TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/17 L508 2102597-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.10.2019
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Entscheidungsdatum

17.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §6
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L508 2102597-4/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch den ehemaligen RA Dr. Lennart Binder, LL.M. sowie MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46, § 55 Abs. 1 bis 3 sowie § 53 Abs. 1 und 3 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 AsylG 2005 wird gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der Volksgruppe der Jat sowie der sunnitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 10.05.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 5).

2. Im Rahmen der Erstbefragung am 11.05.2013 (AS 5 - 19) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt zu Protokoll, dass er Probleme mit Indern gehabt hätte. Er würde nämlich in der Provinz Kaschmir leben. Die Inder würden ihnen das Land wegnehmen und sie töten wollen. Sonst hätte er keine weiteren Fluchtgründe. Bei einer Rückkehr habe er Angst, von den Indern getötet zu werden.

3. In der Folge wurde ein Konsultationsverfahren mit Ungarn gemäß der Dublin II-Verordnung geführt, welches eine Zuständigkeit Ungarns ergab (AS 37 - 41, 83).

4. Am 31.05.2013 wurde der Beschwerdeführer in Anwesenheit eines Rechtsberaters vor dem Bundesasylamt (nachfolgend: BAA) zur Wahrung des Parteiengehörs niederschriftlich einvernommen (AS 119 - 129), wobei der BF zu Protokoll gab, dass er in Österreich bleiben wolle. Er wolle hier in die Schule gehen. In Pakistan habe er hierzu keine Möglichkeit gehabt.

Dem Rechtsberater wurde in dieser Einvernahme die Möglichkeit gegeben, Fragen anzuregen oder eine Stellungnahme abzugeben. Dieser machte hiervon keinen Gebrauch.

5. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.06.2013 (AS 131 - 167) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und wurde ausgesprochen, dass für die Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Beschwerdeführers gemäß "Artikel 16 (1) (c)" der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates Ungarn zuständig sei (Spruchpunkt I.).

Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Ungarn gemäß § 10 Abs. 4 AsylG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit am 12.06.2013 beim Bundesasylamt eingelangtem Schriftsatz fristgerecht Beschwerde (AS 187 - 189 [Übersetzung: AS 191]). Bei einer Rückekhr nach Pakistan würde er von Al-Qaida entführt und getötet werden.

7. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 25.06.2013 (AS 205 - 209) wurde der Beschwerde gem. § 37 Abs. 1 AsylG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

8. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.06.2013 (AS 211 - 217) wurde der Beschwerde gem. § 41 Abs. 3 zweiter Satz AsylG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

9. Im Rahmen einer weiteren Einvernahme im Asylverfahren vor dem BAA am 14.08.2013 (AS 261 - 301) gab der BF zu Protokoll, dass er in der Nacht nicht schlafen könne. Er sei vor zwei Tagen im Spital gewesen und habe Medikamente erhalten. Ansonsten hätte er keine gesundheitlichen Probleme. Auf Nachfrage erklärte der BF, dass er nicht wisse, wie diese Tabletten - von deren Einnahme er einen Hautausschlag bekomme - heißen würden.

Von Seiten des gesetzlichen Vertreters wurde hierzu ergänzt, dass dieser von den Heimbetreuern wisse, dass der BF gegenüber den Heimbetreuern regelmäßig Schmerzanfälle angegeben habe. Der BF leide seit seinem fünften Lebensjahr an diesen etwa fünfminütigen Anfällen. In dieser Zeit könne er sich nicht bewegen. In den letzten zwei Monaten sei es zu zwei Anfällen gekommen. Ein Arzttermin sei Anfang 2013 vereinbart worden, habe dann aber nicht stattgefunden. Ein Befund werde - sobald einer vorliege - nachgereicht.

In weiterer Folge schilderte der BF, dass sein Vater seit längerer Zeit für Al-Qaida gearbeitet habe. Einmal habe der höhere Führer dieser Gruppierung seinen Vater aufgefordert, nach Indien zu reisen und dort Bombenanschläge zu verüben. Sein Vater sei eines Tages nach Hause gekommen und habe seiner Mutter mitgeteilt, dass er nach Indien gehen werde. Sein Vater sei davor nie außerhalb von Pakistan gewesen. Seine Mutter sei total dagegen gewesen und habe gesagt, dass er dies nicht tun dürfe. Sein Vater habe ihr zugestimmt und habe diesem Führer erklärt, dass seine Frau, seine Kinder und daher auch er nicht wolle, dass er nach Indien gehe. Der Führer habe versucht seinen Vater umzustimmen, aber sein Vater habe sich geweigert. Dann sei dieser zu Hause geblieben und habe aus Angst das Haus nicht mehr verlassen. Eines Tages habe sein Vater aber etwas erledigen müssen, sei aus dem Haus gegangen und nicht mehr zurückgekommen. Nach etwa einer Woche sei der Leichnam seines erschossenen Vaters gefunden worden.

Auch er habe nach einer Entführung durch diese Gruppe zwei Monate bei diesen Leuten - für die sein Vater gearbeitet habe - gelebt. Dort habe er gelernt, wie man ein Gewehr bedient. Dann sei er von dort weggelaufen und hierhergekommen.

10. Mit einem Schreiben vom 21.11.2014 (AS 433 - 434) gab der BF eine Stellungnahme zu den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) an ihn übermittelten Länderfeststellungen ab.

11. Mit Bescheid des BFA vom 12.12.2014 (AS 499 - 671) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Dem Fluchtvorbringen wurde vor allem aufgrund dessen unterschiedlicher Darstellung in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem BAA am 14.08.2013 die Glaubwürdigkeit versagt.

12. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 03.03.2015 (AS 695 - 700) fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des detaillierten Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

12.1. Das BFA übersehe bei seiner Beweiswürdigung, dass es sich beim BF um einen Minderjährigen handle und sei der belangten Behörde vorzuwerfen, sich nicht mit der ergangenen Judikatur (E des VfGH vom 27.06.2012, U98/12) auseinandergesetzt zu haben, obwohl dem BF noch mit Befund vom 08.08.2013 eine akute Belastungsreaktion diagnostiziert worden sei.

