TE Vwgh Beschluss 2020/9/7 Ra 2020/04/0100

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.09.2020
beobachten
merken

Index

50/01 Gewerbeordnung
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

AuslBG
GewO 1994 §87 Abs1 Z3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa-Janovsky, über die Revision des Z T in G, vertreten durch Dr. Alexander Haas, Rechtsanwalt in 8054 Seiersberg-Pirka, Haushamer Straße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 2. Juni 2020, Zl. LVwG 41.30-484/2020-9, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 8. Jänner 2020 entzog der Bürgermeister der Stadt Graz (belangte Behörde) dem Revisionswerber die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes „Gastgewerbe in der Betriebsart ‚Cafe‘ gemäß § 94 Z 26 GewO 1994 mit der Berechtigung gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994“ am näher genannten Standort in Graz.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei (Spruchpunkt II.).

3        Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, der Revisionswerber sei seit 15. Oktober 2014 Gewerbeinhaber der Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe. Er sei insgesamt fünfmal, davon jeweils einmal mit Tatzeiträumen in den Jahren 2016 und 2017 sowie dreimal mit Tatzeiträumen im Jahr 2018, wegen Überschreitung der Betriebszeit; dreimal wegen Übertretungen gemäß § 74 Abs. 1 und 2 iVm § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 im Zusammenhang mit Lärmbelästigungen der Anrainer, davon einmal mit Tatzeitraum im Jahr 2015 und zweimal mit Tatzeiträumen im Jahr 2016; einmal wegen Übertretung des Tabakgesetzes im Jahr 2016 und dreimal wegen Übertretungen des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz - TNRSG jeweils im Jahr 2018; zweimal wegen Verstoßes gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG mit Tatzeiträumen im Jahr 2015 und 2016; sowie einmal wegen Verstoßes gegen § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) mit Tatzeitraum im Jahr 2015 rechtskräftig bestraft worden. Neben der Nichteinhaltung der Sperrstunde und mehrfacher Verstöße gegen das Tabakgesetz bzw. das TNRSG, die das Schutzinteresse vor Gesundheitsgefährdungen betreffen würden, würden sich die Bestrafungen wegen Übertretungen des ASVG und des AuslBG auf das in § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 genannte Schutzinteresse der Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung beziehen. Trotz der Verhängung hoher Geldstrafen habe sich der Revisionswerber nicht von der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen abhalten lassen. Ausgehend von diesen Bestrafungen sei unter Bedachtnahme auf näher dargelegte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die belangte Behörde zu Recht bei der Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Revisionswerbers zum Schluss gekommen, dass die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sei. Ebenso wenig liege eine positive Zukunftsprognose gemäß § 87 Abs. 3 GewO 1994 vor, um ein später einwandfreies Verhalten des Gewerbetreibenden zu sichern. Daher komme auch eine befristete Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht in Betracht.

4        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Die Revision bringt zur Zulässigkeit im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe sich ohne nähere nachvollziehbare Begründung auf den bloßen Formalstandpunkt zurückgezogen, dass der vorliegende, der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt gleich zu beurteilen sei, wie die vom Verwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Dies betreffe insbesondere die Frage, warum nicht mit einer zeitlich befristeten Gewerbeentziehung das Auslangen habe gefunden werden können bzw. keine positive Zukunftsprognose vorliege.

9        Gemäß § 87 Abs. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn (Z 3) der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

10       Das in § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 enthaltene Tatbestandsmerkmal der „schwerwiegenden Verstöße“ kann nicht nur durch an sich als schwerwiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt werden, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen. Beim Verbot der Beschäftigung von nach dem AuslBG hiezu nicht berechtigten Arbeitnehmern handelt es sich um eine für die Aufrechterhaltung eines geordneten Arbeitsmarktes besonders wichtige Norm, deren Einhaltung zu den in § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 genannten Schutzinteressen zählt. Der Gesetzgeber hat der Einhaltung dieser Norm sehr großes Gewicht beigemessen (vgl. VwGH 1.10.2008, 2008/04/0135, 0136, mwN). Ob Verstöße gegen das AuslBG als „schwerwiegende Verstöße“ iSd § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 zu beurteilen sind, hängt wie auch grundsätzlich die Beurteilung, ob das Vorliegen bestimmter Verstöße zu der Schlussfolgerung zu führen hat, dass der Gewerbetreibende die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt, letztlich von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. VwGH 17.6.2019, Ra 2019/04/0067, Rn. 10). Eine solche Beurteilung vermag, soweit sie nachvollziehbar und vertretbar ist, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu begründen (vgl. VwGH 8.8.2018, Ra 2018/04/0135, Rn. 16).

11       Ausgehend von den wiederholten Übertretungen der GewO 1994 sowie den wiederholten Verstößen gegen das Tabakgesetz bzw. das TNRSG und das ASVG sowie des Verstoßes gegen das AuslBG von 2015 bis 2018 ist die Annahme der mangelnden Zuverlässigkeit des Revisionswerbers für die Ausübung des Gewerbes nachvollziehbar und unter Bezugnahme auf diese Rechtsverletzungen vom Verwaltungsgericht jedenfalls hinreichend begründet. Die Revision zeigt demgegenüber in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht ansatzweise eine die Zulässigkeit rechtfertigende krasse Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichts auf.

12       Dies gilt gleichsam für die vom Verwaltungsgericht verneinte Befristung der Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 3 GewO 1994. Eine solche Befristung kommt nur dann in Betracht, wenn besondere Gründe gegeben sind, die erwarten lassen, eine bloß befristete Maßnahme reiche aus, um ein späteres einwandfreies Verhalten des Gewerbetreibenden zu sichern (vgl. wiederum VwGH 8.8.2018, Ra 2018/04/0135, Rn. 15, mwN). Entgegen der wiederholten Begehung von Verstößen trotz erfolgter Bestrafung, die ihrerseits bereits als schwere Rechtsverletzungen beurteilt werden (vgl. VwGH 18.9.2019, Ra 2019/04/0102, Rn. 12, mwN), legt das Zulässigkeitsvorbringen keine die befristete Entziehung rechtfertigende Gründe und somit auch diesbezüglich keine Fehlbeurteilung des Verwaltungsgerichts dar.

13       In der Revision werden daher auf dem Boden der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe, die für die gesetzmäßige Ausführung der Revision erforderlich ist, keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Damit ist auf das weitere Revisionsvorbringen nicht einzugehen (vgl. etwa VwGH 28.7.2020, Ra 2019/04/0022, Rn. 14, mwN). Die Revision war somit zurückzuweisen.

Wien, am 7. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020040100.L00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten