Entscheidungsdatum
15.10.2019Norm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13Spruch
L502 2224218-1/4E
L502 2224215-1/3E
L502 2224220-1/3E
L502 2224221-1/3E
L502 2224217-1/3E
L502 2224216-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX, geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX ; 4.) XXXX , XXXX ; 5.) XXXX , geb. XXXX ; 6.) XXXX , geb. XXXX; alle StA. Jordanien, vertreten durch XXXX, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.10.2019, FZ. 1246225600-190951775, 1246225807-190951724, 1246225110-190951821, 1246225404-190951830, 1246225306-190951848, 1246225208-190951791, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer (BF), im Genaueren ein aus Jordanien stammendes Ehepaar (BF1, BF2) und ihre vier minderjährigen Kinder (BF3-BF6), stellten anläßlich einer Personenkontrolle am Flughafen Wien am 17.09.2019 Anträge auf internationalen Schutz.
2. Am 18.09.2019 erfolgte die Erstbefragung von BF1 und BF2 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes.
3. Im Gefolge derselben wurde den BF die Einreise in das österr. Bundesgebiet verweigert und wurden die Verfahren in der Erstaufnahmestelle - Flughafen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) fortgesetzt, wo BF1 und BF2 am 25.09.2019 zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen wurden.
4. Dem Ersuchen des BFA vom 27.09.2019 folgend stimmte das Büro des UNHCR in Wien mit Schreiben vom 01.10.2019 der vom BFA beabsichtigten Abweisung der Anträge der BF zu.
5. Mit den im Spruch genannten Bescheiden des BFA vom 01.10.2019 wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 33 Abs. 1 Z. 2 iVm § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III).
6. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom gleichen Tag wurde ihnen von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
7. Gegen die ihnen am 01.10.2019 zu eigenen Handen zugestellten Bescheide wurde mit Schriftsatz ihres zugleich als Vertreter bevollmächtigten Rechtsberaters vom 04.10.2019 innerhalb offener Frist in vollem Umfang Beschwerde erhoben.
8. Mit 09.10.2019 langten die Beschwerdevorlagen des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurden die gg. Beschwerdeverfahren der nunmehr zuständigen Abteilung des Gerichts zur Entscheidung zugewiesen, wo diese am Folgetag einlangten.
9. Das BVwG erstellte Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Melde- sowie des Strafregisters.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Identitäten der BF stehen fest. Sie sind Staatsangehörige von Jordanien, Angehörige der palästinensischen Volksgruppe und Muslime der sunnitischen Glaubensrichtung.
Sie stammen aus XXXX , XXXX , wo der BF1 eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker und -Elektriker absolvierte und zuletzt selbständig erwerbstätig war und die BF2 nach einem zweijährigen Studium Hausfrau war. In ihrem Herkunftsstaat leben die Mutter, die Großeltern mütterlicherseits und entferntere Verwandte des BF1 sowie die Eltern und drei Geschwister der BF2.
Der BF1 stellte - unter Verwendung eines am 16.05.2018 bzw. am 28.03.2019 ausgestellten jordanischen Reisepasses - am 06.08.2018 an der spanischen Botschaft in XXXX sowie am 28.04.2019 an der niederländischen Botschaft ebendort jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Touristenvisums, der jeweils abgelehnt wurde.
Die BF reisten am 17.09.2019 auf dem Luftweg von Zypern kommend am Flughafen Wien ein und stellten anläßlich der Personenkontrolle im Transit für einen Weiterflug nach Minsk jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.
Sie sind seit der versuchten Einreise in das österr. Bundesgebiet in einem Quartier des Sondertransits am Flughafen Wien untergebracht und beziehen dort Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber.
Sie sprechen Arabisch auf muttersprachlichem Niveau. BF1 und BF2 sind gesund und arbeitsfähig, ihre Kinder leiden unter keinen maßgeblichen gesundheitlichen Beschwerden.
