TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/21 W194 2152605-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2020
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Entscheidungsdatum

21.02.2020

Norm

AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs3 Z1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W194 2152605-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert Bitsche in 1050 Wien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsbürger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 09.10.2015 erfolgte seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

2. Am 09.08.2016 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einvernommen. Er legte einen Taufschein XXXX vom XXXX 2016 vor und machte eine Verfolgung aus religiösen Gründen geltend.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.03.2017, der dem Beschwerdeführer am 29.03.2017 zugestellt wurde, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß

§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 27.03.2018 (Spruchpunkt III.).

Mit Verfahrensanordnung stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsberater am 05.04.2017 Beschwerde.

5. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 10.04.2017 eingelangter Beschwerdevorlage den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt.

6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.05.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W194 zugewiesen.

7. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte den Parteien des Verfahrens mit Schreiben vom 03.09.2019 und 18.09.2019 die Ladungen zur Verhandlung sowie die im Beschwerdefall vorläufig als relevant erachteten Berichte zur Lage in Afghanistan. Weiters wurde ein Zeuge geladen.

8. Am 15.10.2019 gab der Beschwerdeführer seinen Rechtsvertreter bekannt.

9. Am 16.10.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter teilnahmen, und der ein Dolmetscher für die Sprache Farsi beigezogen wurde. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung entschuldigt fern.

Der Beschwerdeführer wurde in der Verhandlung zu seinem bisherigen Leben, seinen Fluchtgründen, seinem Glauben und seinem Leben in Österreich befragt. Er legte eine Arbeitsbestätigung vor. Zudem wurde der Taufpate des Beschwerdeführers als Zeuge einvernommen. Des Weiteren wurden die Länderberichte zum Herkunftsland des Beschwerdeführers, insbesondere zu den Themen Christentum und Konversion, erörtert.

Die Niederschrift der Verhandlung samt der Beilage wurde der belangten Behörde im Anschluss an die Verhandlung zur Kenntnis übermittelt.

10. Die belangte Behörde legte am 02.01.2020 Unterlagen über eine Verurteilung des Beschwerdeführers vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer:

1.1.1. Zu seiner Person, seiner Herkunft und seiner Familie:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Seine Muttersprache ist Dari, er bevorzugt jedoch die Sprache Farsi. Er wurde im Iran geboren und lebte dort bis zu seiner Ausreise nach Europa. Er besuchte im Iran XXXX Jahre die Grundschule und arbeitete dort XXXX . Er war noch nie in Afghanistan.

Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Seine Eltern und seine Geschwister ( XXXX ) leben ebenfalls in Österreich. Ihnen wurde der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

1.1.2. Zu seinem Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer stellte in Österreich am 08.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich seit seiner Antragstellung durchgehend im Bundesgebiet auf. Er ist gesund, arbeitet und nimmt keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch. Der Beschwerdeführer ist im Zeitpunkt dieser Entscheidung XXXX alt.

Der Beschwerdeführer wurde am 05.11.2019 rechtskräftig vom zuständigen Landesgericht wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

1.1.3. Zu seinem Glauben und dem geltend gemachten Nachfluchtgrund:

Der Beschwerdeführer ist gebürtiger Moslem. Er hat den Islam im Iran nicht praktiziert und begann sich dort im Alter von ca. XXXX für das Christentum zu interessieren.

In Österreich wandte er sich der evangelischen Kirche zu, begann im Jahr 2016 mit einem Taufkurs und wurde am XXXX 2016 getauft. Seither ist der Beschwerdeführer Mitglied der XXXX . Sein Taufpate wurde in der Verhandlung als Zeuge einvernommen. Der Beschwerdeführer verfügt über ein gutes christliches Grundwissen, besucht weiterhin den Religionsunterricht in Farsi und bekennt sich im Familien- und Freundeskreis offen zu seiner neuen Religion. Mehrere Mitglieder seiner XXXX sind in Österreich zum Christentum konvertiert.

Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den nachhaltigen inneren Entschluss gefasst hat, nach dem christlichen Glauben zu leben. In Afghanistan muss der Beschwerdeführer aus diesem Grund mit erheblichen Sanktionen rechnen und wäre dort gezwungen, seinen Glauben zu unterdrücken bzw. zu verleugnen.

