TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/10 L515 2015392-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.10.2019
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Entscheidungsdatum

10.10.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46a Abs1
FPG §46a Abs5
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L515 2015393-2/6E

L515 2015392-2/6E

Schriftliche Ausfertigung des am 15.5.2019 mündlich verkündetem Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde

1.) von XXXX , StA. ARMENIEN, vertreten durch RA Dr. Farhad PAYA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 4.2.2019, Zl. XXXX und

2.) von XXXX , StA. ARMENIEN, vertreten durch RA Dr. Farhad PAYA gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2019, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 46a Abs. 5 iVm Abs. 1 FPG, BGBL I 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Asylverfahren

I.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge als "bP" bzw. gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP 1" und "bP2" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Armenien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.

I.1.2. Im Wesentlichen brachten die bP zusammengefasst vor, dass die männliche bP1 mit er weiblichen bP2 verheiratet ist, sie aus Syrien stammen, der Ethnie der Kurden angehören und ausschließlich Kurdisch-Kurmanci sprechen. Die bP wären aufgrund einer kriegsbedingten Bedrohungssituation veranlasst worden, Syrien zu verlassen.

I.1.3. Im Verfahren vor der belangten Behörde ergaben sich für den in der Einvernahme eingesetzten Dolmetscher aufgrund des von den bP gesprochenen Dialekts des Kurdisch-Kurmaci Zweifel, ob die bP tatsächlich aus Syrien stammen.

Zur Klärung des sprachlichen Hintergrundes wurden je zwei Sprach- und Herkunftsanalysen in Bezug auf die bP über das Sprachinstitut Sprakab in Auftrag gegeben. Ein Sprachsachverständiger mit dem entsprechenden sprachlichen Hintergrund (Geburt im Irak, Wohnsitze ua. in Damaskus und kurischen Syrien) gab an, dass nicht davon auszugehen ist, dass die bP aus Syrien stammen. Ein weiterer Sachverständiger mit dem entsprechenden anderen sprachlichen Hintergrund (Abstammung: Armenien; Sprachkenntnisse: Armenisch, Kurmanci, Russisch; Jezide) gab an, dass von einer Herkunft der bP aus Armenien auszugehen sei.

I.1.4. Im Rahmen des weiteren Ermittlungsverfahrens kam die belangte Behörde zum Schluss, dass die bP nicht Staatsangehörige von Syrien, sondern Staatsangehörige der Republik Armenien sind.

Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.1.5. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP in Bezug auf ihre Herkunft aus Syrien im Lichte des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens als nicht glaubhaft.

I.1.6. Gegen die genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsätzen innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde nach der Beschreibung behaupteten Lebensumstände in Syrien vorgebracht, dass die belangte Behörde rechts- und tatsachenwidrig vorgegangen sei. Insbesondere sei die Feststellung, die bP wären armenische Staatsangehörige verfehlt.

I.1.7 Am 21.1.2015 fand beim ho. Gericht eine Beschwerdeverhandlung statt.

I.1.8. Mit ho. Erkenntnissen L515 2015393-1/8E und L515 2015392-1/9E vom 3.2.2015 wurden die Beschwerden in allen Spruchpunkten abgewiesen. Das ho. Gericht ging ebenfalls aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens und insbesondere des in der Beschwerdeverhandlung gewonnen persönlichen Eindrucks davon aus, dass es sich bei den bP um keine Staatsbürger Syriens, sondern um solche der Republik Armenien handelt. Das ho. Gericht ging weiter davon aus, dass die bP ihre wahre Identität verschleiern und führte hierzu aus:

" Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich insbesondere aus den Sprachkenntnissen der bP, dem Ergebnis der durchgeführten Sprachanalysen, sowie der von den eingesetzten Dolmetschern erstatteten Einschätzung und dem Ergebnis der Befragung der bP zu deren Herkunftsregion, sowie sonstigen Sprachkenntnissen.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der bP nicht festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt werden, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung der bP als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.

