

BF2: Josef und Elisabeth. Maria ist die Mutter.

RI: Wie heißen wichtige Feste in Ihrer Kirche im Jahresablauf?

BF2: Weihnachten, Ostern, die Auferstehung von Jesus, und Pfingsten. Wir haben Karfreitag vor Ostern. Und vor Weihnachten gibt es noch vier Sonntage. An jedem Sonntag wird eine Kerze angezündet.

RI: Welche Bedeutung hat der von Ihnen erwähnte Karfreitag?

BF2: Das ist eine Vorbereitung für Weihnachten.

RI: Haben Sie eine Bibel zu Hause?

BF2: Ja.

RI: In welcher Sprache ist Ihre Bibel abgefasst?

BF2: Farsi.

RI: Wie ist dieses Buch gegliedert?

BF2: Es sind 66 Teile, 39 davon vom Alten und 27 vom Neuen Testament.

RI: In welchen Teilen der Bibel lesen Sie gern?

BF2: Vom Alten Testament. Ab und zu auch vom Neuen Testament.

RI: Welche Stellen lesen Sie gern?

BF2: Die Art des Lebens und die Mutter von Jesus.

RI: Gibt es in Ihrer Kirche auch andere Feiern, z. B sportliche oder gesellschaftliche Feiern, oder gehen Sie nur zum Gottesdienst hin?

BF2: Es gab diesen Jugendklub, den gibt es jetzt leider nicht mehr. Dort habe ich mit den anderen gespielt und ab und zu Karten gespielt.

RI: Sind Sie gegenwärtig berufstätig oder in einer Ausbildung?

BF2: Über das AMS besuche ich den Kompetenzcheck. Die ersten vier Wochen haben wir gelernt, wie man Bewerbungen schreiben soll. Jetzt besuchen wir das Modul für Deutsch, Englisch und Computer. Abschließend möchte ich einen Pflichtschulabschluss machen. Ich möchte in Zukunft als KFZ-Mechaniker arbeiten.

RI: Wie viele Stunden in der Woche ist dieser Kurs beim AMS?

BF2: Ich glaube 20 Stunden, nämlich von 13:00 bis 17:30 Uhr jeweils.

RI: Was für Hobbies haben Sie in Ihrer Freizeit?

BF2: Fußball spielen, ich spiele in einem Verein. Ich gehe in ein Fitnessstudio ..."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person und den Fluchtgründen der beschwerdeführenden Partei wird festgestellt:

Die beschwerdeführende Partei ist Staatsbürger Afghanistans und gehört der Volksgruppe der Tadschiken und der schiitischen Religion an.

Die beschwerdeführende Partei lebte von Geburt an immer im Iran und ließ sich im Jänner 2016 nach Aufenthalten in zahlreichen anderen Staaten zusammen mit seinem älteren Bruder von einem Schlepper illegal nach Österreich bringen.

Der beschwerdeführenden Partei droht im Herkunftsstaat keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung.

Die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Bedrohung in Afghanistan durch den Staat und die Bevölkerung wegen seiner Konversion zum Christentum kann mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass bei der beschwerdeführenden Partei ein ernsthafter innerer Entschluss vorläge, nach dem christlichen Glauben zu leben, und dass er demnach vorhätte, auch nach Beendigung des Asylverfahrens sein weiteres Leben im christlichen Glauben zu führen und auch bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht zum Islam zurückzukehren.

Die beschwerdeführende Partei wurde einige Monate nach der illegalen Einreise nach Österreich im Asylwerberlager von einer konvertierten iranischen Familie in die Evangelische Kirche A. B. in XXXX eingeführt, absolvierte dort ab Anfang 2017 einen Taufkurs zusammen mit seinem älteren Bruder und wurde am 17.12.2017 getauft. Er besucht seitdem, also seit über zwei Jahren, mehrmals im Monat den Gottesdienst. Eine innere religiöse Glaubensüberzeugung hat die beschwerdeführende Partei nicht entwickelt.