12.2. Wenn sich die belangte Behörde in Bezug auf die vom BF ins Treffen gebrachten Verständigungsschwierigkeiten darauf zurückziehe, dass er mit seiner Unterschrift die korrekte Protokollierung bestätigt hätte, sei auf die Rechtsprechung des VwGH zur Relevanz von Verständigungsschwierigkeiten trotz Beurkundung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift zu verweisen.

12.3. Aufgrund seiner besonderen Vulnerabilität und der Dichte der militanten Organisationen in Pakistan würde er im Falle einer Rückkehr zudem Gefahr laufen, von einer dieser Gruppierungen (erneut) zwangsrekrutiert zu werden. Seine ohnehin schon hohe Vulnerabilität werde durch den Umstand noch verstärkt, dass er über keinerlei Dokumente verfüge und ohne gesetzlichen Vertreter im Herkunftsland rechtlich nicht uneingeschränkt handlungsfähig wäre.

12.4. Vor diesem Hintergrund (Leibeigenschaft) hätte die Behörde die gegenständliche Sache auch unter dem Aspekt der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (E des VwGH vom 12.11.2002, 2000/01/0086 und jene vom 09.07.2002, 2001/01/0281) und die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten schon alleine aufgrund der allgemeinen Verhältnisse von alleinstehenden Minderjährigen ohne familiäre Anschlussmöglichkeit zu prüfen gehabt.

12.5. Dem BF stehe aufgrund der den Bewohnern Kaschmirs im restlichen Teil Pakistans entgegengebrachten Ressentiments im übrigen Teil Pakistans keine innerstaatliche Fluchtalternative offen.

12.6. In Bezug auf die Rückkehrentscheidung hätte das BFA der Tatsache, dass es sich beim BF um einen Minderjährigen handle und dass er über keine familiären Anknüpfungspunkte mehr verfüge im Rahmen der Interessenabwägung in Zusammenhang mit dem Kindeswohl und der bereits bestehenden Integration ein größeres Gewicht beimessen müssen.

Im Übrigen brachte der BF einen Befund einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin vom 08.08.2013 (AS 701) in Vorlage.

13. Einer dagegen eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluss des BVwG vom 22.04.2015, GZ: L508 2102597-1 (AS 713 - 745) stattgegeben und wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Diese Entscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt begründet:

...... "2.2. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:

2.2.1. Im gegenständlichen Fall ist festzuhalten, dass sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen des BF nicht dermaßen eingehend auseinandersetzte, wie dies von einer Spezialbehörde zu erwarten ist (zu den Anforderungen an eine Spezialbehörde siehe etwa Erk. d. VwGH vom 4.4.2001, GZ. 2000/01/0348). Insbesondere wurden gerade die in der Stellungnahme vom 21.11.2014 (und nunmehr auch in der Beschwerde) angeführten Kritikpunkte hinsichtlich der Herkunftsregion des BF und seiner Minderjährigkeit nicht mit der gebotenen Sorgfalt gewürdigt und auch keiner ordnungsgemäßen Überprüfung unterzogen.

Wie oben dargelegt wurden schon in der Stellungnahme vom 21.11.2014 (und nunmehr auch in der Beschwerde) zumindest indirekt Ausführungen dazu getroffen, dass bei der Rücküberstellung von Minderjährigen generell im Hinblick auf rechtliche Bestimmungen sowie die Judikatur besondere Sorgfalt geboten ist. Das BFA hat bezüglich des Gesundheitszustandes des BF unzureichende Feststellungen getroffen und wäre die Situation in der Region Kaschmir umfassend zu würdigen gewesen.

Zunächst ist festzuhalten, dass sich das BFA nicht in ausreichender Weise mit der Minderjährigkeit des BF auseinandergesetzt hat und wurden darüber hinaus keine ausreichenden Feststellungen zur Situation in Pakistan, speziell in Kaschmir, hinsichtlich Minderjähriger getroffen.

Schon der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 27.06.2012, Zl. U98/12 hinsichtlich eines minderjährigen Beschwerdeführers festgehalten, dass der Asylgerichtshof im Rahmen seiner Entscheidungen das Alter und den Entwicklungsstand von Minderjährigen zu berücksichtigen hat. Gerade unter Berücksichtigung dieser Umstände kann im gegenständlichen Fall nicht davon ausgegangen werden, dass der relevante Sachverhalt ausreichend geklärt ist, dies auch im Hinblick darauf, dass in der Entscheidung tatsächlich Feststellungen hinsichtlich der Versorgungsmöglichkeiten von Minderjährigen fehlen.

Vor dem Hintergrund dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes ist auszuführen, dass auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seinem Bescheid den Entwicklungsstand des Beschwerdeführers festzustellen und inhaltlich zu berücksichtigen gehabt hätte. In Verfahren mit vor allem unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern sind insbesondere das jugendliche Alter, die Abhängigkeit und eine allfällige relative Unreife sowie Bildung und kultureller Hintergrund des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Jugendliche brauchen Zeit, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und ein Gefühl der Sicherheit entwickeln zu können. Von Kindern bzw. Jugendlichen kann auch nicht erwartet werden, dass sie ihre Erfahrungen auf dieselbe Weise schildern wie Erwachsene. Es kann ihnen aus verschiedensten Gründen schwer fallen, ihre Angst zu artikulieren - etwa aufgrund eines Traumas, entsprechender Anweisungen der Eltern, mangelnder Bildung, Angst vor Behörden oder Personen in Machtpositionen, von Schleppern "eingetrichterter" Aussagen oder der Angst vor Bestrafung. Der Beschwerdeführer berichtet über Vorkommnisse, die er im jugendlichen Alter von etwa elf und zwölf sowie 14 Jahren erlebt hat und über die er in ebenso jugendlichem Alter von etwa 15 Jahren berichtet. Wegen der mangelnden Berücksichtigung des jugendlichen Alters des Beschwerdeführers, seiner mangelnden Schulbildung und seiner mangelnden Begleitung durch Angehörige ist eine weitere Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den Fluchtgründen unter dem Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten unvermeidlich. Die daraus resultierenden Ergebnisse werden einer neuerlichen inhaltlichen Auseinandersetzung seitens der belangten Behörde zugrunde zu legen sein.