Anzuführen ist, dass es den bP aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit möglich wäre, ihre Identität bei entsprechender Mitwirkung im Verfahren durch die Vorlage von unbedenklichen Unterlagen zu bescheinigen, zumal sie aus einem Staat stammen, welcher die Identität seiner Bürger durch die Ausstellung entsprechender Dokumente bescheinigt.

Der Umstand, dass die Identität bis dato nicht festgestellt werden konnte ist letztlich auf die mangelnde Mitwirkung der bP an der Identitätsfeststellung zurückzuführen und sind alle daran anknüpfenden Konsequenzen daher von den bP zu vertreten."

Die oa. ho. Erkenntnisse erwuchsen in Rechtskraft.

I.2. Weiterer Verfahrensgang

I.2.1 In weiterer Folge ignorierten die bP ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes und verharrten rechtswidrig in diesem.

I.2.2. Während des weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet gaben die bP ihre wahre Identität nicht preis und verschleierten diese.

I.2.3. Am 13.8.2015 beantragte die bB bei der Botschaft der Republik Armenien in Wien die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments für die Abschiebung ("Heimreisezertifikat"). Mangels weiterer Informationen zur Identität der bP war die bB auf die -falschen- Angaben der bP zu ihrer Identität angewiesen und wurden diese der oa. Vertretungsbehörde mitgeteilt.

In weiterer Folge verweigerte die Republik Armenien die Ausstellung eines Ersatzreisedokuments für die Abschiebung mit dem Hinweis, dass keine armenischen Staatsbürger mit der Identität der bP existieren.

I.3. Duldungsverfahren

I.3.1. Am 26.1.2016 wurde der Aufenthalt der bP -aus für das ho. Gericht nicht nachvollziehbaren Erwägungen- gem. § 46a FPG geduldet.

I.3.2. Die Gültigkeit der Karte für Geduldete wurde auf Antrag der bP -ebenfalls aus für das ho. Gericht nicht nachvollziehbaren Erwägungen- verlängert.

I.3.4.1. Am 14.1.2019 brachten die bP neuerlich einen Antrag auf Verlängerung der Karte für Geduldete ein. Dieser Antrag wurde nunmehr mit den im Spruch genannten Bescheiden abgewiesen.

Die bB ging davon aus, dass die bP an ihre wahre Identität verschleiern, ihrer Verpflichtung zur Vorlage eines Reisedokuments nicht nachkommen und an der Erlangung eines Reisedokuments nicht mitwirken.

Die bP wären ihrer ihnen möglichen und zumutbaren Obliegenheit, sich an die armenische Botschaft in Wien zu wenden und sich ein (Ersatz)reisedokument ausstellen zu lassen, nicht nachgekommen.

Die bP hätten die Gründe, warum sie nicht abgeschoben werden können, selbst zu vertreten.

I.3.4.2. Gegen die oa. Bescheide wurde innerhalb offener Frist Beschwerde eingebracht. Diese wurde im Wesentlichen zusammengefasst nach Wiederholung des bisherigen Verfahrensganges damit begründet, dass die bB irrig davon ausgehe, die bP wären Staatbürger der Republik Armenien. In Wahrheit wären sie staatenlose Kurden, welche auf dem Gebiet Syriens lebten. Es wäre ihnen nicht möglich syrische Dokumente zu bekommen. Im Übrigen wären sie allen ihren Obliegenheiten zur Mitwirkung im Verfahren nachgekommen. Der Umstand, dass die Identität der bP nicht feststeht, stellt per se noch keinen Hinderungsgrund zur Erteilung einer Duldung dar.

I.3.4.3. Am 15.5.2016 führte das ho. Gericht eine Beschwerdeverhandlung durch. Deren wesentliche Inhalt wird wie folgt wiedergegeben:

"...

Getrennte Befragung der P:

Befragung von P1:

RI: Sie beantragten in der Beschwerdeschrift die Durchführung einer Beschwerde-verhandlung. Eine solche wird hiermit durchgeführt. Was wollen Sie vorbringen?

