TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/18 L502 2135934-1

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Veröffentlicht am 18.10.2019
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Entscheidungsdatum

18.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L502 2135934-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2016, FZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.07.2019 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 26.03.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 27.03.2015 erfolgte seine Erstbefragung, in der Folge wurde das Verfahren zugelassen und an der Regionaldirektion Steiermark des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) fortgeführt.

3. Am 31.08.2016 wurde er vor dem BFA zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen.

Dabei legte er Identitätsnachweise (Staatsbürgerschaftsnachweis, Kopie des Personalausweises) und andere Beweismittel (u.a. Kursbesuchsbestätigungen, Nachweis ehrenamtlicher Tätigkeit) vor (vgl. AS 59-75).

4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 12.09.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).

5. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 13.09.2016 wurde ihm von Amts wegen gemäß § 52 BFA-VG ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

6. Gegen den ihm am 14.09.2016 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz seiner Rechtsberater vom 27.09.2016 in vollem Umfang Beschwerde erhoben.

7. Mit 29.09.2016 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Gerichts zugewiesen.

8. Mit 23.05.2019 langten verschiedene Integrationsnachweise des BF (Sprachprüfungszeugnis B1, Teilnahmebestätigung Werte- und Orientierungskurs, Teilnahmebestätigungen mehrerer Sozialprojekte, Bestätigung für Tätigkeiten des BF finanziert durch sogen. Dienstleistungschecks, mehrere private Unterstützungsschreiben, Beschäftigungszusage als Fahrradbote) beim BVwG ein.

9. Das BVwG führte am 09.07.2019 eine mündliche Verhandlung in der Sache des BF in dessen Anwesenheit und der eines Vertreters durch.

Der BF legte weitere Beweismittel (u.a. Beschäftigungszusage eines Gastronomiebetriebs) vor, das Gericht führte länderkundliche Informationen in das Verfahren ein.

10. Mit 24.07.2019 langte ein Konvolut von länderkundlichen Unterlagen des Vertreters des BF beim BVwG ein.

11. Das BVwG erstellte aktuelle Auszüge aus den Datenbanken der Grundversorgungsinformation, des Zentralen Melde- sowie des Strafregisters.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer, dessen Identität feststeht, ist irakischer Staatsangehöriger, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, Moslem und ledig.

Er stammt aus XXXX in der kurdischen Autonomieregion des Irak, wo er geboren wurde, bei seiner Herkunftsfamilie aufwuchs und bis zur achten Schulstufe die Schule besuchte. Nach dem Ende des Schulbesuchs half er seinem Vater in dessen Film- und Fotostudio, bis er im Alter von 15 Jahren in das Erwerbsleben eintrat und in XXXX verschiedenen beruflichen Tätigkeiten nachging. Vorerst war er für sieben Jahre lang als Steinmetz und Fliesenleger tätig, ehe er wieder in das Geschäft seines Vaters zurückkehrte. Nach einer darauf folgenden sechsmonatigen Lehrzeit als Friseur führte er ein Kaffeehaus, das er bis zur Ausreise betrieb.

Seine Eltern und Geschwister leben in XXXX , sein Vater führt weiterhin ein kleines Geschäft, seine Mutter ist Hausfrau, eine Schwester arbeitet als Bankangestellte, eine als Sozialarbeiterin, vier weitere Schwestern sind verheiratet und kümmern sich um ihre Familien, ein älterer Bruder ist Sozialarbeiter, ein weiterer arbeitet als Redakteur und Moderator eines Fernsehsenders, der jüngste arbeitet am Flughafen. Letzterer sowie die beiden unverheirateten Schwestern leben bei den Eltern in deren Eigenheim in XXXX .

Er verließ am 16.02.2015 seine engere Heimat ausgehend von XXXX auf legale Weise unter Verwendung seines irakischen Reisepasses in die Türkei, hielt sich dort ca. drei Wochen lang auf und reiste in der Folge schlepperunterstützt über den Balkan bis Österreich, wo er nach illegaler Einreise am 26.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.2. Der BF bezieht seit der Einreise bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber, aus denen er überwiegend seinen Lebensunterhalt bestreitet. Er bewohnt in diesem Rahmen eine kleine Mietwohnung.

