TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/26 L518 2184644-2

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Veröffentlicht am 26.11.2019
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Entscheidungsdatum

26.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53

Spruch

L518 2184644-2/43E

L518 2184652-2/43E

L518 2184649-2/40E

L518 2184645-2/40E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 02.09.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , alle StA. Georgien, die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer gesetzlich vertreten durch die Kindsmutter XXXX , alle vertreten durch Rechtsanwälte Mag. BISCHOF & Mag. LEPSCHI, gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom 11.06.2018, Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 02.09.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als die wider die volljährigen BF verhängten Einreiseverbote mit 2 Jahren bemessen werden.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP4" bezeichnet, im Spruch BF), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 23.10.2014 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und Eltern der minderjährigen bP 3 und bP 4.

I.2.1. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP 1 vor:

Im Jahr 2009 wurde ich verhaftet und wurde wegen räuberischen Diebstahls angeklagt, obwohl ich das nie getan habe. Ich hatte ein Alibi, weil an dem Tattag ich mit meiner Frau zusammen. Das Ganze hat 8 Monate lang gedauert und man hat von mir verlangt, dass ich gestehe. Wenn ich nicht gestehe müsste ich mit dem Schlimmsten rechnen. Ich habe tag täglich erlebt, wie man mit Häftlingen umgegangen ist. Manchmal gab es pro Tag 2 Todesfälle in dem Gefängnis wo ich war. Es waren keine natürlichen Todesfälle sondern sie wurden totgeschlagen. Aus Angst und weil ich zwei kleine Kinder habe ich die Tat gestanden um meine Familie zu schützen. Ich wurde dann zu 16 Jahren Haft verurteilt. 4,5 Jahre verbrachte ich in XXXX . Nach dem Machtwechsel hat mich die neue Regierung amnestiert, weil das meine erste Straftat war. Nach der Freilassung habe ich entschieden für die Gerechtigkeit zu kämpfen und alle Personen, die mich im Gefängnis unter Druck gesetzt hatten zu gestehen angezeigt. Diese Menschen haben das erfahren und sind noch heute in diesem Gefängnis beschäftigt. Gott weiß wie unmenschlich sie noch heute die Gefangenen behandeln. Sie haben mich zu Hause aufgesucht und von mir verlangt, diese Anzeige zurück zu ziehen, sonst müsste ich wieder mit einer Verhaftung rechnen. Sie haben mich bedroht. Das hat sich mehrmals wiederholt, warum ich dann schlussendlich geflohen bin.

Dieses Vorbringen ergänzte die bP 1 in der Einvernahme vor der belangten Behörde im Wesentlichen damit, dass die Familie auch Probleme in Georgien gehabt habe, da die bP 3 nicht richtig behandelt worden sei bzw. sie nicht über die finanziellen Mittel zur Behandlung verfügt hätten.

Auch die bP 2 erstattete in der Erstbefragung sowie im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde das gleiche Vorbringen.

I.2.2. bP2 - bP4 beriefen sich auf die Fluchtgründe der bP1, ihre Erkrankungen und auf den gemeinsamen Familienverband.

I.2.3. Vorgelegt wurde von den bP:

* Heiratsurkunde

* Medizinische Unterlagen bP 3, bP 2

* Bericht über NGO Protest vom 28.02.2014

* Einstellungszusage

* Deutschzertifikate

I.2.4. Den bP wurde im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde eine Stellungnahmefrist zu den Länderfeststellungen eingeräumt, welche diese ungenutzt verstreichen ließen.

I.2.5. Die belangte Behörde veranlasste die Erstellung eines medizinischen Gutachtens betreffend bP 3 und 4 von XXXX (idF Dr. G) vom 27.10.2017 sowie ein allgemeinmedizinisches, ein gynäkologisches und ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten betreffend bP 2

I.3. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der bB vom 06.12.2017 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Den Beschwerden wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.

Gemäß § 53 FPG wurde in Bezug auf die bP 1 und 2 ein Einreiseverbot für die Dauer von 5 Jahren erlassen.

Aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ergab sich ebenfalls kein anderslautender Bescheid.

I.3.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus (Wiedergabe aus dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP 1) :

Sie haben keine Gründe für das Verlassen Ihres Herkunftslandes vorgebracht, die erkennen lassen, dass Sie in Georgien einer Verfolgung durch staatliche Organe unterliegen.

Die von Ihnen vorgebrachten Ausreisegründe sind erstens nicht asylrelevant und zweitens nicht glaubhaft. Dass Sie im Heimatland tatsächlich einer Verfolgung durch Gefängnismitarbeiter unterlagen, durch welche Sie sich zum Verlassen des Heimatlandes gezwungen gefühlt haben, ist aufgrund der Tatsache, dass Sie von der Haftentlassung bis zur Ausreise im Herkunftsstaat leben konnten, unglaubwürdig. Bei dem von Ihrer Vertrauensperson vorgelegten Bericht des Human Rights Center (ohne Angabe der Quelle) wurde, betreffend Übergriffe mehrerer Personen gegen einen ehemaligen Häftlings des XXXX Gefängnisses, weil dieser die ehemaligen Gefängnisdirektoren angezeigt hat, handelt es sich um einen, wenn auch verabscheuungswürdigen, Einzelfall, welcher von den zuständigen georgischen Behörden zu verfolgen sein wird, zumal sich in diesem Fall auch NGO aufgeschaltet haben. Zu den Namen der in diesem Bericht Beschuldigten im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt befragt, konnten Sie nur vage bis gar keine Angaben machen. Betrachtet man die Länderfeststellungen zu Georgien, liegen keine Berichte vor, aus denen abgeleitet werden kann, dass amnestierte bzw. nach dem Regierungswechsel entlassene Häftlinge, Verfolgung durch den georgischen Staat droht. Sie selbst haben zudem angegeben, die Heimat auf legalem Wege verlassen zu haben, es habe keine Probleme mit den Behörden bei der Ausstellung Ihres Reisepasses gegeben und auch bei der Ausreise keine Probleme mit den georgischen Behörden gehabt zu haben. Auch dass Sie angegeben haben, unschuldig verurteilt worden zu sein, wird seitens der Behörde nicht geglaubt. Bei Georgien handelt es sich um einen sicheren Staat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung mit funktionierendem Rechts- und Justizsystem und nicht, wie Sie im Rahmen Ihrer Einvernahme behaupteten, um eine Diktatur. Zu Details, Ihre Gerichtsverhandlung betreffend konnten Sie sich an nichts erinnern, geht die Behörde jedoch davon aus, dass sie von einem ordentlichen Gericht verurteilt wurden und Sie durch Diffamierung des georgischen Gerichts, versuchen, Ihre Unbescholtenheit vorzutäuschen.

Auch für die von Ihnen vorgebrachten Folterungen konnten Sie keinerlei Beweise vorbringen, außer dass es auch andere Vorfälle im Gefängnis von XXXX gegeben haben soll, wobei es sich jedoch ausschließlich um Hörensagen handelt. Nach Ihrer Verlegung ins Gefängnis von XXXX kam es Ihren Angaben zufolge zu keinen Übergriffen.

Dass Sie die gegen Sie gerichteten Drohungen durch Gefängnismitarbeiter, bei den georgischen Behörden zur Anzeige gebracht hätten, war Ihren Ausführungen auch nicht zu entnehmen. Sie gaben an, lediglich auf einer Unterschriftenliste mit Ihrem Namen unterzeichnet zu haben, dabei ging es jedoch um Zuerkennung einer Haftentschädigung. Rechtsmittel gegen kriminelle ehemalige Gefängnismitarbeiter haben Sie nicht ausgeschöpft, was durch die Aussagen Ihrer Gattin in deren Einvernahme vor dem Bundesamt bestätigt ist. Dass Ihnen die georgische Behörden aufgrund der Anzeige der Gefängnismitarbeiter von XXXX keinen behördlichen Schutz hätten zuteilwerden lassen, ist weder Ihren Ausführungen noch den der ho. Behörde zur Verfügung stehenden, aktuellen Länderfeststellung zu entnehmen.

Dass Sie aus wirtschaftlichen Gründen und der besseren medizinischen Möglichkeiten in Österreich geflüchtet sind, ergibt sich weiters aus Ihren Angaben, dass Sie über die Türkei nach Österreich geflüchtet wären. Sie wären nicht in der Türkei, obwohl bereits dort auf sicherem Terrain, geblieben, weil Sie von der EU nur Gutes gehört hätten. Als Fluchtgrund gaben Sie auch die besseren Behandlungsmöglichkeiten und sozialrechtliche Absicherung für Ihr krankes Kind an. Dies wird durch die Aussagen Ihrer Gattin, "Ich bin auch nicht imstande, meinen Kindern medizinische Behandlung zukommen zu lassen. Ich würde nicht einmal ein Arzneimittel kaufen können, die jetzt mein Sohn braucht., bestätigt.

Es konnte keine asylrelevante Verfolgung iSd Gründe der GFK, also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, festgestellt werden.

Rechtlich wurde ausgeführt:

Der von Ihnen als Fluchtgrund vorgebrachte Sachverhalt Probleme mit Gefängnispersonal des Gefängnisses von XXXX zu haben - steht mit keinem der Konventionsgründe im Zusammenhang. Es ist in diesem Zusammenhang auf die obigen Feststellungen zur Situation im Heimatland zu verweisen, aus welchen hervorgeht, dass nach Ansicht der Behörde hier kein asylbegründender Sachverhalt vorliegt, weshalb es keinesfalls zur Asylgewährung und damit verbunden zur Anerkennung als Flüchtling kommen kann.

"Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

Aus dem Umstand, dass der georgische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpönt, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Nötigung mit Strafe bedrohe, ist als Folgerung abzuleiten, dass der georgische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Wie bereits in den Feststellungen festgehalten, hat der georgische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, Sie vor den Gefahren einer befürchteten Körperverletzung, respektive Tötung ausreichend zu schützen. Somit hätten Sie bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können.

In Bezug auf die weiteren bP wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.

Hinsichtlich der bP 2 wurde zusätzlich festgehalten:

Was Ihre Angaben, Sie seien Binnenflüchtlinge betrifft, so sei hier angeführt, dass Ihr Gatte in Georgien bis zu seiner Inhaftierung den Lebensunterhalt für die Familie als Maler, Traktorfahrer und Bauarbeiter erwirtschaftet hat. Nachdem Ihr Gatte inhaftiert wurde, sind Sie zu Ihren Verwandten nach Abchasien gereist, obwohl das, wie aus den Länderfeststellungen zu Georgien zu entnehmen ist, für die Binnenflüchtlinge zuständige Ministerium monatliche Beihilfen für anerkannte Binnenflüchtlinge gewährt und deren sozioökonomische Integration fördert. Das Wohl Ihrer Kinder, Sie führten die mangelhafte ärztliche Versorgung in Abchasien an, war Ihnen zu diesem Zeitpunkt weniger wichtig, unterließen Sie es doch, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen und reisten stattdessen nach Abchasien.

Hinsichtlich der bP 3 wurde zusätzlich festgehalten:

Die Feststellung, dass Sie an einer schweren Erkrankung leiden, ergibt sich aus der Aktenlage und dem Gutachten des vom Bundesamt beauftragten allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen, dessen Ausführungen zu Folge, Sie einer Cortisontherapie bedürfen, welche durch eine Chemotherapie mit Methotrexat ergänzt wird. Eine Weiterbehandlung je nach Entzündungsverlauf für ein bis zwei Jahre wird weiterempfohlen. Ihre Mutter versuchte, folgt man den Aufzeichnungen der Befundaufnahme (Punkt 4. des Gutachtens), den untersuchenden Arzt in ihren Aussagen dahingehend in die Irre zu leiten, dass eine Behandlung in Abchasien kaum bis gar nicht möglich sein wird. Dahingehen ist zu ergänzen, dass folgt man den Länderfeststellungen zu Georgien, die medizinische Versorgung, auch mit den im Gutachten angeführten notwendigen Behandlungen und Medikamenten gegeben ist. Diesbezüglich wird auf das Erkenntnis des BVwG vom 22.03.2016, GZ.: W226 1435507-2, verwiesen:

...

Im Fall der Beschwerdeführerin seien ua. Therapien mit Urbason, Ebetrexat (Wirkstoff: Methotrexat, MTX) und RoActemra verordnet worden. Dem von ihrer gesetzlichen Vertretung vorgelegten Arztbrief zufolge seien die Kosten für eine Therapie mit 10mg Ebetexat/Woche lt. Onlinehandel mit Kosten in der Höhe von ca. 24 Euro/10 Wochen verbunden, was vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zur Gesundheitsversorgung in Georgien mit einem faktischen Ausschluss von der Behandlung nicht gleichgesetzt werden könne, denn - wie mehrfach erwähnt - seien einer Anfragebeantwortung von IOM zufolge alle Arten von Medikamenten in Georgien erhältlich, sowohl als Original als auch als Generikum. Es gebe mehrere große Apothekenketten wie GPC (www.gpc.ge), PSP (www.psp.ge) und AVERSI (www.aversi.ge).

...

Die von der Beschwerdeführerin benötigten Medikamente sind in Georgien verfügbar, was sich bereits aus den von den Eltern der Beschwerdeführerin übermittelten Unterlagen ergibt (Kostenaufstellung für die Behandlung mit biologischen Präparaten für an juveniler Arthritis erkrankter Kinder [AS 185-191 samt Übersetzung]).

Laut einer Anfragebeantwortung von IOM sind im Übrigen alle Arten von Medikamenten in Georgien erhältlich, sowohl als Original als auch als Generikum. Es gibt mehrere große Apothekenketten wie GPC (www.gpc.ge), PSP (www.psp.ge), und AVERSI (www.aversi.ge).

Bezugnehmend auf die voranstehenden Feststellungen zu Georgien ist davon auszugehen, dass eine angemessene Behandlung der Erkrankung der Beschwerdeführerin möglich ist, wobei darauf auch deshalb zu schließen ist, als die Beschwerdeführerin bereits im Herkunftsstaat behandelt worden ist und die Eltern entsprechende georgische Unterlagen über Organisationen in Georgien vorgelegt haben, die sich mit der Behandlung der Erkrankung der Beschwerdeführerin und Unterstützung betroffener Kinder beschäftigen.

Die Behörde verkennt dabei nicht, dass die Beschwerdeführerin an schwerwiegenden Erkrankungen leidet. Jedoch erfolgt dem Ermittlungsergebnis zufolge die Therapie medikamentös und sind den Feststellungen zufolge alle von der Beschwerdeführerin benötigten Medikamente in Georgien verfügbar.

