TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/25 W194 2212680-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2020
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Entscheidungsdatum

25.02.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z15
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs4b
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs1 Z3
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
AsylG 2005 §34 Abs5
AsylG 2005 §75 Abs24
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W194 2212680-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2018, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine afghanische Staatsbürgerin, stellte am 01.02.2016 gemeinsam mit ihrem minderjährigen Sohn XXXX , sowie XXXX weiteren Kindern - XXXX - Anträge auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

2. Am 11.12.2017 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde einvernommen und zu ihren Fluchtgründen sowie den Fluchtgründen ihres minderjährigen Sohnes befragt.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.12.2018, welcher der Beschwerdeführerin am 12.12.2018 zugestellt wurde, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 09.12.2019 (Spruchpunkt III.).

Mit Verfahrensanordnung stellte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite.

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Rechtsberater, am 07.01.2019 Beschwerde.

5. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 10.01.2019 eingelangter Beschwerdevorlage den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt.

6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.05.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W194 zugewiesen.

7. Am 03.09.2019 und 10.09.2019 legte die Beschwerdeführerin weitere Unterlagen vor.

8. Am 05.02.2020 übermittelte die belangte Behörde auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes den Bescheid, mit dem über den Antrag des Sohnes der Beschwerdeführerin, XXXX , auf internationalen Schutz entschieden und diesem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

9. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 05.02.2020 wurden die Parteien des Verfahrens unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darüber informiert, dass das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon ausgehe, dass die Beschwerdeführerin als Familienangehörige ihres zum Zeitpunkt der (gleichzeitigen) Antragstellung minderjährigen und ledigen Sohnes zu qualifizieren sei und ihrer Beschwerde - da diesem von der belangten Behörde der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei - gemäß § 34 AsylG 2005 stattzugeben sei. Unter einem wurde den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen gegeben.

10. Der Rechtsberater der Beschwerdeführerin teilte am 20.02.2020 mit, dass die rechtliche Vertretung ebenfalls davon ausgehe, dass aufgrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Beschwerdeführerin "abgeleitet Asyl erhalten" müsse. Unter einem wurde auf die in der Beschwerde beantragte mündliche Verhandlung verzichtet, soweit das Bundesverwaltungsgericht nicht von seiner vorläufigen Rechtsansicht abgehe.

11. Eine Stellungnahme der belangten Behörde langte bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist afghanische Staatsbürgerin und schiitische Hazara. Ihre Muttersprache ist Dari. Sie ist verwitwet und hat den Großteil ihres Lebens im Iran verbracht. Im Jahr 2016 kam sie nach Österreich und stellte am 01.02.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Im Strafregister der Republik Österreich scheint betreffend die Beschwerdeführerin keine Verurteilung auf.

1.2. Die Beschwerdeführerin ist die Mutter des XXXX . Dieser stellte gemeinsam mit seiner Mutter am 01.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Diesem Antrag wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2018, Zl. XXXX , gemäß § 3 AsylG 2005 stattgegeben und XXXX , der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Im Zeitpunkt der Stellung seines Antrages war der Sohn der Beschwerdeführerin minderjährig und ledig. Im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 10.12.2018 war er bereits volljährig.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Herkunft der Beschwerdeführerin, zu ihrer Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, ihrer Muttersprache, ihrem Familienstand sowie ihrem langjährigen Aufenthalt im Iran sind im Verfahren nicht strittig. Sie wurden von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt (vgl. Seite 14 des Bescheides) und in der Beschwerde nicht bestritten.

Dass die Beschwerdeführerin am 01.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte, ist dem Verwaltungsakt der belangten Behörde zu entnehmen. Die Feststellungen zu ihrer strafrechtlichen Unbescholtenheit beruhen auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Strafregister vom 05.02.2020.

2.2. Im Verfahren ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin die Mutter des XXXX ist (vgl. Seite 14 des angefochtenen Bescheides: "Sie sind die Mutter [...] des XXXX [...]").

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin und ihr Sohn am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, gründet sich auf die Angaben in der Erstbefragung der Beschwerdeführerin (vgl. AS 3) sowie auf den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Bescheid betreffend den Sohn der Beschwerdeführerin (vgl. OZ 7).

Dass XXXX von der belangten Behörde der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem zitierten Bescheid (vgl. OZ 7).

Dass XXXX zum Zeitpunkt der Stellung seines Antrages minderjährig und ledig war, ist im Verfahren nicht strittig. Ebenfalls ist unstrittig, dass er im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides hinsichtlich seiner Asylgewährung volljährig geworden war. Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid betreffend die Beschwerdeführerin sowie dem Bescheid betreffend den Sohn jeweils dasselbe Geburtsdatum des Sohnes ( XXXX ) zugrunde gelegt. Dass der Sohn im Zeitpunkt seiner Antragstellung nicht ledig gewesen wäre, ist weder im Verfahren betreffend die Beschwerdeführerin noch im Verfahren betreffend den Sohn hervorgekommen.