Er ging bisher in Österreich noch keiner dauerhaften legalen Beschäftigung nach, betätigte sich jedoch 2018 und 2019 als Haus- und Gartenhelfer unter Inanspruchnahme von sogen. Dienstleistungschecks. Er nahm an verschiedenen Sozial- und Integrationsprojekten teil und betätigte sich in regelmäßiger Weise ehrenamtlich in mehreren Vereinen. Er erhielt Beschäftigungszusagen als Fahrradbote und Gastronomiemitarbeiter für den Fall eines dauerhaften legalen Aufenthalts und Zugangs zum Arbeitsmarkt.

Er führt seit 2018 eine Beziehung mit einer österr. Staatsangehörigen, mit der er jedoch keinen gemeinsamen Haushalt teilt, und verfügt im Übrigen über einen umfangreichen Freundes- und Bekanntenkreis.

Er leidet aktuell an keinen gravierenden oder gar lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist voll erwerbsfähig.

Er spricht den kurdischen Dialekt Sorani auf muttersprachlichem Niveau. Er besuchte in Österreich Sprach- und Integrationskurse, legte die Sprachprüfung auf dem Niveau B1 ab und verfügt über sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache für den Alltagsgebrauch.

Er ist bis dato in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.3. Es war nicht feststellbar, dass der BF vor seiner Ausreise aus dem Irak einer individuellen Verfolgung durch Dritte aus von ihm behaupteten Gründen ausgesetzt war oder bei einer Rückkehr der Gefahr einer solchen ausgesetzt wäre.

1.4. Es war nicht feststellbar, dass er bei einer Rückkehr in den Irak aus sonstigen individuellen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort einer maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt ist oder dort keine hinreichende Existenzgrundlage vorfindet.

1.5. Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war seit Oktober 2016 von bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, im Genaueren nichtstaatlichen bewaffneten Milizen, den sogen. Peshmerga der kurdischen Regionalregierung sowie ausländischen Militärkräften, auf der einen Seite und den bewaffneten Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auf der anderen Seite um die Kontrolle der - im Zentrum des seit Sommer 2014 bestehenden Machtbereichs des IS gelegenen - Hauptstadt Mosul der Provinz Ninava gekennzeichnet. Diesen Kämpfen ging die sukzessive Zurückdrängung des IS aus den zuvor ebenfalls von ihm kontrollierten Gebieten innerhalb der Provinzen Anbar, Diyala und Salah ad-Din im Zentral- und Südirak voraus. Nach der Besetzung großer Teile der Provinz Salah ad-Din durch Milizen des IS im Jahr 2014, die u.a. bis Beiji vorgedrungen waren, wurde sie als eine der ersten besetzten Gebiete im Verlauf des Jahres 2015 im Rahmen der Gegenoffensive irakischer Sicherheitskräfte und schiitischer Volksmobilisierungseinheiten sukzessive wieder befreit.

Die kriegerischen Ereignisse im Irak seit 2014 brachten umfangreiche Flüchtlingsbewegungen aus den umkämpften Gebieten in andere Landesteile sowie umgekehrt Rückkehrbewegungen in befreite Landesteile mit sich. Zahlreiche nationale und internationale Hilfsorganisationen unter der Ägide des UNHCR versorgen diese Binnenvertriebenen in Lagern und Durchgangszentren, mit Schwerpunkten in den drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, in sowie um Bagdad sowie im Umkreis von Kirkuk, im Hinblick auf ihre elementaren Lebensbedürfnisse sowie deren Dokumentation und Relokation, ein geringer Anteil der Vertriebenen sorgt für sich selbst in gemieteten Unterkünften und bei Verwandten und Bekannten. Vor dem Hintergrund einer langfristigen Tendenz unter den Binnenvertriebenen zur Rückkehr in ihre Herkunftsgebiete waren mit April 2019 noch ca. 1,665 Mio. (seit 2014) Binnenvertriebene innerhalb des Iraks registriert, diesen standen wiederum ca. 4,266 Mio. Zurückgekehrte gegenüber. (IOM Iraq, DTM - Displacement Tracking Matrix, Round 109, April 2019)

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogen. Popular Mobilisation Forces (PMF), sowie mit Unterstützung alliierter ausländischer Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines "Kalifats" in der Stadt Mosul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze westlich von Mosul. Ab November 2016 wurden sukzessive die Umgebung von Mosul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mosul eingekesselt. Der IS wiederum versuchte parallel zu diesen Geschehnissen durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mosul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mosul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tel Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk. Mit Beginn des Dezember 2017 mußte der IS seine letzten territorialen Ansprüche innerhalb des Iraks aufgeben, am 01.12.2017 erklärte Premier Abadi den gesamtem Irak für vom IS befreit. In der Region von Hawija und in Gebirgsgegenden der Provinzen Diyala, Salah al-Din und Kirkuk sollen sich noch vereinzelt Kämpfergruppen des IS versteckt halten.

Die allgemeine Sicherheitslage innerhalb der drei nordirakischen Provinzen Dohuk, XXXX und Suleimaniya, die als kurdische Autonomieregion zusammengefasst werden, wird seit Jahren als stabil bezeichnet. So wurde für die Jahre 2017 und 2018 nur eine geringe Zahl an Vorfällen mit zivilen Opfern im Rahmen gewaltsamer Konflikte berichtet, für die Provinz XXXX wurden im Jahr 2018 insgesamt nur 15 solcher Vorfälle mit 26 Todesopfern registriert (Iraq Body Count, in: EASO_COI Report_Iraq_Security Situation_ March 2019).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie der vom BF vorgelegten Beweismittel, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Einsichtnahme in vom BVwG beigeschaffte länderkundliche Informationen sowie die Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems den BF betreffend.

2.2. Identität und Staatsangehörigkeit, regionale Herkunft und ethnische sowie religiöse Zugehörigkeit des BF waren anhand seiner persönlichen Angaben in Verbindung mit den von ihm vorgelegten Identitätsnachweisen feststellbar.

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des BF, zu seinen früheren Lebensumständen sowie denen seiner Verwandten vor seiner Ausreise aus dem Irak, zum Reiseverlauf zwischen dem Irak und Österreich, zu seinen aktuellen Lebensumständen und denen seiner Verwandten, seinen Integrationsbemühungen, seinem Gesundheitszustand und seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit in Österreich stützen sich in letztlich unstrittiger Weise auf seine persönlichen Angaben vor dem BFA und dem BVwG, die von ihm beigebrachten Nachweise sowie die vom BVwG eingeholten Informationen der genannten Datenbanken.

2.3. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung des BF im Herkunftsstaat vor seiner Ausreise und fehlender Gefahr einer solchen pro futuro gelangte das erkennende Gericht aufgrund folgender Erwägungen:

2.3.1. In seiner Erstbefragung gab dieser zu seinen Ausreisegründen befragt an, er habe in seiner Heimat eine Beziehung zu einem Mädchen gehabt, das er heiraten habe wollen. Deren Familie sei gegen diese Beziehung mit ihm gewesen und habe ihn mit dem Tod bedroht, weshalb er geflohen sei.