Die christliche Religion hat für die beschwerdeführende Partei nur insofern Bedeutung, dass er zusammen mit seinem gläubigen Bruder regelmäßig die Gemeinschaft und Geborgenheit in ihrer Kirchengemeinde genießt sowie dass er durch seine Scheinkonversion zum Christentum einen Daueraufenthaltstitel als Flüchtling erlangen möchte.

Im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan oder in den Iran wird sich die beschwerdeführende Partei problemlos wieder den dortigen religiösen Vorstellungen soweit anpassen, dass eine Verfolgungsgefahr nicht besteht.

Zur Lage von Konvertiten in Afghanistan wird festgestellt:

Todesstrafe

Die Todesstrafe ist in der Verfassung und im Strafgesetzbuch für besonders schwerwiegende Delikte vorgesehen (AA 5.2018). Das neue Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, sieht die Todesstrafe für Delikte wie Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Angriff gegen den Staat, Mord und Zündung von Sprengladungen, Entführungen bzw. Straßenraub mit tödlicher Folge, Gruppenvergewaltigung von Frauen usw. vor (MoJ 15.5.2017: Art. 170). Die Todesstrafe wird vom zuständigen Gericht ausgesprochen und vom Präsidenten genehmigt (MoJ 15.5.2017: Art. 169). Sie wird durch Erhängen ausgeführt (AA 5.2018).

Die Anzahl der mit Todesstrafe bedrohten Verbrechen wurde durch den neuen Kodex signifikant reduziert (HRC 21.2.2018). So ist bei einigen Straftaten statt der Todesstrafe nunmehr lebenslange Haft vorgesehen (AI 22.2.2018).

Unter dem Einfluss der Scharia hingegen droht die Todesstrafe auch bei anderen Delikten (z. B. Blasphemie, Apostasie, Ehebruch). Berichten zufolge wurden im Jahr 2017 elf Menschen zu Tode verurteilt (AA 5.2018). Im November 2017 wurden fünf Männer im Pul-e-Charki-Gefängnis hingerichtet (AI 22.2.2018; vgl. HRC 21.2.2018). Des Weiteren fand am 28.1.2018 die Hinrichtung von drei Menschen statt. Alle wurden aufgrund von Entführungen und Mord zum Tode verurteilt. Zuvor wurden 2016 sechs Terroristen hingerichtet (AA 5.2018). Im Zeitraum 1.1 - 30.11.2017 befanden sich weiterhin 720 Person im Todestrakt (HRC 21.2.2018).

In der afghanischen Bevölkerung trifft diese Form der Bestrafung und Abschreckung auf eine tief verwurzelte Unterstützung. Dies liegt nicht zuletzt auch an einem als korrupt und unzuverlässig geltenden Gefängnissystem und der Tatsache, dass Verurteilte durch Zahlungen freikommen können. Obwohl Präsident Ghani sich zwischenzeitlich positiv zu einem möglichen Moratorium zur Todesstrafe geäußert hat und Gesetzesvorhaben auf dem Weg sind, die die Umwandlung der Todesstrafe in eine lebenslange Freiheitsstrafe vorsehen, ist davon auszugehen, dass weiter Todesurteile vollstreckt werden (AA 5.2018).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan ...;

AI - Amnesty International (22.2.2018): Afghanistan 2017/2018, Todesstrafe ...;

HRC - UN Human Rights Council (21.2.2018): Situation of human rights in Afghanistan and technical assistance achievements in the field of human rights; Report of the United Nations High Commission on Human Rights ...;

MoJ - Ministry of Justice (15.5.2017): Strafgesetz ...;

USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Afghanistan ...

Religionsfreiheit

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften, wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen, machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi-Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie (vgl. MoJ 15.5.2017). Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. Ein Richter kann eine mildere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Auch kann die Regierung das Eigentum des Abtrünnigen konfiszieren und dessen Erbrecht einschränken. Des Weiteren ist gemäß hanafitischer Rechtsprechung Proselytismus (Missionierung, Anm.) illegal. Dasselbe gilt für Blasphemie, die in der hanafitischen Rechtsprechung unter die Kapitalverbrechen fällt (USDOS 15.8.2017) und auch nach dem neuen Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung "religionsbeleidigende Verbrechen" verboten ist (MoJ 15.5.2017: Art. 323). Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte (USDOS 15.8.2017).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.4.2018).

Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.8.2017; vgl. AA 5.2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger unabhängig von ihrer Religion (AA 5.2018). Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht-Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.8.2017).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin einer anderen abrahamitischen Religion (Christentum oder Judentum) ist. Einer Muslima ist es nicht erlaubt, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten (USDOS 15.8.2017). Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (HO U.K. 2.2017; vgl. USDOS 10.8.2016). Die nationalen Identitätsausweise beinhalten Informationen über die Konfession des Inhabers. Das Bekenntnis zum Islam wird für den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht benötigt (USDOS 15.8.2017). Religiöse Gemeinschaften sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet, sich registrieren zu lassen (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 15.8.2017).

Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die meistens während ihres Aufenthalts im Ausland zum Christentum konvertierten, würden aus Furcht vor Vergeltung ihren Glauben alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern ausüben (USDOS 15.8.2017).

Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017).

Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.8.2017).

Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.8.2017; vgl. CRS 13.12.2017, FH 11.4.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.8.2017).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan ...;

BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Afghanistan Country Report ...;

MoJ - Ministry of Justice (15.5.2017): Strafgesetz ...;

CIA - Central Intelligence Agency (2017): The World Factbook - Afghanistan ...;

CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan: Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy ...;

FH - Freedom House (11.4.2018): Freedom in the World 2018 - Afghanistan ...;

HO U.K. - Home Office United Kingdom (2.2017): Country Policy and Information Note Afghanistan: Hindus and Sikhs ...;

USCIRF - U.S. Commission on International Religious Freedom (2017): 2017 Annual Report: Afghanistan Chapter ...;

USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan ...;

USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Afghanistan ...

Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10 - 15% geschätzt (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Zur schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und ein Großteil der ethnischen Hazara (USDOS 15.8.2017). Die meisten Hazara-Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan leben einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016). Afghanische Schiiten und Hazara neigen dazu, weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein als ihre Glaubensbrüder im Iran (CRS 13.12.2017).

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen (FH 11.4.2018). Obwohl einige schiitischen Muslime höhere Regierungsposten bekleiden, behaupten Mitglieder der schiitischen Minderheit, dass die Anzahl dieser Stellen die demographischen Verhältnisse des Landes nicht reflektiere; auch vernachlässige die Regierung in mehrheitlich schiitischen Gebieten die Sicherheit. Das afghanische Ministry of Hajj and Religious Affairs (MOHRA) erlaubt sowohl Sunniten als auch Schiiten, Pilgerfahrten zu unternehmen (USDOS 15.8.2017).

Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30% (AB 7.6.2017; vgl. USDOS 15.8.2017). Des Weiteren tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern (USDOS 15.8.2017).

Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen (USDOS 15.8.2017). Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet (CRS 13.12.2017). In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u. a. der Taliban und des IS (HRW 2018; vgl. USCIRF 2017).

Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Einige Mitglieder der ismailitischen Gemeinschaft beanstanden die vermeintliche Vorenthaltung von politischen Posten (USDOS 15.8.2017).

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Quellen:

AB - Afghan Bios (7.6.2017): National Ulema Council Afghanistan AUC ...;

BFA Staatendokumentation (7.2016): AfPak Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur ...;

CIA - Central Intelligence Agency (2017): The World Factbook - Afghanistan ...;

CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan: Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy ...;

FH - Freedom House (11.4.2018): Freedom in the World 2018 - Afghanistan ...;

HRW - Human Rights Watch (2018): Afghanistan, Events of 2017 ...;

USCIRF - U.S. Commission on the International Religious Freedom (2017): 2017 Annual Report: Afghanistan Chapter ...;

USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan ...

Christentum und Konversionen zum Christentum

Nichtmuslimische Gruppierungen, wie Sikhs, Baha'i, Hindus und Christen, machen ca. 0.3% der Bevölkerung aus. Genaue Angaben zur Größe der christlichen und Bahai-Gemeinschaften sind nicht vorhanden (USDOS 15.8.2017; vgl. USCIRF 2017). Die einzige im Land bekannte christliche Kirche hat ihren Sitz in der italienischen Botschaft (USCIRF 2017) und wird von der katholischen Mission betrieben (FT 27.10.2017; vgl. AIK o.D.). Die afghanischen Behörden erlaubten die Errichtung einer katholischen Kapelle unter den strengen Bedingungen, dass sie ausschließlich ausländischen Christen diene und jegliche Form des Proselytismus vermieden werde (vertrauliche Quelle 8.11.2017). Öffentlich zugängliche Kirchen existieren in Afghanistan nicht (USDOS 15.8.2017). Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen (AA 5.2018). Ausländische Christen dürfen ihren Glauben diskret ausüben (FT 27.10.2017).

Berichten zufolge gibt es im Land weiterhin keine christlichen Schulen (USDOS 15.8.2017); ein christliches Krankenhaus ist in Kabul aktiv (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014, CURE o.D.). Auch gibt es in Kabul den Verein "Pro Bambini di Kabul", der aus Mitgliedern verschiedener christlicher Orden besteht und eine Schule für Kinder mit Behinderung betreibt (PBK o.D.; vgl. FT 27.10.2017). Des Weiteren sind je zwei jesuitische und evangelische Missionare in Afghanistan aktiv (FT 27.10.2017).

Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen (AA 5.2018). Christen berichteten von einer feindseligen Haltung gegenüber christlichen Konvertiten und der vermeintlichen christlichen Proselytenmacherei (USDOS 15.8.2017). Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel nur deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. In städtischen Gebieten sind Repressionen gegen Konvertiten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften (AA 9.2016). Beobachtern zufolge hegen muslimische Ortsansässige den Verdacht, Entwicklungsprojekte würden das Christentum verbreiten und Proselytismus betreiben (USDOS 15.8.2017).

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 5.2018). Quellen zufolge müssen Christen ihren Glauben unbedingt geheim halten. Konvertiten werden oft als geisteskrank bezeichnet, da man davon ausgeht, dass sich niemand bei klarem Verstand vom Islam abwenden würde; im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen, von Nachbarn oder Fremden angegriffen und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Andererseits wird auch von Fällen berichtet, wo die gesamte Familie den christlichen Glauben annahm; dies muss jedoch absolut geheim gehalten werden (OD 2018).

Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die oft während ihres Aufenthalts im Ausland konvertierten, üben aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung ihre Religion alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern aus (USDOS 15.8.2017). Zwischen 2014 und 2016 gab es keine Berichte zu staatlicher Verfolgung wegen Apostasie oder Blasphemie (USDOS 15.8.2017). Der Druck durch die Nachbarschaft oder der Einfluss des IS und der Taliban stellen Gefahren für Christen dar (OD 2018).

Die im Libanon geborene Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghani, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vgl. BBC 15.10.2014). Einige islamische Gelehrte behaupten, es gebe keine öffentlichen Aufzeichnungen ihrer Konvertierung zum Islam (CSR 13.12.2017).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan ...;

AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan ...;

AIK - Ambasciata d'Italia Kabul (o.D.): La Cappella ...;

BBC (15.10.2014): Afghanistan first lady Rula Ghani moves into the limelight ...;

CNN (24.4.2014): Afghanistan Violence ...;

CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan: Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy ...;

CURE - CURE International Hospital of Kabul ...;

FT - First Things (27.10.2017): The church in Afghanistan ...;

NPR - National Public Radio (19.2.2015): For The First Time, An Afghan First Lady Steps Into The Spotlight ...;

NYP - The New York Post (24.4.2014): http://nypost.com/2014/04/24/3-foreigners-killed-in-attack-at-afghan-hospital/, 12.2.2018;

OD - Open Doors (2018): Weltverfolgungsindex, Afghanistan ...;

PBK - Pro Bamibini di Kabul (o.D.): Chi siamo ...;

USCIRF - U.S. Commission on the International Religious Freedom (2017): 2017 Annual Report: Afghanistan Chapter ...;

USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2017 Report on International Religious Freedom - Afghanistan ...;

Vertrauliche Quelle - Vertreter der katholischen Mission in Afghanistan mit Sitz in Kabul (8.11.2017): Informationen zur katholischen Mission in Afghanistan. Antwortschreiben, liegt bei der Staatendokumentation auf.

2. Beweiswürdigung:

Die beschwerdeführende Partei präsentierte zunächst ein konstruiertes Fluchtvorbringen im Zusammenhang mit der Verteilung von Werbezetteln für das Christentum im Iran, wie es von den illegalen Einwanderern aus den schiitischen Regionen Asiens regelmäßig aufgrund einer entsprechenden Instruktion durch Schlepper behauptet wird. Diese Behauptung wurde jedoch nicht glaubhaft gemacht, weil die diesbezüglichen Schilderungen der beschwerdeführenden Partei in wesentlichen Punkten widersprüchlich und unplausibel ausfielen, etwa betreffend Telefonanrufe in Österreich von entfernten Verwandten aus Afghanistan, welche die beschwerdeführende Partei noch nie im Leben getroffen hat und die er einmal als Enkel des Großvaters Schwester und dann wiederum als Enkel eines Onkels bezeichnete; zu Beginn der Einvernahme am 17.02.2017 hatte die beschwerdeführende Partei noch behauptet, dass er überhaupt keine Verwandten im Herkunftsstaat mehr hätte.

In weiterer Folge besuchte die beschwerdeführende Partei dann in Österreich einen Taufkurs, empfing die Taufe und nimmt regelmäßig an Gottesdiensten teil. Jedoch konnte die beschwerdeführende Partei in der Verhandlung nicht einmal das vergleichsweise geringe Beweiskalkül der Glaubhaftmachung zu der Tatsache erfüllen, dass er eine echte Glaubensüberzeugung entwickelt hat und dass die christliche Religion für ihn eine wichtige Stütze im Leben darstellt. Zwar berichtete die als Zeugin einvernommene Pfarrerin, welche die beschwerdeführende Partei und dessen Bruder seit Jahren kennt und die Taufvorbereitung sowie die Taufe durchführte, durchaus von einem in persönlichen Gesprächen gezeigten Interesse an der christlichen Religion. Doch bei der Aussage in der Verhandlung wirkte die beschwerdeführende Partei mehrmals oberflächlich und stellenweise unernst und konnte - trotz der zweieinhalbjährigen Beschäftigung mit dem Christentum samt Taufkurs und zahlreichen Gottesdienstbesuchen - auf mehrere konkrete, zentrale Fragen zum Christentum sowie zu seinen eigenen religiösen Aktivitäten keine zutreffenden und detaillierten Antworten geben, aus denen ein ernstliches Interesse an christlichen Glaubensinhalten ableitbar wäre.

So sagte die beschwerdeführende Partei in der Verhandlung aus, dass vor zwei Wochen Ostern, die Auferstehung von Jesus, gewesen sei, um später dann den Feiertag auf Pfingsten zu berichtigen. Auf die Frage, welche Gebete er verrichte, sagte er, dass er ab und zu das Halleluja mache, dieses laute: Kommt und betet und verehrt den Gott. Die einfache Frage nach den Eltern von Jesus beantwortete er zuerst mit Josef und Elisabeth und korrigierte sich eher beiläufig und amüsiert auf Maria. Die Bedeutung des Karfreitags sah er in einer Vorbereitung für Weihnachten.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bloß um eine Scheinkonversion zum Zweck der Erlangung eines Daueraufenthaltsrechtes in Österreich handelt, liegt deutlich über 50 %.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

§ 3 (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf G

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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