TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/21 L527 2186920-1

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Veröffentlicht am 21.11.2019
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Entscheidungsdatum

21.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

L527 2186920-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Andreas LEPSCHI, Währingerstraße 26/1/3, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.01.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.10.2019, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Spruchpunkte II bis IV des angefochtenen Bescheids werden ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin reiste am XXXX 2012 legal (mit einem Visum) in das Bundesgebiet ein und erhielt einen Aufenthaltstitel für Studierende, der (nach Verlängerungen) zuletzt bis XXXX 2015 gültig war. In den Jahren 2013 und 2014 reiste sie (für Besuche) legal in den Iran und danach wieder legal zurück nach Österreich.

Am 06.05.2015 stellte sie den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am 08.05.2015 fand die Erstbefragung statt, am 14.12.2017 die Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde). Ihren Antrag auf internationalen Schutz begründete die Beschwerdeführerin - auf das Wesentliche zusammengefasst - wie folgt: Sie sei zum Christentum konvertiert. Da es im Iran eine mit der Todesstrafe bedrohte Straftat sei, vom Islam zum Christentum zu wechseln, könne sie nicht in den Iran zurückkehren.

Die belangte Behörde erachtete das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wegen einer Konversion zum Christentum im Iran einer Gefährdung ausgesetzt zu sein, für nicht glaubhaft. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführerin aus Überzeugung zum Christentum konvertierte. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die belangte Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt III) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV).

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses hielt am 22.10.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung ab, in der es neben der Beschwerdeführerin ein Mitglied des Leitungskreises der Evangeliumsgemeinde, das zugleich XXXX iranischen-christlichen Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde ist, (als Zeugen) einvernahm. Obwohl das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführerin in der über ein Monat vor der Verhandlung zugestellten Ladung um Mitwirkung am Verfahren ersucht hatte (Geltendmachung/Vorlage von bislang nicht vorgebrachten bzw. neuen Tatsachen und Beweismitteln, wesentliche Änderungen/Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bis spätestens drei Wochen vor der Verhandlung), erstattete die Beschwerdeführerin erst mit Schriftsatz vom 17.10.2019 (ERV-Eingabe vom selben Tag) eine Stellungnahme und legte Urkunden vor. Beweisanträge stellte sie keine; sie brachte jedoch zur Verhandlung am 22.10.2019 unangekündigt ihren Ex-Verlobten mit und beantragte seine Einvernahme als Zeuge. Das Bundesverwaltungsgericht entsprach dem Antrag. Die belangte Behörde hatte schon im Vorfeld erklärt, auf die Durchführung einer und die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung zu verzichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Beschwerdeführerin:

1.1.1. Die Beschwerdeführerin führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Ihre Identität steht fest. Sie ist iranische Staatsangehörige. Sie reiste am XXXX 2012 legal (mit einem Visum) in das Bundesgebiet ein und erhielt einen Aufenthaltstitel für Studierende, der (nach Verlängerungen) zuletzt bis XXXX 2015 gültig war. In den Jahren 2013 und 2014 reiste sie legal in den Iran und danach wieder legal zurück nach Österreich. Am 06.05.2015 stellte sie den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf die Beschwerdeführerin keine Verurteilung auf.

1.1.2. Die Beschwerdeführerin war ursprünglich muslimischen Glaubens. Sie kam nach ihrer Ausreise aus dem Iran erstmals in Mitteleuropa mit dem Christentum in Berührung. Im Jänner 2015 fand sie Zugang zur (farsisprachigen) iranischen-christlichen Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde in Wien, in der Folge ferner zur (deutschsprachigen) Evangeliumsgemeinde - Evangelikale Gemeinde am Hauptbahnhof. Letztere ist Mitglied im Bund Evangelikaler Gemeinden, welcher wiederum zu den als Kirche (Religionsgesellschaft) anerkannten "Freikirchen in Österreich" zählt (BGBl II 250/2013). Nach einer mehrmonatigen Vorbereitung wurde die Beschwerdeführerin am 29.08.2015 im Rahmen der iranischen-christlichen Gemeinde getauft und ist seither Mitglied derselben.