P: Ich möchte nur eine Möglichkeit haben, um hier zu bleiben. Mein Rechtsvertreter hat mir gesagt, dass man mit der Duldung nicht lange hier leben darf. Ich habe in XXXX einen Antrag gestellt, dieser wurde abgelehnt. Ich habe die Gründe nicht genau verstanden. Es ist schwer für uns, wenn es so bleibt. Ich war bei der Botschaft von Armenien und Georgien, auf Empfehlung des BFA. Ich verstehe auch nicht, warum es so geschah.

RI: Warum sind Sie nach Ablauf der eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nicht nachgekommen?

P: Mir wurde nicht gesagt, dass ich Österreich verlassen muss. Außerdem wohin soll ich gehen?

RI: Was haben Sie dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens sei es erfolglos oder erfolgreich unternommen, um ihre Identität und Staatsangehörigkeit nachweisen zu können?

P: Ich habe nichts unternommen. In XXXX wurde mir gesagt, dass ich nicht aus Syrien stamme. Ich wusste nicht, was ich machen soll. Später bekam ich eine Duldung.

RI: Was haben sie dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens sei es erfolglos oder erfolgreich unternommen, um ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung ("Heimreisezertifikat", "HRZ") zu erlangen?

P: Ich war auf der georgischen Botschaft. Sie haben mich gefragt, warum ich da bin. Ich sagte, dass ich es selber nicht weiß. Genauso war es auch bei der armenischen Botschaft.

Befragung von P2:

RI: Sie beantragten in der Beschwerdeschrift die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung. Eine solche wird hiermit durchgeführt. Was wollen Sie vorbringen?

P: Ich möchte meine Rechte hier haben. Wir haben keine Heimat und keine Rechte. Bei den Arabern haben wir gar keine Rechte bekommen. Wir bitten Österreich, dass wir hierbleiben dürfen.

RI: Warum sind Sie nach Ablauf der eingeräumten Frist für die freiwillige Ausreise ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nicht nachgekommen?

P: Wohin mit uns? Wir haben nirgendwo eine Möglichkeit.

RI: Was haben Sie dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens sei es erfolglos oder erfolgreich unternommen, um ihre Identität und Staatsangehörigkeit nachweisen zu können?

P: Wir haben selber nichts gemacht. Wir wurden zu den Botschaften geschickt. Nachgefragt gebe ich an, dass wir bei der armenischen und bei der georgischen Botschaft waren.

RI: Was haben Sie dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens sei es erfolglos oder erfolgreich unternommen, um ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung ("Heimreisezertifikat", "HRZ") zu erlangen?

P: Wir haben gar keine Papiere. In unserer Heimat hatten wir nur einen weißen Zettel, wo unser Foto darauf angebracht war. Auch dieser Zettel wurde uns vom Schlepper abgenommen.

Gemeinsame Verhandlung

RI fragt die P, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen wollen.

P1: Ich möchte noch viel erzählen. Niemand hat auf mich gehört. Ich weiß nicht, welche Schuld ich begangen habe. Meine Großeltern sind 1950 von der Türkei geflüchtet und sie lebten 3 Jahre in den Höhlen. Sie wollten dann nach Lalesch flüchten, aber sie haben sich selber nicht ausgekannt und ihnen wurde nicht erklärt, ob es Syrien ist oder ob sie wo anders sind. Danach kamen meine Eltern ins Dorf XXXX und ich wurde als Einzelkind dort geboren. Dort wurde festgestellt, dass ich am 06.09. geboren bin. Meine Eltern wurden aufgeklärt, dass sie sich im jezidischen Bereich befinden. Sie sollen nicht mehr weiter flüchten und dortbleiben. Es waren sehr viele jezidische Dörfer dort. Der Dorfvorsteher hat meinen Vater erlaubt, dass er dort ein Haus baut. Von Syrien habe ich nur Geldscheine (P legt Geldscheine auf den Tisch). Wir Jeziden haben keine Rechte in Syrien bekommen.

