TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/29 W192 2207928-1

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Veröffentlicht am 29.05.2020
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Entscheidungsdatum

29.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §61
FPG §61 Abs1 Z1
FPG §61 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W192 2207928-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen die Spruchpunkte III. und IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2018, Zl: 1196901001/180606779 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Syrien, stellte am 28.06.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die Antragstellerin wurde laut vorliegender Eurodac-Treffermeldung in Deutschland am 24.10.2016 nach Stellung eines Asylantrags am 03.03.2016 erkennungsdienstlich behandelt.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.06.2018 gab die Antragstellerin an, sie habe den Herkunftsstaat im Sommer 2015 verlassen und sei über die Türkei, wo sie sich zwei Monate lang aufgehalten habe, auf Grund einer Familienzusammenführung nach Deutschland gereist. Mitte März 2018 sei sie aus Deutschland nach Österreich ausgereist. Die Beschwerdeführerin habe in Deutschland einen Asylantrag gestellt und dort einen Aufenthaltstitel erhalten. Sie sei nach Österreich gekommen, weil sich hier ihr Ehemann und ihre vor kurzem hier geborene Tochter aufhalten würden. Ihre Reise aus Deutschland nach Österreich sei durch die in Deutschland niedergelassene Mutter organisiert worden.

Die Beschwerdeführerin legte ihren am 18.07.2017 durch die syrische Botschaft in Berlin ausgestellten und bis 17.07.2019 gültigen Reisepass vor, weiters die Heiratsurkunde eines österreichischen Standesamtes, aus welcher ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin am 15.02.2018 in Österreich mit einem syrischen Staatsangehörigen die Ehe geschlossen hat. Ebenso wurden der deutsche Aufenthaltstitel der Beschwerdeführerin "Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 (Subsidiärschutz)", ausgestellt am 24.07.2017 mit Gültigkeit bis 17.07.2019 samt Zusatzblatt, sowie das für ihren Ehegatten am 09.01.2017 ausgestellte Konventionsreisedokument sowie die für ihre in Österreich geborene Tochter ausgestellte Aufenthaltsberechtigungskarte für Asylwerber vorgelegt.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 22.08.2018 erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie gesund sei. Sie habe in Wien am "04.08.2017" die Ehe geschlossen und verfüge über eine österreichische Heiratsurkunde. Ihre Tochter sei in Österreich geboren, ihre Mutter und ihre Geschwister würden sich in Deutschland aufhalten. Zum Vorhalt, dass die Beschwerdeführerin in Deutschland über den Status einer subsidiär Schutzberechtigten verfüge, brachte sie vor, dass sie Deutschland verlassen habe, um hier heiraten zu können, weil ihr Ehemann in Österreich sei. Es sei ihr in Deutschland nie etwas passiert. Die Beschwerdeführerin wurde über die Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes informiert und darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihr Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes zurückzuweisen sei, da ihr bereits in Deutschland der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und sie dort Schutz vor Verfolgung gefunden habe.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2018 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die beschwerdeführende Partei nach Deutschland zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der beschwerdeführenden Partei ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt II.) sowie die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet (Spruchpunkt III.) und die Durchführung der Anordnung der Außerlandesbringung bis 30.11.2018 aufgeschoben (Spruchpunkt IV.).

Dieser Bescheid legte in seiner Begründung die Lage für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Deutschland einschließlich des Zuganges zu Arbeitsmarkt, Bildung, Sozialleistungen und medizinischer Versorgung dar.

Es wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in Deutschland subsidiär schutzberechtigt sei und dort Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Die Beschwerdeführerin sei mit einem in Österreich asylberechtigten syrischen Staatsangehörigen verheiratet, eine gemeinsame Tochter sei in Österreich geboren worden und ebenfalls asylberechtigt. Die Mutter und Geschwister der Beschwerdeführerin würden in der Bundesrepublik Deutschland leben. Die Beschwerdeführerin habe Deutschland verlassen, weil sie zu ihrem Mann und zur Tochter nach Österreich wollte. Daneben würden keine weiteren ausgeprägten sozialen Kontakte oder Bindungen an Österreich bestehen. Eine legale Familienzusammenführung der Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten und ihrer Tochter nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz sei möglich.

Zwischen der Beschwerdeführerin, ihrem Ehemann und ihrer Tochter liege in Österreich ein aufrechtes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vor. Die Beschwerdeführerin sei darauf hingewiesen worden, dass die Möglichkeit einer Inlandsantragstellung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bestehe. Aufgrund des Status ihres Ehemannes und ihres Kindes wäre eine Fortführung des Familienlebens auch in Deutschland möglich. Ein eingeschränkter Eingriff in das Familienleben sei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, da der österreichische Gesetzgeber Möglichkeiten geschaffen habe, ein Familienleben in Österreich führen zu können, ohne dafür ein Verfahren nach dem Asylgesetz einleiten zu müssen.

Unter Bedachtnahme auf eine geplante Antragstellung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und auf die Tatsache, dass die Tochter der Beschwerdeführerin erst zwei Monate alt sei und noch gestillt werden müsse, wurde die Anordnung der Außerlandesbringung bis zum 30.11.2018 aufgeschoben.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 seien nicht gegeben.

Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 28.08.2018 durch Hinterlegung bei der Zustellbasis zugestellt.