In seiner Einvernahme legte er dar, er habe in seiner Heimatstadt ein Mädchen geliebt, um deren Hand er mehrmals angehalten habe, ihr Vater, ein Mullah, sei aber gegen die Heirat gewesen. Er habe daher "einen anderen Weg gesucht" und das Mädchen entjungfert. Als er das Mädchen wieder treffen wollte, sei er von den drei Brüdern des Mädchens verprügelt worden, wobei er schwer verletzt worden sei. Als die Mutter des Mädchens im Angesicht dessen in Ohnmacht gefallen sei, habe ihm das die Flucht ermöglicht. Er habe sich zuerst bei einem Freund versteckt und sei dann noch am gleichen Tag geflüchtet. Nach seiner Flucht sei das Mädchen von ihrer Familie getötet worden, danach habe man seine eigene Familie bedroht, da man ihm die Verantwortung für ihren Tod gegeben habe, und habe man "seinen Kopf verlangt", weshalb auch seine Familie geflüchtet sei.

Die belangte Behörde erachtete dieses Verfolgungsgeschehen als nicht glaubhaft, zudem habe es sich um eine Bedrohung durch private Personen gehandelt, gegen die er ohne nachvollziehbare Erklärung keine staatliche Hilfe in Anspruch genommen habe.

2.3.2. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG wurde mit dem BF das behauptete Verfolgungsgeschehen nochmals eingehend erörtert, wobei er das Geschehen bis zur Flucht auf Nachfragen hin wortgleich wie in der erstinstanzlichen Einvernahme schilderte.

Für das Gericht ergaben sich Zweifel an der Darstellung des BF, als dieser erklärte, er habe mit seiner Geliebten geplant gehabt, durch ihre Entjungferung Druck auf ihre Familie auszuüben um diese damit zur Zustimmung zur Heirat zu bringen, denn es sei meist so, dass Familien gerade dann einer Heirat zustimmen würden um einer Schande für sie zu entgehen. Dies erschien als wenig plausibel angesichts dessen, dass der BF die Herkunftsfamilie seiner Geliebten als höchst konservativ bzw. äußerst streng im Umgang mit religiös bestimmten Verhaltensregeln schilderte. So sei es ihm kaum möglich gewesen überhaupt einen praktischen Umgang mit dem Mädchen im Alltag zu finden, weil diese meist hermetisch abgeschirmt und ihr Vater zudem ein Mullah gewesen sei. Das behauptete Kalkül des BF und seiner Geliebten, gerade durch einen an sich strengstens verpönten vorehelichen Geschlechtsverkehr deren Familie zur Heiratserlaubnis zu zwingen, stellte sich vor diesem Hintergrund als nicht plausibel dar.

In der Folge vermeinte der BF, nach dem Vollzug des Geschlechtsverkehrs hätten beide es jedoch aus Angst unterlassen ihren Plan weiterzuverfolgen. Auch dies mutete nicht schlüssig an, wäre doch anzunehmen, dass gerade angesichts der so ablehnenden Haltung der Familie des Mädchens einer Heirat gegenüber das Risiko der Entdeckung oder Preisgabe der Entjungferung nicht auf sich genommen worden wäre ohne dann die Absicht der Herbeiführung eines Heiratsentschlusses, veranlasst durch diesen Umstand, auch umzusetzen. Der BF stellte den Vollzug des Geschlechtsverkehrs dementsprechend auch an keiner Stelle des Verfahrens als ein spontanes und einer günstigen Gelegenheit geschuldetes, sondern stets als einem wohlüberlegten Plan gefolgtes Geschehen dar. Für das Gericht erhellte daher nicht, dass die beiden diesen Plan sodann ohne nachvollziehbar geschilderten Grund nicht weiterverfolgten.