1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF den Herkunftsstaat aufgrund individueller Verfolgung verlassen haben oder im Falle einer Rückkehr dorthin der Gefahr einer solchen ausgesetzt wären.
1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF bei einer Rückkehr nach Jordanien aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfinden würden.
1.4. Zur aktuellen Lage in Jordanien wird auf die länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid verwiesen, die auch der gg. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben von BF1 und BF2, der bekämpften Bescheide und des Beschwerdeschriftsatzes sowie durch Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters, des Grundversorgungsdatensystems.
2.2. Identitäten und Staatsangehörigkeit der BF wurden bereits vom BFA auf der Grundlage der von ihnen beigebrachten Reisepasskopien in der Zusammensicht mit der an die Behörde übermittelten Unterlagen über die Visaantragstellungen des BF1 festgestellt und waren als solche unstrittig.
Die Feststellungen der Zugehörigkeit der BF zur palästinensischen Volksgruppe und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft stützen sich auf die ebenso unstrittigen Angaben im erstinstanzlichen Verfahren.
Die Feststellungen zu den Kenntnissen der arabischen Sprache sowie den verwandtschaftlichen Verhältnissen der BF im Herkunftsstaat konnten ebenso angesichts der Angaben vor der belangten Behörde getroffen werden.
Die Feststellungen zu den Visaantragstellungen des BF1 stützen sich auf die im Akt einliegenden unstrittigen Auskünfte der betreffenden Behörden.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit von BF1 und BF2 stützen sich auf deren Aussagen vor der belangten Behörde.
2.3. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung der BF vor der Ausreise bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro oben gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:
2.3.1. Anlässlich der Personenkontrolle und nachfolgenden Antragstellung am Flughafen Wien gab die BF2 als Antragsgrund bekannt, dass ihre Familie in Jordanien "von bösen Menschen" verfolgt werde, weil sie der palästinensischen Volksgruppe angehöre. Der BF1 gab als Antragsgrund ebenso bekannt, dass er in Jordanien wegen seiner Zugehörigkeit zur palästinensischen Volksgruppe verfolgt werde.
Anlässlich seiner Erstbefragung legte der BF1 dar, dass in seinem Beisein einer seiner Cousins einen Streit mit dessen Schwager gehabt und diesen dabei eine Treppe hinabgestürzt habe, als er seine Gattin abholen wollte. Der Schwager habe bei diesem Sturz eine Gehirnerschütterung erlitten und das Bewußtsein verloren und habe sich daher an nichts mehr erinnern können. Der Cousin habe demgegenüber die Tat bestritten. Der BF1 sei daher vom Schwager des Cousins für seinen Sturz verantwortlich gemacht worden und habe ihn dessen gesamte Familie mit seinem und dem Tod seiner Kinder und gravierenden Übergriffen auf seine Gattin bedroht. Aus Angst vor Blutrache habe er daher mit seinen Angehörigen die Heimat verlassen.
Die BF1 machte bei ihrer Erstbefragung im Wesentlichen gleichlautende Angaben, ergänzend gab sie lediglich an, dass sich damals ihr Gatte und sein Cousin vor dem Haus des Schwagers getroffen hätten.
Anläßlich seiner Einvernahme in der EAST-Flughafen des BFA führte der BF1 diesen Sachverhalt weiter aus, indem er schilderte, dass er am 02.01.2019 seinen Cousin zu dessen Schwager gefahren habe, wo der Cousin seine Gattin, mit der er Probleme hatte, treffen wollte um sie zurückzuholen. Der Cousin habe sich zur betreffenden Wohnung im Obergeschoß eines Hauses begeben, wo es nach kurzer Zeit zu Lärm gekommen sei, weshalb der BF1 in das Wohnhaus eingetreten sei, wo er den Schwager des Cousins blutend und ohnmächtig auf der Treppe vorgefunden habe. Der Cousin sei wiederum von seinem Schwiegervater festgehalten worden, habe sich aber loslösen können und sei dann mit dem BF1 weggefahren. Auf der Fahrt habe ihm der Cousin von einem Gerangel zwischen ihm und dessen Schwager berichtet. Dieser habe ihm auch geraten seine Angehörigen aus seinem Heim zu holen. Der Schwager des Cousins habe eine Verletzung an der Wirbelsäule erlitten und zudem Gedächtnisprobleme. Der Cousin habe in der Folge vergeblich versucht dem Stamm seines Schwagers klar zu machen, dass den BF1 keine Schuld treffe, ebenso dessen Vater. In der Folge sei der BF1 telefonisch vom Bruder der Gattin seines Cousins bedroht worden. Er sei dann mit seinen Angehörigen bei einem Freund im Norden des Landes untergekommen. Als zwei Tage später die Familie des Verletzten dort erschienen sei und das Auto des BF zerstört habe, sei er in den Süden geflüchtet, wo er sich bis 25. Juni bzw. - an späterer Stelle - bis September aufgehalten habe. Die Polizei habe er nicht um Schutz gebeten, weil sich zum einen diese nicht mit Stammesfehden befasse und zum anderen ein Bruder der Gattin des Cousins selbst Polizist sei.
Als Beweismittel legte er ein Schreiben eines Vermittlers in diesem Konflikt vom 14. Juli vor.
Die BF2 schilderte in ihrer Einvernahme diesen Sachverhalt im Wesentlichen gleichlautend, soweit es ihre eigene Wahrnehmung betraf. Zu den Folgen des Vorfalls für den Verletzten gab sie an, dass dieser "nicht zu 100% genesen" sei.
2.3.2. Die belangte Behörde gelangte auf der Grundlage dieses Vorbringens im Ergebnis zur Feststellung, dass die vom BF1 wie auch von der BF2 behaupteten Ereignisse, die ihrer Aussage nach zur Ausreise geführt hätten, als "absolut unglaubwürdig" zu qualifizieren seien. Eine individuelle Verfolgung im Falle einer Rückkehr sei daher nicht glaubhaft.
In der Beschwerde wurde dieser Beweiswürdigung in einzelnen Punkten argumentativ entgegengetreten, neu vorgebracht wurde, dass der Verletzte seit dem Vorfall querschnittgelähmt sei.
2.3.3. Dieser Einschätzung der belangten Behörde vermochte sich das BVwG im Lichte der folgenden Erwägungen anzuschließen.
Zu Recht verwies sie darauf, dass der vom BF1 geschilderte Verlauf der Ereignisse, der zur Verletzung des Schwagers des Cousins geführt habe, als lebensfremd und unschlüssig zu erachten sei. Insbesondere die Darstellung, dass er selbst als verantwortlich für den Sturz des Betroffenen über die Stiege und die dabei erlittene Verletzung erachtet worden wäre, zumal er erst zu einem Zeitpunkt am Tatort erschienen wäre, als der Betroffene bereits blutend und ohnmächtig auf der Treppe gelegen wäre, während der Täter am oberen Ende der Stiege gestanden und vom Vater des Betroffenen festgehalten und beschimpft worden wäre, sodass sich aus diesen Umständen die Urheberschaft des Cousins geradezu aufgedrängt hätte, während nicht erkennbar geworden wäre, weshalb demgegenüber der BF1 als Täter erscheinen hätte sollen. Dieser Einschätzung stand auch nicht der Einwand des BF1 entgegen, dass das Opfer durch den Sturz sein Bewußtsein verloren bzw. im Nachhinein mit Gedächtnisproblemen zu kämpfen gehabt hätte, weshalb er - wohl vom BF1 in dieser Weise in den Raum gestellt - nicht als Zeuge fungieren hätte können. Denn für den Vater des Opfers hätte es im Lichte der Darstellung des BF1 keine andere Wahrnehmung als jene geben können, dass der BF1 ja erst in späterer Folge, nach dem zum Sturz über die Stiege führenden Handgemenge im Haus erschienen wäre. Demgegenüber hätte ja gerade der Cousin einen Anlaß dafür gehabt um im Wohnhaus der Familie seiner Gattin zu erscheinen, da er sie wieder zu sich zurückholen hätte wollen, während der BF1 selbst bloßer Chauffeur seines Cousins gewesen wäre.
Dazu kam, dass der BF1 keine nachvollziehbare Erklärung dafür zu geben vermochte, weshalb der Cousin, der ja geradezu als Hauptverdächtiger gegolten haben müßte, ohne wesentliche weiteren Probleme in der Heimat verblieben wäre, während der BF1 noch am gleichen Tag des Vorfalls mit seinen Angehörigen seinen Wohnort auf Dauer verlassen und sich ca. acht weitere Monate lang verstecken habe müssen. Dieses Szenario wurde von der belangten Behörde zutreffend als gleichfalls lebensfremd bewertet.
Dass sich die behaupteten Verletzungsfolgen für den Betroffenen über die jeweiligen Schilderungen hinweg sukzessive bis hin zur einer in der Beschwerde erstmals behaupteten Querschnittlähmung steigerten, passte zu diesem unglaubwürdigen Gesamtbild.
Keine schlüssige Erklärung konnte der BF1 auch dem Vorhalt der belangten Behörde entgegensetzen, weshalb er sich über den gesamten Verlauf der Ereignisse zwischen Jänner und September 2019 nie an die staatlichen Sicherheitsbehörden gewandt hätte. Nicht zuletzt hätte er sich auch fast über den gesamten Zeitraum hinweg nicht mehr in seiner engeren Heimat, sondern im Süden des Landes aufgehalten und führte er über angeblich fruchtlose Vermittlungsversuche hinaus auch keine maßgeblichen Ereignisse mehr an, die seinen weiteren Aufenthalt unzumutbar erscheinen hätten lassen.
Für das erkennende Gericht war wie für die belangte Behörde auch die Tatsache der vorangegangenen vergeblichen Versuche des BF1, eine Einreiseerlaubnis in zwei verschiedene Mitgliedstaaten der EU zu erlangen, ein maßgebliches Indiz dafür, dass die nunmehrige illegale Einreise und anschließende Antragstellung in Österreich nicht einer individuellen Verfolgung in der Heimat geschuldet, sondern als Reaktion auf eben diese gescheiterten Versuche zu sehen war. Dabei stand auch der zeitliche Ablauf dieser Ereignisse dem Einwand in der Beschwerde, die Visaanträge seien "vorsorglich" gestellt worden, falls sich der behauptete Konflikt nicht lösen ließe, entgegen. So wurde der erste Visaantrag bereits im August 2018 gestellt, während die behaupteten Flucht auslösenden Ereignisse erst im Jänner 2019 eingetreten wären.
Dem vom BF1 vorgelegten Bestätigungsschreiben eines Stammesältesten kam per se kein maßgeblicher Beweiswert zu, zumal es im Hinblick auf Form und Inhalt, wie die belangte Behörde ebenso zutreffend darlegte, als bloßes Gefälligkeitsschreiben zu werten war.
Dass schließlich sowohl BF1 als auch BF2 unmittelbar bei ihrer Antragstellung alleine auf ihre palästinensische Volksgruppenzugehörigkeit als Grund für eine ihnen drohende Verfolgung in der Heimat verwiesen hatten, während sie einen Stammeskonflikt bzw. eine drohende Blutrache überhaupt nicht erwähnten, demgegenüber aber ihre Volksgruppenzugehörigkeit im weiteren Vorbringen keine Rolle mehr spielte, rundete diese Erwägungen zur offensichtlichen Tatsachenwidrigkeit des Vorbringens ab.
Nicht zuletzt war auch das Büro des UNHCR Wien im Hinblick auf dieses Vorbringen des BF1 und der BF2 der von der belangten Behörde beabsichtigten Abweisung seines Schutzbegehrens nicht entgegengetreten und hatte es dieses ebenfalls als "offensichtlich unbegründet" bewertet.
2.4. Dass es aktuell in Jordanien keinen landesweiten bewaffneten Konflikt gibt, unter dem die Zivilbevölkerung in einer Weise zu leiden hätte, dass ein Aufenthalt ebendort jeden, sohin auch die BF, in eine maßgebliche Gefahrenlage bringen würde, war ebenso als notorisch anzusehen wie dies aus den Feststellungen der belangten Behörde zu gewinnen war.
2.5. Die Annahme, dass die BF bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wären, als sie etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würden, stützte schon die belangte Behörde zu Recht darauf, dass sie im Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen, deren Hilfe sie nötigenfalls in Anspruch nehmen können. Abgesehen davon handelt es sich beim BF1 um einen arbeitsfähigen und -willigen Mann, der bereits vor der Ausreise selbständig erwerbstätig war und daher auch bei einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Herkunftsstaat für seinen und den Unterhalt seiner Angehörigen sorgen wird können. Dass er unter allfälligen gravierenden Erkrankungen leiden würde, wurde von ihm nicht ins Treffen geführt und ist auch sonst nicht hervorgekommen.
2.6. Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage in Jordanien stellten sich in den für die Entscheidung wesentlichen Aspekten als ausreichend und tragfähig dar und stehen mit dem Amtswissen des Gerichts hierzu im Einklang. In der Beschwerde fand sich kein entgegenstehendes substantielles Vorbringen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.
Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.
Zu A)
1.1. Der § 33 AsylG ("Besondere Verfahrensregeln für das Flughafenverfahren") lautet:
(1) In der Erstaufnahmestelle am Flughafen ist die Abweisung eines Antrages nur zulässig, wenn sich kein begründeter Hinweis findet, dass dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wäre und
1.-der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat;
2.-das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht;
3.-der Asylwerber keine Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hat oder
4.-der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19 BFA-VG) stammt.
(2) Die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz nach Abs. 1 und eine Zurückweisung des Antrags wegen bestehenden Schutzes in einem sicheren Drittstaat (§ 4) darf durch das Bundesamt nur mit Zustimmung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge erfolgen. Im Flughafenverfahren genügt eine Einvernahme.
(3) Die Beschwerdefrist gegen eine Entscheidung des Bundesamtes im Flughafenverfahren beträgt eine Woche.
(4) Das Bundesverwaltungsgericht hat im Flughafenverfahren binnen zwei Wochen ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden. Eine Verhandlung im Beschwerdeverfahren ist in der Erstaufnahmestelle am Flughafen durchzuführen. Dem betreffenden Asylwerber ist mitzuteilen, dass es sich um eine Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes als Beschwerdeinstanz handelt.
(5) Im Flughafenverfahren ist über die aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG nicht abzusprechen. Die Zurückweisung darf erst nach Rechtskraft der gänzlich ab- oder zurückweisenden Entscheidung durchgesetzt werden.
1.2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
1.3. Die von BF1 und BF2 behauptete individuelle Verfolgung durch Dritte aus von ihnen behaupteten Gründen war nicht nur als nicht glaubhaft anzusehen, vielmehr erfüllte dieses behauptete Szenario angesichts seiner qualifizierten Unglaubwürdigkeit den Tatbestand des § 33 Abs. 1 Z. 2 AsylG der "offensichtlichen Unbegründetheit", wie oben dargelegt wurde.
1.4. Die Beschwerde war sohin zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
2.2. Zu den Kriterien für die allfällige Zuerkennung von subsidiärem Schutz hat sich der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 26.06.2019, Ra 2019/20/0050 bis 0053-10, unter Bezugnahme auf seine vorgehende Judikatur in grundsätzlicher Weise geäußert.
