Entscheidungsdatum
30.10.2019Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
L504 2224517-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX .1982 geb., StA. Türkei, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2019, Zl. 240335903-190487947, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
Auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen den türkischen Staatsangehörigen, welcher über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU" verfügt, ein Aufenthaltsbeendigungsverfahren ein.
Das Strafurteil des Landesgerichtes zusammengefasst, wurde die beschwerdeführende Partei [bP] für schuldig befunden, in Österreich im Zeitraum 2005 bis 2017 wiederholt illegal in einer Vielzahl von Fällen Faustfeuerwaffen aber auch Maschinengewehre beschafft und diese an nicht berechtigten Personen verkauft und überlassen zu haben, wobei sie Schusswaffen und Munition auch illegal in die Türkei verbrachte.
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 18.09.2019 hat das Bundesamt sodann entschieden:
"I. Gemäß § 52 Absatz 5 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG)
idgF, iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird
gegen Sie eine Rückkehrentscheidung erlassen.
II. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß §
46 FPG nach Türkei zulässig ist.
III. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr.
100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 10 Jahr/en befristetes
Einreiseverbot erlassen.
IV. Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wird eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht
gewährt.
V. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wird gemäß § 18 Absatz
2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die
aufschiebende Wirkung aberkannt."
Aus dem im Bescheid dargestellten Verfahrensgang ergibt sich:
"Sie halten sich seit Mai 2002 in Österreich auf.
- Zum ersten Mal haben Sie bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX einen Antrag
auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt, welche Ihnen gültig vom
28.03.2003 bis 27.03.2004 erteilt wurde.
- Am 31.03.2009 haben Sie bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX um Erteilung
eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" ersucht.
- Am 15.06.2009 wurde Ihnen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" gültig bis
14.06.2014 erteilt.
- Mit Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung des Landesgerichtes
XXXX vom 10.04.2019, GZ XXXX , wurden Sie nach § 79 Abs. 2 AußWG
in Anwendung des § 28 StGB (Zusammentreffen strafbarer Handlungen) zu einer
Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt.
- Am 09.05.2019 haben Sie einen weiteren Antrag auf Erteilung eines "Daueraufenthalt
EU" gestellt.
- Am 20.05.2019 wurde Ihnen seitens des BFA Vorarlberg Parteiengehör gewährt.
- Am 14.06.2019 haben Sie eine Stellungnahme mit Beilagen zugesendet.
- Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß §
52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
- Gegen Sie liegen des Weiteren folgende polizeiliche Eintragungen, sowie das Urteil
vor:
[...]
URTEIL:
01) LG XXXX vom 29.03.2019 RK 02.04.2019
§ 79 (2) AußWG
§§ 50 (1), 50 (1) Z 4 WaffG
Datum der (letzten) Tat 09.11.2017
Freiheitsstrafe 24 Monate, davon Freiheitsstrafe 16 Monate, bedingt, Probezeit
3 Jahre"
Das Bundesamt erachtete es wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als notwendig den Aufenthalt der bP in Österreich zu beenden und ein Einreiseverbot zu erlassen. Die öffentlichen Interessen würden die privaten und familiären Anknüpfungspunkte in Österreich übersteigen.