2.2.2. In seinem Erkenntnis vom 27.06.2012, Zl. U98/12 hat der Verfassungsgericht ferner festgehalten, dass der Asylgerichtshof seine Entscheidung vorrangig auf Widersprüche im Fluchtvorbringen bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme gestützt hat. Damit hat der Asylgerichtshof § 19 Abs. 1 AsylG 2005 - also das Verbot einer näheren Befragung zu den Fluchtgründen bei der Erstbefragung - außer Acht gelassen. Diese Regelung bezweckt den Schutz der Asylwerber, sich im direkten Anschluss an die Flucht aus ihrem Herkunftsstaat vor uniformierten Staatsorganen über traumatische Ereignisse verbreitern zu müssen, weil sie unter Umständen erst vor kurzem vor solchen geflohen sind (vgl. RV 952 XXII. GP, S. 44).

Auf dieselbe rechtswidrige Weise argumentierte nun aber die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren und ist eine derartige Begründung im Rahmen der Beweiswürdigung - wie vom Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 27.06.2012 ausgesprochen - vor allem auch bei Minderjährigen unzulässig.

2.2.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird also im fortgesetzten Verfahren, will es an der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers festhalten, weitere Ermittlungen durchzuführen haben, um allenfalls in schlüssiger Weise dorthin gelangen zu können. Darüber hinaus wird die belangte Behörde Ermittlungen betreffend der allgemeinen Lage in der Herkunftsregion Kaschmir des Beschwerdeführers in Zusammenhang mit seiner dortigen individuellen Situation zu führen haben. Dass in beiden Ermittlungsverfahren die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers besondere Berücksichtigung zu finden haben wird, wird abermals angemerkt.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung zwar die aktuellen Länderberichte sowohl zu Pakistan als auch in geringerem Ausmaß zu Kaschmir zugrunde, das BFA hat es im gegenständlichen Fall aber unterlassen, die notorisch bekannte kritische Situation im angegebenen Heimatgebiet des Beschwerdeführers bedingt durch den Konflikt zwischen Pakistan und Indien in die Beurteilung der Situation im Falle einer Rückkehr in die Entscheidung einfließen zu lassen. Auch aus diesem Grund ist das Verfahren mit erheblicher Mangelhaftigkeit behaftet, weil aufgrund der teilweise als prekär zu bezeichnenden, wechselhaften Sicherheitslage, die regional und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedlich ist, eine - detaillierte und umfassende - Würdigung zur Sicherheitslage betreffend die Herkunftsregion Kaschmir unabdingbar ist, da andernfalls nicht beurteilt werden kann, ob sich der Beschwerdeführer dort niederlassen kann, ohne eine Verletzung des Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention gewärtigen zu müssen oder ob für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht (vgl. dazu etwa VfGH U 2185/12-15 vom 13.03.2013). Dementsprechende umfassende Abklärungen und Ermittlungen sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen und lässt der angefochtene Bescheid auch eine Erörterung der allgemeinen Situation im Falle einer allfälligen Rückkehr zur Gänze vermissen. Die Vornahme dieserart umfassender Abklärungen ist aufgrund der besonderen Lageverhältnisse in Kaschmir geboten, als dies ein elementares Element der Beurteilung der Frage einer allfälligen Rückkehrentscheidung darstellt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird somit die diesbezügliche Situation des BF einzelfallbezogen ergänzend zu würdigen haben.

2.2.4. Der angefochtene Bescheid leidet ferner unter dem schweren Mangel, dass das BFA keinerlei Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF getroffen hat und sich weder im Rahmen der Beweiswürdigung noch insbesondere im Rahmen der rechtlichen Würdigung mit den geltend gemachten Erkrankungen auseinandergesetzt hat. Der Gesundheitszustand des BF wurde auch nicht unter Bedachtnahme auf entsprechende Details, erfragt, gewürdigt und auch nicht einer ordnungsgemäßen Überprüfung hinsichtlich etwaiger damit verbundenen Probleme im Herkunftsstaat unterzogen. Im Rahmen der Einvernahme am 14.08.2013 schilderte der gesetzliche Vertreter des BF, dass der BF seit dem fünften Lebensjahr regelmäßig Schmerzanfälle habe, wobei sich der BF dann nicht bewegen könne. In den letzten zwei Monaten habe der BF zwei derartige Anfälle erlitten und sei für Anfang August ein Arzttermin vereinbart worden, der dann aber nicht stattgefunden habe. Ein Befund werde - sobald dieser vorliege - nachgereicht.

Das BFA hat in weiterer Folge zwar Feststellungen zum Gesundheitssystem in Pakistan im allgemeinen getroffen. Feststellungen hinsichtlich der Erkrankung des BF wurden jedoch nicht getroffen. Stattdessen wurde im Rahmen der Feststellungen zur Person lediglich festgehalten: "Sie leiden an keiner lebensbedrohenden Erkrankung." und beweiswürdigend auf die Einvernahme vom 14.08.2013 verwiesen. Auch im Rahmen der folgenden rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt II. wurden keine individuellen Feststellungen zur behaupteten Erkrankung des BF getroffen und erfolgte keine entsprechende Auseinandersetzung mit dem individuellen Vorbringen des BF zum Gesundheitszustand. Die Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung: "Hinzu kommt, dass Sie ein arbeitsfähiger, gesunder, junger Mann sind, ..." beruht lediglich auf Vermutungen des BFA. Es wurden weder hinsichtlich der behaupteten Erkrankung(en) des BF Feststellungen zum Gesundheitszustand getroffen, noch wurde ein ärztlicher Befund bzw. Gutachten eingeholt. Dass eine nähere Erörterung des Gesundheitszustandes des BF unerlässlich gewesen wäre und die belangte Behörde dies durch ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren verabsäumt hat, wird auch durch den nunmehr im Rahmen der Beschwerde vorgelegten medizinischen Befund vom 08.08.2013 bestätigt.

Das BFA hat es unterlassen im Bescheid festzustellen, an welcher Erkrankung der Beschwerdeführer leidet, welche Medikamente und Behandlungsformen der Beschwerdeführer tatsächlich benötigt, ob diese in Pakistan verfügbar sind bzw. mit welchen Konsequenzen im Falle der Nicht-Verfügbarkeit zu rechnen ist.

Das BFA hätte in diesem Sinne zunächst ermitteln müssen, an welcher Krankheit der Beschwerdeführer leidet, welche Medikamente und Behandlungsformen der Beschwerdeführer tatsächlich benötigt, ob diese in Pakistan verfügbar sind bzw. mit welchen Konsequenzen im Falle der Nicht-Verfügbarkeit zu rechnen ist und wird dies daher auch im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein. Dazu ist es auch erforderlich, sich ein aktuelles Bild vom tatsächlichen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu machen.

Die bloße Feststellung, dass eine medizinische "Basisversorgung" gewährleistet ist, ohne auf das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen, entspricht den gesetzlichen Anforderungen jedenfalls nicht. (AsylGH 03.05.2010, A1 410.705-1/2009)

Die diesbezügliche Würdigung des BFA vermag damit den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung nicht zu genügen und hätte das Bundesamt zu diesem Vorbringensteil eine nähere Befragung sowie Ermittlungen vornehmen müssen.

Die unterlassenen Ermittlungen und Feststellungen sind im Verfahren des BF auch deshalb von zentraler Bedeutung, da eine entsprechende Würdigung hinsichtlich eines eventuell vorliegenden Abschiebungshindernisses bzw. einer Rückkehrgefährdung im Hinblick auf Art. 3 EMRK nur unter dieser Prämisse erfolgen kann.

2.2.5. Im Rahmen der nachzuholenden Ermittlungstätigkeiten wird das BFA - zusätzlich zu der weiteren Einvernahme zu den Fluchtgründen - insbesondere Ermittlungen zur Rückkehrsituation von Minderjährigen, abgestellt auf die Herkunftsregion Kaschmir, durchzuführen haben und wird die dortige kritische Situation ausführlich zu würdigen sein. Ferner ist der Gesundheitszustand des BF abschließend zu erheben und wird zu erörtern sein welche Medikamente und Behandlungsformen der Beschwerdeführer tatsächlich benötigt, ob diese in Pakistan verfügbar sind bzw. mit welchen Konsequenzen im Falle der Nicht-Verfügbarkeit zu rechnen hat. Ebenso wird dem BF das Ermittlungsergebnis zur Kenntnis zu bringen und ihm die Gelegenheit einzuräumen sein, sich hierzu zu äußern. In weiterer Folge wird das BFA das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher Ermittlungsergebnisse einer schlüssigen Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen haben, welche als Basis für die rechtliche Beurteilung dienen. Dies vor allem unter Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Einreise und bisherigen Befragungen jedenfalls anzunehmenden Minderjährigkeit des BF."......

14. Mit Schreiben vom 16.06.2015 (AS 759) gewährte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer Parteiengehör gemäß § 45 Absatz 3 AVG zu den Länderfeststellungen zu Pakistan und wurde er aufgefordert, Nachweise hinsichtlich einer allfälligen Integration in Österreich in Vorlage zu bringen.

15. Der damalige Vertreter des Beschwerdeführers erstattete hierzu eine Stellungnahme und langte diese am 01.07.2015 beim BFA ein (AS 765 - 767). Insbesondere wird darin ausgeführt, dass die übermittelten Länderfestellungen nicht ausreichend seien und wurde auf den Kassationsbeschluss des BVwG verwiesen. Ferner wurden ein psychiatrischer Befundbericht vom 08.08.2013 sowie Integrationsunterlagen in Vorlage gebracht.

16. Mit E-Mail vom 17.07.2015 (AS 779) brachte der BF eine fachärztliche Bestätigung des Ambulatoriums für Kinder und Jugendliche in Krisensituationen, die Boje, vom 15.07.2015 (AS 781) in Vorlage. In dieser wurde dem BF eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert.

17. Mit Datum 16.11.2015 brachte der Beschwerdeführer durch seinen damaligen Vertreter beim BFA eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß

Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG ein (AS 785 - 787).

18. Gegenständlicher Verfahrensakt langte nach Vorlage durch das BFA am 25.02.2016 beim BVwG ein. In der Folge wurde das Beschwerdeverfahren, nach Unzuständigkeitseinrede der Gerichtsabteilung L516 infolge Annexität, am 01.03.2016 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG zugewiesen.

19. In seiner Beschwerdevorlage legte das BFA zur Frage der Säumnis dar, dass die Säumnisbeschwerde im November 2015 eingelangt sei, eine Bescheiderstellung aber nicht zeitgerecht erfolgen konnte und man den Akt deshalb in Vorlage bringe (AS 789).

20. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.04.2016 (AS 795 - 825) wurde die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend den am 10.05.2013 gestellten Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 8 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

21. Mit Schreiben vom 25.08.2016 (AS 831 - 835) gewährte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer Parteiengehör gemäß § 45 Absatz 3 AVG zu den Länderfeststellungen zu Pakistan und wurde er aufgefordert, Fragen zur aktuellen Situation in Österreich und zu seinem Gesundheitszustand zu beantworten sowie diesbezüglich Nachweise in Vorlage zu bringen.

22. Aufgrund eines entsprechenden Ersuchens des BFA vom 19.09.2016 übermittelte die Staatendokumentation mit Schreiben vom 23.08.2017 eine Anfragebeantwortung zur Situation in der Herkunftsregion des BF und zu dessen Volksgruppe (AS 859 - 885).

23. Mit Schreiben vom 27.09.2017 (AS 887 - 889) gewährte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer erneut Parteiengehör gemäß § 45 Absatz 3 AVG zu den Länderfeststellungen zu Pakistan und wurde er aufgefordert, Fragen zur aktuellen Situation in Österreich zu beantworten sowie diesbezüglich Nachweise in Vorlage zu bringen.