Wie schon für die belangte Behörde erschien auch für das BVwG das weitere Geschehen im Elternhaus des Mädchens zu Recht als nicht nachvollziehbar. Der BF behauptete, er habe das Mädchen dort - unerlaubter Weise - besucht und seien im Moment einer Umarmung unerwarteter Weise deren Brüder erschienen. Es wäre in Anbetracht dessen zwar noch verständlich gewesen, wenn es dadurch zu einem heftigen Konflikt zwischen den beiden Herkunftsfamilien gekommen wäre. Dass demgegenüber die Brüder jedoch sofort bzw. in der Folge sogar noch vom telefonisch konsultierten Vater angefeuert die Absicht umsetzen wollten den BF an Ort und Stelle zu Tode zu prügeln, wobei die Ausführung dieser Absicht lediglich daran gescheitert sei, dass die Mutter im Angesicht dessen in Ohnmacht gefallen sei, was die Brüder abgelenkt habe, erwies sich auch für das Gericht als lebensfremd, weil völlig unverhältnismäßig, zumal vom vorhergegangenen Geschlechtsverkehr zu diesem Zeitpunkt ja noch nichts bekannt gewesen wäre. Nicht zuletzt auch die Erklärung des BF, dass es an sich meist Usus sei, derlei Konflikte zur Hintanhaltung von Schande auf pragmatische Weise zu lösen um in gesellschaftlicher Hinsicht das Gesicht wahren zu können, stand der Version des BF entgegen, den BF auf eine spontane Weise töten zu wollen, die jenseits aller Normen einzuordnen wäre, hätte man doch sowohl mit einer entsprechenden Reaktion seiner Familie wie auch staatlicher Organe rechnen müssen, was auch wiederum mit der Stellung eines Mullahs kaum zu vereinbaren wäre.

Dieser bis dahin schon nicht auf schlüssige Weise nachvollziehbaren Darstellung folgte die Aussage des BF, er habe sich nach glücklicher Flucht vor der drohenden Ermordung durch die Angehörigen seiner Geliebten erst zu einem Freund in der Heimatstadt begeben und dann noch am gleichen Tag das Land verlassen. Insbesondere die behauptete sofortige Ausreise in die Türkei und die kurze Zeit danach folgende Weiterreise bis Österreich war für das Gericht nicht nachvollziehbar, sofern man diese dem behaupteten Geschehen vor der Ausreise zurechnet. Zum einen hätte er ja zuvor schon damit kalkuliert gehabt, dass es eine Einigung auf eine Heirat zwischen den Familien geben könnte, wenn sogar ein vorehelicher Geschlechtsverkehr - und nicht bloß eine Umarmung - bekannt geworden wäre, und wäre daher umso mehr für ihn zu erwarten gewesen, dass das Geschehen im Haus des Mädchens zu einer Konfliktregelung zwischen den betroffenen Familien führen hätte können. Zum anderen stellte sich der weitere Verlauf der Dinge als lebensfremd dar, indem der BF vermeinte, sein Freund, mit dem er die Lage nur kurz besprochen habe, habe bei der Familie des BF dessen Reisepass besorgt und habe der BF dann gleich den Bus in die Türkei bestiegen, was offenbar alles innerhalb sehr kurzer Zeit geschehen sei. Nicht nur der Aspekt, dass die Familie des BF wohl im Angesicht dessen eine Erklärung verlangt hätte, bevor der Freund an den Reisepass des BF gelangen konnte, und dass es dann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einem Eingreifen der Familie des BF in das Konfliktgeschehen gekommen wäre, sprach gegen die Plausibilität dieser Darstellung. Auch vom BF selbst wäre zu erwarten gewesen, dass er erst Möglichkeiten der Konfliktlösung, wenn auch nicht in unmittelbarer persönlicher Weise, sondern über seine Familie, auslotet, ehe es zu einer so weitreichenden Entscheidung wie der einer Ausreise kommt, die ihn sowohl von seiner Geliebten wie auch von seinen eigenen Angehörigen dauerhaft trennen würde.

Auf Vorhalt dessen vermochte er in der mündlichen Verhandlung keine schlüssige Erklärung für diese von ihm behauptete Version des Geschehens zu geben. Dass er aus Angst vor seiner eigenen Familie nicht an diese mit der Bitte um Hilfe herangetreten sei, entbehrte jeder Logik. Nicht zuletzt sind etwa zwei seiner Geschwister als Sozialarbeiter tätig, weshalb anzunehmen wäre, dass es an einer Konfliktlösungsbereitschaft innerhalb seiner Familie nicht grundsätzlich fehlen würde. Jedenfalls verneinte er auf Nachfrage, es versucht zu haben, ohne erklären zu können, weshalb er diesen Versuch nicht einmal gewagt habe. Im Übrigen meinte der BF an anderer Stelle, die beiden Familien wären "aus der Moschee" persönlich bekannt gewesen, sodass auch daraus abzuleiten war, dass eine Konfliktlösung nicht von vornherein als aussichtslos erschienen wäre.

Im Widerspruch dazu legte er im Übrigen an späterer Stelle dar, er habe auf die an sich logische Frage seiner Angehörigen, weshalb er so plötzlich ausgereist sei, erklärt, dass er im Haus des Mädchens zusammengeschlagen worden sei. Auf die Frage in der Beschwerdeverhandlung, weshalb nicht zumindest dann seine Familie bei der anderen Familie interveniert habe, erwiderte er bloß, dass er dies nicht gewollt habe bzw. gemeint habe das "gehe sie nichts an", was ebenso nicht schlüssig war.

Auch der Hinweis darauf, dass "dadurch Streit zwischen den beiden Familien entstanden wäre", wenn er seine Familie um Unterstützung gebeten hätte, war nicht schlüssig, denn der Darstellung des vorangegangenen Geschehens folgend war ein maßgeblicher Konflikt zwischen diesen ja ohnehin schon durch den Vorfall im Haus des Mädchens Realität geworden.

Ebenso nicht schlüssig war sein Einwand, er habe sich nicht an die Sicherheitsorgane gewandt, weil er dann auch vom Geschlechtsverkehr berichten hätte müssen, erhellte doch nicht, weshalb er nicht bloß vom Vorfall mit den Brüdern des Mädchens im Haus ihrer Familie erzählen hätte können ohne den Geschlechtsverkehr zu erwähnen, von dem zu diesem Zeitpunkt bzw. der nachfolgenden Schilderung des BF zufolge auch noch längere Zeit danach niemand außer den beiden unmittelbar Beteiligten gewußt habe.

In dieses unschlüssige Bild passte auch, dass der BF vermeinte, nach seiner Ausreise habe sein Bruder das Kaffeehaus des BF verkauft, damit dieser seine Weiterreise finanzieren konnte, wäre doch anzunehmen gewesen, dass auch so ein gravierender Schritt erst nach einer zumindest versuchten Konfliktlösung durch die Familie erfolgt wäre.

Im Lichte dieser Erwägungen stellte sich das vom BF behauptete Geschehen, das ihn zur Ausreise veranlasst habe, insgesamt als nicht glaubhaft dar.

Dass er in weiterer Folge behauptete, er habe später von seiner Mutter telefonisch erfahren, dass seine frühere Geliebte zwischenzeitig von ihren Angehörigen getötet worden sei, nachdem angesichts von abgewiesenen Heiratsavancen anderer Männer hervorgekommen sei, dass sie keine Jungfrau mehr sei, blieb als bloße Behauptung stehen, die er auf Nachfrage hin nicht weiter substantiieren konnte. Nachdem jedoch schon das vorausgegangene Geschehen für das Gericht nicht glaubhaft war, kam aus logischen Gründen auch dieser Behauptung eines Ehrenmordes an dem Mädchen durch ihre eigenen Angehörigen keine Glaubhaftigkeit zu.

Ebenso war nicht nachvollziehbar, dass der Darstellung des BF folgend seine Angehörigen mehr als ein halbes Jahr später ihre Heimat verließen, weil die Familie des Mädchens immer wieder nach seinem Verbleib gefragt und aus Rache "seinen Kopf" gefordert habe, habe es doch außer diesem Auftreten keine anderen Handlungen oder Äußerungen gegeben, die eine schlüssige Erklärung für eine solche Entscheidung geboten hätten. Dass es dann nach einem Telefonat plötzlich doch möglich gewesen sei, dass sich die beiden Familienoberhäupter auf eine Beilegung des Konflikts geeinigt hätten, wurde vom BF ebenso nicht plausibel erklärt.

Zuletzt vermeinte der BF noch auf die Frage nach aktuellen Hindernissen für eine Rückkehr, er würde auch von seinem eigenen Vater getötet werden, da er Schande über die Familie gebracht habe. Auf Nachfrage räumte er jedoch ein, dies selbst nur zu vermuten. Konkrete stichhaltige Anhaltspunkt für diese Annahme blieb der BF schuldig und wäre dies auch nicht mit den sonstigen Erwägungen, denen gerade keine Hinweise auf eine derartige Absicht seiner Angehörigen zu entnehmen war, in Vereinbarung zu bringen gewesen, weshalb dieses Vorbringen ebenso nicht glaubhaft war.

Den von der Vertretung des BF im Gefolge der mündlichen Verhandlung übermittelten länderkundlichen Information zum Thema "Ehrenmorde in Kurdistan" kam keine Entscheidungsrelevanz zu, wären diese doch nur dann mit einzubeziehen gewesen, wenn der vom BF behauptete individuelle Sachverhalt als glaubhaft festgestellt werden hätten können.

2.3.4. Im Lichte dessen gelangte das BVwG folgerichtig zur Feststellung fehlender Verfolgung durch Dritte vor der Ausreise wie auch fehlender Gefahr derselben im Falle einer Rückkehr aus den von ihm behaupteten Gründen.

2.4. Die Annahme, dass der BF bei einer Rückkehr auch insoweit keiner maßgeblichen Gefährdung ausgesetzt wäre, als er etwa in wirtschaftlicher Hinsicht in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, stützt sich darauf, dass es sich bei ihm um einen weiterhin arbeitsfähigen Mann mit beruflicher Erfahrung handelt. Dass sich in seiner Heimat bei einer Rückkehr für ihn auch neuerlich eine Unterkunftsmöglichkeit findet, war im Lichte dessen sowie des Umstands, dass sich seine Angehörigen bis dato dort aufhalten und seiner Schilderung nach unter keinen prekären Lebensbedingungen leiden, ebenso als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen. Die Möglichkeit verwandtschaftlicher Unterstützung zumindest in grundsätzlicher Weise stünde ihm angesichts entsprechender Anknüpfungspunkte ebenfalls zur Verfügung.

2.5. Die länderkundlichen Feststellungen des Gerichts stützen sich auf seine Kenntnis von der notorischen allgemeinen Lage im Irak sowie den Inhalt der zuletzt von ihm eingesehenen und oben genannten aktuellen länderkundlichen Informationen.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak war im Lichte dessen nicht dergestalt einzuschätzen, dass schon mit der bloßen Anwesenheit für jeden Zurückkehrenden das reale Risiko verbunden wäre, Opfer eines Terroranschlags oder sonstiger gewaltsamer Auseinandersetzungen zu werden.

Als notorisch war anzusehen, dass im Irak aktuell kein landesweiter bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der eine gravierende Gefährdung indizieren würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, 1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Mit Datum 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 56/2018.

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als Rechtsnachfolger des vormaligen Bundesasylamtes eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 1 BFA-VG obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des BFA-VG und des AsylG 2005 idgF.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheides des Bundesamtes.

Zu A)

1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht. Darüber hinaus darf keiner der in § 6 Abs. 1 AsylG genannten Ausschlussgründe vorliegen, andernfalls der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden kann.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Im Hinblick auf die Neufassung des § 3 AsylG 2005 im Vergleich zu § 7 AsylG 1997 wird festgehalten, dass die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, nunmehr grundsätzlich auch auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 anzuwenden ist.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (vgl. VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 19.04.2001, Zl. 99/20/0273; VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

1.2. Die vom BF behauptete Rückkehrgefährdung im Irak war nicht als glaubhaft anzusehen.

Die belangte Behörde kam daher zu Recht zum Ergebnis, dass dieser nicht in der Lage war mit seinem Vorbringen glaubhaft darzulegen, dass er der Gefahr einer individuellen Verfolgung im Herkunftsstaat für den Fall der Rückkehr ausgesetzt wäre.

1.3. Im Übrigen wäre selbst für den Fall, dass man den vom BF behaupteten Sachverhalt - hier hypothetisch - als der Wahrheit entsprechend annehmen würde, daraus nichts für sein Asylbegehren zu gewinnen gewesen, kommt doch einem als "Blutrache" oder "Ehrverbrechen" zu charakterisierenden Verfolgungsszenario mangels Anknüpfungspunkt an einen der Verfolgungstatbestände der GFK schon grundsätzlich keine Asylrelevanz zu (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016, 0083)

1.4. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

2.2. Zu den Kriterien für die allfällige Zuerkennung von subsidiärem Schutz hat sich der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 26.06.2019, Ra 2019/20/0050 bis 0053-10, unter Bezugnahme auf seine vorgehende Judikatur in grundsätzlicher Weise geäußert.

Hatte er zuvor in seinem Erkenntnis vom 6. November 2018, Ra 2018/01/0106, näher dargelegt, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Weiteren kurz: StatusRL) betreffend den Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinn der Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b iVm Art. 3 StatusRL entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) und somit fehlerhaft umgesetzt hat (siehe Rn. 45 der Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses), und in diesem Erkenntnis auch darauf verwiesen, dass zur Erfüllung dieser Verpflichtung es der Grundsatz der unionskonformen Auslegung von den mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichten verlangt, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht, so stellte er dem gegenüber, dass die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt des Unionsrechts heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen findet und nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf (Rn. 47 ff. der Entscheidungsgründe).

Im zitierten Erkenntnis Ra 2018/01/0106 hat der VwGH sodann die Frage, ob § 8 Abs. 1 AsylG 2005 einer dem Unionsrecht (im Sinn der zu Art. 15 StatusRL ergangenen Rechtsprechung des EuGH) Genüge tuenden Auslegung zugänglich ist, ausdrücklich dahingestellt gelassen (Rn. 60 der Entscheidungsgründe). Auch im Beschluss vom 21. November 2018, Ra 2018/01/0461, wurde lediglich darauf hingewiesen, dass es der StatusRL widerspreche, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen.

Den genannten Entscheidungen war somit - ungeachtet des jeweils vorhandenen Hinweises auf die Unionsrechtswidrigkeit des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 - nicht zu entnehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof damit seine bisherige zum Umfang des Anwendungsbereiches des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ergangene Rechtsprechung als nicht mehr beachtlich angesehen hätte.

Zwischenzeitig hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage, ob in Bezug auf den Status des subsidiären Schutzes eine unionsrechtskonforme Lösung gefunden werden kann (und allenfalls das Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung in Erwägung zu ziehen sein wird), in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ro 2019/19/0006, beschäftigt. Er ist dort zum Ergebnis gelangt, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der StatusRL in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der StatusRL zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben.

Infolge dessen ist an der bisherigen Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann, festzuhalten.

2.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen.

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. zum Ganzen VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Weiters hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0038 bis 0040; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, jeweils mwN).

2.4. Aus dem oben festgestellten Sachverhalt ergab sich nicht, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 vorliegen:

Stichhaltige Hinweise darauf, dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, kamen im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens nicht hervor.

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde, liegt im gg. Fall auch eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), nicht vor. Es kamen auch keine gravierenden Erkrankungen des BF hervor.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden.

Auch konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

2.5. Vor diesem Hintergrund erwies sich letztlich die Annahme des Bundesamtes, es lägen im gg. Fall keine stichhaltigen Gründe für die Annahme des realen Risikos einer Gefährdung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG vor, als mit dem Gesetz in Einklang stehend, und geht auch das BVwG in der Folge von der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat aus.

2.6. Insoweit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.1. § 10 AsylG lautet:

(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

§ 57 AsylG 2005 lautet:

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

§ 58 AsylG 2005 lautet:

(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurd

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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