TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/7 L506 2209188-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.10.2019
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Entscheidungsdatum

07.10.2019

Norm

AsylG 2005 §13 Abs2 Z2
B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

L506 2209188-1/18E

L506 2209188-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. GABRIEL als Einzelrichterin über die Beschwerden des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch RAe Dellasega & Kapferer, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX und vom XXXX , Zl. XXXX , Regionaldirektion Tirol, Außenstelle Innsbruck, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.07.2019, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde vom 02.11.2018 wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. wird stattgegeben und dieser gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG behoben.

II. Die Beschwerde vom 16.07.2019 wird gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Z 1 FPG idgF und § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 02.01.2016 nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Anlässlich der Erstbefragung am selben Tag gab der BF als Grund für seine Ausreise an, er sei vom Islam zum Christentum konvertiert, weshalb er den Iran verlassen habe müssen, da Religionswechsel bedeute, umgebracht zu werden. Er habe einen Brief von der Regierung erhalten, in dem gestanden habe, dass er umgebracht werde; er wisse nicht, wo sich der Brief befinde und habe einer seiner Freunde seinen Glaubenswechsel verraten.

3. Am 06.01.2018 erfolgte eine Mitteilung der LPD XXXX an das BFA, wonach der BF unangemeldet in einem Club als Türsteher arbeite.

4. Am 18.08.2018 legte der BF einen Taufschein, ausgestellt vom XXXX beim BFA vor.

5. Am 16.08.2018 erfolgte die Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA). Eingangs erklärte der BF er habe hinsichtlich der Reisedauer und der durchreisten Staaten gelogen und habe er auch Mazedonien durchreist; überdies habe er entgegen seiner Angaben in der Erstbefragung seit 2012 einen Bruder in Österreich. Außerdem sei er nicht illegal, sondern legal mit seinem Reisepass aus dem Iran in die Türkei, wo er den Pass vernichtet habe, ausgereist. Die Falschangaben in der Erstbefragung habe er auf Anraten von Leuten gemacht; auch die Vernichtung des Reisepasses sei auf Anraten erfolgt. Der BF legte einen Führerschein, seine Geburtsurkunde und seinen Personalausweis sowie verschiedene Empfehlungsschreiben und einen Zeitungsartikel vor. Er habe im Iran als selbständiger Handyverkäufer und - techniker gearbeitet und ca. 1200 Euro netto verdient.

Im 9. Monat des Jahres 2015 habe er seine Religion gewechselt und dann in Absprache mit seinem in Österreich lebenden Bruder den Ausreiseentschluss gefasst; wenn bekannt werden würde, dass er Christ sei, würde er Probleme bekommen. Er habe von der Religion nichts wissen wollen, bis er 2013 bzw. 2014 über eine religiöse Sendung im Fernsehen mit dem Christentum in Kontakt getreten sei. Er habe durch Lesen den Islam und das Christentum verglichen; das Christentum sei eine sehr freundliche Religion und der richtige Wegweiser, wie man sich verhalten solle; dies sei alles, an das er sich erinnern könne. Früher sei er zornig und aggressiv gewesen, doch sei nun das Gegenteil eingetreten.

Auch habe er die Bibel gelesen. Er habe auch an einem Bibelkurs teilgenommen. Gefragt, wie er Weihnachten feiere, erklärte der BF, die Geburt Christi und es werden Eier gefärbt.; dies sei alles, dann sei neues Jahr. Gefragt, wie er Ostern feiere, gab der BF an, es gebe eine Versammlung in der Kirche und es werde gefeiert. Weiter gefragt, aus welchem Anlass das Osterfest gefeiert werde, erklärte der BF, es werde eine Messe gehalten und es werde für die Menschheit gebetet. Was an Pfingsten gefeiert werde, wisse er nicht.

Zu seinem christlichen Glauben habe er auch auf Facebook und Instagram unter dem Namen XXXX gepostet. Es sei ein Foto von ihm zu sehen und sei die Seite für jeden zugänglich. Er könne jedoch nicht belegen, dass er Christliches gepostet habe und würden die Einträge nach einem Tag gelöscht werden. Seit seiner Taufe am XXXX fühle er sich als Christ.

In weiterer Folge wurden dem BF Wissensfragen zum christlichen Glauben sowie zu seinem Leben in Österreich gestellt.

6. Am 05.09.2018 langte beim BFA eine Verständigung von der Anklageerhebung gegen den BF wegen § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung) ein und wurde über Rückfrage des BFA am 17.09.2018 mitgeteilt, dass die Anklageerhebung am 30.08.2018 erstellt worden sei.

7. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 17.09.2018 wurde de BF gem. § 13 Abs. 2 AsylG der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet wegen der betreffenden Anklage mitgeteilt und der BF aufgefordert, seine Aufenthaltsberechtigungskarte zu retournieren.

8. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.10.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.).

Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.).

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.)

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft betrage (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde festgestellt, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG ab 30.08.2018 verloren habe (Spruchpunkt VII.).

Das BFA stellte zusammengefasst fest, dass im Falle des BF, dessen Identität nicht feststehe, keine Verfolgung im Sinne der GFK existent sei, da die seitens des BF angegebenen Gründe für die Ausreise nicht glaubwürdig seien. Bei der in Österreich vorgenommenen Konversion handle es sich um eine Scheinkonversion.