1.2. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

* EASO Country Guidance: Afghanistan, Guidance note and common analysis, Juni 2019

* UNHCR-RICHTLINIEN zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018

* ACCORD-Anfragebeantwortung vom 01.06.2017 zu Afghanistan, ua. zur Situation christlicher KonvertitInnen

1.2.1. Aus EASO Coutry Guidance:

"16.Individuals considered to have committed blasphemy and/or apostasy

This profile covers persons who are considered to have abandoned or renounced the religious belief or principles of Islam (apostasy), as well as persons considered to have spoken sacrilegiously about God or sacred things (blasphemy). It includes individuals who have converted to a new faith, based on their genuine inner belief (converts), as well as those who disbelieve or lack belief in the existence of God (atheists). It can be noted that, often, the latter grounds would be invoked sur place (Article 5 QD).

COI summary

In Afghanistan, blasphemy is punishable by death or imprisonment of up to 20 years. Individuals who have committed blasphemy have three days to withdraw their behaviours or face the death penalty. Additionally, a 2004 law prohibits writings and published materials, which are considered offensive to Islam or other faiths [Society-based targeting, 2.1]. Some cases of imprisonment sentences on charges of blasphemy were reported [Society-based targeting, 2.2]. There is low societal tolerance in Afghanistan for criticism of Islam, the latter is seen contrary to the religion and can be prosecuted as blasphemy [Society-based targeting, 2.2, 2.4].

Apostasy is also punishable by death, imprisonment or confiscation of property [Society-based targeting, 2.1]. Apostasy is a serious offence and although it is reportedly rarely prosecuted, this has occurred in past years [Society-based targeting, 2.2]. Children of apostates are still considered Muslims unless they reach adulthood without returning to Islam, in which case they may also be put to death [Society-based targeting, 2.1]. Individuals perceived as apostates face the risk of violent attacks, which may lead to death, without being taken before a court [Society-based targeting, 2.4].

The Taliban see those individuals who preach against them or contravene their interpretations of Islam as 'apostates' [Society-based targeting, 2.7].

According to the ISKP, Muslim allies of the West, but also those individuals who practice forms of "impure" Islam, which includes non-Sunnis and Sunnis who practice Sufism or mystical schools of Islam, can be defined as 'apostates' [Society-based targeting, 2.8].

Individuals who hold views that can be perceived as having fallen away from Islam, such as converts, atheists and secularists, cannot express their views or relationship to Islam openly, at the risk of sanctions or violence, including by their family. Such individuals must also appear outwardly Muslim and fulfil the behavioural religious and cultural expectations of their local environment, without this being a reflection of their inner conviction [Society-based targeting, 2.4].

In particular, conversion from Islam to another faith is considered as a serious offence under Islamic law. It is punishable by the death penalty, by beheading for men, and by life imprisonment for women. Under Islamic law, individuals will be given three days to recant the conversion or face punishment. They are also perceived with hostility by society [Society-based targeting, 2.1, 2.3].

There is an increasing number of Afghan converts to Christianity, but there have only been a few converts visible in the past decade in Afghanistan. The State deals with them by asking them to recant or face expulsion from the country [Society-based targeting, 2.3].

Risk analysis

The acts to which individuals under this profile could be exposed are of such severe nature that they would amount to persecution (e.g. death penalty, killing, violent attacks).

When considering such applications, the case officer should take into account that it cannot reasonably be expected that an applicant will abstain from his or her religious practices. It should be noted that the concept of religion shall in particular include the holding of theistic, non-theistic and atheistic beliefs (Article 10(1)(b) QD).

In the case of those considered apostates or blasphemers, in general, well-founded fear of persecution would be substantiated.

Nexus to a reason for persecution

Available information indicates that persecution of this profile is for reasons of religion."

1.2.2. Aus den UNHCR-RICHTLINIEN:

"Konversion vom Islam

Eine Konversion vom Islam wird als Apostasie, also als Glaubensabfall betrachtet und gemäß den Auslegungen des islamischen Rechts durch die Gerichte mit dem Tode bestraft. Zwar wird Apostasie im afghanischen Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich als Straftat definiert, sie fällt jedoch nach allgemeiner afghanischer Rechtsauffassung unter die nicht weiter definierten "ungeheuerlichen Straftaten", die laut Strafgesetzbuch nach der islamischen Hanafi-Rechtslehre bestraft werden und in den Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft fallen. Damit wird Apostasie als Straftat behandelt, obwohl nach der afghanischen Verfassung keine Handlung als Straftat eingestuft werden darf, sofern sie nicht als solche gesetzlich definiert ist. Geistig zurechnungsfähige männliche Bürger über 18 Jahren und weibliche Bürger über 16 Jahren, die vom Islam konvertieren und ihre Konversion nicht innerhalb von drei Tagen widerrufen, riskieren die Annullierung ihrer Ehe und eine Enteignung ihres gesamten Grundes und sonstigen Eigentums. Außerdem können sie von ihren Familien und Gemeinschaften zurückgewiesen werden und ihre Arbeit verlieren. Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten, müssen Berichten zufolge um ihre persönliche Sicherheit fürchten. [...]"

1.2.3. Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation:

"Religionsfreiheit

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi-Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie (vgl. MoJ 15.5.2017). Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. Ein Richter kann eine mildere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Auch kann die Regierung das Eigentum des/der Abtrünnigen konfiszieren und dessen/deren Erbrecht einschränken. Des Weiteren ist gemäß hanafitischer Rechtsprechung Proselytismus (Missionierung, Anm.) illegal. Dasselbe gilt für Blasphemie, die in der hanafitischen Rechtsprechung unter die Kapitalverbrechen fällt (USDOS 15.8.2017) und auch nach dem neuen Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung "religionsbeleidigende Verbrechen" verboten ist (MoJ 15.5.2017: Art. 323). Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte (USDOS 15.8.2017).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.4.2018).

Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.8.2017; vgl. AA 5.2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger/innen unabhängig von ihrer Religion (AA 5.2018). Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht-Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.8.2017). [...]

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 15.8.2017).

Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die meistens während ihres Aufenthalts im Ausland zum Christentum konvertierten, würden aus Furcht vor Vergeltung ihren Glauben alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern ausüben (USDOS 15.8.2017).

Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017).

Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.8.2017).

Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.8.2017; vgl. CRS 13.12.2017, FH 11.4.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.8.2017)."

1.2.4. Aus der ACCORD-Anfragebeantwortung:

"Das norwegische Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo schreibt in einem Bericht vom September 2013, dass Apostasie (Arabisch: ridda) in der klassischen Scharia als "Weggehen" vom Islam verstanden werde und ein Apostat (Arabisch: murtadd) ein Muslim sei, der den Islam verleugne. Apostasie müsse nicht unbedingt bedeuten, dass sich der Apostat einer neuen Glaubensrichtung anschließe. [...]

Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem im August 2016 veröffentlichten Länderbericht zur internationalen Religionsfreiheit (Berichtsjahr 2015), dass laut Hanafi-Rechtlehre Männer bei Apostasie mit Enthauptung und Frauen mit lebenslanger Haft zu bestrafen seien, sofern die Betroffenen keine Reue zeigen würden. Richter könnten zudem geringere Strafen verhängen, wenn Zweifel am Vorliegen von Apostasie bestünden. Laut der Auslegung des islamischen Rechts durch die Gerichte würde der Übertritt vom Islam zu einer anderen Religion Apostasie darstellen. In diesem Fall habe die betroffene Person drei Tage Zeit, um die Konversion zu widerrufen. Widerruft sie nicht, so habe sie die für Apostasie vorgesehene Strafe zu erhalten. Die genannten Entscheidungsempfehlungen würden in Bezug auf Personen gelten, die geistig gesund und vom Alter her "reif" seien. Dieses Alter werde im Zivilrecht mit 18 Jahren (bei Männern) bzw. 16 Jahren (bei Frauen) festgelegt. [...]

Dem USDOS zufolge seien aus dem Berichtsjahr 2015 keine Fälle von tätlichen Übergriffen, Inhaftierungen, Festnahmen oder Strafverfolgung wegen Apostasie bekannt. [...]

Landinfo schreibt in einem Bericht vom September 2013, dass die Situation von Apostaten, die hin zu einer anderen Religion konvertieren, eine andere sei als jene von Atheisten oder säkular eingestellten Personen. Mit dem Negieren bzw. Bezweifeln der Existenz Gottes würden keine Erwartungen an ein bestimmtes Verhalten im Alltag einhergehen. Eine Konversion zu einer Religion hingegen sei mit Verhaltensvorschriften, kirchlichen Traditionen und Ritualen zu verbinden, die schwieriger zu verbergen seien. [...]

Weiters bemerkt BBC News, dass für gebürtige Muslime ein Leben in der afghanischen Gesellschaft eventuell möglich sei, ohne dass sie den Islam praktizieren würden oder sogar dann, wenn sie "Apostaten" bzw. "Konvertiten" würden. Solche Personen seien in Sicherheit, solange sie darüber Stillschweigen bewahren würden. Gefährlich werde es dann, wenn öffentlich bekannt werde, dass ein Muslim aufgehört habe, an die Prinzipien des Islam zu glauben. Es gebe kein Mitleid mit Muslimen, die "Verrat an ihrem Glauben" geübt hätten, indem sie zu einer anderen Religion konvertiert seien oder aufgehört hätten, an den einen Gott und an den Propheten Mohammed zu glauben. [...]"