Dagegen hat die bP durch ihre gewillkürte Vertretung, Verein Menschrechte Österreich, innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Moniert wird darin im Wesentlichen, dass
* die bP, wenngleich keine Wohngemeinschaft bestehe und die Kinder bei der Ex-Gattin leben, eine sehr enge und harmonische Beziehung zu ihren Töchtern in Österreich führe, wobei auf ein selbstverfasstes Schreiben von Töchtern verwiesen wird. Daraus ergibt sich im Wesentlichen:
"Meine Geschwister und ich hatten mit unserem Vater lange keinen Kontakt wegen der Scheidung. Wir möchten ihn nicht nochmal verlieren. Wir haben uns schon länger nicht gesehen gehabt, war sehr schlimm für uns, am meisten für meine 7-jährige Schwester. Seit kurzem haben wir wieder mit unserem Vater Kontakt und haben uns sehr an ihn gewöhnt. Wir können nicht mehr ohne ihn leben und wollen es auch nicht";
* die bP in Österreich sehr gut integriert sei und in einem Arbeitsverhältnis stehe; sie habe den überwiegenden Teil ihres Lebens (17 Jahre) in Österreich verbracht und spreche inzwischen ausreichend gut Deutsch;
* sich in der Türkei zwar ihre Eltern und weitere Verwandte befänden, jedoch ihre Beziehung zu Österreich stärker sei; sie begebe sich maximal zwei Mal im Jahr in die Türkei um dort ihren Urlaub zu verbringen;
* ein Teil der Freiheitsstrafe für eine Probezeit bedingt nachgesehen worden sei, sie sich für diese unschicke Tat entschuldige und sie sich nicht bewusst gewesen sei, dass dies fremdenrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könne; sie werde solche Handlungen nie wieder begehen;
* die bP bis dato keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung begangen habe;
* ein Einreiseverbot angesichts der einmaligen Tat für die veranschlagte Dauer insbesondere wegen der gegebenen familiären und privaten Anknüpfungspunkte unangemessen sei;
* von einer positiven Zukunftsprognose und fehlender Wiederholungswahrscheinlichkeit ausgegangen werden könne;
* die sofortige Ausreise nicht als erforderlich angesehen werde und eine Abschiebung gegen Art 8 EMRK verstoßen würde;
* die Behörde keine ordentliche Würdigung der Gesamtumstände getätigt habe und auf Grund der Beschäftigung, der Bemühung einer Arbeit nachzugehen und den familiären Anknüpfungspunkten jedenfalls eine positive Zukunftsprognose zu stellen sei;
Beigelegt wurden der Beschwerde eine Vollmacht, Zahlungsbestätigung, Versicherungsdatenauszug, Änderung vom Dienstvertrag und Empfehlungsschreiben.
Der Verwaltungsakt lange am 18.10.2019 beim BVwG in Wien und am 21.10.2019 bei der zuständigen Gerichtsabteilung L504 in Linz ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde Beweis erhoben. Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich daraus vollständig und zweifelsfrei.
1. Feststellungen (Sachverhalt)
Das Bundesamt traf nachfolgende Feststellungen, denen sich das BVwG anschließt:
"[...]
- Zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht fest. Sie heißen XXXX , Sie sind am XXXX .1982 in der Türkei
geboren. Sie sind Staatsangehöriger der Türkei und leben seit 2002 in Österreich. Sie sind
Fremder iS des § 2 FPG und unterliegen den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes.
Ihre Muttersprache ist Türkisch. Sie leiden an keiner schweren oder lebensgefährlichen
Krankheit und sind arbeitsfähig. Sie sind nicht unbescholten. Sie arbeiten seit 01.11.2018
bei der XXXX GmbH.
- Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie haben im Jahr 2002 Ihre Ex-Frau XXXX , geb. am XXXX , welche die
österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, geheiratet. Am 02.07.1993 [Anm.: gemeint wohl "2015"] haben Sie sich scheiden lassen. Sie haben gemeinsam drei [minderjährige] Kinder, die mit Ihrer Ex-Ehegattin im gemeinsamen Haushalt in XXXX leben. Alle drei Kinder sind österreichische Staatsbürger.
Ihre Eltern leben beide in der Türkei. Eine Tante und 3 Cousins von Ihnen leben in
Vorarlberg.
- Zu Ihrem Aufenthalt in Österreich:
Sie halten sich seit Mai 2002 in Österreich auf. Zum ersten Mal haben Sie bei der
Bezirkshauptmannschaft XXXX einen Antrag auf Erteilung einer
Niederlassungsbewilligung gestellt, welche Ihnen gültig vom 28.03.2003 bis 27.03.2004
erteilt wurde. Am 31.03.2009 haben Sie den ersten Antrag auf Erteilung eines
Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU" gestellt. Dies wurde Ihnen am 15.06.2009, gültig bis
14.06.2014 erteilt. Sie sind im Besitz eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt EU",
ausgestellt durch die Bezirkshauptmannschaft XXXX , gültig vom 15.06.2014 bis
14.06.2019. Am 09.05.2019 haben Sie einen weiteren Antrag auf Erteilung eines
"Daueraufenthalt EU" gestellt.
- Zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes:
[...]"
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes vom 29.03.2019 wurde die bP für schuldig befunden:
Es haben in Lustenau und anderen Orten XXXX ,
A) wenn auch nur fahrlässig, wobei er vorsätzlich eine oder mehrere der in § 50 Abs. 1 WaffG bedrohten Handlungen in Bezug auf eine größere Zahl von Schusswaffen beging, in wiederholten, zahlenmäßig nicht mehr feststellbaren Angriffen Schusswaffen der Kategorie B
1. Im Zeitraum 1. Jänner 2005 bis 9. November 2017 in einer nicht mehr feststellbaren Anzahl, darunter auch seit nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten bis zum Zeitpunkt deren jeweiliger Überlassung die zu I.A) 2. genannten Waffen sowie die ihm von XXXX zu II. A) 1.b) bb. übergebenen Waffen sowie eine Pistole der Marke Manurhin PP, eine Pistole der Marke Walther PPK, eine Pistole der Marke Norinco NP 22 und eine Pistole der Marke Astra CUB sowie fünf Faustfeuerwaffen der Marke Norinco NP 22 unbefugt besessen;
2. Im Zeitraum 19. Februar 2014 bis 9. November 2017 in nicht mehr feststellbare Anzahl an nachgenannte Abnehmer und Käufer gegen Entgelt verkauft und überlassen, wodurch er die Schusswaffen Menschen überließ, die zu deren Besitz nicht befugt waren, wobei er die mit Strafe bedrohten Handlungen in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und zwar an
a) XXXX
aa. am 20. Juli 2017 eine Faustfeuerwaffe der Marke SIG Typ P;
bb. am 25. Juli 2017 Faustfeuerwaffen der Kategorie B einer noch festzustellenden Marke;
cc. im Zeitraum vom 25. Juli 2017 bis 3. August 2017 zwei Faustfeuerwaffen
b) XXXX
aa. am 26. Juli 2017 eine Faustfeuerwaffe der Marke SIG Sauer Typ P 220;
bb. am 22. Oktober 2017 eine Faustfeuerwaffe der Marke SIG;
c) XXXX Anfang September 2017 eine Faustfeuerwaffe der Marke Walther PPK Kaliber 7,65;
d) XXXX
aa. am 01. Oktober 2017 eine Faustfeuerwaffe der Marke Sieg Sauer Typ 210;
bb. Am 9. November 2017 4 Faustfeuerwaffen der Marke Norinco NP 22 sowie eine Faustfeuerwaffe der Marke Beretta;
e) XXXX am 7. Oktober 2017 eine Faustfeuerwaffe;
f) XXXX am 20. Oktober 2017 eine Faustfeuerwaffe;
g) XXXX am 27. September 2017 eine Faustfeuerwaffe;
h) weitere unbekannte, nicht mehr ausforschbare Abnehmer;
B) im Zeitraum 30. Juni 2012 bis 9. November 2017 in wiederholten, zahlenmäßig nicht mehr feststellbaren Angriffen ohne eine gemäß dem Außenwirtschaftsgesetz, gemäß einer auf seiner Grundlage erlassenen Verordnung oder einem auf seiner Grundlage erlassenen Bescheid oder aufgrund von unmittelbar anwendbarem Recht der Europäischen Union im Sinne von § 1 Abs. 1 Z. 24 lit. a oder b Außenwirtschaftsgesetz erforderliche Genehmigung Güter eingeführt, ausgeführt, technische Unterstützung geleistet oder einen sonstigen Vorgang durchgeführt, wobei er die mit Strafe bedrohten Handlungen gewerbsmäßig beging, indem er verschiedene Schusswaffen der Kategorie B und Munition für Schusswaffen in nicht mehr feststellbare Anzahl ohne Genehmigung
1. In der Schweiz erwarb und nach Österreich einführte;
2. In die Türkei verbrachte;
C) im Zeitraum 1. Oktober 2011 bis 9. November 2017 in wiederholten, zahlenmäßig nicht mehr feststellbaren Angriffen Güter innerhalb der Europäischen Union ohne eine nach dem Außenwirtschaftsgesetz, gemäß einer auf seiner Grundlage erlassenen Verordnung oder eines auf seiner Grundlage erlassenen Bescheides oder aufgrund von unmittelbar anwendbarem Recht der Europäischen Union im Sinne von § 1 Abs. 1 Z. 24 lit. a Außenwirtschaftsgesetz erforderliche Genehmigung oder ohne Genehmigung eines anderen EU Mitgliedstaates gemäß § 33 verbracht, wobei er die mit Strafe bedrohten Handlungen gewerbsmäßig beging, indem er Schusswaffen der Kategorie B und Munition für Schusswaffen in nicht mehr feststellbarer Anzahl ohne Genehmigung in Deutschland erwarb und nach Österreich einführte sowie auch von Österreich nach Deutschland ausführte;
D) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt, wenn auch nur fahrlässig, Kriegsmaterial, nämlich eine vollautomatische Maschinenpistole des Typs Skorpion, unbefugt besessen.
F.A. hat dadurch begangen:
das Vergehen nach § 50 Abs. 1 Z. 1, Abs. 1a erster Satz Waffengesetz
die Vergehen nach § 50 Abs. 1 Z. 5, Abs. 1a erster und zweiter Satz Waffengesetz
die Verbrechen nach § 79 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2 Z. 1 AWG
die Vergehen nach § 80 Abs. 1 Z. 1, Abs. 3 Z. 1 AWG
das Vergehen nach § 50 Abs. 1 Z. 4 WaffG
Strafe: Nach § 79 Abs. 2 Außenwirtschaftsgesetz in Anwendung des § 28 StGB Freiheitsstrafe von 24 Monaten. Gemäß § 43 A Abs. 3 StGB wird ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß § 20 Abs. 1 StGB wird dem Betrag von ? 40.000 für verfallen erklärt.
Folgende Gegenstände wurden gemäß § 19a Abs. 1 StGB konfisziert:
Ein Mobiltelefon Marke Apple, Typ iPhone 6
ein Mobiltelefon Marke Apple, Typ iPhone 4
ein Mobiltelefon unbekannter Marke
eine Mobiltelefonmarke Apple, Typ iPhone 4
eine Pistole der Marke Manurhin PP
eine Pistole der Marke Walther PPK
eine Pistole der Marke Norinco NP 22
eine Pistole der Marke Astra CUB
fünf Faustfeuerwaffen der Marke Norinco NP 22
eine vollautomatische Maschinenpistole des Typs Skorpion
Strafmildernd: Unbescholtenheit, umfassendes Geständnis
Straferschwerend: Langer Tatzeitraum, Zusammentreffen von unzähligen strafbaren Handlungen.
Aus dem Polizeibericht ergibt sich, dass die konfiszierten Schusswaffen samt Munition bei der beschwerdeführenden Partei im Zuge einer Hausdurchsuchung vorgefunden wurden. Die bP (und weitere Täter) wurde im Zuge einer Europäischen-Ermittlungsanordnung in Kooperation der Polizei verschiedener Staaten ausgeforscht. Aufgrund einer durchgeführten Telefonüberwachung ergab sich, dass die bP hauptsächlich bei den ebenfalls verurteilten A. B. und bei H. K. illegal Schusswaffen bezog und diese mit Gewinn weiterverkaufte. Die Gespräche wurden sehr konspirativ geführt und die Gesprächspartner verwendeten verschiedene Decknamen für die Waffen. Soweit in den Gesprächen vom Verkaufspreis der Waffen gesprochen wurde, so bezog sich dieser Preis auf den Schwarzmarkt. Offiziell mit den erforderlichen Dokumenten sind die Preise wesentlich geringer. Aufgrund der sehr konspirativen Art der bP konnte die Polizei zu Beginn der Observation keinen Peilsender an ihrem Fahrzeug anbringen. Bei der Auswertung ihrer sichergestellten Mobiltelefone wurden zahlreiche Lichtbilder mit verschiedenen Waffen inklusive Kriegsmaterial festgestellt. Weiters wurde dabei festgestellt, dass sie verschiedene Fotos von Waffen an ihre Abnehmer zur Ansicht übermittelte. Die bP behauptete bei der Aussage vor der Polizei, dass sie das Geschäft des Waffenhandels erst seit ihrer Scheidung vor ca. drei Jahren betreiben würde.
Über Anordnung der österr. Staatsanwaltschaft wurde die bP am 9. November 2017 in XXXX festgenommen und in die Justizanstalt eingeliefert.
Auf Grund einer 2013 erfolgten Anzeige der bP wegen Körperverletzung durch die damalige Ehegattin wurde gegen die bP als Gefährder am 06.07.2013 ein sicherheitspolizeiliches Betretungsverbot gem. § 38a SPG verhängt.