Hatte er zuvor in seinem Erkenntnis vom 6. November 2018, Ra 2018/01/0106, näher dargelegt, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Weiteren kurz: StatusRL) betreffend den Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinn der Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b iVm Art. 3 StatusRL entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) und somit fehlerhaft umgesetzt hat (siehe Rn. 45 der Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses), und in diesem Erkenntnis auch darauf verwiesen, dass zur Erfüllung dieser Verpflichtung es der Grundsatz der unionskonformen Auslegung von den mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichten verlangt, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht, so stellte er dem gegenüber, dass die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen findet und nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf (Rn. 47 ff. der Entscheidungsgründe).
Im zitierten Erkenntnis Ra 2018/01/0106 hat der VwGH sodann die Frage, ob § 8 Abs. 1 AsylG 2005 einer dem Unionsrecht (im Sinn der zu Art. 15 StatusRL ergangenen Rechtsprechung des EuGH) Genüge tuenden Auslegung zugänglich ist, ausdrücklich dahingestellt gelassen (Rn. 60 der Entscheidungsgründe). Auch im Beschluss vom 21. November 2018, Ra 2018/01/0461, wurde lediglich darauf hingewiesen, dass es der StatusRL widerspreche, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.
Den genannten Entscheidungen war somit - ungeachtet des jeweils vorhandenen Hinweises auf die Unionsrechtswidrigkeit des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 - nicht zu entnehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof damit seine bisherige zum Umfang des Anwendungsbereiches des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ergangene Rechtsprechung als nicht mehr beachtlich angesehen hätte.
Zwischenzeitig hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob in Bezug auf den Status des subsidiären Schutzes eine unionsrechtskonforme Lösung gefunden werden kann (und allenfalls das Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung in Erwägung zu ziehen sein wird), in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ro 2019/19/0006, beschäftigt. Er ist dort zum Ergebnis gelangt, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der StatusRL in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der StatusRL zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben.
Infolge dessen ist an der bisherigen Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann, festzuhalten.
2.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen.
Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. zum Ganzen VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Weiters hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0038 bis 0040; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, jeweils mwN).
2.4. Aus dem oben festgestellten Sachverhalt ergab sich nicht, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 vorliegen:
Stichhaltige Hinweise darauf, dass die BF im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnten, kamen im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens nicht hervor.
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde, liegt im gg. Fall auch eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), nicht vor. Es kamen auch keine gravierenden Erkrankungen der BF hervor.
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würden die BF somit nicht in ihren Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden.
Auch konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die BF als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
2.5. Vor diesem Hintergrund erwies sich letztlich die Annahme des Bundesamtes, es lägen im gg. Fall keine stichhaltigen Gründe für die Annahme des realen Risikos einer Gefährdung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG vor, als mit dem Gesetz in Einklang stehend, und geht auch das BVwG in der Folge von der Zulässigkeit der Abschiebung der BF in ihren Herkunftsstaat aus.
2.6. Insoweit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.1. § 57 AsylG 2005 lautet:
(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.
§ 58 AsylG 2005 lautet:
(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
3.2. Es lagen keine Umstände vor, dass den BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.
3.3. Auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.
4. Gemäß § 21 Abs. 4 AsylG hat das BVwG in Verfahren gegen Entscheidungen im Flughafenverfahren nach § 33 AsylG, wenn der Sachverhalt hinreichend festgestellt wurde ..., eine Entscheidung in der Sache zu treffen.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gg. Fall gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.
5. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Blutrache Familienverfahren Flughafenverfahren gesteigertes Vorbringen Glaubwürdigkeit individuelle Verfolgungsgefahr mangelnde Asylrelevanz Minderjährigkeit non refoulement offensichtlich unbegründete Asylanträge private Streitigkeiten private Verfolgung VolksgruppenzugehörigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L502.2224216.1.00Im RIS seit
25.09.2020Zuletzt aktualisiert am
25.09.2020