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Beschwerdeführer:

2.1.1. Zu seiner Person, seiner Herkunft und seiner Familie:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Muttersprache bzw. seiner bevorzugten Sprache sind unbestritten. Ebenfalls steht fest, dass der Beschwerdeführer im Iran geboren wurde und dort aufwuchs, zur Schule ging und arbeitete. Die Angaben des Beschwerdeführers dazu sind im Laufe des gesamten Verfahrens gleichgeblieben, wurden in der Verhandlung glaubwürdig geschildert (vgl. die Seiten 3, 5 und 6 der Niederschrift) und auch dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt (vgl. die AS 73, 75 sowie 111).

Die Feststellungen zu seinem Familienstand stützen sich auf die überzeugenden Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. die Seite 6 der Niederschrift). Die Feststellungen zu seinen Eltern und Geschwistern beruhen auf dem glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers und seiner Vertreterin in der Verhandlung (vgl. insbesondere die Seiten 6f und 19 der Niederschrift).

2.1.2. Zu seinem Leben in Österreich:

Dass der Beschwerdeführer am 08.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte, ergibt sich aus dem Akteninhalt. Im Verfahren haben sich keinerlei Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass sich der Beschwerdeführer seit der Antragstellung nicht durchgehend in Österreich aufgehalten hätte.

Dass der Beschwerdeführer gesund ist, hat er in der Verhandlung nachdrücklich angegeben (vgl. Seite 3 der Niederschrift). Dass er in Österreich arbeitet und keine Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus der in der Verhandlung vorgelegten Arbeitsbestätigung vom 15.10.2019 sowie einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem GVS vom 16.01.2020. Die Feststellung zum Alter des Beschwerdeführers konnte getroffen werden, da dieses im gesamten Verfahren nie strittig war (vgl. AS 73).

Die Feststellungen zur Verurteilung des Beschwerdeführers gründen sich auf das dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Urteil (vgl. OZ 18) in Verbindung mit einem eingeholten Strafregisterauszug vom 16.01.2020.

2.1.3. Zu seinem Glauben und dem geltend gemachten Nachfluchtgrund:

Dass der Beschwerdeführer gebürtiger Moslem ist, ist unstrittig (vgl. die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, AS 111). Dass er den Islam im Iran nicht praktiziert hat, ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. insbesondere Seite 7 der Niederschrift: XXXX).

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer im Iran begonnen habe, sich für das Christentum zu interessieren, beruht auf den glaubwürdigen Schilderungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung, wonach sein Interesse am Christentum durch zwei Freunde sowie durch Filme geweckt worden sei, die er über das Christentum angeschaut habe (vgl. Seite 8 der Niederschrift). Auf die Frage des Bundesverwaltungsgerichtes, was ihm an diesen Filmen gefallen habe, erklärte der Beschwerdeführer schlüssig und ohne zu zögern: XXXX (vgl. Seite 8 der Niederschrift).

Dass der Beschwerdeführer sich in Österreich der evangelischen Kirche zuwandte, hier im Jahr 2016 mit einem Taufkurs begann und im XXXX 2016 getauft wurde, ergibt sich aus dem Taufschein vom XXXX 2016, den glaubwürdigen und detaillierten Angaben des Beschwerdeführers dazu in der Verhandlung (vgl. die Seiten 7ff der Niederschrift) und wurde durch die überzeugenden Angaben seines Taufpaten, des XXXX der Kirche des Beschwerdeführers, welcher in der Verhandlung als Zeuge befragt wurde, untermauert (vgl. die Seiten 14ff der Niederschrift). Die Feststellungen zum christlichen Wissen des Beschwerdeführers sowie dahingehend, dass der Beschwerdeführer weiterhin den Religionsunterricht in Farsi besucht, gründen sich auf das in der Verhandlung dargetane Wissen des Beschwerdeführers (vgl. die Seiten 10 bis 13 der Niederschrift) sowie seine glaubwürdigen Schilderungen zum Religionsunterricht (vgl. die Seiten 9 und 13 der Niederschrift). Dass seine Familie und seine Freunde über seinen neuen Glauben Bescheid wissen, zeigt sich in der Verhandlung für das Bundesverwaltungsgericht eindeutig (vgl. insbesondere die Angaben des Beschwerdeführers auf den Seiten 7 und 17 der Niederschrift sowie die damit übereinstimmenden Angaben des Zeugen auf Seite 15 der Niederschrift). Dass zumindest XXXX zum christlichen Glauben konvertiert sind, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Vertreterin in der Verhandlung (vgl. die Seiten 6f und 19 der Niederschrift) in Verbindung mit den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen.

Soweit im konkreten Fall davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer den nachhaltigen inneren Entschluss gefasst hat, nach dem christlichen Glauben zu leben, gründet sich dies auf folgende Erwägungen:

Der Beschwerdeführer vermochte in der Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend seine religiöse Überzeugung sowie Dinge, die ihm im Christentum wichtig sind, ua. seine Lieblingsstelle in der Bibel, darzulegen (vgl. die Seiten 11f der Niederschrift). Er gab an, zwei Bibeln zu besitzen, eine in Deutsch und eine in Farsi, um nachzulesen, wenn er etwas in der deutschen Bibel nicht verstehe (vgl. Seite 13 der Niederschrift). Er führte in der Verhandlung nachdrücklich, überzeugt und unter Angabe von Beispielen aus seinem Leben an, dass sich nach seiner Taufe viele Dinge in seinem Leben für ihn positiv verändert hätten (vgl. Seite 12 der Niederschrift: XXXX). Er erläuterte überzeugend seine Vorstellungen von einem christlichen Leben und legte überlegt dar, welches Gebot für ihn am wichtigsten sei (vgl. die Seiten 17f der Niederschrift). Für das Bundesverwaltungsgericht wurde in der Verhandlung offensichtlich, dass die christliche Religion in der Familie des Beschwerdeführers - auch wenn nicht alle Mitglieder konvertiert sind - eine wichtige soziale Rolle spielt, darüber gesprochen wird und der Zeuge zB auch zu den Eltern und zum jüngsten Bruder des Beschwerdeführers intensive Kontakte pflegt (vgl. zB die Seiten 7 und 17 der Niederschrift).

Der Zeuge legte in der Verhandlung nachvollziehbar dar, dass er den Beschwerdeführer als Teil einer Gruppe kennengelernt habe, die am Bibelstudium interessiert gewesen sei, und erläuterte, dass der Taufkurs dann ab Jänner bzw. Februar 2016 stattgefunden habe, an welchem Asylwerber wie der Beschwerdeführer und Österreicher teilgenommen hätten. Der Zeuge konnte nachvollziehbar erklären, dass der Farsi-Lehrer bei der Entscheidung über die Taufe im XXXX 2016 maßgeblich unterstützt habe, der Zeuge sei jedoch selbst bei jedem Kurstermin dabei gewesen und habe seine eigenen Wahrnehmungen hinsichtlich der Teilnehmer gehabt: "Wenn man zusieht, bekommt man natürlich einiges mit" (vgl. die Seiten 14f der Niederschrift). Auf die Frage, welche Voraussetzungen von jemandem, der ein Mitglied der evangelischen Kirche in Österreich werden wolle, erfüllt werden müssen, gab der Zeuge an: XXXX (siehe Seite 16 der Niederschrift). Der Zeuge erläuterte nachvollziehbar, dass die Entscheidung über die Taufe eines Interessenten üblicherweise im "Zusammenspiel mehrerer Leute" entschieden werde. Auch beim Beschwerdeführer sei dies so gewesen. Die Entscheidung habe der amtsführende Pfarrer und der Pfarrer im Ehrenamt getroffen. Der Zeuge sei ebenfalls involviert gewesen, da "ich ja bei den Kursen dabei war" (vgl. Seite 16 der Niederschrift).

Konkret führte der Zeuge zu seinem Eindruck zum Beschwerdeführer aus: XXXX (siehe Seite 16 der Niederschrift). Der Zeuge bestätigte weiters die Teilnahme des Beschwerdeführers an der Farsi-Bibelstunde. Er leitete außerdem einen eigenen XXXX , an dem der Beschwerdeführer ebenfalls, als Ergänzung zum Farsi-Studium, teilnahm. Inhalt dieses Kurses waren XXXX , die gemeinsam angeschaut wurden, und über die danach diskutiert wurde (vgl. die Seite 14f der Niederschrift).

Für das Bundesverwaltungsgericht zeigt sich vor diesem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer sich seit mehreren Jahren vertiefend und ausführlich mit dem christlichen Glauben auseinandersetzt. Die Abkehr des Beschwerdeführers vom Islam und seine (nachhaltige) Hinwendung zur christlichen evangelischen Kirche ist nach den getroffenen Erwägungen, vor allem im Hinblick auf die Einstellung seiner Familie zum Christentum, nicht zu bezweifeln und wird im konkreten Fall dadurch untermauert, dass der Zeuge der Überzeugung ist, dass der Glaubenswechsel des Beschwerdeführers von Ernsthaftigkeit getragen ist. Der Zeuge hinterließ in der Verhandlung einen sehr überzeugenden Eindruck, weswegen seine Aussagen ohne Bedenken der Entscheidung zugrunde gelegt werden konnten.

