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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, über die Revision der S M in S, vertreten durch Mag. Julia Fux, Rechtsanwältin in 2620 Neunkirchen, Triesterstraße 11, als bestellte Verfahrenshelferin, diese vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. August 2019, Zl. W278 1423015-3/15E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
I. Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Aberkennung des Status der Asylberechtigten und die Feststellung, dass der Revisionswerberin die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme, richtet, zurückgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Revision als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
III. Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 2. März 1994 wurde der Revisionswerberin, die staatenlos und im Libanon geboren sowie aufgewachsen ist, Asyl gewährt.
2 In der Folge wurde die Revisionswerberin mehrmals straffällig und im Zeitraum von Oktober 2001 bis August 2018 wiederholt zu (teilweise mehrjährigen) unbedingten Haftstrafen verurteilt.
3 Zuletzt wurde die Revisionswerberin mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 17. August 2018 wegen der Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls und der Verleumdung sowie des Vergehens des Gebrauchs fremder Ausweise zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
4 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31. Jänner 2019 wurde der Revisionswerberin der Status der Asylberechtigten aberkannt und festgestellt, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. Zudem wurde der Revisionswerberin der Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung derzeit unzulässig sei.
5 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung) mit Erkenntnis vom 5. August 2019 als unbegründet ab und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Dagegen erhob die Revisionswerberin sowohl eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
7 Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2020, E 3487/2019-15, wurde das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde der Revisionswerberin gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen und die Feststellung der derzeitigen Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung abgewiesen wurde, aufgehoben. Im Übrigen lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab.
8 Zu I.:
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 1.7.2020, Ra 2020/14/0170, mwN).
13 Die vorliegende Revision, die in ihrer Zulässigkeitsbegründung keinerlei Vorbringen zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten enthält, wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
14 In der Revision werden, soweit sie sich gegen die Aberkennung des Status der Asylberechtigten und die Feststellung, dass der Revisionswerberin die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme, richtet, somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in diesem Umfang zurückzuweisen.
15 Zu II.:
16 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
17 Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt unter anderem dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (vgl. etwa VwGH 26.9.2019, Ra 2019/19/0390, mwN).
18 Das angefochtene Erkenntnis wurde, soweit damit die Beschwerde der Revisionswerberin gegen die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen und die Feststellung der derzeitigen Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung abgewiesen wurde, vom Verfassungsgerichtshof mit dem oben in Rn. 7 näher genannten Erkenntnis aufgehoben und somit aus dem Rechtsbestand beseitigt.
19 Die Revisionswerberin erklärte in ihrer Stellungnahme vom 27. Juli 2020 auch ausdrücklich, in diesem Umfang von einer Klaglosstellung auszugehen.
20 Die Revision war daher im übrigen Umfang als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
21 Zu III.:
22 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 erster Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 31. August 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019010357.L00Im RIS seit
07.10.2020Zuletzt aktualisiert am
07.10.2020