Die Bezirkshauptmannschaft hat auf Grund des vom Landesgericht festgestellten Sachverhaltes 2018 gem. § 12 WaffG ein Waffenverbot gegen die bP verhängt. Demnach gilt sie nach Einschätzung der österreichischen Sicherheitsbehörden als eine Person, die durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.
Das Bundesamt traf im Bescheid Feststellungen zur abschiebungsrelevanten Lage in der Türkei auf Basis des aktuellen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation. Diesen wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten. Daraus ergibt sich zusammengefasst derzeit keine Situation, wonach für Personen mit dem Profil der bP in der Türkei eine entscheidungsrelevante Gefährdung von Leib und/oder Leben oder sonstigen maßgeblichen Rechtsgütern zu erwarten wäre.
2. Beweiswürdigung
Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen unstreitig aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde und dem Beschwerdeschriftsatz.
3. Rechtliche Beurteilung
Rückkehrentscheidung
Gemäß § 52 Abs. 5 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU" verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Die bP verfügte zuletzt über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EU", gültig bis zum 14.06.2019. Vor Ablauf der Gültigkeitsdauer stellte die beschwerdeführenden Partei fristgerecht am 9. Mai 2019 einen Verlängerungsantrag. Wird ein solcher Antrag vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt, gilt diese Person gemäß § 24 NAG als weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Voraussetzung für die Rückkehrentscheidung ist weiters, dass, wenn die Voraussetzungen gem. § 53 Abs 3 FPG die Annahme rechtfertigen, dass der weitere Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
§ 53 Abs 3 FPG lautet:
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.
Auf Grundlage der Verurteilung des Landesgerichtes ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass die Z 1 leg cit erfüllt ist, da die bP zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten sowie einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten rechtskräftig verurteilt wurde.
Gemäß § 52 Abs. 5 FrPolG 2005 ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen bestimmte Drittstaatsangehörige nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FrPolG 2005 die Annahme rechtfertigen, dass der weitere Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Dabei muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden, wobei im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten unter Berücksichtigung seiner Art und Schwere eine Gefährdungsprognose zu treffen ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (vgl. VwGH 22. Jänner 2015, Ra 2014/21/0009).
Die bP ist als Drittstaatsangehöriger seit 2002 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Bereits 3 Jahre später - 2005 - begann sie über viele Jahre hinweg bis zur Festnahme in einer Vielzahl an Fällen mit dem illegalen Handel von Schusswaffen, überwiegend Faustfeuerwaffen aber auch Kriegsmaterial samt Munition.
Das strafbare Verhalten erstreckte sich über einen beachtlichen Zeitraum von rund 12 Jahren [!!], somit fast über die gesamte Zeit ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet auf Grund eines Aufenthaltstitels gem. dem NAG. Die bP überließ/verkaufte dabei auch grenzüberschreitend die nicht rechtmäßig erworbenen Schusswaffen aus Gewinnsucht. Sie verkaufte die Waffen zu über dem (legalen) Marktwert liegenden Preisen an Personen, die zu deren Besitz und Führen nicht berechtigt sind. Der allgemeinen Lebenserfahrung nach dienen derartige auf dem "Schwarzmarkt" gehandelte Schusswaffen idR der Begehung von Straftaten gegen Leib und/oder Leben bzw. gegen fremdes Eigentum. Dies musste auch der bP zumindest latent bewusst sein.
Es ist dieses Verhalten auch aus hier maßgeblicher fremdenrechtlicher Sicht besonders verwerflich und stellt ein enormes Gefährdungspotenzial dar. Es impliziert auch charakterlich eine Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen die von der Anwendung dieser Schusswaffen betroffen sind von besonderem Ausmaß.
Dem Ermittlungsbericht ist zu entnehmen, dass sich zeigte, dass die bP und die dabei involvierten Personen ua auch am Telefon sehr konspirativ vorgingen. Dies legt nahe, dass sich die bP offensichtlich des Unrechtes im Klaren war und sie mit der Möglichkeit rechnete, dass die Telefongespräche abgehört werden und sie sich daher eines Verhaltens und einer Sprache bediente, damit die Straftaten verschleiert werden bzw. auch weiterhin ungestraft durchgeführt werden können.
Da die bP somit - trotz überwiegender legaler Erwerbstätigkeit - über rund 12 Jahre laufend einen erheblichen Nebenerwerb erwirtschaftet, ist der allgemeinen Lebenserfahrung nach die Gefahr groß, dass die bP diesen 12 Jahre gepflogenen Lebensstil fortsetzen möchte, um ihr wirtschaftliches Einkommen zu verbessern.
Nicht einmal die Gefährdung der Beziehung zu ihren minderjährigen Kindern, welche über die österreichische Staatsangehörigkeit verfügen, vermochte die bP von diesen verwerflichen Straftaten abhalten und stellt dies auch eine mangelnde Vorbildwirkung bzw. Eignung als Obsorgeberechtigter dar.
Zwar ist dem Akteninhalt zu entnehmen, dass die bP ihre Taten bereut und sie vor Gericht ein Geständnis ablegte, jedoch kann der allgemeinen Lebenserfahrung und dem polizeilichen Ermittlungsergebnis nach wohl davon ausgegangen werden, dass, wenn die bP nicht durch die Polizei ausgeforscht worden wäre, sie den illegalen Handel mit Schusswaffen und deren Verbreitung im kriminellen Milieu noch weiter fortgesetzt hätte.
Der Umstand, dass die bP nun während der Probezeit wieder im Erwerbsleben steht, vermag an dieser Einschätzung nichts ändern, zumal sie auch während dieser 12 Jahre, in der sie diese Straftaten in einer Vielzahl an Fällen wiederholt beging ,überwiegend legal berufstätig war.
Die Sicherheitsbehörde schätzt die bP auf Grund ihres gezeigten Verhaltens jedenfalls als eine Person ein, bei der die reale Gefahr besteht, dass sie (auch weiterhin) Menschen durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte und verhängte daher ein behördliches Waffenverbot gem. § 12 WaffG.
Auf Grund der gegebenen Fakten kommt, wie schon die belangte Behörde, auch das BVwG aus hier maßgeblicher fremdenpolizeilicher Sicht zum Ergebnis, dass die bP jedenfalls eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.
Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens in Österreich käme:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.
Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Für die Beurteilung, ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliegt, wird auf die im Erkenntnis des BVwG v. 16.01.2019, L504 1314867-3, dargestellte höchstgerichtliche Judikatur verwiesen.
Auf Grund der Ermittlungsergebnisse ergibt sich das Vorhandensein eines relevanten Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK und es bedarf diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen Interessen an einem Verbleib mit den öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendung, somit, ob eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist
Im vorliegenden Fall ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Art 8 Abs 2 EMRK legitime Ziele, nämlich
* die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, worunter auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist;
* die Verteidigung der Ordnung und Verhinderung von strafbaren Handlungen;
* den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Unter Zugrundelegung der Abwägungskriterien und der Ermittlungsergebnisse (einschließlich der Beschwerdeangaben) ergibt sich Folgendes:
Die bP ist als Drittstaatsangehöriger seit 2002 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Im Jahr 2015 hat sie sich von ihrer österreichischen Ehegattin scheiden lassen. Aus dieser Beziehung resultieren drei minderjährige Kinder (2003, 2005, 2011 geboren). Die Kinder besitzen wie die Mutter ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Obsorge ist zwischen den Eltern geteilt, sie leben jedoch seit der Scheidung bei der geschiedenen Gattin. Nach der Scheidung war - so der im Akt befindliche Brief einer Tochter - die Beziehung zu den Kindern zerrüttet, jedoch hat sich das Verhältnis in weiterer Folge weder gebessert, sodass die Kinder wieder Kontakt zum Vater in Österreich haben möchten.
Während der Zeit des legalen Aufenthaltes hat die bP erhebliche private Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet erlangt. Sie hat sich auch bemüht die deutsche Sprache zu erlernen und war die überwiegende Zeit in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert. Abgesehen von der gegenständlichen strafrechtlichen Verurteilung scheinen darüber hinaus keine relevanten Bestrafungen im verwaltungsstrafrechtlichen Bereich auf.
Angesichts des sich fast während des gesamten Aufenthaltes erstreckenden strafrechtlich relevanten Verhaltens, nämlich über rund 12 Jahre, ist das tatsächliche Maß der Integration jedoch als erheblich reduziert anzusehen.
Die bP ist in der Türkei aufgewachsen, hat dort ihre gesamte Schulzeit absolviert, es leben dort nach wie vor ihre Eltern und Verwandte. Sie hat die ersten 20 Jahre ihres Lebens in der Türkei bei den Eltern verbracht. Sie hat auch regelmäßigen Kontakt mit Familienangehörigen in der Türkei, überwiegend telefonisch jedoch auch durch wiederholte jährliche Urlaubsaufenthalte. Ihre Muttersprache ist Türkisch.
Durch das der strafrechtlichen Verurteilung zugrundeliegende Verhalten hatte die bP ganz erheblich gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit verstoßen. Dies zudem über einen äußerst langen Zeitraum.
Bei der Interessensabwägung ist unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG (Bindungen zum Heimatstaat) auch auf die Frage der Möglichkeiten zur Schaffung einer Existenzgrundlage bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat Bedacht zu nehmen (VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0135). Gegenständlich verfügt die bP über eine Berufsausbildung und Berufspraxis, sie spricht die in der Türkei vorherrschende Sprache, wurde dort sozialisiert und hat auch noch familiäre und verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in diesem Staat. Angesichts des gegebenen Sachverhaltes sind ihr allfällige Anfangsschwierigkeiten bei der Schaffung einer Existenzgrundlage zuzumuten.
Es wird nicht verkannt, dass die Rückkehrentscheidung ganz erheblich in das Recht auf Familienleben zwischen den 3 minderjährigen Kindern und der bP eingreift. Die Kinder leben im Haushalt der Mutter und war schon während der Verbüßung der unbedingten Haftstrafe ein Familienleben im herkömmlichen Sinn sehr eingeschränkt. Die Kinder, welche die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und hier seit Geburt ihren Lebensmittelpunkt haben, sind nicht gezwungen mit dem Vater in die Türkei mitzureisen. Abgesehen davon ist anzumerken, dass hier die Mutter real die überwiegende Obsorge hat, da sie bei ihr und nicht beim Vater leben.
Im Hinblick auf den Vater ist anzumerken, dass es ihm der allgemeinen Lebenserfahrung nach zumindest latent bewusst sein musste, dass sich sein strafrechtlich relevantes Verhalten negativ für einen Aufenthalt im Bundesgebiet auswirken kann und es dadurch zu Einschränkungen im Familienleben kommen könnte. Dessen ungeachtet entschied sie sich für die fortführende, wiederholte Begehung der Straftaten.
Angesichts des Alters der Kinder ist es auch real möglich durch moderne Kommunikationsmedien Kontakt zum Vater zu halten. Aber auch Besuche in der Türkei oder - sofern die bP gewillt und persönlich in der Lage ist die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu erfüllen - auch Besuche der bP in Österreich sind grds. auf Basis des § 26a FPG möglich.
Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und unter Einbeziehung der oa. Judikatur der Höchstgerichte ist gegenständlich ein überwiegendes öffentliches Interesse - nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und Verhinderung von strafbaren Handlungen wie sie die bP über viele Jahre hinweg wiederholt gesetzt hat und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, notwendig, wenn man bedenkt, dass derartige im "Schwarzhandel" verbreitete Schusswaffen idR im kriminellen Milieu verbreitet und zur Begehung von gravierenden Straftaten verwendet werden.
Auch wenn die Aufenthaltsbeendigung einen ganz erheblichen Eingriff in das Privatleben und Familienleben der bP und das der minderjährigen Kinder darstellt, ist angesichts der gegebenen Faktenlage von einem deutlichen Überwiegen der genannten öffentlichen Interessen auszugehen. Die Rückkehrentscheidung ist daher notwendig und verhältnismäßig.
Zulässigkeit der Abschiebung
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
§ 50 FPG Verbot der Abschiebung
(1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Die bP hat im Verfahren kein konkretes Vorbringen erstattet, woraus sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würden und kann dies auch bei amtswegiger Betrachtung der Sachlage nicht festgestellt werden.
Einreiseverbot
§ 53 Einreiseverbot
(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, Zahl 2011/21/0237 zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff und Art 11 Abs 2 Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 anzunehmen.
