TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/19 96/09/0033

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Veröffentlicht am 19.11.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1990/450;
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;
MRK Art6;
StGB §34 Z15;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Ing. Peter Hauer in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien I, Elisabethstraße 22/12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. Oktober 1995, Zl. UVS-07/06/01066/94, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem als Ersatzbescheid für den mit dem hg. Erkenntnis vom 7. September 1995, Zl. 94/09/0336, im Umfang der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hinsichtlich der Beschäftigung des polnischen Staatsangehörigen Tadeusz Czopek aufgehobenen Bescheid vom 10. Oktober 1994 ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 30. Oktober 1995 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der I Hochbau-Planungs- und Errichtungsgesellschaft mbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft als Arbeitgeber den von der D Gesellschaft mbH überlassenen polnischen Staatsangehörigen Tadeusz Czopek am 25. Mai 1993 auf der Baustelle Wien XI, K 55-61 mit dem Aufmauern eines Zubaues beschäftigt habe, ohne daß für diesen Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt bzw. ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden seien. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen) verhängt und ihm ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von S 4.000,-- auferlegt.

Die belangte Behörde begründete die Strafbemessung nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage im wesentlichen damit, das Ausmaß des Verschuldens (des Beschwerdeführers) könne im vorliegenden Fall nicht als geringfügig bezeichnet werden. Daß die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift vom Beschwerdeführer besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder die Verwirklichung des Straftatbestandes nur schwer hätte vermieden werden können, sei weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen. Der Beschwerdeführer habe zumindest fahrlässiges Verhalten zu verantworten. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat sei - im Sinne der wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes- nicht als geringfügig zu werten. Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer angegeben, daß er seit April 1994 aus der Firma keine Zahlungen erhalte, seinen Lebensunterhalt aber durch private Zuwendungen von Verwandten und Bekannten in monatlicher Höhe von S 10.000,-- bis S 12.000,-- bestreite. Das Vermögen des Beschwerdeführers bestehe in Anteilsrechten an Gesellschaften in Höhe von S 100.000,--, wobei davon S 50.000,-- auf das Stammkapital einbezahlt worden sei; Sorgepflichten habe der Beschwerdeführer keine. Trotz Änderung des Strafsatzes (im erstinstanzlichen Straferkenntnis war der dritte Strafsatz anzuwenden, nunmehr sei der erste Strafsatz anzuwenden) bestehe angesichts des enorm rechtswidrig verschafften Wettbewerbsvorteiles keine Veranlassung die über den Beschwerdeführer in erster Instanz verhängte Strafe herabzusetzen, zumal der bis S 60.000,-- reichende Strafrahmen im vorliegenden Fall nur zu einem Drittel ausgeschöpft worden sei. Dies gelte auch "angesichts des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit, der dem BW zum gegenständlichen Tatzeitpunkt 29.10.1992 noch zusteht, weil beim BW nur zwei nicht einschlägige Vorstrafen wegen Nichteinhaltung der Wiener Bauordnung (STE vom 28.12.1992, zweimal S 2.000,-- laut Mitteilung der MA 63) aufscheinen". Das Nichtvorliegen einschlägiger Verwaltungsstrafen sei - entgegen der erstinstanzlichen Bescheidbegründung - kein Milderungsgrund.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Der Beschwerdeführer bekämpft den Bescheid lediglich in seinem Strafausspruch. Er erachtet sich nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht auf fehlerfreie Handhabung des bei der Strafbemessung auszuübenden Ermessens verletzt. Der Beschwerdeführer beantragt den angefochtenen Bescheid in seinem Strafausspruch kostenpflichtig aufzuheben und "die verhängte Geldstrafe auf höchstens S 7.000,-- herabzusetzen".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die gegen die Strafbemessung gerichteten Beschwerdeausführungen lassen sich im wesentlichen dahingehend zusammenfassen, die belangte Behörde hätte nach Ansicht des Beschwerdeführers die in erster Instanz verhängte Geldstrafe deshalb auf S 7.000,-- herabsetzen müssen, weil der vorliegende Fall mit jenem, wie er dem hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1995, Zlen. 95/09/0300, 0301, zugrunde lag, als gleichgelagert anzusehen sei. Im Tatzeitpunkt "29.10.1992" sei er - wie im angefochtenen Bescheid auf Seite 38 festgestellt werde - unbescholten gewesen. Es seien nur einschlägige Verwaltungsvorstrafen zu berücksichtigen. Seine Unbescholtenheit und sein bislang ordentlicher Lebenswandel seien als Milderungsgrund zu werten. Die Umstände der Tatbegehung würden aus den in der Beschwerde näher dargelegten Erwägungen einem Schuldausschließungs- bzw. Rechtfertigungsgrund nahekommen. Er habe die illegale Ausländerbeschäftigung sofort beendet. Durch sein Geständnis habe er zur Wahrheitsfindung beigetragen. Seit dem Tatzeitpunkt "29.10.1992" habe er keine Übertretung nach dem AuslBG zu verantworten. Trotz des Erschwerungsgrundes, daß im Jahr 1992 mehrere (vom Beschwerdeführer zu verantwortenden) deliktische Ausländerbeschäftigungen stattgefunden hätten, würden die genannten Milderungsgründe überwiegen. Unter Berücksichtigung seiner Einkommens-, Vermögens- und Familiensituation sei die verhängte Strafe zu hoch.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Die von der belangten Behörde vorzunehmende Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, und so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzmäßig Gebrauch gemacht worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1995, Zlen. 95/09/0300, 0301, mit weiteren Judikaturnachweisen).

In dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid hat die belangte Behörde die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen ausführlich und nachvollziehbar begründet. Dabei ist für jedermann zweifelsfrei erkennbar, daß nach der Bescheidbegründung der Milderungsgrund der Unbescholtenheit im Tatzeitpunkt (25. Mai 1993) jedenfalls nicht vorgelegen ist. Tatzeitpunkt im vorliegenden Fall ist nämlich unzweifelhaft der 25. Mai 1993 und nicht der 29. Oktober 1992. Der Bescheidbegründung kann auch entnommen werden, daß der Beschwerdeführer im maßgebenden Tatzeitpunkt 25. Mai 1993 (aus Sicht einer Übertretung des AuslBG nicht einschlägige) rechtskräftige Verwaltungsstrafen wegen Übertretung der Wiener Bauordnung aufgewiesen hat. Aus welchem Grund angesichts dieser rechtskräftigen Verwaltungsstrafen der Milderungsgrund der Unbescholtenheit bzw. des bisherigen ordentlichen Lebenswandels zu berücksichtigen gewesen wäre, vermag der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht nachvollziehbar darzulegen. Aus der in dieser Hinsicht teilweise fehlerhaften Bescheidbegründung ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil eine Berücksichtigung des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit jedenfalls zu Unrecht erfolgt wäre und mithin nicht eine Herabsetzung, sondern eine Erhöhung der verhängten Strafe notwendig machen würde. Durch diese nicht zu seinen Lasten gehende Bescheidbegründung wurde der Beschwerdeführer demnach nicht in seinem Recht auf fehlerfreie Handhabung des bei der Strafbemessung auszuübenden Ermessens verletzt.

Insoweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte sinngemäß die Milderungsgründe im Sinne von § 35 Z. 11, 15, 17 und 18 StGB berücksichtigen müssen (vgl. § 19 Abs. 2 VStG), ist ihm zu erwidern, daß in dem hier zugrundeliegenden Verfahren die dafür notwendigen sachverhaltsmäßigen Grundlagen nicht hervorgekommen sind. Weder ist der vom Beschwerdeführer gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobenen Berufung ein Geständnis zu entnehmen, noch ist für den Verwaltungsgerichtshof zu finden, daß der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren durch ein Tatsachengeständnis zur Wahrheitsfindung beigetragen hätte. Daß sich der Beschwerdeführer angesichts einer für ihn nicht eindeutigen Rechtslage dennoch für die ihm günstigere Variante entschieden hat, um sich ungerechtfertigte Vorteile gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, konnte ihm nicht mildernd zugute gehalten werden. Der Beschwerdeführer legt auch nicht dar, daß er die durch die illegale Ausländerbeschäftigung objektiv zu erzielenden wirtschaftlichen Vorteile durch vollständige Entrichtung aller verkürzten Steuern und Abgaben und eine kollektivvertragliche Entlohnung gutgemacht habe (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 93/09/0423). Es trifft auch nicht zu, daß der Beschwerdeführer bemüht gewesen sei, Übertretungen des AuslBG zu vermeiden bzw. durch das Landesarbeitsamt zu einem objektiv rechtswidrigen Handeln geführt worden sei (vgl. auch die den Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnisse vom 21. September 1995, Zl. 94/09/0395, und vom 12. Dezember 1995, Zlen. 95/09/0300, 0301). Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Milderungsgründe sind somit nicht gegeben. Den in der Beschwerde zugestandenen Erschwerungsgrund hat die belangte Behörde nicht herangezogen. Unrichtig ist die Behauptung in der Beschwerde, daß der Beschwerdeführer kein Vermögen habe.

Insoweit der Beschwerdeführer meint, es hätte eine Herabsetzung der Strafe auf das Ausmaß wie in dem Fall des hg. Erkenntnisses vom 12. Dezember 1995, Zlen. 95/09/0300, 0301, erfolgen müssen, unterläßt er insoweit nachvollziehbare Ausführungen darüber, aus welchem Grund diese Deliktsfälle als gleichgelagert angesehen werden könnten. Die belangte Behörde hat in dieser Hinsicht in ihrer Gegenschrift zutreffend auf die bestehenden Unterschiede dieser Fälle hingewiesen. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer abweichend von dem von ihm ins Treffen geführten Fall mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid nicht der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG (in Verbindung mit § 18 AuslBG) schuldig erkannt wurde, verkennt der Beschwerdeführer zudem, daß der im anderen Fall angenommene Milderungsgrund im vorliegenden Fall nicht besteht und die Strafbehörde erster Instanz bei Bemessung der von der belangten Behörde nunmehr bestätigten Geldstrafe zu Unrecht einen (nicht gegebenen) Milderungsgrund herangezogen hatte. Der Vorwurf, die belangte Behörde habe eine zu hohe Geldstrafe über den Beschwerdeführer verhängt, ist daher nicht berechtigt. Die Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, die nachvollziehbar begründeten Erwägungen der belangten Behörde zur Strafbemessung im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden eingeschränkten Ermessensprüfung als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 MRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der MRK, Genüge getan.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996090033.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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