24. Mit einem weiteren Schreiben vom 27.09.2017 (AS 891) gewährte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer zudem Parteiengehör gemäß § 45 Absatz 3 AVG zum Rechercheergebnis zu Pakistan.

25. Mit Urteil des Landesgerichtes Wien vom 07.02.2018 (AS 909 - 911) wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1, 8. Fall, Abs. 2a und Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.

26. Mit Schreiben vom 16.04.2018 (AS 943 - 947) gewährte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer abermals Parteiengehör gemäß § 45 Absatz 3 AVG zu den Länderfeststellungen zu Pakistan und wurde er aufgefordert, Fragen zur aktuellen Situation in Österreich zu beantworten sowie diesbezüglich Nachweise in Vorlage zu bringen.

27. Im Zuge einer Stellungnahme vom 08.05.2018 (AS 957, 958) teilte der BF im Wege seiner nunmehrigen gewillkürten Vertretung mit, dass er ledig und kinderlos sei und keine näheren Verwandten in Österreich habe. Deutschkurse seien besucht worden.

Diesem Schreiben sind ein Zertifikat von PROSA - Projekt Schule für Alle! vom 30.06.2016 sowie diesbezügliche Teilnahmebestätigungen vom 29.06.2015 und 07.12.2015, Deutschkursbesuchsbestätigungen der Wiener Volkshochschulen vom 31.07.2014 und 07.03.2016 und Deutschkursbesuchsbestätigungen der Evangelischen Akademie Wien vom 23.02.2015 und 16.03.2015 (AS 959 - 967) angeschlossen.

28. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2018 (AS 989 - 1063) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung der mangelnden Glaubwürdigkeit.

29. Gegen diese Entscheidung des BFA erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner gewillkürten Vertretung mit Schriftsatz vom 18.09.2018 fristgerecht Beschwerde (AS 1077 - 1083) an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

30. Über den BF wurde mit rechtskräftiger Strafverfügung vom 30.11.2018 (AS 1097 - 1101) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs. 1 SPG eine Geldstrafe von Euro 100,00, falls diese uneinbringlich ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, verhängt.

31. Der fristgerecht eingebrachten Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2018 wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.03.2019, Zl. L508 2102597-3/6E, stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverwiesen.

Diese Entscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt begründet:

......"2.2.1. Aus folgenden Gründen muss angenommen werden, dass das BFA den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nur ansatzweise ermittelt hat:

Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall abermals unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht abermals nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:

2.2.1.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat das gegenständliche Verfahren bereits einmal gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit oben unter I.12. zitierter Begründung zurückverwiesen. Dem bekämpften Bescheid kann aber nicht entnommen werden, dass die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen an eine neue Entscheidung seitens des BFA im ausreichenden Maße erfüllt worden wären, zumal das BFA die im Kassationserkenntnis aufgetragenen Ermittlungsschritte abermals nicht hinreichend erfüllt hat.

In der Kassationsentscheidung wurde insbesondere dargelegt, dass wegen der mangelnden Berücksichtigung des jugendlichen Alters des Beschwerdeführers, seiner mangelnden Schulbildung und seiner mangelnden Begleitung durch Angehörige eine weitere Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den Fluchtgründen unter dem Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten unvermeidlich sei.

Des Weiteren wurde in der Kassationsentscheidung bemängelt, dass das BFA eine schlüssige Beweiswürdigung nicht vorgenommen habe, zumal die belangte Behörde ihre Entscheidung vorrangig auf Widersprüche im Fluchtvorbringen bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme gestützt habe und eine derartige Begründung im Rahmen der Beweiswürdigung - wie vom Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 27.06.2012, Zl. U98/12, ausgesprochen - vor allem auch bei Minderjährigen unzulässig sei, weshalb sich diese Beweiswürdigung als nicht haltbar erweise (vgl. AS 735).

In der nunmehr bekämpften Entscheidung beschränkte sich die belangte Behörde abermals auf die im Wesentlichen wortgleiche Wiederholung der ursprünglichen Beweiswürdigung ergänzt um zwei Absätze, wonach zwar angesichts des Umstandes, dass der BF seinen Heimatstaat als Minderjähriger verlassen habe, ein niedrigerer Maßstab hinsichtlich der Detailliertheit der von ihm geschilderten Eindrücke anzulegen sei, jedoch zu erwarten gewesen wäre, dass auch ein 15 bis 16-jähriger Minderjähriger derartige Erlebnisse einigermaßen nachvollziehbar und klar schildern könne, wenn er sie tatsächlich erlebt habe bzw. es eine tatsächliche Bedrohung von Seiten der Taliban gegeben hätte. Auch wenn er zum Zeitpunkt der fluchtauslösenden Ereignisse und bei seinen beiden Befragungen im Verfahren noch minderjährig gewesen sei, vermögen diese Umstände angesichts der aufgezeigten Steigerung des individuellen Vorbringens in Zusammenschau mit den dargelegten Widersprüchen bzw. Unstimmigkeiten nicht dazu zu führen, dass er sein Fluchtvorbringen hinreichend glaubhaft machen konnte.

Entgegen den Ausführungen in der Kassationsentscheidung und dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27.06.2012 beharrte die belangte Behörde zur Begründung der Unglaubwürdigkeit des BF somit weiterhin auf dem Widerspruch in den Ausführungen zwischen Erstbefragung und Einvernahme. Mit der Frage der Zuverlässigkeit der Aussagen des Beschwerdeführers bei der Erstbefragung setzt sich die belangte Behörde jedoch abermals nicht ausreichend auseinander, obwohl noch immer weitere ernstzunehmende Anhaltspunkte bestehen, die sie abgesehen vom ohnehin nicht zu leugnenden Umstand der Minderjährigkeit des BF zweifelhaft erscheinen lassen. Vor allem darf auch die mangelnde Schulbildung und die mangelnde Begleitung durch Angehörige bei Beurteilung der Angaben im Rahmen der Erstbefragung nicht unberücksichtigt bleiben. Zudem verwies der BF in der Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 14.08.2013 darauf, dass ihm seine bisherigen Angaben im Verfahren nicht rückübersetzt worden seien (AS 269). Des Weiteren halten die sonstigen - erneut herangezogenen - Argumente für die Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringen einer Schlüssigkeitsprüfung abermals nicht stand, handelt es sich dabei doch zum einen um den pauschalen Hinweis, dass der Beschwerdeführer vage und oberflächliche Angaben gemacht habe und ferner handelt es sich dabei zum überwiegenden Teil um reine Mutmaßungen und Spekulationen, welche nicht geeignet sind, die Unglaubwürdigkeit des (gesamten) Vorbringens des Beschwerdeführers tragfähig zu begründen. Die Mutmaßung über die Vorgehensweise von Al-Qaida und die Ausführungen zur mangelnden Kenntnis vom konkreten Zeitpunkt der Ermordung des Vaters des BF sowie zu seiner eigenen Entführung vermögen jedenfalls eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung nicht zu ersetzen. Insoweit hat das BFA mangels einer weiteren - wie im Kassationsbeschluss aufgetragenen - Einvernahme des BF zu seinen Ausreisegründen keine gravierenden Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers oder sonstigen Argumente für dessen Unglaubwürdigkeit anzuführen vermocht und erweist sich das Ermittlungsverfahren folglich, auch unter Verweis auf die nicht erhobenen Aufträge im Kassationsbeschluss und die grobe Missachtung dieser, als mangelhaft. Die Gefährdungssituation konnte - mangels umfänglichen Ermittlungsverfahrens, zu dem auch eine neuerliche Einvernahme des BF zählt - nicht mit der erforderlichen Sicherheit und Nachvollziehbarkeit widerlegt werden, weshalb nicht von der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes ausgegangen werden kann.

Fest steht sohin, dass das BFA - trotz der Anweisungen im Kassationsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichtes - abermals zur Begründung seiner Entscheidung - trotz Minderjährigkeit des BF - vor allem dessen Ausführungen in der Erstbefragung hinsichtlich der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens ins Treffen geführt hat und seine Entscheidung zudem abermals auf nicht belegbare Vermutungen gründet, was einem mangelhaften Ermittlungsverfahren gleichkommt. Trotz dezidiertem Auftrag im Kassationsbeschluss hat es die belangte Behörde in rechtswidriger Weise unterlassen, den Beschwerdeführer nochmals zu seinen Ausreisegründen zu befragen.

In der Kassationsentscheidung wurde der belangten Behörde ferner aufgetragen, Ermittlungen zum Gesundheitszustand des BF zu treffen und wäre es geboten gewesen, dass sich die belangte Behörde mit dem vom BF in Vorlage gebrachten medizinischen Befundberichten auseinandersetzt. Auch dem ist die belangte Behörde nicht nachgekommen und wurde lediglich ausgeführt, dass der BF keine aktuellen medizinischen Befunde in Vorlage gebracht habe, weswegen schon deswegen davon auszugehen sei, dass er gesund sei. Diese Beurteilung greift aber schon, mangels persönlicher Befragung des BF, zu kurz. Die belangte Behörde wird sich sohin im fortgesetzten Verfahren, wie schon im Kassationsbeschluss aufgetragen, mit dem Gesundheitszustand des BF auseinanderzusetzen haben und werden dahingehende Ermittlungen zu führen sein bzw. wird der BF im Rahmen der nachzuholenden Einvernahme zu seinem Gesundheitszustand zu befragen sein.

Dem BFA ist zwar zuzugestehen, dass es Ermittlungen betreffend der allgemeinen Lage in der Herkunftsregion Kaschmir geführt hat und bei Betrachtung des Protokolls vom 14.08.2013 durchaus berechtigte Zweifel bestehen, dass sich diese persönlichen Erlebnisse, wie vom BF geschildert, tatsächlich so ereignet haben, jedoch kann dem bekämpften Bescheid nicht entnommen werden, dass die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen an eine neue Entscheidung seitens des BFA im ausreichenden Maße erfüllt worden wären, zumal die Beweiswürdigung des bekämpften Bescheides beinahe zur Gänze aus der ursprünglichen Beweiswürdigung besteht und folglich die Gefährdungssituation nicht mit der erforderlichen Sicherheit und Nachvollziehbarkeit widerlegt werden konnte. Auch lässt der angefochtene Bescheid - wie schon im Kassationsbeschluss aufgetragen - eine hinreichende Würdigung zur Sicherheitslage betreffend die Herkunftsregion Kaschmir sowie die Rückkehrmöglichkeiten des BF vermissen und wäre es - wie schon im Kassationsbeschluss aufgetragen - Aufgabe der belangten Behörde gewesen, sich insbesondere aufgrund der problematischen Sicherheitslage im Kaschmir, hinreichend mit den Rückkehrmöglichkeiten des BF auseinanderzusetzen. In einer Gesamtschau kann jedenfalls nicht von der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Bindungswirkung des Kassationsbeschlusses, ausgegangen werden kann.

Da der vorangegangene Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.04.2015, Zl. L508 2102597-1/3E, nach wie vor dem Rechtsbestand angehört, ist im gegenständlichen Fall auch das Bundesverwaltungsgericht - zumal sich weder die Rechts- noch die Sachlage geändert haben - an die tragende Rechtsansicht und die diesbezügliche Begründung dieses Beschlusses gebunden (vgl. dazu VwGH 15.09.2005, 2002/07/0094; 20.12.2001, 2001/08/0050). Seitens des BFA wurde jedoch die Bindungswirkung des rechtskräftigen Kassationsbeschlusses nicht hinreichend beachtet und wurden die vom Bundesverwaltungsgericht als notwendig erachteten Maßnahmen bzw. Ermittlungstätigkeiten nicht entsprechend durchgeführt. Die von der belangten Behörde gewählte Vorgehensweise missachtet die Bindungswirkung der rechtskräftigen Kassationsentscheidung und war daher zwingend eine neuerliche Kassationsentscheidung zu treffen.

2.2.2. Im gegenständlichen Verfahren ist das Ermittlungsverfahren daher abermals mangelhaft geblieben. Die belangte Behörde hat - unter Beachtung der Bindungswirkung des Kassationsbeschlusses - unter Verstoß gegen den Grundsatz der Offizialmaxime, der sie zur amtswegigen Erhebung des gesamten wahren Sachverhaltes verpflichtet, keine umfassenden Ermittlungen getätigt und daraus resultierend auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die aufgezeigte Mangelhaftigkeit ist wesentlich, weil vorweg nicht ausgeschlossen werden kann, dass deren Vermeidung für den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Antragstellung auf internationalen Schutz zu einem günstigeren Ergebnis hätte führen können.

Damit hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erneut bloß ansatzweise ermittelt.

Von einer ganzheitlichen Würdigung des individuellen Parteivorbringens kann im vorliegenden Fall somit nicht gesprochen werden und sind die im angefochtenen Bescheid beweiswürdigend angeführten Argumente im zu beurteilenden Fall keinesfalls in ausreichender Weise zur Begründung einer negativen Entscheidung geeignet.

Letztlich ist noch festzuhalten, dass auch der Fehler, wonach in der rechtlichen Beurteilung die Begründung zu Spruchpunkt V. und zu Spruchpunkt VI. (vgl. AS 1055 - 1057) doppelt angeführt wurde, entsprechend zu korrigieren sein wird.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in umfassender Weise auseinanderzusetzen zu haben. Im Rahmen einer ergänzenden detaillierten Befragung des Beschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen - einer Bedrohung und Verfolgung durch private Dritte - wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die oben angesprochenen Punkte einer Klärung zuzuführen haben.

Unter diesen Gesichtspunkten (und insbesondere unter Beachtung der Bindungswirkung des Kassationsbeschlusses) leidet der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Frage der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer konkret und gezielt gegen den Beschwerdeführer gerichteten Bedrohung und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung des Beschwerdeführers in Hinblick auf den Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten, wie oben dargelegt als so mangelhaft, dass weitere Ermittlungen diesbezüglich unerlässlich erscheinen. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit nicht fest.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher auf die oben angeführten Ermittlungsaufträge, unter Verweis auf die Bindungswirkung des Kassationsbeschlusses, zu verweisen, welchen es im fortgesetzten Verfahren nachzukommen haben wird.".......

32. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 09.05.2019 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erneut im fortgesetzten Verfahren einvernommen (AS 1191 - 1209). Der BF legte insbesondere erneut dar, dass sein Vater bei Al-Qaida gewesen sei. Sein Vater sei erschossen worden. Der Täter sei nie in Erfahrung gebracht worden. Er sei sich nicht hunderprozentig sicher, ob sein Vater von Al-Qaida getötet worden sei. Dies seien seine Gedanken gewesen. Er sei auch bei dieser Gruppierung gewesen und von Al-Qaida trainiert worden. Er sei mit seinem Cousin nach Österreich gekommen. Dieser sei auch bei Al-Qaida gewesen. Sein Cousin sei aber vor drei oder vier Jahren nach Italien ausgereist. Glaublich sei er nach dem Tod seines Vaters beinahe ein Jahr in dem Camp gewesen. Als sein Vater damals ums Leben gekommen sei, hätten sie ihm vorgeschlagen, statt seines Vaters mit ihnen zu arbeiten. Sie würden ihn trainieren. Wer dies zu ihm gesagt habe, wisse er nicht genau. Aber es seien Personen von dieser Gruppe gewesen. Er könne sich an den Namen nicht erinnern. Diese seien selber Mitglieder der Al-Qaida gewesen. Diese Personen seien ein paar Mal erschienen. Seine Mutter habe gesagt, er wäre nicht zu Hause. Dann seien sie wieder einmal mit einem Fahrzeug gekommen und hätten ihn mitgenommen. Man habe ihn in einen großen Wald gebracht, wo mehrere Personen gewesen seien. Diese hätte ihm auch gelernt, mit einer Schusswaffe umzugehen. Er sei etwa zwei oder drei Jahre nach dem Tod seines Vaters mitgenommen worden.

Befragt welche Befürchtungen er für den Fall einer Rückkehr in sein Heimatland, speziell nach Asad Kaschmir bzw. Sialkot habe, wo er nach wie vor über Verwandte verfüge, erwiderte der BF: "Es ist so lange her, ich weiß nicht, was ich dort anfangen soll, was soll ich dort machen."

Im Übrigen wurde dem BF in der Einvernahme angeboten, in die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen und in das Rechercheergebnis der Staatendokumentation von 22.08.2017 Einsicht zu nehmen und hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Der BF ließ die Möflichkeit zu einer Stellungnahme ungenützt verstreichen.

33. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 02.07.2019 (AS 1241 ff) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den BF ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt. In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde erläutert, weshalb gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise bestehe und weshalb gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein befristetes Einreiseverbot für die Dauer von sechs Jahren erlassen werde.

34. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.07.2019 (AS 1333, 1334) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

35. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 21.07.2019 (AS 1351 - 1359) in vollem Umfang wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

35.1. Zunächst wurde erklärt, dass der BF Verfolgung aus politischen Gründen bzw. Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe befürchte. Er stamme aus Kaschmir und sei aufgrund der Zugehörigkeit seines Vaters zu Al-Qaida und seiner eigenen Ablehnung des radikalen Islams sowie seiner persönlichen Einstelllung Verfolgung seitens islamistischer Terroristen ausgesetzt, wie er in seinen diversen Einvernahmen näher ausgeführt habe. Aufgrund der gegen ihn gesetzten Verfolgungshandlungen sei der BF daher mangels Schutzwilligkeit und -fähigkeit der pakistanischen Behörden gezwungen, vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

35.2. In der Folge wurde moniert, dass die belangte Behörde in nicht erkennbarer Weise dargelegt habe, was es eigentlich an den Angaben des BF auszusetzen habe. Einen erkennbaren Begründungswert hätten die Vorwürfe des BFA nicht. Tatsächlich habe der BF konkrete und umfangreiche Angaben zu den fluchtauslösenden Vorfällen gemacht und in einer Art und Weise geschildert, wie es von jemandem zu erwarten wäre, der ein Ereignis tatsächlich erlebt habe.