Dieses Bild vom Beschwerdeführer vermochte durch seine nicht ganz schlüssigen Aussagen zur Häufigkeit des Gottesdienstbesuches und des Kontakts mit dem Zeugen nicht erschüttert zu werden, zumal den Angaben des Beschwerdeführers eindeutig entnommen werden kann, dass er immer wieder den Gottesdienst besucht, seine Kirchengemeinde gut kennt (vgl. die Seiten 9f und 13 der Niederschrift) und in der Kirche mithilft (vgl. Seite 11 der Niederschrift: XXXX). Der Beschwerdeführer ist Teil einer WhatsApp-Gruppe zusammen mit dem Zeugen und den anderen Kursmitgliedern (vgl. Seite 17 der Niederschrift:XXXX).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist es nach den Ergebnissen der Verhandlung nicht zweifelhaft, dass der Beschwerdeführer seinen neuen Glauben in Österreich - jedenfalls in der Familie und im Freundeskreis - öffentlich lebt. Innerhalb der Familie des Beschwerdeführers wird, wie gesagt, offen mit seiner Konversion zum Christentum umgegangen. Mehrere Mitglieder seiner Familie sind ebenfalls konvertiert.

In Zusammenschau dieser Erwägungen und Aspekte hat der Beschwerdeführer für das Bundesverwaltungsgericht glaubwürdig und schlüssig dargetan, dass er sich von seiner bisherigen Religion abgewendet, und einen neuen Glauben gefunden hat. Dass die Hinwendung des Beschwerdeführers zum Christentum nachhaltig ist, wird durch die überzeugenden Aussagen des Beschwerdeführers in Verbindung mit den Angaben des in der Verhandlung befragten Zeugen belegt. Die Ausführungen des Zeugen stehen im Einklang mit dem Eindruck, den das Bundesverwaltungsgericht vom Beschwerdeführer hinsichtlich seines Glaubenswechsels in der Verhandlung gewonnen hat. Die äußeren Umstände, konkret die Taufe vor mehr als drei Jahren, sein Beginn mit dem Taufkurs ca. drei bis vier Monate nach seiner Ankunft in Österreich, der offene Umgang seiner Familie mit der Konversion, sein Wissen über das Christentum sowie die in der Verhandlung zu erkennende Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit seiner neuen Religion, sind im konkreten Fall klare Indizien für eine ernsthafte innere Konversion des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer vermochte im Verfahren aufzuzeigen, schon in Afghanistan keine besondere Verbundenheit zum Islam gehabt und diesen nicht praktiziert zu haben. Er gab bei der Erstbefragung als Fluchtgrund an, nicht an den Islam zu glauben (vgl. AS 35) und antwortete bei der Einvernahme vor der belangten Behörde auf die Frage, welcher Religionsgemeinschaft er angehöre, dass er ursprünglich schiitischer Moslem gewesen, jetzt aber Protestant sei (vgl. AS 73).

Das Bundesverwaltungsgericht kommt aus alledem zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer seinen behaupteten inneren Entschluss, (weiterhin) nach dem christlichen Glauben zu leben, im Verfahren glaubwürdig darlegen konnte.

Die vom Beschwerdeführer im Verfahren geäußerte Befürchtung, in Afghanistan als Christ in Lebensgefahr zu sein (vgl. zB Seite 18 der Niederschrift), steht im Einklang mit den im Verfahren herangezogenen Länderberichten (vgl. II.1.2. sowie insbesondere die Risikoanalyse der zitierten EASO-Leitlinien). Soweit davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seiner nachhaltigen Hinwendung zum Christentum erhebliche Sanktionen befürchten muss und gezwungen wäre, seinen Glauben zu unterdrücken, sind folgende Aspekte der Berichte besonders hervorzuheben: Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen. Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen. Christen berichteten von einer feindseligen Haltung gegenüber christlichen Konvertiten. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel nur deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. Quellen zufolge müssen Christen ihren Glauben unbedingt geheim halten. Im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen, von Nachbarn oder Fremden angegriffen und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die oft während ihres Aufenthalts im Ausland konvertierten, üben aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung ihre Religion alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern aus. Zwar gab es zwischen 2014 und 2016 keine Berichte zu staatlicher Verfolgung wegen Apostasie oder Blasphemie, der Druck durch die Nachbarschaft oder der Einfluss des IS und der Taliban stellen jedoch Gefahren für Christen dar.

2.2. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen stützen sich auf die zitierten Quellen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf verschiedenen voneinander unabhängigen Quellen zu den Themen Religion, Konversion und Abfall vom Glauben beruhen und - ungeachtet ihrer unterschiedlichen Aktualität - ein übereinstimmendes Gesamtbild liefern, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Die Quellen konnten daher allesamt dem Verfahren zugrunde gelegt werden (vgl. die Feststellungen unter II.1.2.).

Dass seit der Beurteilung der Lage in der mündlichen Verhandlung eine für das gegenständliche Verfahren relevante erhebliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers eingetreten wäre, vermag das Bundesverwaltungsgericht, auch mit Blick auf das am 13.11.2019 veröffentliche Länderinformationsblatt, nicht zu erkennen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zulässigkeit, Rechtzeitigkeit und Umfang der Beschwerde:

Die vorliegende Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig. Sie wendet sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides.

3.2. Zum Antrag auf internationalen Schutz (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lautet:

"Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

[...]"

§ 6 AsylG 2005 lautet:

Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten

§ 6. (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn

1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;

3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder

4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt."

3.2.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Der Flüchtlingsbegriff umfasst demnach die folgenden im Verfahren zu prüfenden Elemente: wohlbegründete Furcht, Verfolgung, Vorliegen eines Konventionsgrundes, Aufenthalt außerhalb des Heimatlandes, Fehlen der Möglichkeit oder der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme von Schutz im Heimatland (vgl. zB Putzer, Asylrecht² [2011] 28ff).

Einem Fremden ist der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne der GFK droht (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005). Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 kann eine Verfolgung auch auf Nachfluchtgründe gestützt werden. Eine Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hat hingegen zu erfolgen, wenn eine drohende Verfolgung nicht glaubhaft ist, eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist (§ 3 Abs. 3 Z 1 iVm § 11 AsylG 2005) oder ein Asylausschlussgrund vorliegt (§ 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 6 AsylG 2005).

3.2.3. Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung.

Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771).

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich zur Verfolgung (VwGH 31.07.2018, Ra 2018/20/0182):

"Unter ?Verfolgung' im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (Hinweis E vom 24. März 2011, 2008/23/1443, mwN). § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt ?Verfolgung' als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter."

Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen.

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. zB VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

3.2.4. Befürchtete Verfolgung im Beschwerdefall:

Die vorliegende Beschwerde ist, soweit der Beschwerdeführer eine drohende Verfolgung aufgrund seiner Konversion zum Christentum geltend macht, begründet:

Zur asylrechtlichen Relevanz einer Konversion hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453):

"In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist nicht entscheidend, ob der Religionswechsel bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist (Hinweis E vom 23. Juni 2015, Ra 2014/01/0210, mwN). Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (Hinweis E vom 23. Juni 2015, Ra 2014/01/0117, mwN). Die bloße Behauptung eines ?Interesses am Christentum' reicht zur Geltendmachung einer asylrechtlich relevanten Konversion zum Christentum nicht aus."

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) im Fall AA/Schweiz betrifft die Abschiebung eines Konvertiten nach Afghanistan. Die wesentlichen Aussagen des Urteils lauten (vgl. EGMR AA/Schweiz, 05.11.2019, 32.218/17): Die Abschiebung eines Asylwerbers aus der Schweiz nach Afghanistan, der vom Islam zum Christentum konvertiert ist (was die Schweizer Behörden als glaubwürdig ansahen), würde Art. 3 EMRK verletzen; nach vorliegenden Länderberichten sind Konvertiten in Afghanistan der Verfolgung ausgesetzt. Der Umstand, dass der Betroffene seine Konversion bisher nicht über einen engen Kreis von Vertrauten hinaus bekannt gemacht hat, ändert daran nichts. Es ist nämlich auch darauf abzustellen, wie er seine Religion nach einer Rückkehr in Afghanistan ausüben könnte. Sie nur geheim und im Verborgenen in engstem Kreis auszuüben, würde ihn zu einer völligen Änderung seines Sozialverhaltens zwingen.

Vor diesem Hintergrund war zu erwägen: Der im Beschwerdefall festgestellte Sachverhalt lässt erkennen, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus Gründen der Religion verfolgt zu werden, begründet ist.

Der Beschwerdeführer hat im Verfahren glaubwürdig dargetan, dass er sich als Christ fühlt und diesen Glauben weiter ausüben wird. Er wurde vor mehr als dreieinhalb Jahren getauft, nimmt weiterhin am Religionsunterricht teil, verfügt über ein gutes christliches Grundwissen und konnte im Verfahren seine Beweggründe für die Konversion glaubwürdig und klar darlegen. Er spricht mit seiner Familie offen über seinen neuen Glauben, mehrere Mitglieder seiner Familie sind ebenfalls zum Christentum konvertiert. Sein Taufpate kennt die Eltern des Beschwerdeführers und seinen jüngsten Bruder gut und steht mit ihnen in intensivem Kontakt. Nach den Ergebnissen des Verfahrens geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer seine neue Religion verinnerlicht und in seinen Alltag integriert hat (vgl. dazu in der Beweiswürdigung unter II.2.1.4.). Diese Haltung steht in völligem Gegensatz zu der in Afghanistan herrschenden gesellschaftlichen Einstellung.

Die vom Beschwerdeführer im Verfahren geäußerte Rückkehrbefürchtung, aus Gründen der Religion in seinem Heimatstaat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein, ist glaubhaft. Unter Bedachtnahme auf die herangezogenen Länderberichte muss davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines im Verfahren glaubwürdig dargelegten inneren Entschlusses, weiterhin nach dem christlichen Glauben zu leben, bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohen würde.

Hierbei ist im Einklang mit der zitierten EGMR-Judikatur maßgeblich darauf Bedacht zu nehmen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Heimatland gezwungen wäre, seinen Glauben zu unterdrücken bzw. zu verleugnen, um sich nicht zu exponieren. Den Länderberichten ist zusammengefasst zu entnehmen, dass Christen in Afghanistan ihren Glauben unbedingt geheim halten müssen. Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen ist offen feindlich. Im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen zB in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen und von Nachbarn oder Fremden angegriffen werden. Es kann sein, dass sie ihre Arbeit verlieren und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Auch wenn die gesamte Familie den christlichen Glauben annimmt, muss dies absolut geheim gehalten werden. Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten, um ihre persönliche Sicherheit fürchten müssen. Eine solche Unterdrückung bzw. Geheimhaltung seines Glaubens, um seine persönliche Sicherheit in Afghanistan zu gewährleisten, würde den Beschwerdeführer zu einer völligen Änderung seines Sozialverhaltens zwingen und kann ihm nicht zugemutet werden.

Im Beschwerdefall muss angenommen werden, dass der Beschwerdeführer aus Furcht vor einer Verfolgung aufgrund seiner Religion nicht gewillt ist, in sein Heimatland zurückzukehren, von dem er - wie der Berichtslage zu entnehmen ist - keinen effektiven Schutz erwarten kann. Dem Beschwerdeführer ist es angesichts dessen nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes in Bezug auf seine Abkehr vom Islam und nachhaltige Hinwendung zum Christentum zu bedienen.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht für den Beschwerdeführer nicht, da nicht angenommen werden kann, dass er in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung aufgrund seiner neuen Religion sicher wäre. Vielmehr muss aufgrund der Berichtslage, welche die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen in Afghanistan als offen feindlich beschreibt, davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer die aufgezeigten Bedrohungen in allen Landesteilen drohen.

Im Beschwerdefall ist es somit insgesamt glaubhaft, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan Verfolgung im Sinne der GFK droht (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005). Im Verfahren hat sich gezeigt, dass sich der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Religion verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK). Diese Verfolgung beruht auf Gründen, die bereits vor Einreise nach Österreich eingetreten sind. Seine Hinwendung zum Christentum erfolgte bereits im Iran.

Ein Abweisungsgrund gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 liegt im konkreten Fall nicht vor, denn dem Beschwerdeführer steht keine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 3 Abs. 3 Z 1 iVm § 11 AsylG 2005) offen und es ist auch kein Asylausschlussgrund (§ 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 6 AsylG 2005) gegeben. Insbesondere liegt kein Fall des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 vor, wonach ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen ist, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Dabei muss es sich um eine Straftat handeln, die sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweist (vgl. VwGH 03.12.2002, 99/01/0449). Soweit der Beschwerdeführer im konkreten Fall rechtskräftig vom zuständigen Landesgericht wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde, liegt keine Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens vor. Der Beschwerdeführer hat insoweit keinen Asylausschlussgrund gesetzt.

3.2.5. Ergebnis:

Der Beschwerde war daher stattzugeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Diese Entscheidung war gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig.

Es liegt weder einer der vorgenannten Fälle, noch liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die gegenständliche Entscheidung stellt auf den konkreten Einzelfall ab und folgt der unter II.3. zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asylgewährung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Christentum Fluchtgründe Flüchtlingseigenschaft Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit inländische Schutzalternative innerstaatliche Fluchtalternative Konversion mündliche Verhandlung religiöse Gründe Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W194.2152605.1.00

Im RIS seit

25.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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