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E1PNorm
AVG §68 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Mag. C D in R, vertreten durch Mag. Heinz Bauer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Elisabethstraße 50b, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 29. Mai 2020, Zl. KLVwG-523/2/2020, betreffend Angelegenheiten nach dem WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit infolge Beschwerderückziehung rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde als Wasserrechtsbehörde vom 19. Juli 2016 wurde dem Revisionswerber sowohl gemäß § 138 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) als auch § 57 Kärntner Naturschutzgesetz 2002 (K-NSG 2002) u.a. jeweils aufgetragen, „bis längstens 30. September 2016 den konsenslos errichteten Umgang um das Badehaus im Ausmaß von 7,99 m² sowie die ebenso konsenslos errichtete nördlich direkt an das Badehaus anschließende Plattform im Ausmaß von 16,79 m² und die konsenslos errichtete Abgangsstiege anschließend an den seeseitigen Badestege im Ausmaß von 2,35 m² im Gesamtausmaß von 21,71 m² zu entfernen“ (dort Spruchpunkte II. und VI).
2 Der Revisionswerber kam auch weiteren Aufforderungen der belangten Behörde zur Entfernung des konsenslosen Überbaus nicht nach, stellte jedoch am 23. Jänner 2018, 12. Juni 2018, 23. April 2019 und 10. Juli 2019 Anträge auf Genehmigung dieser bzw. anderer Maßnahmen, die seiner Ansicht nach die nachträgliche Bewilligung der oben genannten Seeüberbauten ermöglichen würde.
3 Mit Bescheid vom 11. November 2019 erteilte die belangte Behörde zunächst in Spruchpunkt I. einem bestimmten Unternehmer gemäß §§ 1, 2, 4 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) iVm §§ 38 und 138 WRG 1959 sowie § 57 K-NSG 2002 im Sinne einer Ersatzvornahme den Auftrag zur Entfernung der konsenslosen Seeüberbauten entsprechend den Spruchpunkten II. und VI. des Bescheides vom 19. Juli 2016 „in einem Gesamtausmaß von 21,70 m², bestehend aus dem konsenslos errichteten Umgang um das Badehaus im Ausmaß von ca. 7,99 m² sowie der ebenfalls konsenslos errichteten nördlich direkt an das Badehaus anschließenden Plattform im Ausmaß von 16,79 m² sowie zur Entfernung der konsenslos errichteten Abgangsstiege anschließend an die seeseitige Badestiege im Ausmaß von 2,35 m². Dies bis längstens 30.04.2020.“ In Spruchpunkt II. des Bescheides wies die belangte Behörde weiters die Anträge vom 23. Jänner 2018, 23. April 2019 und 10. Juli 2019 ab. Der Antrag vom 12. Juni 2018 wurde mit gesondertem Bescheid vom gleichen Tag, welcher hier nicht verfahrensgegenständlich ist, abgewiesen.
4 Gegen beide Bescheide vom 11. November 2019 erhob der Revisionswerber je eine mit 11. Dezember 2019 datierte Beschwerde an das Verwaltungsgericht.
5 Die belangte Behörde führte im Hinblick auf diese beiden Beschwerden eine mündliche Verhandlung durch und erließ am 7. Februar 2020 zwei Beschwerdevorentscheidungen. Die hier verfahrensgegenständliche erging laut ihrem Betreff über die „Beschwerde vom 11.12.2019 gegen den Bescheid ... vom 11.11.2019 ..., mit welchem der Auftrag zur Durchführung der Ersatzvornahme erteilt wurde“.
6 Nach dem Spruch dieser Beschwerdevorentscheidung „wird der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land vom 12.07.2018 ... hinsichtlich des Spruchpunktes I. wie folgt berichtigt bzw. konkretisiert:“ Demnach wird dem Unternehmer der Auftrag zur Entfernung der konsenslosen Seeüberbauten entsprechend den Spruchpunkten II. und VI. des Bescheides vom 19. Juli 2016 in einem Gesamtausmaß von 20,74 m² erteilt. „Zu entfernen sind: die konsenslos errichtete nördlich direkt an das Badehaus anschließenden Plattform im Ausmaß von 16,79 m²; die konsenslos errichtete Abgangsstiege anschließend an die seeseitige Badestiege im Ausmaß von 2,35 m² und vom konsenslos errichteten westlich des Badehauses befindlichen Umgang vom äußersten Rand (seeseitig) 20 cm in der Breite, somit im Ausmaß von 1,6 m². Dies bis längstens 29.02.2020 bzw. für den Fall, dass die Maßnahme bis zum 29.02.2020 nicht möglich sein sollte, bis längstens 31.10.2020, wobei zwischen 01.03.2020 und 30.09.2020 die Maßnahme nicht durchgeführt werden darf.“ Im Übrigen wurden die Beschwerdeanträge als unbegründet abgewiesen.
7 Der Revisionswerber stellte daraufhin einen Vorlageantrag an das Verwaltungsgericht, in dem er auch den in der Beschwerde bereits gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wiederholte.
8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und bestätigte die Beschwerdevorentscheidung einerseits zu Spruchpunkt I. „aus wasserrechtlicher Sicht“ und andererseits zu Spruchpunkt II. mit der Maßgabe, dass die Anträge vom 23. Jänner 2018 sowie 23. April 2019 zurückgewiesen und (lediglich) der Antrag vom 10. Juli 2019 abgewiesen wird. Eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für unzulässig.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der der Revisionswerber zu den Revisionspunkten ausführt, er erachte sich „in seinen Rechten auf Eingriff in sein Vermögen durch die beauftragten Arbeiten ..., die zur Entfernung der äußerst kostspieligen Seeeinbauten führen, auf Einhaltung der Tierartenschutzverordnung“ verletzt. Weiters rügt er die Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf Schutz des Eigentums sowie eine Verletzung des Art. 47 Abs. 2 GRC im Hinblick auf rechtliches Gehör und faires Verfahren.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtshofs gemäß § 41 VwGG auf den Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte beschränkt ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (VwGH 24.3.2014, Ro 2014/01/0017, und 24.11.2016, Ro 2014/07/0037, je mwN).
11 Bei dem als verletzt bezeichneten „Recht auf ein faires Verfahren“ und „Recht auf Gehör“ handelt es sich nicht um die Geltendmachung eines Revisionspunktes, sondern um die Behauptung von Revisionsgründen (vgl. etwa VwGH 17.10.2016, Ro 2014/17/0085). Solche können nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden.
12 In den somit verbleibenden Revisionspunkten (Eigentumseingriff durch Entfernung der Einbauten und Verletzung der Tierartenschutzverordnung) kann der Revisionswerber nur durch den Auftrag zur Ersatzvornahme nach dem VVG (Bestätigung von Spruchpunkt I. des Bescheides der belangten Behörde in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung) betroffen sein. Damit scheidet eine Prüfung der davon rechtlich trennbaren Ab- bzw. Zurückweisung von Anträgen des Revisionswerbers (Bestätigung von Spruchpunkt II. des Bescheides der belangten Behörde) durch den Verwaltungsgerichtshof aus.
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 Die Revision führt vier Gründe an, aus denen sie entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes zulässig sein soll: Das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgegangen. Weiters fehle Rechtsprechung dazu, ob ein Verwaltungsgericht eine Entscheidung über ein Rechtsmittel fällen dürfe, über das die erstinstanzliche Behörde noch nicht entschieden habe, ob mündliche Verhandlungen zur (Verhinderung der) Verbreitung von COVID-19 unterbleiben dürften und ob mit Vollstreckungsmaßnahmen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 ein Verstoß gegen ein Landesgesetz (Tierartenschutzverordnung für Kärnten) einhergehen dürfe.
17 Mit dem Vorbringen zur unterbliebenen mündlichen Verhandlung zeigt die Revision schon deshalb keine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf, weil das dazu von der Revision angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018, das Absehen von der Verhandlungspflicht nach § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) behandelt. Diese Regelung gilt jedoch nur für Beschwerdeverfahren in bestimmten Angelegenheiten, in denen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl belangte Behörde ist (vgl. § 1 iVm § 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 BFA-VG). Im vorliegenden Fall ist für die Frage, ob das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen kann, jedoch mangels Sonderbestimmungen die subsidiäre Regelung des § 24 Abs. 4 VwGVG maßgeblich.
18 Mit dem Vorbringen, von der Durchführung der mündlichen Verhandlung hätte nicht abgesehen werden dürfen, macht der Revisionswerber im Übrigen einen Verfahrensmangel geltend, ohne dessen Relevanz darzulegen. Soweit die Zulässigkeit der Revision mit einem Verfahrensmangel begründet wird, ist nämlich schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung dessen Relevanz, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, darzutun. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 12.6.2019, Ra 2017/06/0030, mwN).
19 Zwar ist bei behaupteter Verletzung von Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC durch das Unterbleiben der Verhandlung eine derartige Relevanzdarstellung nicht erforderlich. Außerhalb des Anwendungsbereiches des Art. 6 EMRK bzw. des Art. 47 GRC ist es jedoch weiterhin Sache des Revisionswerbers, die Relevanz der unterbliebenen mündlichen Verhandlung aufzuzeigen (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0241, mwN). Annexverfahren, die keine Entscheidung in der Hauptsache enthalten, fallen grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK, was auch für ein Vollstreckungsverfahren gilt, das allein der Durchsetzung einer bereits im Titelverfahren getroffenen Entscheidung dient (vgl. etwa zur Anordnung einer Ersatzvornahme: VwGH 28.5.2013, 2011/05/0139, mwN auch aus der Judikatur des EGMR). Betreffend die Grundrechtecharta behauptet der Revisionswerber zwar eine Verletzung des Art. 47 GRC, es wird jedoch weder vorgebracht, noch ist sonst ersichtlich, dass die bekämpfte Vollstreckungsverfügung in Durchführung des Rechtes der Europäischen Union ergangen wäre (zum Anwendungsbereich vgl. Art. 51 GRC).
20 Somit zeigt der Revisionswerber mangels Relevanzdarstellung weder im Hinblick auf § 24 Abs. 4 VwGVG noch im Zusammenhang mit der (bloß hilfsweisen) Begründung des Verwaltungsgerichtes, die Verhandlung habe auch zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 unterbleiben können, weil dem Verwaltungsgericht keine Ausstattung zur Durchführung von Videokonferenzen zur Verfügung stehe, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, von der das Ergebnis der Revision abhinge.
21 Im Zusammenhang mit der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage, ob ein Verwaltungsgericht eine Entscheidung über ein Rechtsmittel fällen dürfe, über das die erstinstanzliche Behörde noch nicht (offenbar gemeint: durch Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung) entschieden habe, setzt die Revision voraus, dass die belangte Behörde mit der hier verfahrensgegenständlichen Beschwerdevorentscheidung vom 7. Februar 2020 (entsprechend ihrem Spruch, vgl. oben Rn. 6) lediglich einen Bescheid vom 12. Juli 2018 behandelt, über den in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 11. November 2019 hingegen bislang nicht abgesprochen hätte.
22 Die Bezugnahme auf einen Bescheid vom 12. Juli 2018 im Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom 7. Februar 2020 beruht offenbar auf einem Versehen. Dieser Bescheid vom 12. Juli 2018 legte dem Revisionswerber die Verpflichtung zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs. 2 VVG auf. Die Beschwerde dagegen war bereits am 17. Oktober 2019 vom Verwaltungsgericht erledigt worden (vgl. zu diesem Verfahren VwGH 5.4.2020, Ra 2020/07/0014). Die Beschwerdevorentscheidung vom 7. Februar 2020 betraf hingegen nach ihrem Betreff und ihrer Begründung (an deren Beginn der bekämpfte Bescheid nahezu vollständig wörtlich wiedergegeben wurde) unzweifelhaft und für jedermann erkennbar die Beschwerde gegen den Bescheid vom 11. November 2019, mit dem u.a. die Ersatzvornahme angeordnet wurde.
23 Die Nennung des Bescheides vom 12. Juli 2018 im Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom 7. Februar 2020 ist daher als eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit nach § 68 Abs. 4 AVG jederzeit berichtigungsfähig. Die Beschwerdevorentscheidung ist schon vor seiner Berichtigung in der entsprechend richtigen Fassung zu lesen (vgl. VwGH 16.10.2019, Ra 2019/07/0095, mwN).
24 Demnach hat die belangte Behörde über die vom Verwaltungsgericht später behandelte Beschwerde bereits im Wege einer Beschwerdevorentscheidung entschieden, sodass sich die genannte Rechtsfrage nicht stellt.
25 Der letzten aufgeworfenen Rechtsfrage, ob nämlich mit Vollstreckungsmaßnahmen nach dem WRG 1959 ein Verstoß gegen ein Landesgesetz (konkret die Tierartenschutzverordnung für Kärnten) einhergehen dürfe, liegt folgendes Vorbringen des Revisionswerbers zugrunde: Nach der Erteilung des Titelbescheides hätten sich Würfelnattern auf der Liegenschaft des Revisionswerbers niedergelassen. Diese seien nach der Verordnung der (Kärntner) Landesregierung über den Schutz freilebender Tierarten (Tierartenschutzverordnung) vollkommen geschützt. Soferne die vom Beseitigungsauftrag betroffene Plattform entfernt würde, führte dies zur Bedrohung der Würfelnatterbestände auf dem Grundstück des Revisionswerbers und damit zu einem Verstoß gegen die genannte Verordnung.
26 Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich in der Begründung seines Erkenntnisses die Ausführungen einer Sachverständigen für Reptilien und Gifttiere aus der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde (im Beschwerdevorverfahren vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung) wiedergegeben. Demnach führe die Durchführung der Abbrucharbeiten in der vom zu beauftragenden Unternehmer beabsichtigten Form nicht zu einer nichttolerierbaren Beeinträchtigung der Würfelnatter, wenn dies im Winter erfolge. Die Winterruhe der Würfelnatter beginne meist Anfang September und dauere bis März. Allerdings führe eine Veränderung des Lebensraums zu einer Beeinträchtigung, was bedeute, dass im Bereich der Widerhitze jedenfalls das Bootshaus nicht entfernt und der Umgehungssteg nicht zur Gänze entfernt werden sollte. Im Übrigen hatte die Sachverständige auch angegeben, beim betroffenen Objekt schon lange vor der Schaffung des Titelbescheides Würfelnattern wahrgenommen zu haben.
27 Im Hinblick auf diese Ausführungen hat die belangte Behörde zum Schutz der Würfelnatter bereits in der Beschwerdevorentscheidung - ungeachtet der Beurteilung, dass die Ansiedlung der Tiere nicht erst nach Schaffung des Titels erfolgt sei - einerseits vorgesehen, dass die Ersatzvornahme im Zeitraum vom 1. März 2020 bis 30. September 2020 nicht durchgeführt werden dürfe, und andererseits die Entfernung des Umgehungssteges nur mehr in einem Ausmaß von 20 cm Breite (somit 1,6 m² anstelle von 7,99 m²) angeordnet.
28 Das Verwaltungsgericht kommt auf dieser Basis schließlich zur Feststellung, dass der Lebensraum der Würfelnatter nicht beeinträchtigt wird, wenn die Entfernung in der vorgeschriebenen Zeit - zur Winterruhe der Würfelnatter - stattfindet.
29 Mit der in der Zulässigkeitsbegründung unterbreiteten bloßen gegenteiligen Behauptung, die Umsetzung des Beseitigungsauftrages führe zur Bedrohung der Würfelnatterbestände, ohne auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichtes einzugehen, wird eine Unvertretbarkeit der diesbezüglichen Beweiswürdigung nicht dargestellt. Entfernt sich die revisionswerbende Partei bei der Zulässigkeitsbegründung jedoch dergestalt vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (VwGH 5.4.2020, Ra 2020/07/0014, mwN, zur identischen Argumentation des Revisionswerbers in der gleichen Angelegenheit).
30 Da somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.
Wien, am 8. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020070061.L00Im RIS seit
02.11.2020Zuletzt aktualisiert am
02.11.2020