TE Lvwg Erkenntnis 2020/8/24 LVwG-2020/47/1123-6

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Veröffentlicht am 24.08.2020
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Entscheidungsdatum

24.08.2020

Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht
40/01 Verwaltungsverfahrens

Norm

LSD-BG 2016 §28 Z1
VStG §22 Abs1
VStG §9

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Keplinger über die Beschwerde des AA, geb xx.xx.xxxx, wohnhaft in Adresse 1, Z, Italien, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Y vom 06.05.2020, Zl ***, betreffend Übertretungen nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 400,00 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem beschwerdegegenständlichen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der BB GmbH / BB SRL mit Sitz der Unternehmensleitung in Italien, Z, Adresse 2 (ohne eine Betriebsniederlassung in Österreich), zur Last gelegt, es zu verantworten zu haben, dass die vier Arbeitnehmer CC, geb xx.xx.xxxx, DD, geb xx.xx.xxxx, EE, geb xx.xx.xxxx, und FF, geb xx.xx.xxxx, in der Zeit von 08.09.2019 bis zumindest 24.10.2019 sowie alle jedenfalls am 24.10.2019 um 09.50 Uhr (Kontrollzeitpunkt) grenzüberschreitend von Italien nach Österreich auf die Baustelle „Sanierung X Brücke“ in Y, zur Durchführung des Gewerks „Gerüst aufstellen“ entsandt wurden, für die entsandten Arbeitnehmer jedoch die Lohnunterlagen iSd § 22 Abs. 1 LSD-BG, und zwar die Arbeitsverträge, die Arbeitszeitaufzeichnungen sowie die Lohnzettel von September samt Auszahlungsnachweisen am Arbeitseinsatzort im Inland während des Entsendezeitraumes nicht bereitgehalten wurden. Diese Unterlagen wurden der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse auch nicht unmittelbar vor Ort und im Zeitpunkt der Erhebung in elektronischer Form zugänglich gemacht.

Er habe dadurch § 28 Z 1 iVm § 22 Abs 1 LSD-BG iVm § 9 Abs 1 VStG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von Euro 2.000,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) gemäß § 28 LSD-BG verhängt wurde. Die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wurden mit Euro 200,00 festgesetzt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erhoben und beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, das Straferkenntnis zu annullieren und die Eintragung des Beschuldigten und jenes Unternehmens in der zentralen Evidenz verwaltungsbehördlicher Strafverfahren des Kompetenzzentrums zu annullieren.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, die Einsichtnahme in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes, die Einvernahme des Beschwerdeführers und des Zeugen GG in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.08.2020 (OZ 5), die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafregisterauszug des Beschwerdeführers (Beilage./A zur OZ 5).

II.      Sachverhalt:

Am 24.10.2019 führte GG eine Kontrolle der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse an der Baustelle „Sanierung X Brücke“ in Y durch. Anlässlich dieser Kontrolle wurden vier Arbeiternehmer der BB GmbH / BB SRL mit Sitz in Italien, Z, angetroffen. Bei diesen vier Arbeitnehmern handelte es sich um CC, geb xx.xx.xxxx, DD, geb xx.xx.xxxx, EE, geb xx.xx.xxxx, und FF, geb xx.xx.xxxx. Handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach außen vertretungsbefugtes Organ der BB GmbH ist AA, geb xx.xx.xxxx.

Die BB GmbH montierte und demontierte beim Bauvorhaben „Sanierung X Brücke“ in Y im Zeitraum von 09.09.2019 bis 03.10.2019 ein Gerüst und im Zeitraum vom 14.10.2019 bis 26.11.2019 erfolgte die Demontage.

Bei der Kontrolle am 24.10.2019 wurde dem Kontrollorgan der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse eine Mappe vorgelegt, in welcher sich die ZKO3-Meldungen, die A1-Formulare und die Lohnzettel für den Zeitraum Juli und August für sämtliche der vier anwesenden Arbeitnehmer befanden. Nicht vorgelegt wurden jedoch die Arbeitsverträge, die Arbeitszeitaufzeichnungen sowie die Lohnzettel von September samt Auszahlungsnachweisen. Diese Unterlagen wurden auch nicht unmittelbar vor Ort und im Zeitpunkt der Kontrolle in elektronischer Form zugänglich gemacht. Das Kontrollorgan konnte sich auf der Baustelle mit zwei der vier Arbeiter problemlos auf Deutsch verständigen.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Kontrolle am 24.10.2019 durch ein Organ der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse ergeben sich aus der Anzeige vom 17.12.2019, Zl ***, sowie der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussage des Zeugen GG in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.08.2020. Die Anstellung der Arbeitnehmer CC, DD, EE, und FF bei der BB GmbH wurde vom Beschwerdeführer bestätigt. Darüber hinaus hat dieser auch nicht bestritten, dass die vier Arbeitnehmer zur Baustelle „Sanierung X Brücke“ im Tatzeitraum entsandt wurden. Dies wird darüber hinaus durch die vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen der vier Arbeitnehmer belegt.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der BB GmbH ist, ergibt sich aus dessen eigenen Angaben sowie eines Auszuges aus dem Handelsregister der Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen vom 12.12.2019.

Die Feststellung, dass für die vier Arbeitnehmer CC, DD, EE, und FF am 24.10.2019 bei der Kontrolle die Arbeitsverträge, die Arbeitszeitaufzeichnungen sowie die Lohnzettel von September samt Auszahlungsnachweisen nicht bereitgestellt und auch nicht in elektronischer Form zugänglich gemacht wurden, ergibt sich einerseits aus der Anzeige der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vom 17.12.2019, Zl ***, sowie der glaubwürdigen Aussage des Meldungslegers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.08.2020. Bei der Kontrolle auf der Baustelle wurde dem Kontrollorgan der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse eine Mappe vom Schichtführer vorgelegt, welche Unterlagen betreffend die vier Arbeitnehmer enthielt. Der Zeuge Schwabegger, welcher diese Mappe im Rahmen der Kontrolle sichten konnte, gab glaubwürdig und nachvollziehbar an, dass diese weder Arbeitsverträge, noch Arbeitszeitaufzeichnungen sowie Lohnzettel von September samt Auszahlungsnachweisen enthielt. Auch die Angaben des Zeugen, dass er sich mit den Arbeitnehmern problemlos verständigen konnte, zumal zwei Arbeiter Südtiroler waren und somit Deutsch sprachen, war glaubwürdig und nachvollziehbar. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass sich die nicht vorgewiesenen Lohnunterlagen in einem Fahrzeug der Arbeitnehmer befunden haben müssten, ist als reine Schutzbehauptung zu sehen. Es ist jedenfalls lebensfremd, dass sämtliche Unterlagen (A1-Formulare, ZKO3-Meldungen und Lohnzettel für den Zeitraum Juli/August) in einer Mappe bereitgehalten werden, die bei der Kontrolle vorgezeigt wird, und die Arbeitsverträge und Lohnzettel für September hingegen in einem Auto bereitgehalten werden und von den Arbeitern nicht vorgelegt werden.

IV.      Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes, BGBl I Nr 44/2016, idF BGBl I Nr 99/2020, lauten auszugsweise, wie folgt:

„Bereithaltung von Lohnunterlagen

§ 22. LSD-BG

(1)  Arbeitgeber im Sinne der §§ 3 Abs. 2, 8 Abs. 1 oder 19 Abs. 1 haben während der Dauer der Beschäftigung (im Inland) oder des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 19 Abs. 3 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel im Sinne der Richtlinie 91/533 des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache, ausgenommen den Arbeitsvertrag, am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder diese den Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort und im Zeitpunkt der Erhebung in elektronischer Form zugänglich zu machen, auch wenn die Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers in Österreich früher geendet hat. Der Arbeitsvertrag ist entweder in deutscher oder in englischer Sprache bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ein Beschäftiger, der einen Arbeitnehmer zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsendet, gilt in Bezug auf die Verpflichtung nach dieser Bestimmung als Arbeitgeber. § 21 Abs. 2 findet sinngemäß Anwendung.

Nichtbereithalten der Lohnunterlagen

§ 28. LSD-BG

Wer als

1.   Arbeitgeber entgegen § 22 Abs. 1 oder Abs. 1a die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

2.   Überlasser im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 22 Abs. 2 die Lohnunterlagen dem Beschäftiger nicht nachweislich bereitstellt, oder

3.   Beschäftiger im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 22 Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden Arbeitnehmer mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer betroffen, für jeden Arbeitnehmer mit einer Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG 1991), BGBl Nr 52/1991, idF BGBl I Nr 58/2018 lauten auszugsweise, wie folgt:

„Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. VStG

(1)  Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2)  Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3)  Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

(4)  Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(5)  Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.

(6)  Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des § 7 – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

(7)  Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.“

V.       Erwägungen:

Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass die vier Arbeitnehmer CC, DD, EE, und FF bei der BB GmbH angestellt sind und auf die Baustelle „Sanierung X Brücke“ in Y von Italien nach Österreich entsandt wurden. Bei der am 24.10.2019 durch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse durchgeführten Kontrolle wurden keine Lohnunterlagen im Sinn des § 22 Abs 1 LSD-BG, nämlich Arbeitsverträge, Arbeitsaufzeichnungen und Lohnzettel von September samt Auszahlungsnachweisen betreffend alle vier Arbeitnehmer bereitgehalten und auch nicht unmittelbar vor Ort und im Zeitpunkt der Erhebung in elektronischer Form zugänglich gemacht. Der Beschwerdeführer hat als strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs 1 VStG den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung in § 28 Z 1 LSD-BG erfüllt.

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Beweislast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH, welche laufend Arbeitnehmer nach Österreich entsendet, wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, sich über die gesetzlichen Bestimmungen zu informieren und die entsprechenden Lohnunterlagen bereitzuhalten. Der Beschwerdeführer vermochte nicht darzulegen, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Er hat sohin die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Es war zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten, als erschwerend war kein Umstand zu werten. Die belangte Behörde wertete die Tatsache als erschwerend, dass im gegenständlichen Fall vier Arbeitnehmer betroffen waren. Gemäß § 28 Z 1 ist bei einem Verstoß gegen § 22 Abs 1 oder Abs 1a LSD-BG eine Geldstrafe für jeden Arbeitnehmer von Euro 2.000,00 bis Euro 20.000,00 zu verhängen, wenn mehr als drei Arbeitnehmer betroffen sind. Erschwerungs- und Milderungsgründe dürfen nur insofern gewertet werden, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen. Dass im gegenständlichen Fall vier Arbeitnehmer und sohin mehr als drei betroffen waren, wirkte sich bereits auf die Strafdrohung aus, weshalb dieser Umstand nicht als erschwerend gewertet werden konnte.

Der Schutzzweck der gegenständlichen Norm liegt darin, es zu verhindern, dass im Zusammenhang mit der Ausübung der Dienstleistungsfreiheit österreichische Arbeitsbedingungen unterlaufen werden, sohin sicherzustellen, dass sämtliche in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer entsprechend dem gesetzlichen Mindestlohn beschäftigt werden und entsprechend zugeordnet und kontrolliert werden können. Im gegenständlichen Fall ist diesem Schutzzweck zuwidergehandelt worden, da durch die Nichtbereithaltung der Arbeitsverträge, Arbeitszeitaufzeichnungen und Lohnzettel samt Auszahlungsnachweisen für das Monat September eine Kontrolle nicht möglich war.

Aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol ist der von der belangten Behörde verhängten Gesamtstrafe in Höhe von Euro 2.000,00 (2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) sowie dem mit Euro 200,00 bestimmten Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens nichts entgegenzuhalten. Im Hinblick auf das Urteil des EuGH vom 12.09.2019, Rs C-64/18, ua, Maksimovic, ist die gegenständlich vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu einer einzigen Verwaltungsübertretung zusammenzufassen und eine Gesamtstrafe zu verhängen. Gegen die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe mit 2 Tagen ist aus Sicht des Landesverwaltungs-gerichtes nichts einzuwenden, da sich die kumulierte Strafe sowie die Ersatzfreiheitsstrafe im gegenständlichen Fall als insgesamt verhältnismäßig erweist.

Bei dem Beschwerdeführer war von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögens-verhältnissen auszugehen. Die Höhe der verhängten Geldstrafe war schuld- und tatangemessen und jedenfalls geboten, um den Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung Rechnung zu tragen und den Beschwerdeführer künftig von einer derartigen Verwaltungsübertretung abzuhalten.

Insgesamt war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

zusätzlicher Hinweis:

Gemäß § 35 Abs 2 LSD-BG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechtskräftigen Bestrafung die Eintragung der/des Beschuldigten und jenes Unternehmens, dem die Bestrafung zuzurechnen ist, in die vom Kompetenzzentrum LSDB geführte Evidenz verbunden ist.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Keplinger

(Richterin)

Schlagworte

Nichtbereithalten der Lohnunterlagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.47.1123.6

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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