4. Gegen diesen Bescheid richtete sich die vorliegende durch Schriftsatz des nunmehrigen Rechtsvertreters vom 24.09.2018 erhobene Beschwerde, in welcher dessen Spruchpunkte I., III und "VI" (offensichtlich gemeint: IV) angefochten wurden. Es wurde vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin seit "04.08.2017" mit einem in Österreich asylberechtigten syrischen Staatsbürger standesamtlich verheiratet sei und mit diesem eine gemeinsame Tochter habe, die ebenfalls in Österreich asylberechtigt sei.

Die Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt und die Notwendigkeit des Kontaktes eines Säuglings zu seiner Mutter und die Notwendigkeit des Stillens nicht ausreichend berücksichtigt, wobei auf Stillempfehlungen der österreichische Stillkommission des Obersten Sanitätsrates des sowie die Stillempfehlung der Weltgesundheitsorganisation verwiesen wurde. Auch habe die Behörde die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes nicht beachtet, die vorsehen, dass eine Dienstnehmerin im Anschluss an die Schutzfrist gegen Entfall des Arbeitsentgeltes bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes Anspruch auf Karenz habe.

Die Behörde habe nicht ausreichend ermittelt und festgestellt, welche Auswirkungen eine Ausweisung der Beschwerdeführerin auf das Familienleben mit ihrer Tochter habe und habe die Auswirkungen auf das Kindeswohl nicht ausreichend berücksichtigt. Aus den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Nunez/Norwegen 55.597/09 und Udeh/Schweiz 12.020/09 ergebe sich, dass dem Kindeswohl und dem Recht auf persönlichen Kontakt zu den Elternteilen, besonderes Gewicht beigemessen werde. Die Ausübung eines Kontaktrechtes über Wege der Telekommunikation komme jedenfalls nicht in Betracht.

Es wurde beantragt, der Beschwerdeführerin den Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu ihr ein humanitäres Aufenthaltsrecht gemäß "Artikel" 55 Asylgesetz zuzuerkennen, in eventu die Anordnung zur Durchführung der Außerlandesbringung bis zum Ende des zweiten Lebensjahres des Kindes aufzuschieben oder den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.03.2019 wurde die Beschwerde gemäß den §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen und die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.

Begru¿ndend fu¿hrte das BVwG im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin lebe seit ihrer Einreise nach O¿sterreich im gemeinsamen Haushalt mit ihrem nunmehrigen Ehegatten und ihrer in O¿sterreich geborenen Tochter, die beide in O¿sterreich asylberechtigt seien. Es liege eine enge familia¿re Nahebeziehung vor. Die Beschwerdeführerin habe aber keinen Anlass dafu¿r gehabt, darauf zu vertrauen, dass ihr nach ihrer Einreise und Stellung eines Asylantrags in O¿sterreich internationaler Schutz gewa¿hrt werde, da sie bereits in Deutschland Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Es sei der Beschwerdeführerin, ihrem Ehegatten und der Tochter mo¿glich und zumutbar, ihr Familienleben in Deutschland weiterzufu¿hren, gegebenenfalls vorübergehend bis zur Erlangung eines o¿sterreichischen Aufenthaltstitels (durch die Beschwerdeführerin). Dem Ehemann und der Tochter sei na¿mlich aufgrund ihres Aufenthaltsstatus in O¿sterreich die Einreise nach Deutschland mo¿glich und aufgrund der geografischen Na¿he als Nachbarstaat auch zumutbar. Weiters sei es der Beschwerdeführerin, ihrem Ehegatten und ihrem Kind zumutbar, das Familienleben mit der gemeinsamen Tochter in geringerer Intensität zu gestalten. Es werde nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin die zentrale Funktion bei der Kindererziehung und -betreuung habe, sodass ihr Verbleib in Österreich fu¿r die Familie, insbesondere fu¿r die Tochter, als vorteilhaft anzusehen sei. Darauf habe das BFA bereits fu¿r die Phase der ersten Lebensmonate der Tochter dadurch Ru¿cksicht genommen, dass im angefochtenen Bescheid die Durchfu¿hrung der Außerlandesbringung bis

30. November 2018 aufgeschoben worden sei. Damit habe die Beho¿rde eine Situation geschaffen, in der die Beschwerdeführerin in der Lage sei, gema¿ß den Empfehlungen des Obersten Sanita¿tsrates und der Weltgesundheitsorganisation die Erna¿hrung ihrer Tochter in den ersten sechs Monaten durch Stillen zu gewa¿hrleisten.

Dem stehe gegenu¿ber, dass die Beschwerdeführerin bereits zum Zeitpunkt ihrer Einreise nach O¿sterreich u¿ber den Status einer subsidia¿r Schutzberechtigten in Deutschland verfu¿gt habe und somit weder damals noch im Zeitpunkt der Eheschließung oder der Geburt ihrer Tochter damit habe rechnen ko¿nnen, in O¿sterreich internationalen Schutz zu erhalten. Die rechtswidrige Weiterreise der Beschwerdeführerin innerhalb der Europa¿ischen Union zwecks Einbringung eines weiteren Antrags auf internationalen Schutz widerspreche den Rechtsvorschriften des gemeinsamen europa¿ischen Asylsystems. Da die Beschwerdeführerin zudem bereits in einem Mitgliedstaat der Europa¿ischen Union internationalen Schutzstatus besitze, stelle sich die fortgesetzte Befassung der Asylbeho¿rden in einem weiteren Mitgliedstaat mit einem neuerlichen Asylantrag als in besonderem Maße rechtsmissbra¿uchlich dar. Die Beschwerdeführerin sei vom BFA auch u¿ber die Mo¿glichkeit der Erlangung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG belehrt worden, ohne dass die Beschwerdeführerin derartige Schritte gesetzt habe. Sie habe durch ihr nachhaltiges rechtsmissbra¿uchliches Verhalten unmissversta¿ndlich zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht gewillt sei, die o¿sterreichische Rechtsordnung zu respektieren. Ihr Recht auf ein Familienleben trete fallbezogen gegenu¿ber dem o¿ffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der o¿ffentlichen Ordnung, dem ein hoher Stellenwert zukomme, in den Hintergrund.

6. Mit Beschluss vom 23.09.2019, Zahl E 1470/2019-12, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer gegen das dargestellte Erkenntnis eingebrachten Beschwerde abgelehnt.

Mit Beschluss vom 06.11.2019, Zahl E 1470/2019-14, hat der Verfassungsgerichtshof die die Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes über nachträglichen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

7. Mit Entscheidung vom 26.02.2020, Zahl Ra 2019/18/0456-1, hat der Verwaltungsgerichtshof I. beschlossen, dass die gegen das dargestellte Erkenntnis eingebrachte Revision, soweit sie sich gegen die Zuru¿ckweisung des Antrags der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gema¿ß § 4a Asylgesetz 2005 wendet, zuru¿ckgewiesen wird; sowie II. zu Recht erkannt, dass das angefochtene Erkenntnis, soweit mit diesem die Beschwerde gegen die Anordnung der Außerlandesbringung gema¿ß § 61 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführerin ein Durchfu¿hrungsaufschub bis 30. November 2018 gewa¿hrt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben wird.

Begründend hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass die Beschwerdeführerin im gegensta¿ndlichen Fall bereits in Deutschland subsidia¿ren Schutz erhalten habe. Die Revision ziehe auch nicht in Zweifel, dass sie dadurch Schutz vor Verfolgung gefunden habe, und sie mache auch gar nicht (explizit) geltend, dass ihr in O¿sterreich neuerlich internationaler Schutz gewa¿hrt werden mu¿sste. Dass auch § 34 AsylG 2005 keine andere Sichtweise gebiete, habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits erkannt (vgl. etwa VwGH 4.3.2019, Ra 2019/14/0023). Die Revision werfe daher in Bezug auf die Zuru¿ckweisung des Antrags der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gema¿ß § 4a AsylG 2005 keine Rechtsfragen von grundsa¿tzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133

Abs. 4 B-VG auf und sei daher insoweit nicht zula¿ssig.

Zula¿ssig und begru¿ndet sei die Revision hingegen in Bezug auf die angeordnete Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme wie etwa auch der Anordnung zur Außerlandesbringung nach § 61 FPG unter Bedachtnahme auf alle Umsta¿nde des Einzelfalls eine gewichtende Abwa¿gung des o¿ffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenla¿ufigen privaten und familia¿ren Interessen, insbesondere unter Beru¿cksichtigung der im § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. etwa VwGH 25.4.2019, Ra 2019/19/0114, mwN).

Diese Abwa¿gung habe das BVwG im vorliegenden Fall nicht in vertretbarer Weise vorgenommen:

Dem BVwG sei zwar zuna¿chst zuzustimmen, dass ein Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschu¿tzte Recht auf Familienleben auch zu engen Familienangeho¿rigen (Ehegatten, Kindern) gerechtfertigt sein könne, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme der aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (eine solche liege im gegensta¿ndlichen Fall allerdings nicht vor) oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" (vgl. etwa VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271; 23.2.2017, Ra 2016/21/0235; 6.9.2018, Ra 2018/18/0026; 23.1.2019, Ra 2018/19/0683, jeweils mwN). Auch dürfe nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Gewichtung der für den Fremden sprechenden Umstände im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend einbezogen werden, dass er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. etwa VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205, mwN).

Das BVwG halte der Beschwerdeführerin vor, dass ihre Einreise nach O¿sterreich und ihr Aufenthalt im Bundesgebiet rechtsmissbra¿uchlich gewesen seien und die Bestimmungen des gemeinsamen europa¿ischen Asylsystems missachtet wurden. Dem sei insoweit zuzustimmen, als die Beschwerdeführerin schon vor ihrer Einreise nach O¿sterreich internationalen Schutz in Deutschland erhalten hatte und bei versta¿ndiger Wu¿rdigung der asylrechtlichen Bestimmungen zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen konnte, in O¿sterreich neuerlich internationalen Schutz zu erhalten.

Allerdings zeige die Revison zu Recht auf, dass das BVwG die Frage des Kindeswohls der Tochter der Beschwerdeführerin in seiner Gesamtabwa¿gung unzureichend beachtet habe. Dazu sei vorweg auf die sta¿ndige Rechtsprechung der Ho¿chstgerichte des o¿ffentlichen Rechts hinzuweisen, wonach die Auswirkungen der Entscheidung (hier: der Anordnung einer Außerlandesbringung) auf das Kindeswohl zu bedenken sind und dieser Umstand bei der Interessenabwa¿gung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. § 9 BFA-VG hinreichend beru¿cksichtigt werden muss (vgl. etwa VfGH 11.6.2018, E 343/2018, mwN; VwGH 23.2.2017, Ra 2016/21/0235, 31.8.2017, Ro 2017/21/0012, 20.9.2017, Ra 2017/19/0163, 5.10.2017, Ra 2017/21/0119, 28.11.2019, Ra 2019/19/0359, u.a.).

Das BVwG vermeine, das BFA habe ohnedies darauf Ru¿cksicht genommen, dass die Beschwerdeführerin ihre Tochter (ein im Entscheidungszeitpunkt des BVwG gerade erst neun Monate altes Kleinkind) nach den Empfehlungen des Obersten Sanita¿tsrates und der Weltgesundheitsorganisation stillen solle und die Durchfu¿hrung der Anordnung zur Außerlandesbringung fu¿r die Dauer von sechs Monaten ab der Geburt des Kindes aufgeschoben. Danach sei es nach Auffassung des BVwG zumutbar, das Familienleben mit der Tochter "in geringerer Intensita¿t zu gestalten". Diese Argumentation u¿berzeuge schon deshalb nicht, weil die angesprochenen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation bzw. die Stillempfehlungen der O¿sterreichischen Stillkommission des Obersten Sanita¿tsrates lediglich davon ausgingen, dass das Stillen wa¿hrend der ersten sechs Lebensmonate die optimale ausschließliche Erna¿hrung fu¿r Sa¿uglinge darstelle und danach mit der Gabe von Beikost begonnen werden ko¿nne. Das Stillen werde aber auch u¿ber diesen Zeitpunkt hinaus als empfehlenswert bezeichnet. Hinzu komme, dass allein die Stillempfehlung noch nichts daru¿ber aussage, welche perso¿nlichen Kontakte zwischen dem Kleinkind und der Mutter von pra¿gender Bedeutung fu¿r die Entwicklung des Kindes sein ko¿nnen.

In der Rechtsprechung der Ho¿chstgerichte des o¿ffentlichen Rechts sei bereits wiederholt erkannt worden, dass in den ersten Lebensphasen eines Kindes der sta¿ndige Kontakt mit der Mutter nicht nur wu¿nschenswert, sondern notwendig sein könne. Dabei sei der relevante Zeitraum keineswegs generell auf die ersten sechs Monate nach der Geburt eingeschra¿nkt worden (vgl. VfGH 11.6.2018, E 343/2018; VwGH 12.9.2012, 2012/23/0017, 16.1.2019, Ra 2018/18/0272, mwN). Es ließe sich auch nicht allgemein formulieren, dass ein Alter des Kindes von neun Monaten (wie es im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG im gegensta¿ndlichen Fall vorlag) eine Trennung des Kindes von der Mutter unter dem Blickwinkel des Kindeswohls rechtfertigen würde. Erforderlich sei vielmehr, unter Bedachtnahme auf die gesamte Familiensituation die konkreten Auswirkungen der Trennung auf das Kindeswohl festzustellen und zu berücksichtigen. Diesbezu¿gliche Ero¿rterungen würden im angefochtenen Erkenntnis vollständig fehlen. Daran a¿ndere auch der Umstand nichts, dass das BVwG Besuche des Kindes bei der Mutter in Deutschland - aufgrund des asylrechtlichen Status der Tochter in O¿sterreich - fu¿r mo¿glich halte, weil allein dadurch nicht klar werde, ob die besonderen Bedu¿rfnisse des Kleinkindes durch solche Besuche hinreichend gesichert werden ko¿nnen.

Da das BVwG somit das Kindeswohl bei der Abwa¿gung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. § 9 BFA-VG nicht ausreichend gewichtete, habe es das angefochtene Erkenntnis in Bezug auf die Anordnung zur Außerlandesbringung (vorrangig) mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine volljährige Staatsangehörige Syriens, reiste 2015 aus der Türkei im Rahmen eines Verfahrens zur Familienzusammenführung nach Deutschland ein und stellte dort am 03.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Ihr wurde Deutschland am 24.07.2017 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine Aufenthaltsberechtigung mit Gültigkeit bis 17.07.2019 erteilt.

Dann reiste die beschwerdeführende Partei in das österreichische Bundesgebiet. Sie schloss am 15.02.2018 standesamtlich die Ehe mit einem in Österreich asylberechtigten syrischen Staatsangehörigen. Danach wurde die gemeinsame Tochter der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten geboren, der in weiterer Folge mit Bescheid des BFA vom 05.07.2018 im Familienverfahren der Status einer Asylberechtigten zuerkannt wurde. Am 28.06.2018 brachte die Beschwerdeführerin einen vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein, welcher mit Erkenntis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2019 gemäß § 4a AsylG 2005 zurückgewiesen wurde, wobei eine Revision in diesem Umfang durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.02.2020, Ra 2019/18/0456-11, zurückgewiesen wurde.

Die Beschwerdeführerin hat in Österreich ab Dezember 2018 Leistungen der Grundversorgung in Anspruch genommen und keine Erwerbstätigkeit ausgeübt; sie leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Beschwerdeführerin lebt seit ihrer Einreise nach Österreich im gemeinsamen Haushalt mit ihrem nunmehrigen Ehegatten und ihrer in Österreich geborenen, zwischenzeitlich knapp zweijährigen, Tochter, die beide in Österreich asylberechtigt sind.