Hätte das BFA ein Interesse gehabt, die Angaben des BF einer adäquaten Untersuchung zu unterziehen, hätte es diesbezüglich Recherchen anstellen können. Dadurch, dass dies nicht passiert sei, zeige sich deutlich, dass der Fall des BF keiner objektiven Beurteilung zugeführt worden sei, zumal auch die weitläufig zitierten Länderberichte zu Pakistan in die eigentliche Beweiswürdigung in keiner Weise eingeflossen seien.

Das BFA habe auf eine eigenständige Beurteilung der Fluchtgründe verzichtet und verweise stattdessen nur textbausteinartig darauf, seine Angaben wären nicht detalliert gewesen. An keiner Stelle erwecke das Protokoll der Einvernahme den Eindruck, das BFA hätte ein Interesse daran gehabt, den Sachverhalt aufzuklären, wie auch die Beweiswürdigung die Angaben des BF in weiten Teilen ignoriere.

Die Ausführungen des BFA würden darauf hindeuten, dass der Fall des BF von vornherein nicht objektiv behandelt worden sei, sondern das BFA lediglich seine vorgefasste Meinung ausführe.

Der behördlichen Ermittlungspflicht könne die derartige Vorgehensweise des BFA, welches nicht das geringste Interesse daran gehabt habe, sich mit dem Vorbringen des BF zu beschäftigen, nicht Rechnung tragen.

Dass der BF keine Details zu seinen Fluchtgründen angegeben habe, sei nicht richtig. Er habe genaue Zeit- und Ortsangaben gemacht, die Ereignisse chronologisch konsistent inklusive Erklärungen über sämtliche relevante Personen, sowie auch scheinbar nebensächliche Detailangaben geschildert. Die Behauptung des BFA, die Erklärungen des BF wären nicht "erlebnisnahe" gewesen, seien daher angesichts des Protokolls nicht nachvollziehbar und insbesondere in Hinblick auf seinen Bildungsgrad erklärlich. Dies insbesondere in Anbetracht dessen, dass der BF in seinen Wahrnehmungen aufgrund der Unübersichtlichkeit der Ereignisse überfordert gewesen sei, zumal dies natürlich auch traumatisierend gewesen sei. Dass jemand, wie der BF, den genauen Verlauf der Ereignisse nicht in allen Details schildern könne, wäre ihm hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit allenfalls anzurechnen gewesen, da Asylwerber in der Einvernahme stets dazu angehalten werden, nichts dazu zu erfinden oder zu spekulieren, sondern zuzugeben, wenn sie über bestimmte Dinge keine Erinnerungen haben. Die diesbezüglichen Angaben des BF würden daher genau dem entsprechen, was von jemandem in solcher Situation zu erwarten sei.

Hinsichtlich der Vorwürfe bezüglich angeblicher Divergenzen in der Einvernahme beim BFA gegenüber der polizeilichen Erstbefragung sei außerdem festzustellen, dass diese gesetzlich nicht einmal dazu gedacht sei, die Fluchtgründe eines Asylwerbers erschöpfend darzustellen.

35.3. Eine innerstaatliche Fluchtalternative stehe dem BF nicht zur Verfügung, da dem BF keineswegs zuzumuten sei, sich unter Verleugnung der Identität in einer ihm unbekannten Stadt ohne Kontakt zu seiner Familie zu verstecken.

35.4. Ferner werde allenfalls um die Gewährung subsidiären Schutzes ersucht, da im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage und die persönliche Situation des BF die Gefahr bestehe, dass er einer existenzbedrohenden Lage ausgesetzt wäre. Dies umso mehr, als sich wegen der bereits langen Abwesenheit des BF eine Entwurzelung aus seiner Heimat ergeben habe.

35.5. Der BF habe nach den traumatischen Erlebnissen in seiner Heimat und den Strapazen der langen Flucht nunmehr in Österreich Ruhe gefunden und bereits große Anstrengungen hinsichtlich der Integration unternommen. Der BF könne sich bereits im Alltag problemlos auf Deutsch verständigen, sei arbeitsfähig und -willig, schon einen sehr langen Zeitraum in Österreich aufhältig, unbescholten und selbsterhaltungsfähig.

35.6. Die Beweiswürdigung des BFA habe sich im Wesentlichen auf das Zitieren vorgeformter, formelhafter Textbausteine, denen jeglicher Begründungswert fehle, beschränkt.

35.7. Hinsichtlich des Einreiseverbotes sei zudem festzustellen, dass die Begründung, der BF würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen, unverständlich sei. Für die Erlassung eines Einreiseverbotes bestehe daher kein dringender Anlass, weder aus präventiven Gründen, noch zur Wahrung der Interessen Österreichs. Auch die Dauer des Einreiseverbotes sei im angefochtenen Bescheid nicht adäquat begründet. Jedenfalls hätte mit einem kürzeren Einreiseverbot das Auslangen gefunden werden können.

35.8. Es stelle eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar, dass es das BFA verabsäumt habe, sich mit der konkreten Situation des BF und der aktuellen Situation in Pakistan auseinanderzusetzen. Die Verpflichtung ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen, bedeute, dass die konkrete und aktuelle Situation untersucht werde. Dies sei in diesem Fall verabsäumt worden, insbesondere dadurch, dass dem BFA als Spezialbehörde ausreichend Material vorliegen müsste, aus dem die Verfolgungssituation erkennbar sei.

35.9. Abschließend wurde beantragt, dem BF Asyl zu gewähren; allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren; allenfalls den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur Ergänzung an das BFA zurückzuverweisen; einen landeskundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation in Pakistan und den spezifischen vom BF vorgebrachten Punkten befasse; eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen; aufschiebende Wirkung zu gewähren; allenfalls eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären; allenfalls einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen; allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung nach Pakistan unzulässig sei; das Einreiseverbot aufzuheben und allenfalls die Dauer des Einreiseverbotes zu verkürzen.

35.10. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

36. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachve

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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