Der Brief, den der BF seitens der Regierung erhalten haben solle und in dem er mit dem Umbringen bedroht worden sei, sei seitens des BF in der behördlichen Einvernahme nicht mehr erwähnt worden und habe er diesen lediglich in der Erstbefragung angegeben; vielmehr habe der BF in der Einvernahme die Frage, ob er von staatlichen Behörden gesucht werde, verneint, sodass nicht von der Existenz eines solchen Briefes auszugehen sei; auch sei nicht nachvollziehbar, dass der BF nicht wisse, wo sich der Brief befinde und sei überdies auch eine solche Vorgehensweise der iranischen Behörden nicht plausibel.

Auch sei keine Rückkehrgefährdung des BF existent und bestehe in Österreich kein schützenswertes Privat- oder Familienleben.

Auch die angegebene legale Ausreise des BF aus dem Iran erschüttere die Glaubwürdigkeit seiner Angaben, wonach er seitens der Behörden mit dem Umbringen bedroht worden sei, zumal er diesfalls nicht den Weg der legalen Ausreise gewählt hätte und wäre es einer staatlich verfolgten Person nicht möglich, legal auszureisen. Auch habe der BF keine nachvollziehbaren Angaben zum Ausreisegrund treffen können.

Der BF habe auch angegeben, im 9. Monat des Jahres 2015 seine Religion gewechselt zu haben, wohingegen er an anderer Stelle des Vorbringens behauptet habe, sich seit seiner Taufe am 14.08.2016 als Christ zu fühlen, worin ein weiterer Widerspruch in den Angaben des BF zu erblicken sei.

Der XXXX umfasse ca. 20.000 Mitglieder und sei gerade in der Flüchtlingshilfe engagiert und falle durch die starke Missionierungstätigkeit auf. Es sei durch die Taufe des BF eine Win-Win Situation entstanden, indem die Kirchengemeinde ein neues Mitglied und der BF ein Dokument bekommen habe.

Der BF sei bereits vier Monate nach dem Besuch des ersten Bibelkurses getauft worden, was ebenso für die Win-Win Situation spreche.

Auch habe der BF angegeben, die islamische Religion nicht praktiziert zu haben und kein gläubiger Moslem gewesen zu sein, sodass nicht nachvollziehbar sei, wie der BF den Islam und das Christentum verglichen haben soll und habe der BF hinsichtlich des angegebenen Religionsvergleiches lediglich dürftige und pauschale Angaben machen können und hätten sich im Zuge dessen gravierende Mängel im Hinblick auf den Islam offenbart.

Auch seien die Kenntnisse und das Wissen über die Glaubenssätze einer Religion bei Menschen, die im Erwachsenenalter konvertieren, in der Regel höher als bei jenen die vom Kindesalter an einer gewissen Religion angehört haben. Der Religionswechsel im Erwachsenenalter beruhe auf einer bewussten Entscheidung, sodass im Vorfeld entsprechende Informationen im Sinne einer vergleichenden und vertiefenden Auseinandersetzung über die neue Religion eingeholt werden, weshalb an einen Konvertiten im Erwachsenenalter ein strengerer Maßstab anzulegen sei als bei einem "gebürtigen Christen". Der BF scheine sich nie wirklich mit dem Islam beschäftigt oder diesen mit dem Christentum verglichen zu haben, weshalb ein Abfall vom Islam mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne.

Der BF habe zwar auf bestimmte Fragen ein theoretisches Wissen gezeigt, doch habe es seiner Schilderung an einer tiefsinnigen Interpretation gemangelt, welche von einem überzeugten Christen zu erwarten wäre. Der BF habe die Behörde nicht von einer engen Gottesbindung mit dem dauerhaften, ernsthaften Bedürfnis, ein zentral christlich geprägtes Leben zu führen, zu überzeugen vermocht.

Wenn der BF davon spreche, dass er nunmehr eine positive Gemütswandlung erfahren habe und nicht mehr zornig und aggressiv sei, so stelle dies einen Umgang dar, welcher unabhängig von religiöser Moral in verschiedensten Kulturen gepflegt werde und könne daraus nicht zwangsläufig geschlossen werden, dass der BF Christ sei.

Die innere Überzeugung könne angesichts mangelnder einschlägiger Kenntnis der christlichen Religion sowie wenig tiefgreifenden Verständnis der einzelnen Glaubenssätze nicht geglaubt werden. Auch das ungenaue Zitat einer Bibelstelle spreche gegen eine tiefgreifende Überzeugung des BF und habe der BF nicht vermocht, anzugeben, wo sich diese Stelle befinde und habe der BF insgesamt nicht aufzeigen können, sich mit dem heiligen Buch der Christen beschäftigt zu haben.

Der BF habe auch nicht gewusst, was zu Pfingsten gefeiert werde und habe er zu Weihnachten ausgeführt, dass Eier gefärbt werden würden, doch sei dieser Brauch dem Osterfest zuzuordnen. Insgesamt hätten die Antworten auf die dem BF gestellten Wissensfragen eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben vermissen lassen und habe der BF auch lediglich detailarme Angaben zum protestantischen Glauben gemacht.

Zu den Aktivitäten des BF auf sozialen Netzwerken wurde beweiswürdigend festgehalten, dass sich darin keine Konversion aus tiefster Überzeugung manifestierte, sondern sei daraus vielmehr zu erkennen gewesen, dass der BF zweckbezogen agiert habe. Aufgrund des seitens des BF verwendeten Nicknamens könne kaum auf die Identität des BF geschlossen werden, woran auch die Fotos des BF nichts zu ändern vermögen, zumal aus den seitens des BF vorgelegten Beweismitteln kein Foto vorliege, welches auf die Person des BF schließen lasse. Die seitens des BF geführte Seite mit dem Status " XXXX ", wo auch christliche Inhalte zur Schau getragen werden, lasse keinen Rückschluss auf die Person des BF zu und könne diesbezüglich asylrelevante Verfolgung ausgeschlossen werden.

Aus den genannten Gründen sei von einer Scheinkonversion des BF auszugehen.

Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 Abs 1 Z 1 AsylG zu verneinen sei.

In den weiteren Spruchpunkten hielt das BFA fest, dass dem BF keine Aufenthaltsberechtigung gem. § 57 zu erteilen sei, die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung für den Beschwerdeführer keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle und die Abschiebung des BF zulässig sei; letztlich wurde begründet, aus welchem Grund die vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt wurde und dem BF das Aufenthaltsrecht gem. § 13 AsylG entzogen worden sei.

9. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz seines gleichzeitig bevollmächtigten Vertreters vom 02.11.2018 innerhalb offener Frist vollinhaltlich Beschwerde. Zu deren Inhalt im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise: VwGH 16.12.1999, 99/20/0524).

Es wurden die Anträge gestellt, die Rechtsmittelbehörde möge

-) den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde dahingehend abändern, dass dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz Folge gegeben und diesem der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde;

-) in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Beschwerdeführer gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran zuerkannt werde;

-) in eventu einen humanitären Aufenthaltstitel zuzuerkennen

-) in eventu das Verfahren an die belangte Behörde zurückzuverweisen

-) eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen

Eingangs wurden Ausführungen zum Verlust des Aufenthaltsrechts gemacht, wozu auf die entsprechende rechtliche Würdigung im gegenständlichen Erkenntnis zu verweisen ist.

Zur behördlichen Beweiswürdigung wurde moniert, dass diese antizipierend sei und die Behörde kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Zwischen dem BF und dem Dolmetscher habe es in der Einvernahme laufend Verständigungsschwierigkeiten gegeben und sei der BF etwas gestresst gewesen.

Der in Österreich als anerkannter Flüchtling lebende Bruder habe angefangen, mit dem BF über das Christentum zu sprechen und diesen auf religiöse Sendungen im TV aufmerksam gemacht. Im Jahr 2013 habe sich das Interesse des BF verstärkt und sich im Jahr 2015 intensiviert. Auch habe der BF an einem Chatroom, an der sehr viele christlich interessierte Personen beteiligt seien, teilgenommen, wobei er den bereits erwähnten Decknamen verwendet habe. In weiterer Folge habe ihm der Bruder zur Ausreise geraten.

In Österreich habe der BF Leute zum Christentum gebracht und rede er in verschiedenen Asylheimen mit Asylwerbern.

Der BF habe während der Einvernahme nicht erkannt, dass seine Angaben missverstanden worden seien und sei seitens der Behörde auch nicht nachgefragt worden.

Der BF habe nicht ausdrücklich widerrufen, dass er einen Brief von der Regierung erhalten habe und sei davon ausgegangen, dass die Klarstellung, wonach er legal ausgereist sei auch beinhaltet habe, dass er tatsächlich keinen solchen Brief erhalten habe. Nach seiner Ankunft in Österreich sei ihm zu derart unrichtigen Angaben geraten worden, um eine Rückschiebung zu verhindern. In weiterer Folge wurden die Angaben des BF zur Antragsbegründung wiederholt und festgehalten, dass er seit Oktober 2018 jeden Samstag um 16: 00 Uhr die Kirche ? XXXX ' besuche und habe dieser entgegen der behördlichen Beweiswürdigung sehr wohl ein großes Wissen das Christentum betreffend, jedoch sei er im Laufe der Einvernahme zunehmend nervös und unkonzentriert geworden.

Am 23. Oktober 2018 habe er von seiner Schwester erfahren, dass seien Tante und Cousinen von seiner Konversion wissen, da ihn diese auf Instagram gefunden hätten und hätten diese geschworen, dass sie den BF bei der Polizei anzeigen werden, was sicherlich bereits geschehen sei. Die Nachricht habe der BF erst nach der behördlichen Einvernahme erhalten, weshalb diese nicht vom Neuerungsverbot umfasst sei. Letztlich wurden Ausführungen zur Asylrelevanz einer Konversion getroffen.

10. Gegenständliche Beschwerde langte samt bezug habendem Verwaltungsakt am 09.11.2018 in der hg. Gerichtsabteilung ein.

11. Am 27.12.2018 langte hg. ein Abschlussbericht der LPD XXXX vom 04.12.2018 ein, wonach gegen den BF der Verdacht der versuchten schweren Körperverletzung bestehe und langte am 14.01.2019 eine Verständigung von der betreffenden Hauptverhandlung ein.

12. Am 20.03.2019 langte hg. die Einstellung hinsichtlich des Strafverfahrens zu XXXX nach Erbringung von 50 Stunden gemeinnütziger Leistungen durch den BF sowie der Bescheid des BFA vom 20.03.2019 über das Wiederaufleben des Aufenthaltsrechts des BF im Bundesgebiet ein.

13. Am 17.05.2019 langte hg. ein Abschluss der LPD XXXX vom 24.04.2019 wegen des Verdachts des Diebstahls betreffend den BF ein.

14. Am 03.10.2019 langte hg. die Information des LG für Strafsachen XXXX über die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Urteils gegen den BF wegen versuchter vorsätzlich schwerer Körperverletzung (unbedingte Geldstrafe in der Höhe von 1.440,- Euro und Freiheitsstrafe 12 Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehen) ein.

15. Am 08.07.2019 fand vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der der BF und das BFA geladen wurden.

16. Mit Bescheid vom 14.06.2019 erließ das BFA aufgrund der Verurteilung des BF durch das LG Innsbruck wegen des Verbrechens der versuchten schweren Körperverletzung gegen den BF gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG, BGBl Nr. 100/2005 (FPG) idgF ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt I.) und stellte fest, dass der BF gem. § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG sein Rechte zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab 28.12.2018 verloren habe.

17. Die dagegen erhobene Beschwerde langte samt dem bezug habenden Verwaltungsakt am 22.07.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

18. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

19. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den jeweiligen behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF, der Bescheidinhalte sowie des Inhaltes der gegen die Bescheide des BFA erhobenen Beschwerden und durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.07.2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit der entscheidenden Einzelrichterin

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt der erkennenden Einzelrichterin zugewiesen, woraus sich deren Zuständigkeit ergibt.

2. Feststellungen (Sachverhalt):

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers wird festgestellt:

2.1.1. Die Identität des Beschwerdeführers, welcher Staatsangehöriger des Iran ist, steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist unverheiratet, gesund und arbeitsfähig und verfügt über seine Eltern, einen Bruder und zwei Schwestern im Iran; er steht zu seinen Angehörigen in Kontakt.

Der Beschwerdeführer hat acht Jahre die Pflichtschule besucht und seinen Unterhalt durch seine Tätigkeit als Handyverkäufer bzw. Handytechniker bestritten. Er lebte vor seiner Ausreise alleine in einer Wohnung in XXXX .

2.1.2. Der Beschwerdeführer reiste legal aus dem Iran aus, illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer zum christlichen Glauben konvertiert ist und infolgedessen ein Schreiben der iranischen Behörden erhielt, in dem er mit dem Umbringen bedroht wurde.

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX durch den XXXX getauft, er besucht einen Bibelkreis und Gottesdienste und ist nicht Mitglied der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich.

Dass sich der Beschwerdeführer ernsthaft mit christlichen Glaubensinhalten auseinandergesetzt, sich nachhaltig dem christlichen Glauben zugewandt hat und dieser Glaube für den Beschwerdeführer identitätsstiftend ist, kann nicht festgestellt werden.

Bei der behaupteten Konversion des Beschwerdeführers handelt es sich um eine Scheinkonversion.

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in den Iran in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.

Zum Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat festgestellt werden.

2.1.3. In Österreich hat der Beschwerdeführer einen Bruder, der anerkannter Flüchtling ist, und zu dem er Kontakt hat.

Er ist kein Mitglied in einem Verein, lebt seit seiner Ankunft in Österreich von der staatlichen Grundversorgung und hat in seiner Wohnsitzgemeinde geringfügig gemeinnützige Arbeiten geleistet.

Der Beschwerdeführer wurde durch das LG für Strafsachen XXXX mit Urteil vom XXXX wegen versuchter vorsätzlicher schwerer Körperverletzung zu einer Geldstrafe in der Höhe von 360 Tagessätzen á 4 Euro (gesamte Geldstrafe 1.440 Euro) sowie zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren rechtskräftig verurteilt, wobei im Rahmen der Strafzumessung unter anderem berücksichtigt wurde, dass der BF bereits einmal wegen des Deliktes der Körperverletzung im Zuge eines Strafverfahrens in den Genuss einer Diversion aufgrund der Verrichtung von gemeinnützigen Arbeiten durch den BF gekommen ist, jedoch während des ersten Strafverfahrens erneut straffällig wurde und er die Wehr- und Hilflosigkeit seines Opfers ausnützte.

Hinsichtlich dieser Verurteilung besteht im Iran keine Gefahr einer erneuten Bestrafung des Beschwerdeführers und ist er daher nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich.

Der Beschwerdeführer hat die A2 Deutschprüfung sowie einen Werte- und Integrationskurs absolviert und spricht gebrochen Deutsch.

Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Des Weiteren liegen weder die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", noch für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten.

2.2. Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

Politische Lage

Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution", Ayatollah Seyed Ali Khamene'i, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 6.2018a, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 9.2017). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel "Revolutionsführer" (GIZ 3.2018a).

Das iranische Regierungssystem ist ein präsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: 19.05.2017). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Majlis - Majles-e Shorâ-ye Eslami/ Islamische Beratende Versammlung -, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das (mit europäischen Parlamenten vergleichbare) legislative Kompetenzen hat sowie Regierungsmitgliedern das Vertrauen entziehen kann. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Februar und April 2016 statt. Über dem Präsidenten, der laut Verfassung auch Regierungschef ist, steht der Oberste Führer [auch Oberster Rechtsgelehrter oder Revolutionsführer], seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Der Oberste Führer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und auch die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB Teheran 9.2017). Der Revolutionsführer ist oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter, kann zentrale Entscheidungen aber nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Die Mitgliedschaft und Allianzen untereinander unterliegen dabei ständigem Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani (AA 2.3.2018).

Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein europäisches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. AA 6.2018a, FH 1.2018, BTI 2018).

Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln. Zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems" sind Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2018a).

Parteien nach westlichem Verständnis gibt es nicht, auch wenn zahlreiche Gruppierungen nach dem iranischen Verfahren als "Partei" registriert sind. Bei Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen werden keine Parteien, sondern Personen gewählt (AA 6.2018a, vgl. GIZ 3.2018a). Zahlreiche reformorientierte Gruppierungen wurden seit den Präsidentschaftswahlen 2009 verboten oder anderweitigen Repressionen ausgesetzt. Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA 6.2018a).

Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH 1.2018, vgl. AA 2.3.2018).

Die Mitte Juli 2015 in Wien erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm im "Joint Comprehensive Plan of Action" (JCPOA) genannten Abkommen und dessen Umsetzung am 16. Jänner 2016 führten zu einer Veränderung der Beziehungen zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft: Die mit dem iranischen Atomprogramm begründeten Sanktionen wurden aufgehoben bzw. ausgesetzt. Seither gibt es einen intensiven Besuchs- und Delegationsaustausch mit dem Iran, zahlreiche neue Wirtschaftsverträge wurden unterzeichnet. Die Erwartung, dass durch den erfolgreichen Abschluss des JCPOA die reformistischen Kräfte in Iran gestärkt werden, wurde in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt: Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. 217 der bisherigen 290 Abgeordneten wurden nicht wiedergewählt. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen "unislamisches" oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher noch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt war die Publikation der Bürgerrechtscharta im Dezember 2016. Die rechtlich nicht bindende Charta beschreibt in 120 Artikeln die Freiheiten, die ein iranischer Bürger haben sollte (ÖB Teheran 9.2017).

Die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, dass sich die USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran zurückziehen werde, stieß international auf Kritik. Zudem will Trump die in der Folge des Wiener Abkommens von Juli 2015 ausgesetzten Finanz- und Handelssanktionen wiedereinsetzen (Kurier 9.5.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.2018a): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/-/202450, Zugriff 20.6.2018

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf, Zugriff 22.3.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1426304.html, Zugriff 21.3.2018

- Kurier (9.5.2018): Trump kündigt Iran-Abkommen: So reagiert die Weltgemeinschaft, https://kurier.at/politik/ausland/trump-kuendigt-iran-abkommen-so-reagiert-die-weltgemeinschaft/400033003, Zugriff 25.6.2018

- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a): Geschichte und Staat Iran, https://www.liportal.de/iran/geschichte-staat/, Zugriff 25.4.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Sicherheitslage

Auch wenn die allgemeine Lage insgesamt als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land. Sie haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 20.6.2018).

In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht. Am 7. Juni 2017 ist es nichtsdestotrotz in Teheran zu Anschlägen auf das Parlamentsgebäude und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini gekommen, die Todesopfer und Verletzte forderten (AA 20.6.2018b).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b, vgl. BMeiA 20.6.2018).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK am 6. und 7. September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben (AA 20.6.2018b).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (20.6.2018b): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/iransicherheit/202396, Zugriff 20.6.2018

- BMeiA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (10.5.2017): Reiseinformation Iran, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/iran/, Zugriff 20.6.2018

- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (20.6.2018): Reisehinweise Iran, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/iran/reisehinweise-fuerdeniran.html, Zugriff 20.6.2018

Verbotene Organisation

Die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen und Sanktionen führen. Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze in Frage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weitgefasste Straftatbestände (vgl. Art.279 bis 288 IStGB sowie Staatsschutzdelikte insbesondere Art. 1 bis 18 des 5. Buches des IStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden (AA 2.3.2018).

Zu den militanten separatistischen Gruppen in Iran zählen insbesondere die kurdisch-marxistische Komalah-Partei, die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK), die aus Belutschistan stammende Jundallah, und die Party for a Free Life in Kurdistan (PJAK), die eng mit ihrer Schwesterorganisation, der PKK, zusammenarbeitet (AA 2.3.2018). KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv. Dies sind politische Gruppierungen, aber vor allem PJAK und Komala erscheinen momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

Im FFM-Bericht des Danish Immigration Service erklärt eine Quelle, dass sie noch nie davon gehört hätte, dass eine Person nur aufgrund einer einzigen politischen Aktivität auf niedrigem Niveau, wie z.B. das Verteilen von Flyern angeklagt wurde. Andererseits ist es aber laut einer anderen Quelle schon möglich, dass man inhaftiert wird, wenn man mit politischem Material, oder beim Aufmalen von politischen Slogans an eine Wand erwischt wird. Es kommt darauf an, welche Art von Aktivität die Personen setzen. Andauernde politische Aktivitäten können in einer Anklage enden (DIS/DRC 23.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf, Zugriff 15.6.2018

Volksmudschaheddin (Mudjahedin-e-Khalq - MEK, MKO; People's Mojahedin Organisation of Iran - PMOI; National Council of Resistance of Iran - NCRI)

Die militante iranische Exil-Oppositionsbewegung Mujahedin-e Khalq (MEK, oder auch MKO, "iranische Volksmudschahedin") gilt in Iran als Terror-Organisation, die für die Ermordung von 17.000 IranerInnen verantwortlich gemacht wird (ÖB Teheran 9.2017). Es handelt sich um eine linksgerichtete Gruppierung, die in den 1960er Jahren gegründet wurde, um sich gegen den Schah zu stellen. Nach der Islamischen Revolution 1979 wendete sie sich gegen die klerikalen Führer. Die Führung in Teheran macht die Gruppierung für Tausende Morde an iranischen Zivilisten und Beamten verantwortlich. Während des Iran-Irak-Krieges in den 1980er Jahren verlegten die Volksmudschaheddin ihr Camp in den Irak (Global Security o.D., vgl. ACCORD 7.2015). Experten sind sich einig, dass die Volksmudschaheddin die USA beim Eingreifen in den Irak, bei diversen Aktionen im Nahen Osten und beim Kampf gegen den Terrorismus unterstützt haben. Auch bei der Veröffentlichung des iranischen Atomprogramms sollen sie eine wichtige Rolle gespielt haben (DW 28.3.2016). In Bezug auf die Demonstrationen, die Ende 2017/Anfang 2018 in den großen Städten Irans stattfanden, gab der Oberste Führer Khamenei den Großteil der Schuld an den Demonstrationen der MEK und erkannte somit das Ausmaß des Einflusses dieser Gruppierung an (Iran Focus 18.1.2018, vgl. Arab News 22.1.2018). Weiters kritisierte Präsident Rohani den französischen Präsidenten Macron, dass eine terroristische Gruppierung, die gegen das iranische Volk arbeitet und zu Gewalt aufruft, in Frankreich eine Basis hat [der von Maryam Rajavi geführte Nationale Widerstandsrat hat seinen Sitz in Frankreich] (Iran Focus 18.1.2018)

Die Entwaffnung der Kämpfer der Volksmudschaheddin im Camp Ashraf und an anderen Orten nahe Bagdad bei der US-Invasion im Irak erfolgte durch die Amerikaner. Die MEK-Führung habe sich von Saddam Hussein distanziert und ihre Opposition gegenüber der islamischen Regierung in Teheran betont. Ab diesem Zeitpunkt habe sich die MEK aus Sicht der Amerikaner neu erfunden. Die MEK-Führung stellt sich selbst als demokratische und populäre Alternative zum islamischen Regime dar und behauptet, über Unterstützung der iranischen Bevölkerungsmehrheit zu verfügen. Diese Behauptung wird von AkademikerInnen und anderen Iran-ExpertInnen bestritten. Im Exil hat die MEK-Führung den Nationalen Widerstandsrat [National Council of Resistance of Iran (NCRI)] gegründet (Guardian 21.9.2012, vgl. ACCORD 9.2013). Die Streichung der MEK von der Liste terroristischer Organisation durch die EU und die Vereinigten Staaten 2012 wurde von iranischer Seite scharf verurteilt. Verbindungen zur MEK gelten als moharebeh (Waffenaufnahme gegen Gott), worauf die Todesstrafe steht (ÖB Teheran 9.2017).

Die MEK konzentriert sich auf das Beeinflussen der öffentlichen Meinung und auf das Sammeln von Informationen zur Situation im Land. Iran führt eine Liste mit ca. 100 MEK-Unterstützern (hauptsächlich Anführern), die nicht nach Iran zurückkehren können, da sich das Interesse der Behörden auf sie richten würde. In Bezug auf die Unterstützung der iranischen Bevölkerung für die MEK gibt es widersprüchliche Informationen. Einerseits gibt es Informationen, die besagen, dass die MEK die größte militante iranische Oppositionsgruppe sei, mit dem Ziel die Islamische Republik zu stürzen, und die iranische Regierung und der Sicherheitsapparat die MEK als die am meisten ernstzunehmende regimekritische Organisation betrachten. Andererseits gibt es Berichte, die der MEK wenig bis gar keine Unterstützung der Bevölkerung zusprechen. Die MEK hat keine große Basis in Iran und auch die Untergrundbewegung ist klein. Nur einige MEK-Aktivisten sind in Iran aufhältig (ACCORD 7.2015).

Quellen:

- ACCORD (7.2015): COI compilation Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf, Zugriff 20.6.2018

- ACCORD (9.2013): Iran COI compilation, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1384784380_accord-iran-coi-compilation-september-2013-corrected-2013-11-18.pdf, Zugriff 20.6.2018

- Arab News (22.1.2018): Iranian people are ready to usher in a 'new day', http://www.arabnews.com/node/1274381, Zugriff 26.6.2018

- DW - Deutsche Wlle (28.3.2016): Iranische Volksmudschahedin in Albanien, http://www.dw.com/de/iranische-volksmudschahedin-in-albanien/a-19132961, Zugriff 20.6.2018

- Global Security (o.D.): Mujahedin-e Khalq Organization (MEK or MKO), http://www.globalsecurity.org/military/world/para/mek.htm, Zugriff 20.6.2018

- The Guardian (21.9.2012): Q&A: what is the MEK and why did the US call it a terrorist organisation? http://www.theguardian.com/politics/2012/sep/21/qanda-mek-us-terrorist-organisation, Zugriff 20.6.2018

- Iran Focus (18.1.2018): Iran Regime's Weakness and Its Fear From Pmoi/Mek Exposed During the Uprising, https://www.iranfocus.com/en/index.php?option=com_content&view=article&id=32380:iran-regime-s-weakness-and-its-fear-from-pmoi-mek-exposed-during-the-uprising&catid=4:iran-general&Itemid=109, Zugriff 26.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

PJAK - Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê (Partei für Freiheit und Leben in Kurdistan bzw. Partei für ein freies Leben Kurdistans)

Die PJAK begann in den späten 1990er Jahren als friedliche studentische Menschenrechtsorganisation. Es ging den Mitgliedern der Gruppierung anfangs um den Aufbau einer kurdischen Nationalidentität, und man wollte die "Arianisierung" der Kurden durch die Zentralregierung verhindern. 2004 begannen die bewaffneten Angriffe auf die iranische Regierung von den Kandil-Bergen aus, von wo aus die PJAK bis heute operiert. Eben dort hat auch die PKK ihre Basen und die PJAK gilt als iranischer Ableger der PKK. Als Unterschied zur PKK gibt die PJAK selbst an, dass sie sich niemals gegen Zivilisten, sondern immer nur gegen ausschließlich iranische Regierungstruppen wendet bzw. gewandt hat. Die iranische Regierung hat die PJAK auch niemals diesbezüglich beschuldigt. Die PJAK ist die einzige kurdische Partei, die noch immer aktiv für ihre Ziele - z.B. Selbstbestimmung - in Iran kämpft. Angaben über die Stärke der PJAK-Kämpfer sind schwierig. Schätzungen liegen bei ca. 3.000 Kämpfern. Es gibt auch einige Einheiten mit weiblichen Kämpferinnen (BMI 2015, ACCORD 7.2015).

Die PJAK liefert sich seit Jahren einen Guerilla-Kampf mit den iranischen Sicherheitsbehörden (AA 2.3.2018). Unter den politisch Verfolgten in Iran sind verhältnismäßig viele Kurden. Auffallend sind die häufigen Verurteilungen im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen - insbesondere die Unterstützung der als Terrororganisation geltenden PJAK und das oftmals unverhältnismäßig hohe Strafausmaß. Zusammenstöße zwischen Kurden und iranischen Sicherheitskräften, welche insbesondere im zweiten Quartal 2016 zunahmen und, neben hunderten Festnahmen, auch zu Toten und Verletzten führten, nähren Befürchtungen, dass Kurden zukünftig vermehrt Repressalien ausgesetzt sein könnten, nicht zuletzt um Sympathiebekundungen mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der irakischen Kurden hintanzuhalten. Hier gilt es jedoch anzumerken, dass von kurdischer Seite Gewalttätigkeiten gegen iranische Sicherheitskräfte zunahmen. So bestätigte etwa die Demokratische Partei Kurdistans in Iran im September 2016, dass die Peschmerga, Streitkräfte der Autonomen Region Kurdistan, einen bewaffneten Konflikt mit iranischen Regierungstruppen in den kurdischen Gebieten Irans begonnen hätten. Iran wird weiter mit allen Mitteln aufrührerische Tendenzen unterdrücken wollen (ÖB Teheran 9.2017). Die PJAK erscheint momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

Bei der PJAK gibt es zwei Arten von Mitgliedschaft: Professionelle Mitglieder, die unter anderem auch militärisches Training erhalten und Waffen tragen. Diese sind unverheiratet und haben ihr Leben der PJAK gewidmet. Sie werden von der PJAK z.B. in kurdische Dörfer oder Städte entsandt, wo sie versuchen, die Leute zu organisieren und verschiedene Komitees und legale Organisationen zu gründen, um ihre Ideologie zu verbreiten. Professionelle Mitglieder nehmen an militärischen und politischen Aktivitäten der PJAK teil. Als zweite Gruppe werden die semi-professionellen oder lokalen Mitglieder genannt, die ein ganz normales Leben mit ihren Familien führen. Sie nehmen nicht an militärischen Aktivitäten teil, führen aber politische Aktivitäten aus, wie z.B. Flyer verteilen. Um ein semi-professionelles Mitglied zu werden, muss man das Ausbildungsprogramm der Partei durchlaufen. Neben diesen beiden Gruppen gibt es auch noch die Sympathisanten, die selten auch Flyer verteilen oder an Demonstrationen teilnehmen. Diese sind nicht direkt an der Organisation von Demonstrationen beteiligt und haben auch keine Verbindung zur Organisation der Partei. Die Sympathisanten arbeiten unter der Führung der semi-professionellen Mitglieder. Da die PJAK in Iran eine verbotene Organisation ist, müssen sowohl Mitglieder als auch Sympathisanten mit ernstzunehmenden Strafen rechnen, wenn ihre Aktivitäten enthüllt werden (DIS/DRC 30.9.2013).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- ACCORD (7.2015): COI compilation Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf, Zugriff 20.6.2018

- BMI - Langanger, Simone (2015): Kurdish political parties in Iran, in: BMI - Bundesministerium für Inneres (Taucher, Wolfgang; Vogl, Mathias; Webinger, Peter [eds.]): regiones et res publicae - The Kurds: History - Religion - Language - Politics, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf, Zugriff 20.6.2018

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf, Zugriff 20.6.2018

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (30.9.2013): Iranian Kurds, On Conditions for Iranian Kurdish Parties in Iran and KRI, Activities in the Kurdish Area of Iran, Conditions in Border Area and Situation of Returnees from KRI to Iran, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1380796700_fact-finding-iranian-kurds-2013.pdf, Zugriff 20.6.2018

- ÖB Teheran (9.2017): Asylländerbericht

Kurdish Democratic Party of Iran (KDPI/PDKI) und Komala(h) (Kurdistan Organization of the Communist Party of Iran, Komala, SKHKI)

Neben der PJAK stehen weitere kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Hierzu zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die Democratic Party of Iranian Kurdistan (KDPI). Letztere wird von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppe betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpft (AA 9.12.2015, vgl. BMI 2015).

Die kurdischen Oppositionspartien, insbesondere die KDPI, sind in Iran nicht sehr stark durch Mitglieder repräsentiert, sondern am ehesten durch Sympathisanten (ACCORD 7.2015). Die KDPI wurde 1945 gegründet und vom Schah im Jahr 1953 verboten und dadurch in den Untergrund verbannt. Die KDPI fordert kurdische Autonomie (TRAC o.D.) innerhalb eines demokratischen Iran (MERIP o.D.). Das Hauptquartier der KDPI, die sich in ihrer Geschichte mehrmals gespalten hat, befindet sich im Irak (MERIP o.D., vgl. ACCORD 7.2015).

Komalah (SKHKI) hat ihre Zentrale in der Autonomen Kurdischen Region Irak. Es gibt Parteimitglieder und -sympathisanten. Organisiert ist sie in einzelnen Zellen, die von Mitgliedern geführt werden. Die Mitglieder einer Zelle teilen sich die Arbeit auf, aber nur eine Person nimmt Kontakt zur Zentrale auf. Sympathisanten hören das Parteiradio, schauen Komala TV und beteiligen sich an Aktivitäten, die von Komala empfohlen werden. Die Zellen fungieren als eine Art Schirmorganisation, die eine große Anzahl an Sympathisanten abdecken. Geheime Aktivitäten der Partei in Iran werden von der Einheit "Takesh" durchgeführt. Komala erlaubt ihren Mitgliedern in Iran nicht, sich in größeren Gruppen als zwei oder drei Personen zu treffen (DIS/DRC 30.9.2013). Die Komala ist in Iran verboten (BMI 2015). Die Komala erscheint momentan weniger aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

- ACCORD (7.2015): COI compilation Iran: Political Opposition Groups, Security Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law, http://www.ecoi.net/file_upload/4543_1436510544_accord-iran-coi-compilation-july-2015.pdf, Zugriff 20.6.2018

- BMI - Langanger, Simone (2015): Kurdish political parties in Iran, in: BMI - Bundesministerium für Inneres (Taucher, Wolfgang; Vogl, Mathias; Webinger, Peter [eds.]): regiones et res publicae - The Kurds: History - Religion - Language - Politics,, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf, Zugriff 20.6.2018

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf, Zugriff 20.6.2018

- DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (30.9.2013): Iranian Kurds, On Conditions for Iranian Kurdish Parties in Iran and KRI, Activities in the Kurdish Area of Iran, Conditions in Border Area and Situation of Returnees from KRI to Iran, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1380796700_fact-finding-iranian-kurds-2013.pdf, Zugriff 20.6.2018

- MERIP - Middle East Research and Information Project (o.D.): Major Kurdish Organizations in Iran, https://www.merip.org/mer/mer141/major-kurdish-organizations-iran, Zugriff 26.6.2018

- TRAC - Terrorism Research and Analysis Consortium (o.D.): Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPKI), https://www.trackingterrorism.org/group/democratic-party-iranian-kurdistan-dpki, Zugriff 26.6.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik, in welcher versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 9.2017).

Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative. Er ist laut Art.157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz des formalen Verbots, in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption. Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association"; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen insbesondere in politischen Verfahren ausgesetzt (AA 2.3.2018).

Obwohl das Beschwerderecht garantiert ist, ist es in der Praxis eingeschränkt, insbesondere bei Fällen, die die nationale Sicherheit oder Drogenvergehen betreffen (BTI 2018).

Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 20.4.2018). Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die unter Anwendung von Folter gemacht wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet (HRW 18.1.2018). Die Behörden setzen sich ständig über die Bestimmungen hinweg, welche die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsieht, wie das Recht auf einen Rechtsbeistand unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft (AI 22.2.2018, vgl. HRW 18.1.2018).

In der Normenhierarchie der Rechtsordnung Irans steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß den Art. 167 und 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden (AA 9.12.2015, vgl. US DOS 15.8.2017).

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015, vgl. BTI 2018).

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

- Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere "Feindschaft zu Gott" und "Korruption auf Erden";

- Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;

- Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;

- Spionage für fremde Mächte;

- Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;

- Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).

Gerichtsverfahren, vor allem Verhandlungen vor Revolutionsgerichten, finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind extrem kurz. Manchmal dauert ein Verfahren nur wenige Minuten (AI 22.2.2018).

Die iranische Strafrechtspraxis unterscheidet sich stark von jener der europäischen Staaten: Körperstrafen sowie die Todesstrafe sind nach wie vor auf der Tagesordnung (ÖB Teheran 9.2017). Das iranische Strafrecht ist islamisch geprägt. Zudem existieren einige strafrechtliche Nebengesetze, darunter das Betäubungsmittelgesetz sowie das Antikorruptionsgesetz. Die statuierten Straftatbestände und Rechtsfolgen enthalten zum Teil unbestimmte Formulierungen. Den Kern des "Scharia-Strafrechts", also des islamischen Strafrechts mit seinen z.T. erniedrigenden Strafen wie Auspeitschung, Verstümmelung, Steinigung, sowie der Todesstrafe bilden die Abschnitte zu den Qesas-und Hudud-Delikten:

* "Hudud" (Verstoß gegen das Recht Gottes) enthält Straftatbestände, die im Koran und in der Sunna genauer beschrieben sind, wie z.B. Diebstahl, Raub, Alkoholgenuss, Sexualstraftaten inkl. Homosexualität und Unzucht, sowie Verbrechen gegen Gott. Zu all diesen Tatbeständen enthält das Gesetz detaillierte Beweisregelungen, nach denen der Täter jeweils nur bei Geständnis oder ihn belastenden Aussagen mehrerer Zeugen verurteilt werden soll.

* "Qesas"(Vergeltung) ist gekennzeichnet durch das Prinzip der körperlichen Vergeltung für die Tatbestände Mord und Körperverletzung mit Folge des Verlustes von Gliedmaßen. Hierbei können Geschädigte oder deren Familie selbst bestimmen, ob sie auf Vergeltung bestehen oder sich mit einer Schadensersatzzahlung zufrieden geben ("Diyeh" oder "Dyat", sog. Blutgeld; Minimalsatz rund 31.500 ?). Für die in Art. 13 der Verfassung genannten religiösen Minderheiten ist Blutgeld in gleicher Höhe zu zahlen wie für die Tötung von Muslimen (AA 9.12.2015).

Die "Taazirat"-Vorschriften (vom Richter verhängte Strafen), Strafnormen, die nicht auf religiösen Quellen beruhen, bezwecken in erster Linie den Schutz des Staates und seiner Institutio

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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