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L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz OberösterreichNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision der S AG in S, vertreten durch die Anwälte Mandl & Mitterbauer GmbH in 4950 Altheim, Wiesnerstraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 9. April 2020, Zl. LVwG-551416/33/SE, betreffend Untersagung eines Vorhabens nach § 6 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schärding), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 9. April 2020 untersagte das Verwaltungsgericht - im Beschwerdeverfahren - gemäß §§ 6 Abs. 1 Z 5 und Abs. 3, 14 Abs. 1 Z 1 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 - Oö. NSchG 2001 das von der revisionswerbenden Partei mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2018 angezeigte Vorhaben einer „Beseitigung von Niederschlagswasser“ aus einem bestimmten Steinbruch, nämlich des „K.-Teiches“, wobei das Verwaltungsgericht die Revision nicht zuließ.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht - soweit für den vorliegenden Revisionsfall von Interesse - zugrunde, der K.-Teich liege im Grünland und außerhalb einer geschlossenen Ortschaft.
3 Ungeachtet einer am 10. Oktober 2018 festgestellten, bereits erfolgten Absenkung des Wasserspiegels des Teiches um drei bis vier Meter, habe unter Befassung eines naturschutzfachlichen Amtssachverständigen erhoben werden können, dass der ursprünglich künstlich angelegte Teich über mindestens 20 Jahre eine Biotop- und Habitatwirkung entfaltet habe; in ihm seien (zufolge der Naturschutzdatenbank des Landes Oberösterreich) seltene Wasserpflanzen vorgekommen, darunter das als „vom Aussterben bedroht“ eingestufte „Knoten-Laichkraut“ (Potamogeton nodosus). Bei Entfernung des Gewässers würde das verfügbare Lebensraumangebot für aquatische, insbesondere aber auch für semiaquatische Tierarten des lokalen Landschaftsraumes deutlich reduziert, so etwa für Erdkröte und Grasfrosch. Durch das angezeigte Vorhaben würden die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten maßgeblich geschädigt.
4 Das gegenständliche Stillgewässer mit einem Flächenausmaß von ca. 1,4 bis 1,5 ha präge den lokalen, innerhalb der derzeitigen Abbauränder vorhandenen Landschaftsraum maßgeblich; seine Beseitigung würde das lokale Landschaftsbild innerhalb des nach außen weitgehend abgeschirmten Geländes markant verändern. Dieser Eingriff in das Landschaftsbild sei innerhalb des südlichen Teilabschnittes des Steinbruchgeländes und vom dortigen Luftraum aus wahrnehmbar.
5 In rechtlicher Hinsicht ging das Verwaltungsgericht mit Blick auf § 6 Abs. 3 Oö. NSchG 2001 davon aus, dass das angezeigte Vorhaben den Naturhaushalt und die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten schädige und das Natur- und Landschaftsbild maßgeblich störe (vgl. § 1 Abs. 4 und § 14 Abs. 1 Z 1 Oö. NSchG 2001); für die Annahme eines Eingriffs in das Landschaftsbild genüge im Übrigen bereits die maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes von einem möglichen Blickpunkt aus (Hinweis auf VwGH 26.6.2014, 2011/10/0151, sowie 21.12.2016, Ro 2014/10/0046).
6 Die revisionswerbende Partei als die Anzeigende habe keine öffentlichen oder privaten Interessen glaubhaft gemacht,die das dargestellte öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwögen (vgl. § 6 Abs. 3 letzter Satz Oö. NSchG 2001):
7 Was die angeführte „Vermeidung der Gefährdung von Personen und Maschinen durch ein unkontrolliertes Abfließen des Wassers bei Fortsetzung des etagenweisen Abbaus“ anlange, so liege keine Bewilligung für einen Steinbruchbetrieb auf dem betreffenden Grundstück vor. Die weiters ins Treffen geführten Interessen („Existenzsicherung“ der revisionswerbenden Partei, Gewährleistung eines „zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes“, „langfristige lokale Rohstoffversorgung“) habe die revisionswerbende Partei nicht näher ausgeführt.
8 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 3.1. Vorauszuschicken ist, dass eine einzelfallbezogene Beurteilung - wie im vorliegenden Fall die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung nach § 6 Abs. 3 letzter Satz Oö. NSchG 2001 - im Allgemeinen nicht revisibel ist, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. etwa VwGH 25.3.2020, Ra 2020/10/0027, mwN, oder 29.7.2020, Ra 2020/10/0083).
12 3.2. In den Zulässigkeitsausführungen ihrer außerordentlichen Revision greift die revisionswerbende Partei mit Blick auf die naturschutzrechtliche Interessenabwägung des Verwaltungsgerichtes lediglich dessen Bewertung des Eingriffes in das Landschaftsbild auf und bringt dazu vor, das Verwaltungsgericht habe die Störung des Landschaftsbildes durch das Ablassen des K.-Teiches mit Blick auf die schon vorhandenen anthropogenen Eingriffe (Bergbaulandschaft) nicht ausreichend differenziert beurteilt (Hinweis u.a. auf VwGH 27.2.1995, 94/10/0176 [betreffend das Tir. NSchG 1991], und 25.3.1996, 91/10/0119 [betreffend § 4 Abs. 5 NÖ NSchG 1977]).
13 Gegen die Darlegungen des Verwaltungsgerichtes zur Beeinträchtigung des Naturhaushaltes und der Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten sowie zu den von der revisionswerbenden Partei (als für das Vorhaben sprechend) ins Treffen geführten öffentlichen und privaten Interessen bringen die Zulässigkeitsausführungen nichts vor.
14 3.3. Auch vor dem Hintergrund der zitierten hg. Rechtsprechung gelingt es der revisionswerbenden Partei damit nicht, eine Unvertretbarkeit der dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden Beurteilung aufzuzeigen, der zufolge die Beseitigung eines Teiches mit einer Oberfläche von rund 1,5 ha eine Störung des Landschaftsbildes darstellt, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft (so der hier maßgebliche Maßstab des § 14 Abs. 1 Z 1 Oö. NSchG 2001); in diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht richtig erkannt, dass für die Annahme eines Eingriffs in das Landschaftsbild bereits die maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes von einem möglichen Blickpunkt aus genügt (vgl. die in Rz 5 zitierte hg. Judikatur).
15 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. August 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100097.L00Im RIS seit
07.10.2020Zuletzt aktualisiert am
07.10.2020