Seit Anfang 2015 nimmt die Beschwerdeführerin regelmäßig öffentlichkeitswirksam am Leben beider Gemeinden teil und befasst sich intensiv weiter mit dem christlichen Glauben. Sie hat - zusätzlich zur Taufvorbereitung - mehrere (Glaubens-)Kurse absolviert. Die Beschwerdeführerin besucht regelmäßig den Gottesdienst am Samstag in der iranischen-christlichen Gemeinde und den Gottesdienst am Sonntag in der deutschsprachigen Evangeliumsgemeinde. Sie nimmt ferner an Haus- bzw. Gebetskreisen teil. In der iranischen-christlichen Gemeinde hat sie Andachten vorbereitet und gestaltet, religiöse Themen vorbereitet und im Rahmen von Veranstaltungen präsentiert; außerdem wirkt sie als eines von wenigen Mitgliedern an der so genannten Moderation (Moderation von christlichen Liedern) im Gottesdienst mit. Sie engagiert sich auch im Übrigen in den Gemeinden, z. B. berät sie den XXXX iranischen-christlichen Gemeinde, insbesondere in Belangen, die weibliche Teilnehmer betreffen, hilft beim Putzen und in der Küche.

Die Beschwerdeführerin lebt und bezeugt ihren christlichen Glauben konsequent und ist praktizierende Christin.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin aus innerer Überzeugung zum Christentum bekennt und dementsprechend im Falle der Rückkehr in den Iran nicht zum Islam zurückkehren, sondern Christin bleiben und ihren Glauben aktiv leben würde.

Es kann vor dem Hintergrund der unten angeführten Länderfeststellungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran wegen des Glaubenswechsels mit asylrelevanten Verfolgungshandlungen seitens iranischer Behörden in Form von Schikanen, Verhaftungen und Strafverfolgung bis hin zur Todesstrafe zu rechnen hat.

1.2. Zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner:

Die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion wird im Iran als Abtrünnigkeit vom Islam gewertet (Apostasie), ist verboten und mit langen Haftstrafen und Todesstrafe bedroht. Trotzdem nimmt die Zahl der Konversionen weiter zu. Zumeist werden Konvertierte allerdings nicht wegen Apostasie bestraft, sondern wegen anderer Delikte, z. B. "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit".

Konkret werden christliche Konvertiten normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen, keine geläufige Bestrafung. Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen. Anklagen lauten meist auf "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass gegen christliche Konvertiten hohe Haftstrafen auch tatsächlich verhängt werden.

Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten folgen (z. B. Missionierung oder Unterricht im Glauben), kann das zu einem Problem führen.

Ebenso wenig kann in jedem Fall ausgeschlossen werden, dass ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit im Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Welche Konsequenzen Iraner, die im Ausland zum Christentum konvertiert sind und in den Iran zurückkehren, erwarten, hängt vom konkreten Einzelfall ab (insbesondere von der religiösen und konservativen Einstellung des Umfelds). Die Rückkehr in den Iran ist kein Problem, wenn die betreffende Person den Behörden nicht bereits bekannt war. Außerdem werden konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, für die Behörden nicht von Interesse sein; bei Konvertiten, die bereits vor ihrer Ausreise den Behörden bekannt waren, ist das anders zu beurteilen. Im Übrigen hängt es auch vom Verhalten des konvertierten Rückkehrers ab, ob die Behörden auf ihn aufmerksam werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die betreffende Person über ihre Konversion sehr freimütig in den sozialen Medien berichtet. Dann kann es bei der Rückkehr zu Verhaftungen und Befragungen kommen. Die weiteren Konsequenzen hängen wiederum vom Einzelfall ab, namentlich davon, was der Rückkehrer den Behörden erzählt. Harsche Strafen sind zumindest bei missionarischen Tätigkeiten oder anderen Aktivitäten, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, nicht ausgeschlossen. Ansonsten kann eine Veröffentlichung der Konversion in den sozialen Medien die Beobachtung durch die Behörden zur Konsequenz haben, zu einer Verfolgung führt sie jedoch nicht. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um z. B. Nachteile des Islams mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden.

Strenger als (bloße) Konversion werden missionarische Tätigkeiten unter Muslimen geahndet. Missionarische Tätigkeiten sind generell verboten und können als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden.