...

...

Ergänzend wird nochmals auf die Länderfeststellungen der Staatendokumentation verwiesen, aus denen hervorgeht:

* Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 10.11.2016)

* Zugang besonders für Rückkehrer gegeben sind:

o Auswahl und Voraussetzungen: Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert, hierfür muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufgesucht werden.

o Registrierung: für georgische Staatsbürger genügt es im Krankheitsfall eine Klinik aufzusuchen, alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Die Versicherung übernimmt 70-80% der Kosten, der Rest muss von dem Patienten beigesteuert werden.

o Benötigte Dokumente: nur gültiger Ausweis (IOM 2016).

* Unterstützung:

o Übernahme der Kosten bei Behandlungen nicht-stationärer Patienten (100%), Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überführung durch Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70%), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12.000GEL), Geburten (bis zu 500 GEL), Kaiserschnitte (bis zu 800 GEL) (IOM 2016).

Daraus geht hervor, dass sowohl die notwendigen Medikamente, Behandlungsmethoden und entsprechenden Unterstützungsleistungen durch den georgischen Staat gewährleistet werden, zumal die Diagnose in Österreich gestellt wurde und unter Beibringung der entsprechenden medizinischen Unterlagen aus Österreich für die georgischen Ärzte die Weiterführung der in Österreich begonnenen Behandlungen sohin möglich ist.

Den Ausführungen des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Kinder- und Jugendheilkunde kann betreffend des erstellten Gutachtens dahingehend nicht gefolgt werden, als er unter Punkt 6, offensichtlich von der Kindesmutter irregeleitet, als Abchasien als Herkunftsstaat zitiert, obwohl in der Auftragserteilung als Staatsangehörigkeit aller Familienmitglieder Georgien angeführt wurde und wie aus bereits zitiertem Erkenntnis des BVwG sehr wohl die Medikation und Behandlungsmöglichkeiten in Georgien gegeben sind.

I.3.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen und wurden entsprechende rechtliche Ausführungen getroffen.

I.4. Gegen die Bescheide vom 06.12.2017 wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Vorgelegt wurden Unterstützungsschreiben und weitere Unterlagen zur Integration.

I.5. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens festgestellt, dass den Beschwerden die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen ist (§ 18 Abs. 5 BFA-VG).

I.6. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 15.2.2018 wurden die Beschwerden gem. § 3 Abs. 1 AsylG hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen.

In Erledigung der Beschwerde wurden die Spruchpunkte II., III., IV. und V. der angefochtenen Bescheide behoben und die Angelegenheiten gem. § 28 Abs. 3 VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

I.7. Am 04.04.2018 wurden die bP ergänzend vor dem BFA einvernommen. Die bP 1 gab an, weder in ärztlicher Behandlung zu stehen, noch eine Therapie zu machen. Sie nehme lediglich das Schmerzmedikament Novalgin gegen Kopfschmerzen ein.

Die bP 2 führte aus, dass ihr Sohn (bP 3) regelmäßige Blutuntersuchungen benötige sowie das Medikament Ebetrexat einnehme. Die bP2 bestätigte, dass es das Medikament Ebetrexat im Heimatland gibt, jedoch gäbe es dieses nicht zur intravenösen Verabreichung.

Die bP 3 erhalte einmal wöchentlich eine Cortisonspritze.

I.8. Am 10.04.2018 wurde von den bP eine Stellungnahme eingebracht. Hingewiesen wurde auf das Facharztgutachten zu den bP 3 und 4 sowie auf den Umstand, dass die medizinische Behandlung in Georgien unterblieben sei. Die Familie habe überdies bis auf wenige Monate in einer Behelfsunterkunft nie in Georgien gelebt, sondern in Abchasien.

I.9. Am 08.06.2018 wurden die bP neuerlich einer Befragung unterzogen und wurden ihnen Auskünfte des Verbindungsbeamten vom 08.05.2018 vorgehalten. Demnach würde das Medikament Ebetrexat für die bP 3 in Georgien erhältlich sein und würden Binnenvertriebene vom Ministerium für Flüchtlinge eine entsprechende Unterstützung erhalten.

I.10. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Den Beschwerden wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.

Gemäß § 53 FPG wurde in Bezug auf die bP 1 und 2 ein Einreiseverbot für die Dauer von 5 Jahren erlassen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle der Abschiebung nach Georgien als nicht gegeben und wies vor allem hinsichtlich der Erkrankungen der bP auf zwei Anfragebeantwortungen aus Mai 2018 hin.

Nicht nur zur gesundheitlichen Versorgung, sondern auch zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Georgien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der georgische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritte wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Georgien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen, wurde den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 [1] 1 BFA-VG) und wären Einreiseverbote zu verhängen.

I.11. Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Nach Wiedergabe der Ausführungen des BVwG wurde ausgeführt, dass die bB den Ermittlungsaufträgen des BVwG nicht nachgekommen sei und habe sie das eingeholte Facharztgutachten des Dr. G aus 2017 den Parteien nicht zur Erörterung vorgelegt, sondern wären lediglich Teile des Gutachtens im Bescheid abgedruckt und sei sohin das Parteiengehör verletzt worden. Wie bereits in der Stellungnahme vom 10.04. erörtert wäre in Abchasien keinerlei Behandlung für die mj. Antragsteller verfügbar. Auch seien die meisten Medikamente nicht vom staatlichen Programm erfasst und von den bP selbst zu bezahlen. Zudem würden alle in der Unterschriftenliste aufscheinenden Unterstützer stellig gemacht, zum Beweis dafür, dass diese die bP persönlich kennen.

Die Anfragebeantwortungen seien nicht ausreichend und noch dazu widersprüchlich gewesen, da einmal von einer kostenlosen Behandlung mit dem Medikament Ebetrexat gesprochen werde und ein anderes Mal davon, dass eine Kommission die Höhe des Ersatzes beurteilen würde.

Darüber hinaus hätte eine aktuelle medizinische Auskunft ggf. durch ein ergänzendes Gutachten des Dr. G erfolgen müssen.

I.12. Über Ersuchen der Beschwerdeführer erfolgte eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens durch Dr. G, welches mit der Beschwerde vorgelegt wurde. Im Ergebnis wurde festgehalten, dass die bP 4 durchgehend Durchfall habe und sei auch bei der bP 4 die Sklerodermie fortgeschritten. Dies sei auf die dramatische psychische Verfassung der gesamten Familie zurückzuführen.

Zudem schließe der Sachverständige aus, dass bP 4 in Georgien eine entsprechende medizinische und diätische Therapie erhalten würde. Die bP 3 werde in einer Spezialklinik im vom medizinischen Team regelmäßig bestellt, untersucht und medikamentös je nach Aktivität der Kollagonese versorgt. Die Kombination mit Cortison sei in der Zwischenzeit auf Mono-Therapie mit Ebetrexat 15 mg. mittels wöchentlicher Spritze umgestellt worden. Es wurde ein Auszug aus dem Codex (Beschreibung) zu diesem Präparat angeführt. Zudem spüre - so der Sachverständige - die bP 3 die Nebenwirkungen der Therapie.

I.13. Am 08.08.2018 langte ein Antrag auf Erlassung eines Teilerkenntnisses betreffend der aufschiebenden Wirkung ein.

I.14. Mit Erkenntnissen des BVwG vom 22.08.2018 wurden die Beschwerden der bP gemäß §§ 8, 57, 10 AsylG iVm §§ 9, 18 BFA-VG sowie §§ 52, 46 FPG als unbegründet abgewiesen und wurden die Einreiseverbote hinsichtlich bP 1 und 2 von 5 auf 2 Jahre heruntergesetzt.

I.15. Eine Abschiebung der bP konnte am 22.08.2018 nicht durchgeführt werden, da die bP untergetaucht sind.

I.16. Mit 11.10.2018 wurde mitgeteilt, dass nach Ermittlungsverfahren die amtliche Abmeldung der bP aus dem ZMR erfolgte.

I.17. Dem Antrag der bP auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde mit Beschluss des VwGH vom 17.12.2018 nach Abtretung durch den VfGH stattgegeben.

I.18. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2019, Ra. 2018/14/0303 bis 0306-12 wurden die Erkenntnisse des BVwG vom 22.08.2018 aufgrund der Verletzung von Verfahrensvorschriften behoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die mündliche Verhandlung zu Unrecht unterblieben sei.

I.19. Für den 02.09.2019 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Gemeinsam mit der Ladung wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat zugestellt. Ebenso wurde - in Ergänzung bzw. Wiederholung zu den bereits bei der belangten Behörde stattgefundenen Belehrungen - ua. hinsichtlich der Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren manuduziert und wurden die bP aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen.

Hierzu wurde in der Stellungnahme vom 28.08.2019 vorweg ausgeführt, dass auf die Stellungnahme vom 10.04.2018 verwiesen werde und wurde diese sowie aus dem Ergänzungsgutachten von Dr. G aus 2018 zitiert. Beantragt wurde, den Sachverständigen Dr. G in der Verhandlung zu hören. Vorgelegt wurden Unterstützungsschreiben (Diakonie und Integrationsverein).

In der Verhandlung legten die bP Schulbesuchsbestätigungen, eine Sprachkursbestätigung der bP 1, ein Unterstützungsschreiben, eine Bestätigung über die psychologische Betreuung der bP 2 und bP 3, weitere medizinische Unterlagen sowie ein Ergänzungsschreiben von Dr. G (nach Gutachten und Ergänzungsgutachten) vor. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis des BVwG vom selben Tag mündlich verkündet.

Die Beschwerden wurden als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, als die wider die volljährigen bP verhängten Einreiseverbote mit 2 Jahren bemessen wurden.

Die Revision wurde gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Die bP wurden iSd § 29 Abs. 2 a VwGVG über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 zu verlangen bzw. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt, belehrt.

Nach Verkündung der Erkenntnisse wurde den bP sowie deren rechtsfreundlicher Vertretung eine Ausfertigung der Niederschrift ausgefolgt.

I.20. Mit Schreiben vom 13.09.2019 wurde die schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse begehrt.

I.21. Bezugnehmend auf die verfahrensleitende Anordnung des VwGH vom 01.10.2019 wurde mit Schreiben des BVwG vom 07.10.2019 bekannt gegeben, dass die schriftliche Ausfertigung in ca. 6 Wochen erfolgen wird und wurde um Übermittlung der Akten ersucht, welche in der Folge einlangten.

I.22. Mit Beschluss des VwGH vom 11.10.2019, Zl. Ra 2019/01/0368 bis 0371-7 wurde den Revisionen der bP die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien

Bei den bP handelt es sich um Georgier, welche sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen. Die bP 1 und 2 wurden in Abchasien, die bP 3 und 4 in Georgien geboren. Vor der Ausreise lebten die bP in Tiflis.

Die bP 1 hat von 1992 - 2002 die Schule besucht und hat zuletzt als Maler, Traktorfahrer und Bauarbeiter gearbeitet. Die bP 2 hat von 1992 - 2003 die Schule besucht

Die bP 1 und 2 sind junge, gesunde, arbeitsfähige Menschen mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage. Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP 3 und 4 ist durch deren Eltern gesichert.

Die bei der bP 1 vorliegenden Hepatitis und Meningitis Erkrankungen sind ausgeheilt. Sie nimmt seit August 2019 zwei von einer FA für Psychiatrie verordnete Medikamente ein. Zuvor nahm sie keine Dauermedikation ein.

Die bP 2 befand sich von XXXX im Krankenhaus mit der Diagnose Lagerungsschwindel, Migräne und Verdacht auf Angststörung mit Panikattacken. ES wurden Kontrollen beim Hausarzt und bei einem Psychiater empfohlen.

Die bP 1, 2 und 3 stehen seit August 2019 in psychologischer Betreuung über das Diakoniewerk.

Die bP 3 leidet an einer linearen Sklerodermie (chronisch immunologische Erkrankung) und befand sich deshalb von 12.01. - 13.01.2015 im Krankenhaus. Sie wurde vorerst mit Cortison behandelt, dann wurde sie auf eine Mono-Therapie mit Ebetrexant (1 Spritze wöchentlich) umgestellt und erhält nunmehr seit ca. 3 Monaten keinerlei Medikamente mehr. Am linken Fuß liegt eine Fehlstellung vor. Sie wurde bereits vor der Ausreise in Georgien ärztlich behandelt.

Die bP 4 leidet an einer Laktose-Fruktose- und Sorbit Intoleranz mit Enzymmangel sowie einer juvenilen idiopathischen Arthritis und soll Diät halten. Sie bekam bereits in Georgien Medikamente, da sie regelmäßig Durchfall hatte und hat. Die Arthritis zeigt noch keinerlei Auswirkungen.

Die bP 2 leidet gemäß Gutachten aus dem Jahr 2017 an einer geringen degenerativen Veränderung der Wirbelsäule und einer Histaminintoleranz mit dem Bild einer Migräne und einem Vitamin D Mangel. Vom Hausarzt wurde ohne fachärztlichen Hintergrund eine chronische Depression diagnostiziert und ein Antidepressivum verschrieben. Eine Überweisung zum FA für Neurologie und Psychiatrie nahm die bP 2 damals nicht wahr. Es bestand keine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit. Aktuell nimmt sie ein Medikament gegen Depressionen ein, lediglich gegen Kopfschmerzen und liegt eine teilweise Lebensmittelunverträglichkeit vor.

Die bP 3 und bP 4 haben in Österreich den Kindergarten besucht und besuchen jetzt die Volksschule. Sie spielen beide in einem Verein regelmäßig Fußball.

Zahlreiche Familienangehörige (ua. die Eltern und Geschwister der bP 1 und bP 2) leben nach wie vor in Georgien, lediglich Familienangehörige der bP 2 leben in Abchasien, die restlichen leben in der Gegend von Tiflis. Vor ihrer Ausreise lebten die bP in Tiflis und wurden dort von Verwandten finanziell unterstützt.

Die bP haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit ca 5 Jahren im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung und haben Deutschkurse besucht, die bP 1 und 2 haben den A2 Kurs besucht, bP3 und 4 erlangten in der Schule Deutschkenntnisse. Sie sind strafrechtlich unbescholten. Die bP 1 war lediglich für wenige Monate 2015 sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Die bP engagieren sich im Rahmen der Diakonie, Kirche und Gemeinde ehrenamtlich (Landschaftspflege und Küchenarbeiten). Sie nehmen an Integrationsveranstaltungen teil und haben normale soziale Kontakte.

Die Identität der bP steht aufgrund der vom BFA übermittelten Heimreisezertifikaten fest.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat Georgien

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat werden folgende Feststellungen getroffen:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 11.12.2018, Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage

Die ehemalige Außenministerin Salome Zurabishvili wurde am 28.11.2018 zur Präsidentin des Landes gewählt. Offiziell als unabhängige Kandidatin, jedoch unterstützt von der Regierungspartei "Georgischer Traum", setzte sie sich in der Stichwahl mit fast 60% gegen ihren Konkurrenten Grigol Vashadze durch, welcher insbesondere von der oppositionellen Vereinigten Nationalen Bewegung von Ex-Präsident Saakashvili unterstützt wurde (FAZ 29.11.2018; vgl. CW 29.11.2018). Die OSZE beurteilte den Wahlgang als kompetitiv und gut administriert, wobei der Wahlkampf von einer scharfen Rhetorik und Demonstrationen begleitet war. Hauptkritikpunkte waren allerdings die einseitige Verwendung staatlicher Verwaltungsressourcen sowie die Berichterstattung des öffentlichen Rundfunks zugunsten von Zurabishvili (OSCE/ODIHR 29.11.2018). Am 1.12.2018 demonstrierten rund 25.000 Menschen in Tiflis und warfen der von der Regierungspartei unterstützten neuen Präsidentin Zurabishvili Wahlbetrug vor. Gemeinsam mit dem unterlegenen Kandidaten Vashadze und dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Saakashvili forderten sie vorgezogene Parlamentswahlen (Standard 2.12.2018).

Quellen:

* CW - Caucasus Watch (29.11.2018): Surabischwili gewinnt Wahl: Georgien bekommt erstmals eine Präsidentin, http://caucasuswatch.de/news/1190.html, Zugriff 11.12.2018

* FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (29.11.2018): Georgien bekommt eine Präsidentin, https://www.faz.net/aktuell/salome-surabischwili-wird-neue-praesidentin-in-georgien-15915289.html, Zugriff 11.12.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Presidential Election, Second Round, 28 November 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/georgia/404642?download=true, Zugriff 11.12.2018

* Der Standard (2.12.2018): 25.000 Georgier wegen angeblichen Wahlbetrugs auf den Straßen - derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen, https://derstandard.at/2000092965067/25-000-Georgier-wegen-angeblichen-Wahlbetrugs-auf-den-Strassen?ref=rec, Zugriff 11.12.2018

KI vom 25.6.2018, Regierungsumbildung (relevant für Abschnitt: 2. Politische Lage).

Am 13.6.2018 erklärte Premierminister Giorgi Kvirikashvili seinen Rücktritt. Als Grund wurden Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Ivanishvili genannt, der am 11.5.2018 das Amt des Parteivorsitzenden des "Georgischen Traums" von Kvirikashvili übernommen hatte und damit in die Politik Georgiens zurückgekehrt war. Begleitet war Kvirikashvilis Rücktritt zudem von Massenprotesten (RFE/RL 20.1.2018, vgl. civil.ge 20.6.2018).

Das georgische Parlament hat am 20.6.2018 den bisherigen Finanzminister Mamuka Bakhtadze zum neuen Premierminister von Georgien gewählt und das von ihm vorgeschlagene Kabinett als Übergangsregierung bestätigt. Die parlamentarische Opposition blieb der Abstimmung geschlossen fern. Aus den eigenen Reihen erhielt Bakhtadze sechs Gegenstimmen, bei 99 Ja-Stimmen. Bakhtadze kündigte an, dass das neue Kabinett geschlossen an einem Neuzuschnitt einiger Ressorts und damit auch einer Verringerung der Zahl der Ministerien arbeiten werde (GA 21.6.2018, vgl. RFE/RL 20.6.2018). Überdies betonte Bakhtadze, dass er die Bestrebungen nach einer Mitgliedschaft sowohl in der NATO als auch der EU fortsetzen werde (RFE/RL 20.6.2018).

Quellen:

* Civil.ge (20.6.2018): Bakhtadze's Cabinet Wins Confidence, https://civil.ge/archives/244788, Zugriff 25.6.2018

* GA - Georgien aktuell (21.6.2018): Mamuka Bakhtadze zum Premierminister von Georgien gewählt, http://georgien-aktuell.info/de/politik/article/13762-premierminister, Zugriff 25.6.2018

* RFE/RL - Radion Free Europe/Radio Liberty (20.1.2018): Georgian Parliament Approves Bakhtadze As Prime Minister, https://www.rferl.org/a/georgia-parliament-approves-bakhtadze-as-prime-minister/29307191.html, Zugriff 25.6.2018

Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

* Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017): Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

* Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

* Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50, http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

* Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

* EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

* GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

* Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

* Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

* Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis, https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

