Entscheidungsdatum
17.10.2019Norm
AsylG 2005 §55Spruch
L518 1435607-3/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA der Republik Aserbaidschan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.5.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG BGBl I 33/2013 idgF, §§ 55, 58 Abs. 10 AsylG BGBl 100/2005 idgF abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
I.1.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als "bP" bzw. "BF" genannt) ist Staatsangehöriger der Republik Aserbaidschan.
Die bP reisten am 24.4.2012, damals noch minderjährig, gemeinsam mit der Mutter und dem Bruder illegal in das Bundesgebiet ein und brachten diese Anträge auf internationalen Schutz ein, welche vom Bundesasylamt abgewiesen wurden. Weiters wurden die bP in die Republik Aserbaidschan ausgewiesen. Die Bescheide erwuchsen, nachdem dagegen eingebrachte Beschwerden im Rechtsmittelweg in allen Spruchpunkten abgewiesen wurden, am 23.6.2013 in Rechtskraft.
Die bP und die Mutter, sowie der Bruder entsprachen ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nicht und stellten am 16.9.2014 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als belangte Behörde ("bB") wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 17.11.2014 abgewiesen.
Die bP sowie die Mutter und der Bruder kamen in weiterer Folge ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes wiederum nicht nach. Die bP und die Mutter sowie der Bruder wurden zwei Mal, zuletzt im April 2018 zur belangten Behörde (folglich als "bB" bezeichnet) zwecks Erlangung eines Ersatzreisedokuments für die Abschiebung ("Heimreisezertifikat") geladen und entsprachen die Mutter und der Bruder sowie die bP in beiden Fällen ihrer Obliegenheit zum Erscheinen vor der bB nicht.
Am 27.9.2018 befand sich die die Mutter der bP in Haft (Ersatzfreiheitsstrafe) und steckte die Matratze in der Zelle in Brand. Hierauf wurde sie am selben Tag aus der Haft entlassen und in ein Krankenhaus eingeliefert. Vom 11. - 13.10.2018 wurde sie wiederum in Haft genommen
Die Mutter der bP wurde gem. §§ 15, 127 StGB, sowie gem. §§ 125, 126 (1) 5, 89 StGB rechtskräftig verurteilt. Die zweitgenannte Verurteilung erfolgte im Jahre 2019 wegen der bereits beschriebenen Bandlegung in der Haftzelle.
Vom 13.5.2016 - 12.5.2017 wurde der Aufenthalt der bP sowie deren Familienangehörigen im Bundesgebiet geduldet.
I.1.2. Am 17.5.2018 stellten die bP und die Mutter und der Bruder der bP einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltsrechts aus Gründen des Art. 8 EMRK gem. § 55 AsylG. Die bP begründeten ihre Anträge mit der Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet und mit ihren Sprachkenntnissen (Mutter: A1, Bruder: A2, bP: A2).
Diese wurden von der bB mit der Begründung, in Bezug auf die privaten und familiären Verhältnisse der bP im Bundesgebiet wäre keine relevante Änderung eingetreten, gem. § 58 Abs. 10 AsylG als unzulässig zurückgewiesen.
I.1.3. Gegen die oa. Bescheide wurde eine Beschwerde eingebracht. Die bP, die Mutter und der Bruder brachten vor, dass sie seit April 2012 im Bundesgebiet aufhältig sind, dass die Mutter zwischenzeitig die Sprache Deutsch auf dem Niveau A1 beherrsche und über eine Einstellungszusage verfüge und reichte bezüglich der Deutschkenntnisse der Beschwerde einen entsprechenden Nachweis nach.
Der Bruder beherrsche Deutsch auf dem Niveau A2 und hätte 3 Jahre die Hauptschule besucht.
Der BF besuche Kurse für den Pflichtschulabschluss und habe die Abschlussprüfung aus Gesundheit und Soziales absolviert.
Alle wären arbeits- und integrationswillig und stünde einer weiteren Integration ihr rechtswidriger Aufenthalt entgegen.
Des Weiteren wurde auf die Aufenthaltsdauer der bP, sowie auf deren bisheriges Vorbringen verwiesen.
Die bP sowie die Mutter und der Bruder hätten bisher im Verfahren mitgewirkt.
Die bP und die Mutter, sowie der Bruder legten Nachweise über ihre Deutschkenntnisse vor. Der Bruder legte zusätzlich Bestätigungen über den Schulbesuch für das Jahr 2012/13, zuletzt datiert mit 5. Juli 2013 vor, in der dieser in sämtlichen Unterrichtsgegenständen, mit der Ausnahme der Beurteilung im Erweiterungsbereiche Bewegung und Sport mit "4", nicht beurteilt wurde.
I.1.4. Im Bundesgebiet ist ein weiterer volljähriger Bruder der bP2 bzw. Sohn der bP1 aufhältig. Dessen verfahrensrechtliche Schicksal stellt sich analog wie jenes der bP dar. Er brachte ebenfalls einen Antrag gem. § 55 AsylG ein und begründete diesen analog wie die bP. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde vergleichbar mit jener der bP2 begründet. Diese wurde der ho. Gerichtsabteilung L 518 zugewiesen.
Die bP legte eine Anmeldebestätigung für die Veranstaltung Pflichtschulabschluss Kompakt vom 15.2.2017 und ein Zeugnis über die Abschlussprüfung in PSA Prüfung: Gesundheit und Soziales vom 3.5.2017 vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
II.1.1. In Bezug auf die Feststellungen zur Person der bP wird auf die bereits in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnisse vom AsylGH vom 26.6.2013, Zahl E11 435.607-1/2013/5E verwiesen, wo rechtskräftig festgestellt wurde, dass die bP Staatsbürger der Republik Aserbaidschan sind, der Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig abgewiesen und rechtkräftig festgestellt wurde, dass keine im Sinne des Art. 8 EMRK relevanten privaten und familiären Bindungen bestehen, welche im Rahmen einer Interessensabwägung gem. Abs. 2 leg. cit. zu einem Überwiegen dieser privaten gegenüber den öffentlichen Interessen führen würde. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 11.12.2013 zu Zl. U 1617-1619/2013-12 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt wurde und das Erkenntnis des AGH am 28.3.2013 in Rechtskraft erwachsen ist.
Der am 16.9.2014 zweite Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wurde wegen entschiedener Sache abgewiesen und das dagegen erhobene Rechtsmittel der Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17.11.2014 abgewiesen.
Die bP sowie deren Mutter und Bruder weigerten sich trotz rechtskräftiger Ausweisung beharrlich das Bundesland zu verlassen und sind zwei Ladungen, zuletzt im April 2018, zur Erlangung eines HRZ nicht nachgekommen und verhinderten sohin die Effektuierung der rechtskräftigen, aufenthaltsbeendenden Entscheidung.
Ansonsten wird auf den beschriebenen Verfahrensgang verwiesen, aus dem sich der relevante Sachverhalt ergibt.
2. Beweiswürdigung
II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.4. In Bezug auf den seitens der bB festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.
Die Ausführungen der bB sind für sich als tragfähig anzusehen und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.
Es ergibt sich sichtlich aus dem seitens der bP beschriebenen Verfahrenshergang, dass sich die Verweildauer der bP sowie der Mutter bzw. des Bruders im Bundesgebiet überwiegend eindeutig aus dem Umstand ergibt, dass diese unbegründete bzw. unzulässige Anträge auf internationalen Schutz stellten, sich diese gegenüber den Fremden- und Asylbehörden nicht kooperativ zeigten und ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nach der Ab- bzw. Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz nicht entsprachen, sondern weiterhin rechtswidrig im Bundesgebiet verharrten. Die behauptete Mitwirkung im fremdenpolizeilichen Verfahren nach dem Eintritt der Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes ergibt sich weder konkret aus dem pauschal vorgetragenen Vorbringen der bP, noch aus dem Akteninhalt, viel mehr ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang das Gegenteil. Der in der Beschwerdeschrift dargelegte lapidare Hinweis, die BF hätten, soweit es ihnen möglich war, mitgewirkt und alle Fragen beantwortet, sodass sie der Meinung wären, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht am Verfahren so gut wie möglich nachgekommen wären, ohne der in der erstinstanzlichen Entscheidung festgehaltenen mangelnden Mitwirkung betreffend der Erlangung eines HRZ substantiiert entgegenzutreten bzw. sich diesbezüglich zumindest zu äußern, vermag an der oben dargelegten Beurteilung nichts zu ändern.
Da sich die bP, die Mutter und der Bruder seit Einbringung der Beschwerdeschrift bzw. der Vorlage des Nachweises der Deutschkenntnisse in Bezug auf die Mutter bzw. die bP zur Veranstaltung "Pflichtschulabschluss kompakt" nicht mehr äußerten, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bereits in der Vergangenheit bP über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurden. Zudem sei festgehalten, dass selbst bei Erlangung des Pflichtschulabschlusses die Voraussetzungen für eine anderslautende Entscheidung nicht gegeben wäre. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren bzw. ihrer Verfahrensförderungspflicht gem. § 39 Abs. 3a AVG eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätte, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Dies gilt insbesondere für die privaten und familiären Umstände der bP, welche diese der Behörde bzw. dem Gericht ebenfalls von sich aus mitzuteilen haben (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua; VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601 VwGH 15.11.1994, 94/07/0099; vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78 und VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Da die bP, die Mutter und der Bruder keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstatteten, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde bzw. der Nachreichung des bereits genannten Schriftstückes vorlag, keine Änderung eintrat.
Das ho. Gericht geht - entgegen der in der Beschwerdeschrift dargelegten Behauptung - davon aus, dass seitens der bB der maßgebliche Sachverhalt im ausreichenden Maße erhoben wurde und war auch ist das ho. Gericht dazu nicht verhalten, weitere Ermittlungen durchzuführen, zumal sich im antragsbedürftigen Verfahren der von der Behörde zu prüfende maßgebliche Sachverhalt gem. § 37 AVG grundsätzlich aus der Begründung des Antrages durch die Partei ergibt. Die bP waren im Rahmen ihrer Verfahrensförderungspflicht gem. § 29 Abs. 2a AVG bzw. ihrer allgemeinen Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren -im antragsbedürftigen Verfahren in einem verstärktem Maße- verpflichtet, ihre Anträge initiativ und zum ehestmöglichen Zeitpunkt vollständig zu begründen und konnte die bB daher davon ausgehen, dass die bP anlässlich der gegenständlichen Antragstellung dieser Obliegenheit zur vollständigen und initiativen Begründung anlässlich der Antragstellung im vollen Umfang nachkamen. Die nicht näher konkretisierten Einwände in der Beschwerde, die bB habe sich mit dem gesamten individuellen Vorbringen nicht sachgerecht auseinandergesetzt bzw. kein adäquates Ermittlungsverfahren durchgeführt, ohne diese Behauptungen durch konkrete und substantiierte Ausführungen, inwieweit die bB die Ermittlung unterlassen habe, bzw. welche Aspekte unberücksichtigt geblieben wären, näher darzutun, gehen daher ins Leere.
3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.
II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Die Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerde-verfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
II.3.3. Prüfungsumfang
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, ... auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Der Prüfungsumfang ist im gegenständlichen Fall somit auf die Zurückweisung des Antrages gem. § 58 Abs. 10 AsylG und die dagegen eingebrachte Beschwerde beschränkt.
II.3.4. Weitere relevante Bestimmungen:
Gem. § 75 Abs. 23 AsylG gelten Ausweislungen, die gem. § 10 AsylG vor der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, als aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem BG BGBl I 87/2012.
§ 55 AsylG 2005, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK:
"§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. ...
(2) ..."
§ 58 AsylG lautet:
"Antragstellung und amtswegiges Verfahren
§ 58. (1) - (9) ...
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) - (13) ..."
Die Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG entspricht im Wesentlichen dem § 44b NAG idF BGBl I Nr. 38/2011 (vgl. ErlRV (BGBl I 2012/87; Schrefler-König in Schrefler-König/Szymansky, Fremdenpolizei- und Asylrecht (2014) § 58 AsylG, S 4 u Anm 5.), weshalb das ho. Gericht davon ausgeht, dass die in Bezug auf die genannte Vorgängerbestimmung ergangene höchstgerichtliche Judikatur auch im gegenständlichen Falle anzuwenden ist.
Beim Begriff des Privat- und Familienlebens gem. Art. 8 EMRK handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, dass seitens der bB bzw. des ho. Gerichts über die privaten und familiären Anknüpfungspunkte, welche in Bezug auf die bP bis zum Zeitpunkt der Erlassung der in Rechtskraft erwachsenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme rechtskräftig und somit verbindlich abgesprochen wurde. Wie bereits der VwGH zur Vorgängerbestimmung des § 44b NAG in einer Mehrzahl von Entscheidungen darlegte, war die Überprüfung der in einem vorausgegangenen Verfahren ergangenen Ausweisung nicht Gegenstand des Verfahrens vor der Niederlassungsbehörde (Hinweis E vom 22. Juli 2011, 2011/22/0112, mwN). Es ist aufgrund der vergleichbaren Interessenslage im gegenständlichen Verfahren nicht die Rechtmäßigkeit der vorausgegangenen der einer Rückkehrentscheidung gleichwertigen Ausweisung (vgl. § 75 Abs. 23 AsylG) zu prüfen und entwickelt diese die volle Rechtskraftwirkung. Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über die einer Rückkehrentscheidung gleichwertigen Ausweisung im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im gegenständlichen Fall daher ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, ho. Erk. vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E). Die beschriebene Rechtskraftwirkung gilt selbst dann, wenn die Behörde bzw. das Gericht im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).
Die maßgebliche, zu klärende Rechtsfrage ist daher jene, ob nach der rechtskräftig erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem begründeten Antragsvorbringen der bP im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, hervorgeht. Die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung ist nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind die nach Art. 8 MRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 MRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 Abs. 2 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen (vgl. Erk. d. VwGH vom 3.10.2013, 2012/22/0068).
Bereits in Bezug auf die Vorgängerbestimmung des § 44b NAG in der genannten Fassung ging der VwGH davon aus, dass beim Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen eine Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 abs. 2 EMRK nicht durchzuführen ist (Erk. vom 10.12.2013, 2013/22/0362).
Bei folgenden Konstellationen ging der VwGH von keiner wesentlichen Änderung des Sachverhalts im Sinne der oa. Erwägungen aus (exemplarische und auszugsweise Zitierung der Judikatur ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
- Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0094: Weder ein Zeitablauf von ca. zwei Jahren [Anm.: in einem anderen Erk. 2, 5 Jahre] zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen stellen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 44b NAG 2005 idF vor 2012/I/087 dar (Hinweis E 22. Juli 2011, 2011/22/0138; E 9. September 2013, 2013/22/0215).
- Erk. vom 27.1.2015, Ra 2014/22/0108: Ein arbeitsrechtlicher Vorvertrag (dem im Hinblick darauf, dass der Fremde mangels entsprechender Deutschkenntnisse keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hat, die Relevanz abgesprochen wurde) und auch der bloße Besuch eines Deutschkurses durch die Fremde können keine umfassende Neubeurteilung iSd Art 8 MRK nach sich ziehen (vgl. E 10. Dezember 2013, 2013/22/0362; E 29. Mai 2013, 2011/22/0013).
- Erk. vom 19.11.2014, 2012/22/0056: Die Behörde hat die Sprachkenntnisse des Fremden und die Einstellungszusage ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Es ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Behörde in diesen Umständen keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts sah, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. E 13. Oktober 2011, 2011/22/0065).
- Erk. vom 19.11.2014, 2013/22/0017: Mit Patenschaftserklärungen wird letztlich nur die finanzielle Unterstützung des Fremden dokumentiert und keine iSd Art. 8 MRK relevante Integration dargelegt (vgl. E 22. Juli 2011, 2011/22/0112).
- Erk. vom 30.7.2014: 2013/22/0205: Aus den vom Fremden neu vorgebrachten Umständen - den vorgelegten Empfehlungsschreiben und seinem sozialen Engagement beim Roten Kreuz - allein musste die Behörde nicht auf eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes schließen (vgl. E 11. November 2013, 2013/22/0250, und 2013/22/0217).
- Beschluss. vom 4.4.2019, Ro 2019/21/0003: Der Beginn einer Lehre in einem Mangelberuf führt zu keinem Sachverhalt, welcher im Lichte des Art. 8 EMRK neu zu beurteilen wäre.
Den exemplarisch zitierten Einzelfallentscheidungen ist zu entnehmen, dass nicht jede Änderung in Bezug auf die privaten und familiären Anknüpfungspunkte zur Erforderlichkeit einer neuerlichen meritorischen Prüfung des Antrages führt, sondern dass dies nur dann der Fall ist, wenn der Änderung eine nicht nur bloße untergeordnete Tatbestandsrelevanz zukommt (vgl. zur erforderlichen Tatbestandsrelevanz auch Erk. d. VwGH vom 19.2.2009, Zl. 2008/01/0344, wo dieser sichtlich von vergleichbaren Überlegungen in Bezug auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Lichte des Art. 3 EMRK und § 68 (1) AVG ausging). Dem sich auf Vorgängerbestimmungen beziehenden Erk. des VwGH vom 15.2.2010, 2009/21/0367 mwN ist auch zu entnehmen, dass durch den nunmehrigen § 58 Abs. 10 AsylG hintangehalten werden soll, dass durch gestellte "Kettenanträge" in der Absicht, die Durchsetzung bestehender Rückkehrentscheidungen zu unterlaufen, die Behörde gehindert wird, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu effektuieren.
Die bP, die Mutter bzw. der Bruder der bp begründen ihren Antrag auf die bereits beschriebenen Umstände. Diese Umstände sind von ihrer Interessenslage mit jenen Sachverhalten vergleichbar, welche in den zuvor genannten höchstgerichtlichen Erkenntnissen beschrieben wurden. Es ist zwar davon auszugehen, dass im gegenständlichen Fall eine verhältnismäßig lange Zeitspanne verstricht, doch ergibt sich aus der bereits zitierten Judikatur, dass das Verstreichen von Zeit per se noch keinen neuen relevanten Sachverhalt darstellt und wurde kein qualifizierter Sachverhalt vorgetragen, welcher sich in dieser Zeitspanne zugetragen haben soll. So stellen letztlich auch jene Umstände, welche sich entsprechend der Schilderung der bP in diesem Zeitraum ereignet haben, laut der zitierten Judikatur keinen neuen relevanten Sachverhalt iSd § 58 Abs. 10 AsylG dar.
Es ist auch darauf hinzuweisen, dass sich ein Teil der Bescheinigungsmittel, welche die bP, die Mutter bzw. der Bruder vorlegten, bzw. sich ein Teil des Sachverhalts, den die vorbrachten, sich ohnehin auf einen Sachverhalt bezieht, der sich bis zum Zeitpunkt der letztmaligen rechtskräftigen Absprache über die aufenthaltsbeendende Maßnahme ereignete, somit jedenfalls von der Rechtskraftwirkung dieser Erkenntnisse mitumfasst sind und ist dieser Sachverhalt einer neuerlichen meritorischen Prüfung nicht zugänglich.
Zu den später entstandenen Bescheinigungsmitteln, bzw. dem ihnen zu Grunde liegenden Sachverhalt ist im Lichte der oa. Judikatur zum einen drauf hinzuweisen, dass das Vorbringen, soweit es sich auf den Zeitraum vor der rechtskräftigen Erlassung der Rückkehrentscheidung ohnehin von der oa. Rechtskraftwirkung erfasst ist und brachte die bP darüberhinausgehend im Lichte der zitierten Judikatur keine Umstände vor, welche eine neuerliche Gesamtbeurteilung ihrer privaten und familiären Bindungen im Lichte des § 58 Abs. 10 AsylG erforderlich machen würden und wies die belangte Behörden den Antrag daher zu Recht gemäß der zitierten Bestimmung zurück. In diesem Zusammenhang sei im Lichte der oa. zitierten höchstgerichtlichen Judikatur besonders darauf hingewiesen, wonach selbst die Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029). Ebenso wird darauf verwiesen, seitens des ho. Gerichts in seiner ständigen Rechtsprechung wiederholt dargelegt wurde, dass Referenzschreiben allgemein keine außergewöhnliche Integration, sondern lediglich die Sichtweise der Verfasser in Bezug auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers beschreiben. Wie ebenfalls bereits vom ho. Gericht wiederholt ausgeführt wurde, kann auch einer Einstellungszusage zu keiner Neubeurteilung des Sachverhalts führen. Auch das Verstreichen von Zeit bewirkt hier keinen neu zu beurteilenden Sachverhalt und sei darauf hingewiesen, dass dieser Umstand nur zu Stande kam, indem die bP, die Mutter und der Bruder ihre Verpflichtung, das Bundesgebiet zu verlassen, beharrlich negierten und an der Erlangung eines Ersatzreisedokuments für die Abschiebung nicht mitwirkten.
Sonstige Umstände, welche über eine untergeordnete Bedeutung hinausgehen, wurden im gegenständlichen Antrag nicht vorgebracht und ergab sich auch sonst bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatschen nicht. Hier wird auch auf die Ausführungen der belangten Behörde und die bereits zitierte höchstgerichtliche Judikatur verwiesen.
Im gegenständlichen Fall ergaben sich keine neuen relevanten privaten Interessen der bP iSd Art. 8 EMRK, viel mehr wäre allenfalls davon auszugehen, dass sich die öffentlichen Interessen iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK manifestierten, indem die bP beharrlich ihre Verpflichtung zum Verlassen aus dem Bundesgebiet ignorierte und im Bundesgebiet verharrte. Nach Ansicht des ho. Gerichts liegt es im Hinblick auf den chronologischen Hergang des Verfahrens auch auf der Hand, dass die bP durch die Stellung des nunmehrigen Antrages die Effektuierung der rechtskräftig erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme im oben beschriebenen Sinne einer rechtsmissbräuchlichen Antragstellung zu vereiteln versucht. Gerade eine solche Vorgangsweise durch die Partei und deren Familienmitglieder soll durch die Anwendung des § 58 Abs. 10 (iVm Abs. 13) AsylG verhindert werden.
Da im gegenständlichen Fall keine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts in Bezug auf Art. 8 EMRK vorliegt, welcher eine neuerliche Interessensabwägung notwendig gemacht hätte und bereits eine mit einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung gleichzusetzende aufenthaltsbeendende Maßnahme (§ 75 Abs. 23 AsylG) besteht, war der gegenständliche Antrag gem. § 58 Abs. 10 AsylG zurückzuweisen.
II.3.5. Aufgrund der oa. Ausführungen war die Beschwerde im Rahmen der Einschränkung des ho. Gerichts auf den Beschwerdegegenstand abzuweisen.
II.3.6. Der Vollständigkeit halber sie darauf hingewiesen, dass dem offensichtlichen Bestreben der bP, durch gegenständliche Antragstellung wiederum Abschiebeschutz zu erreichen, jedenfalls kein Erfolg beschieden werden kann. Dies ergibt sich aus den nachträglichen Ausführungen:
§ 53 Abs. 13 AsylG lautet:
" (13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn
----------
1.-ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung
gemäß § 56 eingeleitet wurde und
2.-die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraus-
setzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben."
Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofergehen gehen in Asyl- und Fremdenrecht, E 14 zu § 58 Abs. 13 mwN davon aus, dass auch in der nach der Novelle BGBl I Nr. 29/2009 neu geschaffenen Rechtslage zum humanitären Aufenthalt im Lichte verfassungsrechtlicher und teleologischer Überlegungen davon auszugehen ist, dass hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob ein Antrag gem. § 55 AsylG ein Abschiebehindernis darstellt, zu differenzieren ist:
Wenn der Antrag -so wie im gegenständlichen Fall- zurückzuweisen ist, stelle er unstrittiger Weise kein Abschiebehindernis dar.
Anders sei jedoch vorzugehen, wenn der Antrag abzuweisen wäre. Auch in diesem Fall begründe die Antragstellung kein Aufenthaltsrecht, jedoch würde die antragstellende Partei bis zur inhaltlichen Entscheidung über Abschiebeschutz verfügen. Diese Überlegung wird zu einem überwiegenden Teil vom Argument getragen, dass ein Antrag gem. § 55 AsylG ebenso wie jene auf die Vorgängerbestimmungen fußende Anträge vom Inland aus zu stellen sind und auch der Aufenthalt des Antragstellers zum Zeitpunkt der Entscheidung im Inland vorausgesetzt wird. Verlässt der Antragsteller jedoch das Bundesgebiet, ist über den Antrag nicht (mehr) inhaltlich zu entscheiden. Dies würde selbst dann gelten, wenn der Antragsteller unfreiwillig, etwa im Zuge einer Abschiebung das Bundesgebiet verlässt und würde somit dem Antragsteller durch eine Abschiebung das Recht einer meritorischen (und allenfalls positiven) Entscheidung über den Antrag genommen. Um diese -verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare- Folge zu vermeiden, sei dem Antragsteller die Möglichkeit zu eröffnen, den Ausgang des Verfahrens vom Inland aus abzuwarten zu ermöglichen.
Der Verwaltungsgerichtshof hob bereits mit seiner Entscheidung vom 07.05.2014, 2013/22/0274 mwN in Zusammenhang mit § 43 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl I Nr 38/2011 den in jenem Verfahren angefochtenen Bescheid - mit dem einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels von der Behörde mit der Begründung nicht stattgegeben worden war, dass der Antragsteller abgeschoben worden und somit kein durchgängiger Aufenthalt gegeben sei - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, da die Behörde den Antrag nicht allein mit der Begründung abweisen hätte dürfen, dass sich der Beschwerdeführer (nach Antragstellung) nicht mehr durchgängig im Inland aufgehalten habe (vgl. hierzu auch ho. Erk. vom 4.6.2018, W222 1312240-2). Das soeben zitierte Erkenntnis 2013/22/0274 des Verwaltungsgerichtshofes erging zu einem mit einem in der vorliegenden Prognoseentscheidung vergleichbaren Sachverhalt und die darin vom Verwaltungsgerichtshof getroffenen Erwägungen sind auch auf § 55 Abs 1 AsylG übertragbar, da dieser entsprechend den ErläutRV (RV 1803 XXIV. GP) inhaltlich § 43 Abs 3 NAG in der Fassung BGBl I Nr 38/2011 abbildet, welcher seinerseits - im für den verfahrensgegenständlichen Fall relevanten Ausmaß - mit § 43 Abs 4 NAG in der Fassung BGBl I Nr 38/2011 vergleichbar ist. Somit darf die bB auch im vorliegenden noch nicht entschiedenen Antrag gem. § 55 AylG nicht allein mit der Begründung zurückweisen, dass sich der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) im Bundesgebiet aufhält. Die bP hat somit jedenfalls einen Anspruch auf eine meritorische Entscheidung über ihren Antrag und im Falle einer positiven Entscheidung auch einen Anspruch auf eine Wiedereinreise nach Österreich.
Aufgrund der im Vorabsatz dargelegten Ausführungen ist die bereits beschriebene, von Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer inAsyl- und Fremdenrecht, E 14 zu § 58 Abs. 13 mwN, vertretene Auffassung, welche auf einer älteren als die oa. Judikatur und die Annahme fußt, wonach ein Antrag gem. § 55 AsylG zurückzuweisen sein wird, wenn sich der Antragsteller zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr im Inland befindet, nach Ansicht des ho. Gerichts nicht mehr aufrecht zu erhalten und ist davon auszugehen, dass ein Antragsteller gem. § 55 AsylG auch im Falle einer meritorischen Entscheidung über den Antrag im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 58 Abs. 13 AsylG dem Wortlaut der Bestimmung folgend im Ausland abwarten muss und ihm im Falle einer für die bP positiven Entscheidung die Wiedereinreise zu gestatten ist. Das ho. Gericht kann keine weiteren verfassungsrechtlichen oder teleologischen Überlegungen erblicken, welche dieser Ansicht iS eine Wortinterpretation des § 58 Abs. 13 AsylG entgegenstehen, weil in einem Verfahren gem. § 55 AsylG die Kernfrage nicht in der Lage der bP im Herkunftsstaat, sondern darin liegt, ob eine (dauerhafte und nicht bloß für die Verfahrensdauer) erfolgte Außerlandesbringung Art. 8 EMRK widerspricht. Darüber hinaus hat die bB den Zeitpunkt der Abschiebung im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens im Rahmen des Gesetzes iSd § 46 Abs. 1 FPG zu wählen und hat sie hierbei fallspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen und wäre im Falle einer positiven Entscheidung über den Antrag die Wiedereinreise zu gestatten.
Der bP kam somit jedenfalls mit der Stellung des gegenständlichen Antrages kein weiterer Abschiebeschutz zu.
Festzuhalten war, dass betreffend des Bruders bzw. der Mutter der bP bereits eine gleichlautende Entscheidung erging.
II.4. Mangels des Vorliegens eines weiteren Beschwerdegegenstandes waren seitens des ho. Gerichts keine weiteren Prüfungsschritte vorzunehmen.
II.5. Aufgrund der vorgetragenen Sprachkenntnisse unterblieb eine Übersetzung der relevanten Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses.
II.6. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn
- der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint
oder
- sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Im gegenständlichen Fall ließen die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):
- Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.
- Die bP musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen-
- In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des Behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 20 BFA-VG verstößt.
- Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.
Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).
Zur Frage der Erforderlichkeit einer Befragung der bP im Beschwerdeverfahren ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen Anhörung konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies -so wie im gegenständlichen Fall- unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung.
Der VwGH wies wiederholt darauf hin, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt und zwar auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände (vgl. etwa. Erk. d. VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 mwN). Daraus ist jedoch keine generelle Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das ho. Gericht von ihm einen positiven Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (vgl. Beschluss des VwGH vom 26.1.2016, Ra 2016/21/0233 oder Beschluss vom 18.10.2017, Ra 2017/190422 bis 0423-4, Ra 2017/19/0424-5).
Im gegenständlichen Fall wurden zum einen die seitens der bP getätigten Äußerungen zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet in ihrem objektiven Aussagekern als wahr unterstellt und letztlich der für die bP günstigste Sachverhalt, wie er sich darstellen würde, wenn sich das Gericht im Rahmen einer Verhandlung einen positiven Eindruck verschafft hätte, der rechtlichen Beurteilung unterzogen, weshalb auch in Bezug auf die Rückkehrentscheidung keine Verhandlung durchzuführen war.
Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung des dem Rechtsinstitut der res iudicata nachgebildeten § 58 Abs. 10 AsylG, sowie des durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienlebens abgeht.
Soweit sich die asyl- und fremdenrechtliche Diktion, sowie Zuständigkeiten zum Teil änderten und das Asyl- und Fremdenrecht eine verfahrensrechtliche Neuordnung während des Aufenthaltes der bP im Bundesgebiet erfuhr, kann ebenfalls kein unter Art. 133 Abs. 4 zu subsumierender Sachverhalt hergeleitet werden, zumal sich am substantiellen Inhalt der anzuwendenden Normen keine relevante Änderung ergab. Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen (z. B. in Bezug auf § 58 Abs. 10 AsylG auf 44b NAG aF).
Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebungshindernis Abschiebungsschutz Änderung maßgeblicher Umstände aufenthaltsbeendende Maßnahme Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK Ausreiseverpflichtung Beschwerdegegenstand geänderte Verhältnisse illegaler Aufenthalt Mitwirkungspflicht Privat- und Familienleben Rechtsmissbrauch res iudicata wesentliche SachverhaltsänderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L518.1435607.3.00Im RIS seit
25.09.2020Zuletzt aktualisiert am
25.09.2020