Hauskirchen sind im Iran zwar verboten und werden teils überwacht, ihre Anzahl steigt aber. Erlangen Behörden Kenntnis von einer Hauskirche (z. B. durch Nachbarn), wird eine Überwachung veranlasst. Eine dauerhafte flächendeckende Überwachung ist nicht möglich, die Behörden haben jedoch eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen. Ein sofortiges Eingreifen ist unwahrscheinlich, weil die Behörden (zunächst) nähere Informationen gewinnen wollen (über die Mitglieder und deren Aktivitäten). Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Im Fokus der Behörden stehen vor allem die Organisatoren von Hauskirchen; ihnen droht, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Sie werden mit dem Ziel festgenommen, die Gemeinschaft zu schwächen. Aber auch einfache Mitglieder von Hauskirchen werden bisweilen verfolgt. Dabei spielt eine Rolle, welchen Aktivitäten das Mitglied nachgeht und ob es im Ausland bekannt ist. Üblicherweise werden Mitglieder bei ihrer ersten Festnahme nach ca. 24 Stunden wieder freigelassen, mitunter unter der Bedingung, sich vom Missionieren fernzuhalten. Leisten sie der Bedingung Folge, hören die Behörden meist auf, Informationen über die betreffenden Personen zu sammeln. Ansonsten riskieren die Mitglieder von Hauskirchen, von den Behörden zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden. Das Ziel ist, die Personen zu schikanieren und einzuschüchtern. In den letzten Jahren gab es jedenfalls mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet.

Die dargestellte Lage betrifft ausnahmslos den gesamten Iran. Regionale oder lokale Ausnahmen, z. B. dergestalt, dass in bestimmten Gebieten des Irans die Konversion vom Islam zum Christentum erlaubt wäre, sind nicht feststellbar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; z. B. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0441, und VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. z. B. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.

2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.

2.2. Zu den Feststellungen zur Beschwerdeführerin:

2.2.1. Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Bereits die belangte Behörde kam - aufgrund des sichergestellten Reisepasses, der dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nicht vorliegt,- zu dem Ergebnis, dass die Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin feststehen (AS 158). Wann die Beschwerdeführerin den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist in einer unbedenklichen Urkunde dokumentiert (AS 1 ff) und wurde nicht in Zweifel gezogen. Zum konkreten Datum der ersten Ausreise aus dem Iran hat die Beschwerdeführerin leicht voneinander abweichende Angaben gemacht (AS 5 vs. AS 69; OZ 7, S 14); anhand der im verwaltungsbehördlichen Akt enthaltenen Kopien des Reisepasses (AS 21) war schließlich die Feststellung zu treffen. Den Feststellungen betreffend den Aufenthaltstitel als Studierende liegen die Angaben der Beschwerdeführerin (AS 70; OZ 7, S 14), die Kopie der Aufenthaltsbewilligungs-Karte (AS 23 ff) und die Eintragungen im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (OZ 6) zugrunde. Zu den Aufenthalten im Iran in den Jahren 2013 und 2014 hat die Beschwerdeführerin gleichbleibende Angaben gemacht (AS 70; OZ 6, S 14); es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin insofern wahrheitswidrig ausgesagt haben sollte.

Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung der Beschwerdeführerin aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 6, 9).

2.2.2. Die belangte Behörde vernahm die Beschwerdeführerin einmal ein, und zwar am 14.12.2017; die Einvernahme dauerte - inklusive Rückübersetzung (AS 74) - von 08:10 bis 09:35 h. Zwischen der behördlichen Einvernahme und der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.10.2019 liegen also mehr als eineinhalb Jahre. Dass sich die religiöse Überzeugung innerhalb dieses Zeitraums verändert oder sich aus Interesse für das Christentum eine Identifikation mit demselben entwickelt, erscheint keineswegs ausgeschlossen. Hinzukommt, dass das Bundesverwaltungsgericht, insbesondere durch die eingehende Befragung der Beschwerdeführerin in der Verhandlung, wesentlich gründlicher als die belangte Behörde ermittelt hat, ob die Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel vorliegen (AS 70 ff vs. OZ 7, S 14 ff). Maßgeblich sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel; vgl. z. B. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0441. Im Unterschied zur belangten Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht auch nicht damit begnügt, die aktuelle Glaubensüberzeugung der Beschwerdeführerin allein anhand ihrer Aussagen und der von ihr vorgelegten Unterlagen zu beurteilen, sondern das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus - wie im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur im gegenständlichen Fall geboten - ein Mitglied des Leitungskreises der Evangeliumsgemeinde, das zugleich XXXX iranischen-christlichen Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde ist, als Zeugen einvernommen (OZ 7, Beilage Z [Evangeliumsgemeinde]). Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht den - auch im Hinblick auf die vorgebrachte Konversion kurzfristig beantragten - Ex-Verlobten der Beschwerdeführerin als Zeugen einvernommen (OZ 7, Beilage Z [Ex-Verlobter]). Damit kann das Bundesverwaltungsgericht seine Feststellungen aufgrund wesentlich umfassenderer Ermittlungen und Informationen treffen; das Bundesverwaltungsgericht hat sich von der aktuellen Glaubensüberzeugung ein breiteres Bild verschafft als die belangte Behörde und konnte dementsprechend auch zu einem anderen Ergebnis kommen.

Ungeachtet der - hier nicht zu beantwortenden - Frage, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich schon zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids hatte glaubhaft machen können, dass sie aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei, und die Behörde dies - zum damaligen Zeitpunkt - im Ergebnis falsch beurteilt habe, hält das Bundesverwaltungsgericht fest:

Es steht außer Frage, dass die Beschwerdeführerin aus dem Iran nicht geflohen ist, sondern diesen legal verlassen hat. Aus den in der Beweiswürdigung im Bescheid mehrfach vorzufindenden Passagen, die (in unterschiedlichen Formulierungen) sinngemäß oder dezidiert besagen, die Beschwerdeführerin habe keine Bedrohungssituation, der sie ausgesetzt gewesen wäre, glaubhaft schildern können (AS 209, 213, 214), ist daher für die Frage der Glaubhaftigkeit des Vorbringens bzw. einer Verfolgung(sgefahr) nichts zu gewinnen. Nach der unter 2.1.2. und 3.1. zitierten Judikatur ist nämlich entscheidend, ob (glaubhaft ist, dass) die Beschwerdeführerin bei weiterer Ausführung ihres (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden.

Nicht ersichtlich ist, auf welche Antworten der Beschwerdeführerin in der behördlichen Einvernahme die belangte Behörde etwa die Passage im angefochtenen Bescheid stützt, die Beschwerdeführerin hätte es nicht in Erwägung gezogen, eine deutschsprachige Gemeinde zu besuchen, sondern bevorzuge die Zusammentreffen in der Sprache Farsi (AS 212). Mit Blick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erzielte Ermittlungsergebnis erweist sich diese Passage in der Beweiswürdigung überdies als inhaltlich falsch, nimmt doch die Beschwerdeführerin bereits seit Anfang des Jahres 2015 auch am Leben einer deutschsprachigen Gemeinde teil (OZ 7, S 22, Beilage Z [Evangeliumsgemeinde], S 3).

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass die Beschwerdeführerin in der behördlichen Einvernahme am 14.12.2017 die Frage nach den vier Grundgedanken der Reformation wie auch andere Wissensfragen nicht (vollständig) korrekt beantwortet hat. Der Beschwerdeführerin waren aber jedenfalls einige der theologischen Grundsätze der Reformation bekannt (AS 72). Die Behörde führte im angefochtenen Bescheid allerdings aus, dass die Beschwerdeführerin nicht über die vier Grundgedanken der Reformation Bescheid gewusst habe, sondern stattdessen einstudierte Phrasen über Martin Luther angegeben habe (AS 212).

2.2.3. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte die Beschwerdeführerin manche der gestellten Wissensfragen nicht bzw. nicht fundiert beantworten (z. B. OZ 7, S 22, 24). Zu bedenken ist aber, dass die Antworten in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht den Schluss zulassen, die Beschwerdeführerin habe sich mit dem christlichen Glauben, der Bibel und ihrem Inhalt sowie dem Protestantismus (zwischenzeitlich) näher befasst (z. B. OZ 7, S 21, 27). Nicht außer Acht zu lassen ist ferner, dass an das Wissen eines (angeblichen) Konvertiten über dessen (angeblichen) neuen Glauben keine überzogene Erwartungshaltung zu stellen ist; vgl. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455.

Die Feststellungen, wie und wann die Beschwerdeführerin Zugang zur (farsisprachigen) iranischen-christlichen Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde in Wien und zur (deutschsprachigen) Evangeliumsgemeinde - Evangelikale Gemeinde am Hauptbahnhof fand, inwieweit sie an deren Gemeinschaftsleben sowie an Kursen teilnimmt und sich engagiert, zur Taufvorbereitung und zur Taufe waren aufgrund der glaubhaften Aussagen der Beschwerdeführerin (OZ 7, S 22 ff) sowie des vom Bundesverwaltungsgericht als Zeugen einvernommenen Mitglieds des Leitungskreises der Evangeliumsgemeinde (OZ 7, Beilage Z [Evangeliumsgemeinde], S 2 ff), das zugleich XXXX iranischen-christlichen Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde ist, und einer schriftlichen Bestätigung des Pastors der (deutschsprachigen) Evangeliumsgemeinde (AS 255) zu treffen. Zu Kursen hat die Beschwerdeführerin ferner Unterlagen vorgelegt (OZ 5), die allerdings keine Bestätigung der Teilnahme im eigentlichen Sinn sind; die Kursteilnahme war in Zusammenschau mit den übrigen - bereits genannten - Beweismitteln dennoch festzustellen. Diese äußeren Umstände müssen freilich nicht zwingend bedeuten, dass sich die Beschwerdeführerin tatsächlich aus innerer Überzeugung dem Christentum angeschlossen hat und sich zu diesem bekennt. Im Zusammenhang mit folgenden Tatsachen und Erwägungen ergibt sich jedoch die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer echten Konversion der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin konnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in unterschiedlichen Zusammenhängen einen persönlichen Zugang zum Christentum und insbesondere eine individuelle Bedeutung des christlichen Glaubens und christlicher Lehre glaubhaft machen. Antworten auf vom Richter gestellte Fragen ließen nachvollziehbar erkennen, dass und weshalb es für die Beschwerdeführerin von persönlicher Bedeutung ist, den christlichen Glauben zu praktizieren, sowie dass sie eine affektive Bindung zum Christentum hat. (OZ 7, S 21, 23 f) Im vorliegenden Einzelfall manifestiert sich auch in der konkreten Ausübung des christlichen Glaubens durch die Beschwerdeführerin, dass glaubhaft ist, dass sie sich damit identifiziert. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die vor dem Bundesverwaltungsgericht - unter Wahrheitspflicht - vom Mitglied des Leitungskreises der Evangeliumsgemeinde, das zugleich XXXX iranischen-christlichen Gemeinde in der Evangeliumsgemeinde ist, gemachten Aussagen hinzuweisen (OZ 7, Beilage Z [Evangeliumsgemeinde]). Zwar obliegt es (im Beschwerdeverfahren) grundsätzlich allein dem Bundesverwaltungsgericht, zu beurteilen, ob eine echte, innere Konversion oder eine Scheinkonversion vorliegt, und es ist zu bedenken, dass die Aussagen des Zeugen naturgemäß nur den persönlichen Eindruck, den der Zeuge von der Beschwerdeführerin hat, wiedergeben konnten. Einzelne - individuell auf die Beschwerdeführerin bezogene - Aussagen des Zeugen fügen sich aber in das Bild, das die Beschwerdeführerin in ihren Aussagen und mit ihrem Aussageverhalten selbst vermittelte, nämlich dass sie ein wahrhaftiges Interesse am christlichen Glauben habe, sich intensiv damit befasse und bestrebt sei, diesen anderen näherzubringen (vgl. in diesem Zusammenhang auch die glaubhaften Aussagen des Ex-Verlobten der Beschwerdeführerin, OZ 7, Beilage Z [Ex-Verlobter], S 2 f). Die Aussagen des Zeugen betreffen insbesondere von ihm selbst wahrgenommene äußere Vorgänge, etwa das außergewöhnliche Engagement der Beschwerdeführerin, das eine Auseinandersetzung mit religiösen Inhalten erfordert, das Sprechen über den Glauben und das individuelle Zeugnis in seiner spezifischen Ausgestaltung (!) bei der Taufe (OZ 7, Beilage Z [Evangeliumsgemeinde], S 3 ff). All das spricht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts im gegebenen Gesamtkontext (!) dafür, dass sich die Beschwerdeführerin dem christlichen Glauben aus innerer Überzeugung angeschlossen hat, und dass sie nicht lediglich mit dem Ziel, außenwirksam ein (angebliches) Interesse am christlichen Glauben zu dokumentieren, am Leben christlicher Gemeinden in Österreich teilnimmt.

2.2.4. Im Ergebnis konnte die Beschwerdeführerin also im Beschwerdeverfahren eine ernsthafte Konversion zum Christentum glaubhaft machen. Dass in einzelnen Details nach wie vor gewisse Zweifel am Vorbringen der Beschwerdeführerin bestehen mögen (etwa im Hinblick auf die Schlüsse, die die Beschwerdeführerin aus einer Eingabemaske auf einem Portal für Behördenwege und dergleichen des iranischen Außenministeriums zu ziehen versucht [AS 246, 270; OZ 2, OZ 7, S 16 ff), steht dieser Schlussfolgerung nicht entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht erlaubt sich auch anzumerken, dass zu hinterfragen ist, ob es mit christlichen Werten, von denen die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung selbst einige nannte (OZ 7, S 24), tatsächlich vereinbar ist, Mitmenschen durch Ausübung von emotionalem Druck (OZ 7, Beilage Z [Ex-Verlobter], S 2 f) zum christlichen Glauben bekehren zu wollen, mag das Missionieren mit materiellen Druckmitteln und sogar Gewalt auch kein Novum in der Geschichte des Christentums darstellen; vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Mission_(Christentum)#Beispiel:_Lateinamerika [16.11.2019]. Nichtsdestotrotz erweckte die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchaus den Eindruck, sich dem christlichen Glauben aus innerer Überzeugung angeschlossen zu haben. Bei dieser Beurteilung ist insbesondere ihr Aussageverhalten bei der Beantwortung der einzelnen Fragen berücksichtigt.

2.3. Zu den Feststellungen zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner:

Diese Feststellungen waren auf der Grundlage der Ausführungen zu "Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen" im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran (S 47 ff), Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, zu treffen. Die Feststellungen geben freilich die Informationen aus dem Länderinformationsblatt nur insoweit wieder, als sie im konkreten Fall entscheidungsrelevant sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Länderinformationsblatt der Beschwerdeführerin mit der Ladung zur Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Die Beschwerdeführerin nahm die Länderinformationen zur Kenntnis und übermittelte weitere Länderberichte (OZ 5, OZ 7, S 26), auf die mit Blick auf die vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen nicht (mehr) einzugehen ist. Die belangte Behörde, die Länderinformationen der Staatendokumentation ihren Bescheiden selbst zugrunde legt, äußerte sich nicht. Den angefochtenen Bescheid hatte die Behörde auf eine ältere Version des Länderinformationsblatts zum Iran gestützt. Die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen erscheinen durchwegs schlüssig, vollständig und richtig, sie sind auch hinreichend aktuell. Sie basieren auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen. Die Feststellungen konnten daher darauf gestützt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs 3 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund iSd § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.

Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst. Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend; vgl. VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544, und VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210, zum Herkunftsstaat Marokko; diese Judikatur scheint mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Einklang zu stehen; siehe EuGH 04.10.2018, C-56/17.

3.2. Nach dem im Iran vorherrschenden islamischen Verständnis bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem. Wie das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, hat sich die Beschwerdeführerin (zwischenzeitlich) aus innerer Überzeugung zum christlichen Glauben hingewandt und würde ihn auch im Falle ihrer Rückkehr in den Iran weiterhin leben. Aus den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner wiederum folgt, dass die Beschwerdeführerin - unter den konkreten, individuell ihre Person betreffenden Umständen - bei einer Rückkehr in den Iran tatsächlich dort Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Daher ist für die Beschwerdeführerin von Verfolgung in asylrelevanter Intensität im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, und zwar aus religiösen und politischen Gründen, auszugehen.

Es ist daher objektiv nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes ihres Herkunftsstaats zu bedienen.

Im Verfahren haben sich keine Hinweise auf das Vorliegen der in Artikel 1 Abschnitt C und F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe und der Ausschlussgründe nach § 6 AsylG 2005 ergeben.

Da der Beschwerdeführerin die genannten Verfolgungshandlungen im gesamten Iran drohen würden, kann eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 nicht erkannt werden.

3.3. Im vorliegenden Fall sind somit unter Berücksichtigung der zuvor zitierten Judikatur die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gegeben. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin (z. B. betreffend Glaubensprüfungen bei ihrem früheren Dienstgeber im Iran [AS 70; OZ 7, S 15]) näher einzugehen.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da mit der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten die rechtliche Voraussetzung für die Erlassung der Spruchpunkte II bis IV des angefochtenen Bescheids wegfällt, sind diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt der Beschwerdeführerin das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht gemäß § 2 Abs 1 Z 15 AsylG 2005 idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 24/2016 zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vorliegende Entscheidung hing in erster Linie davon ab, ob das konkrete Vorbringen der Beschwerdeführerin als glaubhaft zu qualifizieren war. Hierbei handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage, sondern eine Frage der Beweiswürdigung im Einzelfall. Die für die Entscheidung relevanten Rechtsfragen sind entweder durch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geklärt oder von Vornherein klar. Vgl. die zitierten Entscheidungen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Apostasie asylrechtlich relevante Verfolgung Christentum Flüchtlingseigenschaft Glaubhaftmachung Konversion religiöse Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L527.2186920.1.00

Im RIS seit

25.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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