Die Beschwerdeführerin hatte keinen Anlass dafür, darauf zu vertrauen, dass ihr nach ihrer Einreise und der Stellung eines Asylantrages in Österreich Internationale Schutz gewährt werde, nachdem sie bereits in Deutschland Schutz vor Verfolgung gefunden hatte. Es ist der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten und ihrer Tochter möglich und zumutbar, ihr Familienleben in Deutschland weiterzuführenden, gegebenenfalls vorübergehend bis zur Erlangung eines österreichischen Aufenthaltstitels durch die Beschwerdeführerin. Weiters ist es der Beschwerdeführerin, ihrem Ehegatten und ihrem Kind zumutbar, das Familienleben mit der gemeinsamen Tochter während eines Verfahrens über die gemeinsame legale Niederlassung in einem der Aufnahmestaaten Deutschland oder Österreich in geringerer Intensität zu gestalten. Die knapp zweijährige Tochter kann während eines durch die Beschwerdeführerin von Deutschland aus geführten Niederlassungsverfahrens im Haushalt des in Österreich asylberechtigten Kindesvaters betreut werden, der mit der Beschwerdeführerin und der gemeinsamen Tochter schon bisher im gemeinsamen Haushalt wohnte und demnach mit den Betreuungsbedürfnissen des Kleinkindes vertraut ist. Gleichermaßen ist es dem Kindesvater und der gemeinsamen Tochter als Inhaber von Konventionsreisepässen möglich, die Beschwerdeführerin während eines Aufenthalts in Deutschland zu besuchen. Alternativ hätten der Kindesvater und die Tochter auch die Möglichkeit, sich als Angehörige der Beschwerdeführerin um eine längerfristige Berechtigung zum Aufenthalt in Deutschland zu bemühen und die Beschwerdeührerin in jenen Staat, in welchem sie international schutzberechtigt ist, zu begleiten.

Die vorliegende Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz durch die Beschwerdeführerin bildet einen Missbrauch der Bestimmungen des Asylrechts. Die Beschwerdeführerin wurde im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über die Möglichkeit zur Einleitung eines Verfahrens vor der zuständigen Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde für den von ihr angestrebten Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige einer in Österreich aufenthaltsberechtigten Person in Kenntnis gesetzt, doch sie hat bis dato keine Schritte unternommen, eine Legalisierung ihres Aufenthaltes im Rahmen des für den von ihr angestrebten Zweck vorgesehen Verfahrens zu erwirken.

Sonstige intensiv ausgeprägte private oder berufliche Bindungen der beschwerdeführenden Partei bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen über die Einreise der Beschwerdeführerin und den ihr in Deutschland zukommenden Status ergeben sich aus ihren Angaben und aus dem vorgelegten deutschen Aufenthaltstitel. Die rechtskräftig erfolgte Zurückweisung des in Österreich gestellten Antrages auf internationalen Schutz ergibt sich aus der insoweit erfolgten Zurückweisung einer Revision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.02.2020.

Einem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin seit Dezember 2018 Leistungen aus dem Grundversorgungssystem bezogen hat.

Die Feststellungen über den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich aus deren Angaben im Verfahren. Die nunmehr erhobene Beschwerde ist entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten.

Die Feststellungen über die Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet beruhen auf ihren Angaben und auf den vorgelegten Personenstandsdokumenten. Die Beschwerdeführerin ist in der Absicht, sich hier niederzulassen und eine Familie zu gründen, nach Österreich gereist und hat nach erfolgter Eheschließung und Geburt der gemeinsamen Tochter den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Sie hat es in weiterer Folge trotz erfolgter Belehrung durch das BFA - während eines mittlerweile mehr als zweijährigen Aufenthaltes - unterlassen, Schritte zur Legalisierung ihres Aufenthaltes im Rahmen der vorgesehenen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zu setzen. Die Beschwerdeführerin hat damit versucht, vollendete Tatsachen zu schaffen und die Gestattung des weiteren Aufenthaltes im Inland zu erzwingen. Dies ist mit der Stellung des vorliegenden Asylantrages missbräuchlich geschehen, weil ihr bereits in Deutschland der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist und sie dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Daher ist das intensiv ausgeprägte Familienleben zwischen der Beschwerdeführerin, ihrem Ehegatten und dem gemeinsamen Kind im Hinblick auf die Beschwerdeführerin nur in eingeschränktem Maße schützenswert.

Die Zumutbarkeit der Fortführung des Familienlebens zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Angehörigen in Deutschland ist gegeben, da ihren Familienangehörigen aufgrund ihres Aufenthaltsstatus in Österreich die Einreise in diesen Staat möglich und aufgrund der geographischen Nähe von Deutschland als Nachbarstaat auch zumutbar ist.

Im Übrigen kann die gemeinsame Tochter während einer (vorübergehenden) Trennung im Haushalt des Kindesvaters weiterbetreut werden, zumal bereits bisher ein gemeinsamer Haushalt mit dem in Österreich asylberechtigten Vater vorgelegen hat, sodass dieser mit den Anforderungen an die Betreuung des Kindes vertraut ist. Da die Tochter der Beschwerdeführerin mittlerweile ein Alter von fast zwei Jahren erreicht hat, befindet sie sich nicht mehr in einem solchen Alter, in dem eine vorübergehende Trennung von der Mutter wegen der prägenden Bedeutung dieses Kontaktes für die Entwicklung des Kindes dem Kindeswohl abträglich wäre, da die Betreuung des Kindes in einer solchen Phase durch den Kindesvater als ebenso vertzraute Bezugsperson möglich wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

3.1.2. Das Verfahren über Spruchpunkt I. des Bescheides, mit dem der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gemäß § 4a AsylG 2005 zurückgewiesen und ausgesprochen wurde, dass die Beschwerdeführerin sich nach Deutschland zurückzubegeben habe, ist infolge der in diesem Umfang erfolgten Zurückweisung der Revision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.02.2020 gegen das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.03.2019 rechtskräftig abgeschlossen.

Der in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides erfolgte Ausspruch über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 ist nicht in Beschwerde gezogen worden und somit ebenfalls in Rechtskraft erwachsen.

Zu beurteilen sind daher die in Spruchpunkt III. getroffene Anordnung zur Außerlandesbringung sowie der in Spruchpunkt IV. ausgesprochene Aufschub der Durchführung selbiger bis zum 30.11.2018.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. § 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

3.2.1. Im gegenständlichen Fall sind der Ehemann und die hier geborene Tochter der Beschwerdeführerin als Asylberechtigte in Österreich aufhältig. Es besteht ein gemeinsamer Haushalt und es liegt eine enge familiäre Nahebeziehung vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 26.02.2020, mit welchem die in der vorliegenden Rechtssache im ersten Rechtsgang ergangene abweisende Entscheidung im Hinblick auf die Anordnung zur Außerlandebringung aufgehoben wurde, ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht die Frage des Kindeswohls der Tochter der Beschwerdeführerin in seiner Gesamtabwägung unzureichend berücksichtigt habe. Erforderlich sei, unter Bedachtnahme auf die gesamte Familiensituation die konkreten Auswirkungen der Trennung auf das Kindeswohl festzustellen und zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall bildet die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung einen Eingriff in das Recht der Beschwerdeführerin auf Achtung des Familienlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK. Der durch die Anordnung der Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in das geschützte Familienleben ist allerdings durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses gegenüber deren Interesse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt.

Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. Art. 52 Abs. 1 GRC, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes, führt im verfahrensgegenständlichen Fall zu dem Ergebnis, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen der Beteiligten:

Die Beschwerdeführerin hatte zunächst in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, woraufhin ihr dort der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. In weiterer Folge reiste die Beschwerdeführerin weiter nach Österreich, wo sie nach erfolgter Eheschließung und der Geburt ihrer Tochter einen weiteren Asylantrag einbrachte.

Das Gericht übersieht nicht, dass die Beschwerdeführerin in den Einvernahmen und Stellungnahmen stets den Wunsch geäußert hat, mit ihren in Österreich asylberechtigten Angehörigen zusammenzuleben. Aufgrund des abgeschlossenen Asylverfahrens in Deutschland und der Zuerkennung subsidiären Schutzes ebendort, besteht jedoch in gegenständlicher Fallkonstellation kein Raum für die Führung eines (weiteren) Asylverfahrens in Österreich; das Verfahren über ihren im Bundesgebiet gestellten Anrtag auf internationalen Schutz hat insofern in einer rechtskräftig zurückweisenden Entscheidung gemündet.

Im vorliegenden Fall lebt der Ehemann der Beschwerdeführerin bereits seit mehreren Jahren in Österreich. Die Zuerkennung des Asylstatus an diesen erfolgte im Jahr 2017. Die Zuerkennung des Asylstatus an das im Jahr 2018 geborene gemeinsame Kind mit der Beschwerdeführerin erfolgte im Jahr 2018.

Es wird nun nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin die zentrale Funktion bei der Kindererziehung und -betreuung hat, sodass ein Verbleib der Beschwerdeführerin in Österreich für die Familie, insbesondere die Tochter, als vorteilhaft anzusehen ist. Die Tochter der Beschwerdeführerin ist zwischenzeitlich knapp zwei Jahre alt, sodass nach dem Inhalt der Empfehlungen des Obersten Sanitätsrates und der Weltgesundheitsorganisation eine Ausweisung der Beschwerdeführerin nicht als Verletzung des Kindeswohls bzw. deren körperliche Unversehrtheit anzusehen ist. Aus dem in der Beschwerde in diesem Zusammenhang weiters dargestellten Karenzanspruch nach dem Mutterschutzgesetz ist ebenfalls keine Gebotenheit der Gestattung eines Aufenthaltes für Beschwerdeführerin bis zum Abschluss des zweiten Lebensjahres ihrer Tochter abzuleiten, da die genannte Bestimmung zwar einen arbeitsrechtlichen, aber keinen aufenthaltsrechtlichen Anspruch vorsieht.

Weiters ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin bereits zum Zeitpunkt ihrer Einreise nach Österreich über den Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Deutschland verfügt hat und somit weder damals, noch zum Zeitpunkt der Eheschließung mit ihrem Ehegatten oder auch der danach erfolgten Geburt ihrer Tochter damit rechnen konnte, dass ihr in Österreich internationaler Schutz gewährt werde.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-VO wird jeder Antrag auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Mitgliedstaat bestimmt wird. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise des Beschwerdeführerin innerhalb der Union zwecks Einbringung eines weiteren Antrages auf internationalen Schutz gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des gemeinsamen europäischen Asylsystems verhindert werden soll. Da die Beschwerdeführerin zudem bereits in einem Mitgliedstaat der Union internationalen Schutzstatus besitzt, stellt sich die fortgesetzte Befassung der Asylbehörden in einem weiteren Mitgliedstaat mit einem neuerlichen Asylantrag als in besonderem Maße rechtsmissbräuchlich dar. Die Beschwerdeführerin ist vor dem BFA anlässlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 22.08.2018 umfassend über die Möglichkeit der Erlangung eines Aufenthaltstitels nach den Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes belehrt worden. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ist die Einräumung eines Aufschubs der Durchführung der Anordnung einer Außerlandesbringung auch im Hinblick auf die Ermöglichung einer entsprechenden Antragstellung erfolgt. Die Beschwerdeführerin hat jedoch bis dato keinerlei derartige Schritte gesetzt und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie die österreichischen Rechtsvorschriften betreffend den Aufenthalt von Fremden beharrlich ignoriert.

Die Beschwerdeführerin hat durch ihr nachhaltiges rechtsmissbräuchliches Verhalten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren. Das allein durch Missachtung der entsprechenden Einreise- und Einwanderungsvorschriften begründete Familienleben tritt fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen und ist abzulehnen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10). In solchen Konstellationen wiegt das öffentliche Interesse besonders schwer, zumal von den Beteiligten nicht von einem rechtmäßigen Verbleib in Österreich ausgegangen werden konnte (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0683 mit Hinweis auf VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0235 mwN; 14.11.2017, Ra 2017/21/0207).

Die Beschwerdeführerin ist somit darauf zu verweisen, den Wunsch nach Einwanderung und Familienzusammenführung im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften zu verwirklichen, wobei eine solche (vorübergehede) Trennung von ihrer minderjährigen Tochter wegen deren mittlerweile eingetretenen fortgeschrittenen Alters von fast zwei Jahren und der Möglichkeit einer vorübergehenden Betreuung durch den Kindesvater als vertraute Bezugsperson keine Verletzung des Kindeswohls begründet.

Für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens kann der Kontakt zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Familie zwischenzeitlich telefonisch oder über das Internet sowie - in eingeschränkter Form - auch durch persönliche Besuche aufrechterhalten werden, nachdem ihr Ehemann und ihre Tochter in Österreich asylberechtigt sind.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (13.11.2018, Ra 2018/21/0205), es dürfe bei der Gewichtung der für den Fremden sprechenden Umstände im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend einbezogen werden, dass er sich (bereits nach Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz in erster Instanz) seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Wenngleich minderjährigen Kindern dieser Vorwurf nicht zu machen ist, muss das Bewusstsein der Eltern über die Unsicherheit ihres Aufenthalts nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die Kinder durchschlagen (vgl. etwa VwGH 29.2.2012, 2009/21/0251, mwN), wobei diesem Umstand allerdings bei ihnen im Rahmen der Gesamtabwägung im Vergleich zu anderen Kriterien weniger Gewicht zukommt (siehe dazu VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072, Rn. 33).

Im gegebenen Zusammenhang ist auf den jüngst ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.11.2018, Ra 2018/01/0015 bis 0016-6, hinzuweisen, mit welchem die Revision einer Mutter und ihrer minderjährigen Tochter, deren Ehemann und Vater in Österreich aufenthaltsberechtigt war, im Hinblick auf die - wie auch gegenständlich - unter Berücksichtigung der fallbezogenen Aspekte eines Familienlebens entsprechend vorgenommenen Interessenabwägung durch das Bundeverwaltungsgericht zurückgewiesen wurde. Auch im Beschluss vom 14.12.2018, Ra 2017/01/0169, hat der Verwaltungsgerichtshof bestätigt, dass auch eine rechtsgültig eingegangene Ehe mit einer in Österreich aufenthaltsberechtigten Person im Ergebnis eine Abschiebung nach negativer Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nicht ausschließt.

Weiters ist auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.03.2020, Ra 2019/19/0524-7, zu verweisen, dem ein im Wesentlichen vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag. Zu beurteilen war die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gegen eine Drittstaatsangehörige, deren unter einjähriges Kind in Österreich asylberechtigt ist. In der außerordentlichen Revision war im Wesentliche vorgebracht worden, die Annahme des BVwG, die u¿blichen Kommunikationsvorga¿nge im Zusammenhang mit der Beziehung zwischen einer Mutter und einem etwa einja¿hrigen Kind, vor allem ko¿rperliche Na¿he und nonverbale Interaktion, ko¿nnten durch elektronische Medien oder Kurzbesuche ersetzt werden, sei lebensfremd. Hierzu hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, das BVwG habe seine Annahme, der Kontakt zwischen der Revisionswerberin und ihrer Familie ko¿nne fu¿r die Dauer eines ordnungsgema¿ß gefu¿hrten Niederlassungsverfahrens auch im Falle der Ru¿ckkehr der Revisionswerberin in ihren Herkunftsstaat aufrechterhalten werden, nicht nur auf die Mo¿glichkeit des Ru¿ckgriffs auf elektronische Medien oder Kurzbesuche gestu¿tzt. Vielmehr ginge es von der fu¿r die Familienmitglieder vor dem Hintergrund der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen sowohl O¿sterreichs als auch der Ukraine bestehenden Mo¿glichkeit wechselseitiger, regelma¿ßiger und la¿ngerfristiger Besuche aus. Eine Unvertretbarkeit dieser Annahme zeige die Revision nicht auf. Soweit die Revision ferner vorbringe, das BVwG ha¿tte die weitere Entwicklung einzubeziehen und darauf Bedacht zu nehmen gehabt, dass ein Kind grundsa¿tzlich Anspruch auf verla¿ssliche Kontakte zu beiden Elternteilen hat, beziehungsweise begru¿nden mu¿ssen, warum fallbezogen das Kind der Revisionswerberin einen solchen Anspruch hinsichtlich seiner Mutter nicht besa¿ße, ist ihr entgegenzuhalten, dass das BVwG diesen Anspruch gerade nicht verneinte. Es verkannte nicht die zentrale Funktion der Revisionswerberin bei der Kindererziehung und -betreuung ihrer Tochter, sah das Kindeswohl jedoch vor dem Hintergrund der faktischen Mo¿glichkeit regelma¿ßiger gegenseitiger Besuche fu¿r die Dauer eines ordnungsgema¿ßen Niederlassungsverfahrens gewahrt (vgl. etwa VwGH 4.8.2016, Ra 2016/18/0123). Davon ausgehend bewertete es das o¿ffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen ho¿her als das im Bundesgebiet bestehende Familienleben sowie das Interesse der Revisionswerberin am Verbleib im Bundesgebiet. Dass das BVwG in seiner Beurteilung von den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wa¿re, lege die Revision nicht dar.