In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinne der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht. Zudem ist festzuhalten, dass - wie schon nach bisheriger Rechtslage (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603) - in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrunde liegende Verhalten (arg.: Einzelfallprüfung) abzustellen ist. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots an.
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist (VwGH 2012/18/0230, 19.02.2013)
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Auf Grund des oa. festgestellten Verhaltens bzw. der strafrechtlichen Verurteilung der bP kam das Bundesamt zu Recht zur Ansicht, dass die bP den Tatbestand des § 53 Abs 3 Z 1 FPG verwirklicht hat. Diesfalls ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
Angesichts des von der bP über viele Jahre gesetzten Verhaltens in Bezug auf den illegalen Handel mit Schusswaffen und Kriegsmaterial samt Munition erachtete es die Behörde als verhältnismäßig und notwendig hier die Höchstdauer von 10 Jahren auszuschöpfen.
Dem ist seitens des BVwG nicht zu entgegnen. Die bP, welche seit 2002 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war, begann bereits im Jahr 2005 mit dem illegalen Handel von Schusswaffen und setzte sie dies bis zur Ausforschung durch die Polizei im Jahr 2017 in einer Vielzahl von Fällen fort. Abnehmer der Waffen waren Personen, die zu deren Besitz und Führen nicht berechtigt waren und daher ein besonders hohes Risiko darstellt, dass mit diesen Waffen weitere Straftaten gegen Leib und Leben oder fremdes Eigentum begangen werden. Auf die näheren Ausführungen zur Rückkehrentscheidung wird hiermit verwiesen.
Daraus ergibt sich, dass die bP nicht nur über 12 Jahre ihres strafrechtlich relevanten Wirkens, sondern auch noch aktuell eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt und ein Verbleib des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet bzw. eine baldige Rückkehr aus fremdenpolizeilicher Sicht nicht zu verantworten ist.
Trotz der unzweifelhaft gegebenen privaten und familiären Anknüpfungspunkte und auch unter Berücksichtigung, dass es sich um die erste Verurteilung handelt und das Strafmaß in Bezug auf das Waffengesetz zwar im oberen Drittel, in Bezug auf das Außenwirtschaftsgesetz nur nahe dem mittleren Bereich vom möglichen Strafrahmen von 6 Monate bis 5 Jahre angesiedelt ist, erscheint es fremdenpolizeilich im öffentlichen Interesse jedenfalls notwendig das Ausmaß des Einreiseverbotes mit 10 Jahren zu bemessen. Beachtlich ist hier auch, dass es auch das Strafgericht als erforderlich erachtete, gleich bei der ersten Verurteilung eine unbedingte Freiheitsstrafe auszusprechen.
Angesichts dessen, dass die bP erst kurze Zeit wieder in Freiheit ist, kann unter Berücksichtigung des enorm langen Tatzeitraumes ein Wohlverhalten seit der Freilassung noch nicht für die bP sprechen bzw. ist daraus nicht ableitbar, dass bei der bP schon ein derartiger Sinneswandel eingetreten wäre, dass eine Gefährdungsprognose aus hier maßgeblicher fremdenpolizeilicher Sicht für kürzere Zeit zu bemessen wäre. Nicht einmal das drohende Strafübel und die 3 minderjährigen Kinder vermochten die bP davon abzuhalten die Straftaten in zahlreichen Angriffen über 12 Jahre hinweg zu wiederholen und wurde dem erst durch Ausforschung und Festnahme durch die Polizei ein Ende gesetzt.
Aberkennung der aufschiebenden Wirkung / Keine Frist für die freiwillige Ausreise
Das Bundesamt hat gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 FPG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt, weil die sofortige Ausreise der beschwerdeführenden Partei im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Argumentiert wurde mit dem der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Verhalten sowie einer sich daraus ergebenden aktuellen, gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
Aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit der der Beschwerde ergeben sich keine konkreten Anknüpfungspunkte dass das Bundesamt zu Unrecht von dieser Aberkennung der aufschiebenden Wirkung Gebrauch gemacht hätte.
Aufgrund der gegenständlichen Sachentscheidung bedarf es daher auch keiner eigenen Entscheidung über die in der Beschwerde angeregte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt somit zurecht von einer Frist für die freiwillige Ausreise abgesehen, weil die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde vom Bundesamt vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch als aktuell und vollständig zu erachten. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgeri