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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
ApG 1907 §10 Abs1Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision 1. der Apotheke Z OG und 2. der H KG, beide in W, beide vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 19. Dezember 2019, Zlen. VGW-106/V/027/395/2019, VGW-106/V/027/396/2019, betreffend Konzession für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: Se W in W, vertreten durch die Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Messestraße 11), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 19. Dezember 2019 erteilte das Verwaltungsgericht (soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse) - durch Abweisung (unter anderem) einer Beschwerde der revisionswerbenden Parteien - der Mitbeteiligten die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke inW, wobei es die Revision zuließ.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen zugrunde, die von der erstrevisionswerbenden Partei betriebene Z-Apotheke läge 1.620 m, die von der zweitrevisionswerbenden Partei betriebene A-Apotheke läge 1.310 m von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der Mitbeteiligten entfernt; diese beiden Apotheken lägen (mit Blick auf die Betriebsstätte der Mitbeteiligten) auf der anderen Seite des (keine Einwohner aufweisenden) Geländes des Nordwestbahnhofes, welches nur über die Taborstraße und die Hellwagstraße gequert werden könne.
3 Nach dem gemäß § 10 Abs. 7 Apothekengesetz (ApG) eingeholten Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer befänden sich die Taborstraße und die Hellwagstraße in den Versorgungsgebieten der (nicht von den revisionswerbenden Parteien betriebenen) Marienapotheke, der Schwan-Apotheke und der Heiligen Josef-Apotheke; die Versorgungsgebiete der von den revisionswerbenden Parteien betriebenen Apotheken lägen hinter jenen der Schwan-Apotheke und der Marienapotheke. (Bei der Feststellung der Versorgungspotentiale der Schwan-Apotheke und der Heiligen Josef-Apotheke habe die Apothekerkammer im Übrigen die Divisionsmethode angewendet.) Durch die beantragte Bewilligung der Apotheke der Mitbeteiligten komme es zu keinem Verlust an weiterhin zu versorgenden Personen für die beiden Apotheken der revisionswerbenden Parteien.
4 Aus diesem Grund wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien ab.
5 Hinsichtlich der von weiteren (von den revisionswerbenden Parteien verschiedenen) Beschwerdeführern betriebenen „Meine Marienapotheke“ und der Apotheke „Zur Heiligen Brigitta“ stellte das Verwaltungsgericht fest, die Entfernung der von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der Mitbeteiligten zur Marienapotheke betrage 498,60 m, die Entfernung jener Betriebsstätte zur Brigitta-Apotheke betrage 498,30 m.
6 Die damit gegebene Unterschreitung der in § 10 Abs. 2 Z 2 ApG genannten Entfernung von 500 m erachtete das Verwaltungsgericht wegen „besonderer örtlicher Verhältnisse“ im Sinn des § 10 Abs. 6 ApG als gerechtfertigt; (ausschließlich) in diesem Zusammenhang argumentierte das Verwaltungsgericht insbesondere mit einer „besonderen Bedarfssituation“ mit Blick auf die im Rahmen des „Stadtentwicklungsgebietes Nordwestbahnhof“ geplanten Vorhaben.
7 Die Zulassung der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur „Auslegung der Bestimmung des § 10 Abs. 6 Apothekengesetz (ausnahmsweises Unterschreiten der Entfernung von 500 Metern) bis dato fehlt“.
8 1.2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, welche als Revisionspunkt eine Verletzung im „Recht auf Nichterteilung einer Apothekenkonzession wegen Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen“ dafür geltend macht.
9 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Bestätigung des angefochtenen Erkenntnisses befürwortet, ohne Aufwandersatz anzusprechen.
10 Die Mitbeteiligte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision kostenpflichtig als unbegründet ab- bzw. als unzulässig zurückzuweisen.
11 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
13 2.2. Der Revisionswerber hat auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen, wenn die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für die Beurteilung deren Zulässigkeit nicht ausreicht oder der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben erachtet (vgl. etwa VwGH 25.3.2020, Ro 2020/10/0005, mwN).
14 3.1. Die revisionswerbenden Parteien stimmen zunächst der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes, dass Rechtsprechung zur „Anwendbarkeit des § 10 Abs 6 ApG“ fehle, zu und wenden sich in ausführlichen eigenen Zulässigkeitsausführungen (vgl. Punkt 3.4.2 der Revision) gegen die oben (Rz 5 und 6) wiedergegebene Beurteilung des Verwaltungsgerichtes nach § 10 Abs. 6 ApG, in welcher dieses mit Blick auf das „Stadtentwicklungsgebiet Nordwestbahnhof“ eine Unterschreitung des 500 m-Abstandes zu den (nicht von den revisionswerbenden Parteien betriebenen) Apotheken „Meine Marienapotheke“ und „Zur Heiligen Brigitta“ als gerechtfertigt erachtet hat.
15 Beide Revisionsbeantwortungen machen zutreffend darauf aufmerksam, dass sich die revisionswerbenden Parteien mit diesem Vorbringen außerhalb des ihnen im gegenständlichen Apothekenkonzessionsverfahren eingeräumten Mitspracherechtes bewegen:
16 Nach der hg. Rechtsprechung kann der Inhaber einer bestehenden öffentlichen Apotheke im Verfahren über die Verleihung einer Apothekenkonzession nur die Gefährdung seiner Existenz geltend machen, also vorbringen, dass die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte seiner öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt bzw. dass die Zahl der von seiner bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringern und weniger als 5.500 betragen wird. Auf ein eine andere als die eigene Apotheke betreffendes Vorbringen ist hingegen nicht einzugehen (vgl. etwa VwGH 29.11.2011, 2005/10/0218, mwN).
17 Dem wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen mangelt somit der Bezug zu subjektiven Rechten der revisionswerbenden Parteien, sodass damit eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht aufgezeigt wird (vgl. etwa VwGH 27.1.2016, Ra 2015/05/0088, mwN).
18 3.2. Mit Bezug auf Auswirkungen der neu zu errichtenden Apotheke der Mitbeteiligten auf die Zahl der von den Apotheken der revisionswerbenden Parteien aus weiterhin zu versorgenden Personen (vgl. § 10 Abs. 2 Z 3 ApG) bringen die Zulässigkeitsausführungen der Revision im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe bei der Aufteilung der Versorgungspotentiale der „Heiligen Josef-Apotheke“ und der „Schwan-Apotheke“ unzulässigerweise die Divisionsmethode angewendet (Hinweis u.a. auf VwGH 19.3.2002, 2001/10/0114 = VwSlg. 15.795 A): Wären jene zwei Apotheken richtigerweise „getrennt voneinander geprüft“ worden, wäre - als „Kettenreaktion“ - „das Versorgungspolygon“ der beiden von den revisionswerbenden Parteien betriebenen Apotheken „anders gezeichnet“ worden, was bei diesen zu „jeweils unter 5.500 zu versorgenden Personen“ geführt hätte.
19 Mit diesem Vorbringen legen die revisionswerbenden Parteien allerdings die Relevanz des behaupteten Begründungsmangels nicht konkret dar, setzte dies doch voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des vorgeworfenen Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 11.2.2019, Ra 2019/20/0009, mwN).
20 Dasselbe gilt für das Vorbringen, bei Berücksichtigung sämtlicher (zukünftig) neu entstehenden Wege und Querverbindungen durch das „Nordwestbahnhofgelände“ würden die Versorgungspolygone der Apotheken der revisionswerbenden Parteien „völlig anders aussehen“.
21 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.
22 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 24. August 2020
Schlagworte
Gesundheitswesen ApothekenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020100016.J00Im RIS seit
07.10.2020Zuletzt aktualisiert am
07.10.2020