Regionale Problemzone: Abchasien

Abchasien (ca. 200.000 Einwohner) hat sich - unterstützt von Russland - als unabhängig erklärt und sucht die weitere Annäherung an Russland. Die Regierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über das Gebiet, in denen sich ein de-facto politisches System mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert hat. Eigene Streitkräfte, unterstützt durch russisches Militär sichern die zunehmend von ihnen befestigte Verwaltungsgrenze zu Georgien. Diese ist nur zu sehr geringem Maße für Einwohner der Gebiete durchlässig. Militärische Auseinandersetzungen gibt es seit 2008 jedoch nicht mehr. Das Recht auf Rückkehr der vertriebenen Georgier wird von den abchasischen de facto-Behörden verwehrt. Nur der Verwaltungskreis Gali im südlichen Teil Abchasiens, nahe dem georgischen Hauptterritorium, ist noch stark georgisch/megrelisch besiedelt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/megrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden (z.B. beim Erwerb von Passdokumenten und damit Freizügigkeit, Ausübung des Stimmrechts bei de facto-Präsidentschaftswahlen 2014, Besetzung öffentlicher Stellen, Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge, Ermöglichung von "Grenz"-Übertritten nach Georgien, Arbeitserlaubnis). Die Diskriminierung dieser Bevölkerungsteile kann als zielgerichtet bewertet werden, um sie zum Verlassen zu bewegen. Von Abchasien aus war es bislang gängige Praxis, dass Kinder ethnischer Georgier die Administrative Boundary Line (ABL) zum Schulbesuch auf dem georgischen Hauptterritorium regelmäßig überqueren konnten. Nach der Schließung von mittlerweile drei der fünf offiziellen Übergangsstellen verlängert sich der tägliche Schulweg aber so sehr (z.T. ca. 100 km einfach), dass diese Möglichkeit inzwischen kaum noch genutzt wird (AA 11.12.2017).

Die abchasische Regierung ist finanziell von Russland abhängig, das eine militärische Präsenz auf dem Territorium unterhält und zu den wenigen Staaten gehört, die die Unabhängigkeit Abchasiens anerkennen. Dennoch weist das politische System eine starke Opposition und zivilgesellschaftliche Aktivität auf, und die meisten Einwohner sind Berichten zufolge gegen eine formelle Annexion durch Russland. Während die lokalen Rundfunkmedien weitgehend von der Regierung kontrolliert werden, gibt es einige unabhängige Print- und Online-Medien. Die Versammlungsfreiheit wird in der Regel respektiert. Zu den anhaltenden Problemen gehören ein zutiefst mangelhaftes Strafrechtssystem und die Diskriminierung von ethnischen Georgiern (FH 1.2017).

Die abchasischen Behörden inhaftieren weiterhin Personen, die die "Grenze" illegal überquert haben sollen. Russische Grenzwächter entlang der Verwaltungsgrenze zwischen Abchasien und Georgien setzen normalerweise die Regeln der abchasischen Machthaber um, indem sie Individuen abstrafen und wieder freilassen. Es gab Berichte über willkürliche Verhaftungen von ethnischen Georgiern in den abtrünnigen Gebieten. Ihnen wurden weder die Gründe für die Haft noch für das Vorführen vor den Staatsanwalt mitgeteilt. In Abchasien verbietet das Rechtssystem Eigentumsansprüche von ethnischen Georgiern, die Abchasien vor, während oder nach dem Krieg von 1992-93 verlassen haben, wodurch Binnenvertriebenen ihre Eigentumsrechte in Abchasien entzogen werden (USDOS 20.4.2018).

Die Behörden in Abchasien lehnen weiterhin die Rückkehr von ethnischen georgischen Binnenvertriebenen an Orte ihrer Herkunft oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts mit Ausnahme der Distrikte Gali, Ochamchira und Tkvarcheli ab. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) hat die Behörden wiederholt um Zusicherungen in Bezug auf die Rechte der Rückkehrer hinsichtlich des Daueraufenthalts, Freizügigkeit, Geburtenregistrierung und Eigentumsrechte gebeten. Generell haben die Vereinten Nationen gefordert, den Zugang der Rückkehrer zu politischen Rechten, gleichen Schutz vor dem Gesetz, soziale Sicherheit, Gesundheitsversorgung, Arbeit und Beschäftigung, Bildung, Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit und kulturelles Leben zu gewährleisten. Im Dezember 2016 wurde das "Gesetz über die Rechtsstellung von Ausländern in Abchasien" geändert, um die Einführung einer "Aufenthaltserlaubnis für Ausländer" zu ermöglichen, die den in Abchasien lebenden ethnischen Georgiern die Ausübung ihrer Rechte erleichtern würde (UN-GA 3.5.2017).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Abkhazia, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/abkhazia, Zugriff 13.4.2018

* UN_GA - UN General Assembly (3.5.2017): Status of internally displaced persons and refugees from Abkhazia, Georgia and the Tskhinvali region/South Ossetia, Georgia [A/71/899], https://www.ecoi.net/en/file/local/1402817/1226_1499079794_n1712489.pdf, Zugriff 13.4.2018

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 6.6.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von Tiflis vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).

Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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