Es ist nicht zu erkennen, dass sich der vorliegende Fall auf Sachverhaltsebene in einer Weise von dem der Revisionszurückweisung vom 05.03.2020, Ra 2019/19/0524-7, zugrundeliegenden Sachverhalt unterscheidet, welche eine andere Beurteilung im Hinblick auf die Auswirkungen einer möglichen vorübergehenden Trennung eines Kleinkindes von seiner Mutter geboten erscheinen ließe. Vielmehr ist im vorliegenden Fall zu beachten, dass die Beschwerdeführerin bereits einen Schutz- und damit Aufenthaltsstatus in einem europäischen Staat inne hat und eine Rückführung lediglich in einen unmittelbaren Nachbarstaat Österreichs erfolgen würde, sodass die besuchsweise Aufrechterhaltung der Bindung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Tochter vergleichsweise einfacher möglich sein wird. Wie angesprochen, hält sich die Beschwerdeführerin seit mehr als zwei Jahren in Österreich auf und es wäre ihr in diesem Zeitraum offen gestanden, Schritte zur Legalisierung ihres Aufenthaltes zu unternehmen.

Eine Unzulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung der Beschwerdeführerin ergibt sich auch nicht aus den in der Beschwerde angeführten Entscheidungen des EGMR in den Rechtssachen Nunez/Norwegen oder Udeh/Schweiz, da in diesen Fällen eine Unmöglichkeit des Aufrechterhaltens des Kontaktes zwischen den Beschwerdeführern und ihren Gatten bzw. Kindern dem jeweils bestehenden Umstand geschuldet war, dass eine etwaige Abschiebung in Staaten außerhalb des europäischen Kontinentes vorgesehen war, sodass man eine Pflege des Familienlebens nicht in zumutbarer Weise erwarten habe können. Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdeführerin jedoch lediglich verpflichtet, sich nach Deutschland, einen Nachbarstaat der Republik Österreich zurück zu begeben, wobei angesichts der geographischen Nähe und des aufenthaltsrechtlichen Status ihres Ehegatten und ihrer Tochter die Möglichkeit von regelmäßigen Besuchskontakte gegeben ist.

Überdies wäre nach der seitens des BFA erfolgten Rechtsbelehrung für die Beschwerdeführerin eine Inlandsantragstellung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes möglich (vgl. § 11 Abs. 2 und 3 NAG).

Weiters war der in Österreich zugebrachte Zeitraum, gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes, zudem als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen (dort: vorläufig berechtigten) Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).

Im vorliegenden Fall ergaben sich keine Hinweise auf eine bereits fortgeschrittene Integration der Beschwerdeführerin in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer. Ein Beschäftigungsverhältnis oder Deutschkenntnisse wurden nicht nachgewiesen.

Überdies ist anzumerken, dass auch eine Aufhebung der Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zur Legalisierung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet führen würde; wie dargelegt, ist ihr Verfahren auf internationalen Schutz infolge der rechtskräftigen Zurückweisung ihres Antrages abgeschlossen und es kommt ihr keine sonstige Berechtigung zum Aufenthalt im Bundegebiet zu. Sie wäre daher auch im Fall, dass man zum Ergebnis einer Unzulässigkeit der Anordnung zur Außerlandesbringung gelangte, in der Folge auf das Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz oder die Stellung eines Antrages nach § 55 AsylG 2005 zu verweisen, dessen amtswegige Prüfung nach § 58 Abs. 2 AsylG 2005 lediglich dann vorgesehen ist, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig erklärt wird. Da jedoch die Prüfung einer Rückkehrentscheidung nicht Gegenstand des Verfahrens ist, käme auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 im gegenständlichen Verfahren nicht in Betracht.

3.4. Gemäß § 21 Abs. 6a und Abs. 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, welche sich bereits aus den umfassenden und aktuellen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ergab, weiters im Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Parteien sowie in der Bewertung der Intensität ihrer privaten und familiären Interessen und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Abschiebung aufenthaltsbeendende Maßnahme Außerlandesbringung Ersatzentscheidung Gesamtbetrachtung Interessenabwägung Kindeswohl Konkretisierung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W192.2207928.1.00

Im RIS seit

25.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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