Nach Rückübersetzung: Ich wurde dort als einziger geboren. Ein Bruder wurde in der Türkei geboren.

..."

I.3.3.4. Am Ende der Verhandlung wurden die Beschwerden mittels mündlich verkündetem Erkenntnisses abgewiesen. Der Rechtsfreund der bP verlangte fristgerecht die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündetem Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

II.1. Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang. Demnach ist von folgenden Umständen auszugehen:

Die bP sind Staatsangehörige der Republik Armenien und gehören in der Republik Armenien der Minderheit der Jeziden an.

Die bP bringen seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet beharrlich und unwahr vor, Staatsangehörige (staatenlos, Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes) Syriens zu sein. Ebenso nennen die bP seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet beharrlich eine falsche Identität.

Die bP kamen ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nach rechtskräftig negativem Abschluss des Asylverfahrens nicht nach.

Die bP unterließen es, unter Bekanntgabe ihrer wahren Identität bei der armenischen Botschaft in Wien oder bei eine anderen entsprechenden armenischen Behörde unter Bekanntgabe ihrer wahren Identität zwecks Ausstellung eines Reisedokuments vorzusprechen. Ebenso legten kein allenfalls bereits existierendes Reisedokument vor.

Aufgrund der falschen Angaben der bP zu ihrer Identität war es der bB nicht möglich, amtswegig bei der armenischen Vertretungsbehörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung zu erhalten.

II.2. Die Identität der bP steht nach wie vor nicht fest.

2. Beweiswürdigung

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. In Bezug auf den Umstand der verschleierten Identität wird auf die bereits zitierten Ausführungen des ho. Gerichts in den rechtskräftigen, im RIS veröffentlichen Erkenntnissen L515 2015393-1/8E und L515 2015392-1/9E vom 3.2.2015 verwiesen. Dies gilt ebenfalls in Bezug auf die festgestellte Staatsbürgerschaft der bP. In den genannten Erkenntnissen wurde hierzu Folgendes angeführt:

"...

Soweit die bP dem Inhalt der vom Bundesasylamt aufgenommener Protokolle entgegentritt wird angeführt, dass die Ausführungen der bP sich nicht als plausibel und nachvollziehbar darstellen, sondern augenscheinlich den Versuch darstellen, die Ungereimtheiten in ihren Angaben zu verschleiern.

Wenn die bP sich etwa auf Verständigungsschwierigkeiten mit einem seitens der belangten Behörde eingesetzten Dolmetscher zu berufen versuchen, gehen diese sichtlich ins Leere, zumal die bP bei der belangten Behörde in den aufgenommenen Niederschriften, denen die Beweiskraft des § 15 AVG zukommt, offensichtlich angaben, die eingesetzten Dolmetscher einwandfrei zu verstehen und als Ersatz für ihre Unterschrift einen Fingerabdruck anbrachten. Dazu ist auch anzuführen, dass die bP weder anlässlich im Anschluss an die behauptetermaßen problematischen Stellungnahmen (etwa durch einen entsprechenden Schriftsatz mit Unterstützung einer in Asylsachen versierten Organisation oder Person), noch in der Beschwerdeschrift die behaupteten Verständigungsschwierigkeiten vorbrachten. Das von den bP vorgebrachte, qualifiziert wiederholten Ignorieren dies Vorbringens in Bezug auf die Verständigungs-schwierigkeiten im Laufe des Verfahrens, selbst von jener Person oder Organisation, welche die bP bei der Verfassung der Beschwerde unterstützte, kann wohl ausgeschlossen werden. Viel mehr drängt sich an verschiedenen Stellen des Aktes der Eindruck auf, dass das Bestreben der bP, aufgetretene Ungereimtheiten durch das Behaupten von Fehlleistungen Dritter zu verschleiern, zu einem sich durch das gesamte Verfahren ziehendem Verhaltensmuster gehört (vgl. z. B. Die Angaben zu den Umständen, wie es durch einen Arzt dazu kam, dass er davon ausgeh, dass bP1 die Sprachen Armenisch, Kurdisch und Russisch spricht).

Auch geht das erkennende Gericht seines Wissensstandes hinsichtlich der gewöhnlichen Vorgangsweise der belangten Behörde davon aus, dass auf behauptete Verständigungsschwierigkeiten eingegangen wird (wie dies im gegenständlichen Verfahren auch der Fall war, als ein Arabisch-Dolmetscher geladen wurde), sowie eine Rückübersetzung, in der es den bP möglich war, sich nochmals zu ihren Angaben zu äußern, erfolgte.

Vor dem Hintergrund, dass offensichtlich Rückübersetzungen stattgefunden haben, wäre es nur für den absurden Fall, dass die bP ein Vorbringen erstatteten, welches der Dolmetsch falsch übersetzt, diese falsche Übersetzung protokolliert wurde und letztlich die falsche Protokollierung vom Dolmetsch, neuerlich falsch, jedoch inhaltlich in jener Weise, wie das Vorbringen von den bP ursprünglich erstattet wurde, diesem im Rahmen der Rückübersetzung zur Kenntnis gebracht wurde. Dass dieser Fall schon aufgrund des Umfanges der Niederschriften ausgeschlossen werden kann, bedarf wohl keinen näheren Ausführungen.

Letztlich ist anzuführen, dass die im Akt ersichtlichen Niederschriften von ihrem äußeren Erscheinungsbild keine Zweifel an deren Authentizität aufkommen lassen und auch die von den bP angeführten Einwände gegen die inhaltliche Richtigkeit ins Leere gehen. Die Niederschriften spiegeln eine aktive Dialogsituation wider. Die in der Niederschrift protokollierten Fragen und Antworten stehen in einem schlüssigen Verhältnis zueinander, was eine gute Verständigungsmöglichkeit zwischen den Dialogpartnern voraussetzt und geben offensichtlich das in der Niederschrift Gesagte in ihrem wesentlichen Inhalt wieder.

Zu den Schilderungen in der Beschwerdeschrift ist anzuführen, dass diese sichtlich mit Unterstützung einer in asyl- und fremdenrechtlichen Agenden versierten Person oder Organisation zu stande kam. Zu diesem Zeitpunkt hatten die bP auch Gelegenheit, weitere Erkundigungen einzuholen, bzw. ihr Vorbringen dem Ergebnis der niederschriftlichen Einvernahmen anzupassen. Diesen Angaben kommt daher in ihrer Gesamtheit weniger Beweiswert zu als jene, welche die bP spontan anlässlich der Befragung vor der belangten Behörde tätigten, zumal diesen noch weniger suggestiver Charakter zu Grunde lag. Weiters sei darauf hingewiesen, dass es den bP auch freigestanden wäre, im Rahmen der Befragung durch einen Organwalter der belangten Behörde ihre Angaben bereits so weit zu präzisieren, wie dies in der Beschwerdeschrift stattfand.

Somit ist festzuhalten, dass den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ein gewisser suggestiver Charakter zukommt, welcher sich in der Formulierung der Beschwerde durch die bP bzw. ihrem Verhalten im Beschwerdeverfahren niederschlägt und somit jedenfalls nicht mehr von einer freien Schilderung des behauptetermaßen ausreisekausalen Sachverhalts ausgegangen werden kann. Die bP kennt ab dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Argumente der belangten Behörde und ist in der Formulierung des Rechtsmittels bestrebt, diese Argumente zu relativieren. Hierin liegt der suggestive Charakter und zeigen sich dessen negative Ausflüsse im gegenständlichen Verfahren offenkundig (zum geminderten Beweiswert von unter Suggestion getätigten Angaben siehe auch Erk. d. AsylGH 9.1.2012, E9420066-1/2011)