Zu alledem muss berücksichtigt werden, dass die belangte Behörde dem Ergebnis der Beweisaufnahme des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.02.2020 (vgl. I.9.) nicht entgegengetreten ist bzw. keine Stellungnahme abgegeben hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zulässigkeit, Rechtzeitigkeit und Umfang der Beschwerden:

Die vorliegende Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig. Sie wendet sich gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheides.

3.2. Antrag auf internationalen Schutz (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheides):

3.2.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lautet:

"Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

[...]"

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

§ 34 AsylG 2005 lautet:

"Familienverfahren im Inland

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

Gemäß § 34 Abs. 2 iVm Abs. 5 AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Z 3).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger im Sinne des AsylG 2005, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Nach den Materialien (RV 952, 22. GP, 54) dient § 34 AsylG 2005 der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband. Ziel der Bestimmungen ist es, Familienangehörigen (§ 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005) den gleichen Schutz zu gewähren, ohne sie um ihr Verfahren im Einzelfall zu bringen. Ist einem Familienangehörigen - aus welchen Gründen auch immer - ohnedies der Status des Asylberechtigten zu gewähren, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus vorgesehen, dass auch in diesem Fall eigene Fluchtgründe zu prüfen wären. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeführten Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen (vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).

3.2.2. Zur Beschwerdeführerin:

Vorliegend steht fest, dass die Beschwerdeführerin die Mutter des mittlerweile volljährigen, zum Zeitpunkt der Stellung seines Antrages auf internationalen Schutzes jedoch minderjährigen und ledigen XXXX , ist. Ebenfalls steht fest, dass die Beschwerdeführerin in Österreich strafrechtlich unbescholten ist.

Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.12.2018 wurde dem genannten Sohn der Beschwerdeführerin der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Dass ein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig wäre, ist im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen.

In seinem Erkenntnis vom 24.10.2018, Ra 2018/14/0040, hielt der Verwaltungsgerichtshof zu einer mit dem Beschwerdefall vergleichbaren Konstellation fest, dass für eine das Verhältnis von Eltern und Kindern betreffende Konstellation des § 34 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, in der sämtliche Fremde den Antrag zur selben Zeit gestellt haben und zu dieser Zeit das Kind noch minderjährig gewesen war, dies bedeutet, dass die Vorschriften des Familienverfahrens nach § 34 AsylG 2005 zur Anwendung gelangen müssen (vgl. Rn. 34 des Erkenntnisses).

Die Beschwerdeführerin ist vor diesem Hintergrund als Familienangehörige ihres Sohnes im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 iVm § 34 AsylG 2005 zu qualifizieren.

Hierbei war darauf Bedacht zu nehmen, dass das Bundesverwaltungsgericht seine diesbezügliche Rechtsauffassung den Parteien am 05.02.2020 zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Keine der Parteien trat der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichtes entgegen (vgl. I.9. bis I.11.).

Der vorliegenden Beschwerde der Beschwerdeführerin ist folglich stattzugeben und dieser als Familienangehöriger des genannten Sohnes gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Beschwerdeführerin damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich mit Blick auf die unter II.3.2.1. zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Prüfung der eigenen Fluchtgründe der Beschwerdeführerin, zumal auch die Stellungnahme der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 20.02.2020 (vgl. OZ 9) kein entsprechendes Begehren enthält.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte im konkreten Fall gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden (siehe dazu insbesondere den Verzicht der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin auf die Verhandlung in der Stellungnahme vom 20.02.2020).

Hinweis:

§ 2 Z 15 AsylG 2005 definiert den Status des Asylberechtigten als das zunächst befristete und schließlich dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht, das Österreich Fremden nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewährt.

§ 3 Abs. 4 und 4b AsylG 2005 lautet:

"§ 3. [...]

(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

[...]

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

[...]"

Das Bundesverwaltungsgericht weist darauf hin, dass die Beschwerdeführerin - wie auch ihr Sohn - ihre Anträge auf internationalen Schutz am 01.02.2016 stellten, somit nach dem 15.11.2015, wodurch insbesondere die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 idF des Bundesgesetzes BGBl. I 24/2016 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 leg. cit. im konkreten Fall Anwendung finden (siehe auch Seite 3 des Bescheides betreffend den Sohn).

Der Beschwerdeführerin kommt vor diesem Hintergrund gemäß § 3 Abs. 4 iVm Abs. 4b AsylG 2005 - wie ihrem Sohn - eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu, die drei Jahre gilt und sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer verlängert, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig.

Es liegt weder einer der vorgenannten Fälle, noch liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die gegenständliche Entscheidung folgt der unter II.3. zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asyl auf Zeit Asylgewährung Asylverfahren befristete Aufenthaltsberechtigung Familienangehöriger Familienverfahren Flüchtlingseigenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W194.2212680.1.00

Im RIS seit

25.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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