Die von der belangten Behörde dargestellte Einschätzung wurde auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung bestätigt. Als besonders augenfällig stellte sich der Umstand dar, dass die bP kein einziges Wort, nicht einmal einen Gruß oder ähnliches in der Staatssprache ihres Herkunftsstaates von sich geben konnten. Selbst wenn sich ihr Kontakt zu Arabern als sehr eingeschränkt dargestellt hätte, ist es aus der Sicht des ho. Gerichts undenkbar, dass die bP nicht einmal über die elementarsten Kenntnisse der Staatssprache ihres Herkunftsstaates verfügen, indem sie etwa einfache Formeln und Phrasen für den Alltag beherrschen. Auch wird hier auf die entsprechenden Ausführungen in einer Sprachanalyse von Sprakab verwendet, aus der hervorgeht, dass einzelne arabische Wörter in jenes Kurmanci, welches in Syrien gesprochen wird, ihren Eingang fanden.

Die Kenntnisse, über die die bP verfügen, sind typischerweise solche, welche man sich aus öffentlichen Quellen im Rahmen der Vorbereitung auf das Asylverfahren aneignen kann und spiegeln bei weitem nicht jene wider, welche man von einer Person -selbst wenn es sich um Analphabeten handeln sollte, welche wenig herumgekommen sind- den Lebensmittelpunkt in der genannten Region haben will, erwartet werden können. Im Lichte einer sichtlich erfolgten Vorbereitung sind auch die mitgeführten Effekten (etwa syrisches Bargeld) zu sehen. Der erkennende Richter erlaubt sich aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in der gegenständlichen Rechtsmaterie darauf hinzuweisen, dass sich die Mitführung von Bargeld aus dem Herkunftsstaat als sehr ungewöhnlich darstellt.

Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass die Angaben der bP, welche dazu dienen sollten durch die Nennung von Fakten in Bezug auf ihre behauptete Herkunftsregion, ihre Herkunft aus Syrien zu bescheinigen, aufgrund des im Vorabsatz genannten Umstandes untergeordneter Beweiswert zukommt, welcher mit dem fortgeschrittenen Verlauf des Verfahrens noch weiter sinkt. Den bP war im fortgeschrittenen Verfahrensstadium bekannt, dass die belangte Behörde an der behaupteten Herkunft Zweifel hegt und entsprechende Ermittlungen pflegt. Es liegt auf der Hand, dass die bP durch entsprechende Vorbereitungshandlungen dem entgegenzuwirken versuchten.

Zur Beweiskraft der bereits mehrfach erwähnten Sprach- und Herkunftsanalyse wird auf die Arbeitsweise des genannten Instituts hingewiesen, wozu festzuhalten ist, dass, um eine Herkunftsanalyse durchzuführen, vom Experten oder einem speziell ausgebildeten Interviewer, ein Gespräch mit dem Probanden geführt wird, welches aufgezeichnet wird. So können die für den Experten relevanten Fragen gestellt werden, sowohl was die Landeskunde als auch was die vom Probanden angegebenen Sprache(n) betrifft; das Gespräch wird außerhalb des Kontexts der Asylbefragung geführt, und es wird auch nicht auf Asylgründe eingegangen; der Experte bzw. der Interviewer unterhält sich mit dem Probanden in allen von ihm angegebenen Sprachen (falls möglich); es steht genügend vom Probanden gesprochenes Material zur Verfügung.

Während des Gesprächs und in der darauf folgenden Analyse muss sich der Experte immer auf die Angaben des Probanden und auf sein Profil stützen und dementsprechend seine Sprechweisen und Aussagen bewerten. Gewisse Angaben zum Profil des Probanden werden zu Beginn jedes Interviews genau abgeklärt. Dazu gehören nicht nur Herkunftsregion und gesprochene Sprachen, sondern auch ethnische Zugehörigkeit, Herkunft der Familie, Ausbildung und ausgeübter Beruf. Das bedeutet, dass auch die Themen des Gesprächs dem Bildungsniveau und sozialen Hintergrund des Probanden angepasst und seine Kenntnisse und Sprachkompetenz eben im Hinblick auf seine Biographie evaluiert werden müssen. Es ist wichtig, dass das Gespräch in einer möglichst natürlichen und spontanen Weise geführt werden kann, so dass gerade auf der linguistischen Ebene die bestmögliche Datensammlung erreicht werden kann. Dies ist nicht immer leicht angesichts der Umstände, unter denen die Gespräche stattfinden. Der Experte tritt via Telefon in Kommunikation mit dem Probanden.

Das Gespräch wird aufgezeichnet. Diese Aufnahme stellt die Grundlage für die Analyse dar. Der Experte kann sich so das Gespräch so oft wie nötig anhören, um die Analyse zu vervollständigen. Bei Bedarf kann die Aufnahme weiteren Experten zur Bearbeitung geschickt werden. Letzteres erlaubt es, Sprach- oder Länderkenntnisse verschiedener Experten zu kombinieren und somit auch komplexere Fälle adäquat zu behandeln.

(http://www.sprakab.se/Language_analysis.html; ho. Erk. Des AsylGHv. 20.1.2010, GZ. E10 250407-0/2008 mwN).

Auch wenn den Einschätzungen der Dolmetscher ein geringerer Beweiswert zukommt als den genannten Sprachgutachten, kommt ihnen dennoch im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein gewisser Beweiswert zu, zumal sie über entsprechende Sprachkenntnisse verfügen (man denke etwa an einen gebürtigen Österreicher, welche auch aus der Laiensphäre einen Wiener von einem Tiroler oder Berliner Dialekt unterscheiden können wird, insbesondere bei behaupteter falscher Herkunft eines Sprechers eines solchen Dialekts [z.B. ein Berliner behauptet gegenüber einem Wiener, er sei gebürtiger Tiroler und hätte ständig in Tirol gelebt]) und sich unabhängig voneinander, sowie in Unkenntnis der jeweiligen Einschätzung und auch in Unkenntnis des Inhaltes der Sprachgutachten, sowohl gegenseitig als auch den Inhalt der Sprachgutachten bestätigten.

Zum genannten Arztbrief, in dem der behandelnde Arzt in Bezug auf die bP1 angibt, dieser beherrsche die kurdische, armenische und russische Sprache, ist anzuführen, dass hierdurch das Ergebnis der Beweiswürdigung abgerundet wird. Die Konversation mit dem Arzt erfolgte zu einem Zeitpunkt, als bP bereits über geringfügige Kenntnisse der deutschen Sprache verfügte und der Arzt genau jene Sprachkenntnisse feststellte, welche für einen jezidischen Kurden mittleren Alters aus Armenien, welcher noch zu Zeiten der UdSSR geboren wurde, typisch sind. Dass der Arzt den festgehaltenen Sachverhalt frei erfand und dieser dann mit dem oa. Sachverhalt seine Deckung findet, obwohl der Arzt diesen Sachverhalt nicht kennen konnte, muss wohl als mehr als unwahrscheinlich bezeichnet werden und muss davon ausgegangen werden, dass der behandelnde Arzt seiner Anamnese nach bestem Wissen und Gewissen erstattete und ein derartig krasser Fehler ausgeschlossen werden muss. Es ist daher davon auszugehen, dass bP1 in der Gegenwart vom behandelnden Arzt angab, kurdisch, armenisch und russisch zu sprechen, was ebenfalls die Herkunft aus Armenien indiziert.

In Bezug auf die bP liegen somit schlüssige, nachvollziehbare und voneinander unabhängig zustande gekommene Ausführungen bzw. Bescheinigungsmittel vor, aus denen in deren Gesamtschau erschließbar ist, dass der sprachliche Hintergrund der bP nicht in Syrien, sondern in Armenien liegt. Auch weist das Ergebnis des weiteren Ermittlungsverfahrens darauf hin dass die bP nicht aus Syrien, sondern aus Armenien stammen.

Im Lichte der oa. Ausführungen wird den Ergebnissen der eingeholten Sprach- und Herkunftsanalysen hoher Beweiswert beigemessen und kommt das ho. Gericht in einer Zusammenschau sämtlicher Beweismittel zum Schluss, dass die bP aus Armenien stammen und mangels Hinweise auf das Gegenteil davon auszugehen ist, dass die bP die armenische Staatsbürgerschaft besitzen, zumal sich aus der Berichtslage nicht einmal andeutungsweise hergeleitet werden kann, dass der armenische Staat den Angehörigen der jezidischen Minderheit die Staatsbürgerschaft vorenthält.

Die syrische Staatsangehörigkeit wurde sichtlich nicht in Übereinstimmung mit der Tatsachenwelt aus Opportunitätserwägungen im Hinblick auf den erhofften Verfahrensher-gang vorgebracht.

..."

Das ho. Gericht sieht es für einen armenischen Staatsbürger und die bB als notorisch bekannt an, dass der armenische Staat Personenstandsfälle dokumentiert und insbesondere Aufzeichnungen übe die Existenz seiner Staatsbürger führt. Wenden sich armenische Staatsbürger unter Angabe ihrer wahren Identität an den armenischen Staat, so wird von diesem die Staatsbürgerschaft des Bürgers bestätigt. Aus dem gesagten erschließt sich zweifelsfrei, dass sich aus dem Umstand, dass einem armenischen Staatsbürger seine Staatsbürgerschaft vom armenischen Staat nicht bescheinigt wird, dies daran liegen muss, dass dieser Bürger gegenüber den Behörden unter falscher Identität auftritt.

Es ist festzuhalten, dass die bP die Botschaft sichtlich aufsuchten, ohne ihre (wahre) Identität, bzw. jene Identität, unter welcher sie den armenischen Staat bekannt sind, bekanntzugeben, bzw. zu bescheinigen. Die Auskunft der armenischen Botschaft an die bB bescheinigt daher allenfalls, dass in Armenien keine Personen als Bürger dieses Staates leben, welche die von den bP behaupteten Identitäten führten. Nicht bescheinigt wird hierdurch jedoch, dass es sich bei der von den bP angegebenen Namen um deren wahre Identität handelt. Die genannte Auskunft bescheinigt viel mehr, dass die bP unter falscher Identität auftreten, bzw. vor den armenischen Behörden jene Identität verheimlicht, unter jener sie diesen Behörden bekannt ist. Zur Verdeutlichung wird hier der hypothetische Fall, dass der im gegenständlichen Fall entscheidende Richter im Ausland eine österreichische Botschaft aufsucht und sich dort als "Max Mustermann" vorstellt. In diesem Fall wird die Botschaft feststellen, dass es keinen österreichischen Staatsbürger namens "Max Mustermann" gibt, wodurch noch nichts über die wahre Staatsbürgerschaft des entscheidenden Richters gesagt ist, sondern nur darüber, dass er nicht den angegebenen Namen führt.

Es sei auch darauf hingewiesen, dass eine wiederholte und in ihrem Inhalt übereinstimmende Wiedergabe einer falschen Behauptung -so wie im gegenständlichen Fall in Bezug auf die Identität und Staatsbürgerschaft- diese durch die mehrfache Wiederholung in verschiedenen Verfahren objektiv nicht wahrer werden lässt. Dass die bP über einen längeren Zeitraum und in verschiedenen Verfahren gleichlautende Angaben zu ihrer Identität in Bezug auf die engeren Stammdaten gemacht haben, lässt sich daher im konkreten Einzelfall nichts gewinnen.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass die bP keine neuen Umstände in Bezug auf ihre Identität bzw. Staatsangehörigkeit nachvollziehbar vorbrachten oder bescheinigen, welche nicht bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren berücksichtigt worden wären. Es steht daher auch die Rechtskraftwirkung des Asylverfahrens mangels Änderung der Sach- bzw. Rechtslage einer Neubeurteilung dieser Umstände entgegen.

Aufgrund der getroffenen Ausführungen geht das ho. Gericht letztlich davon aus, dass die bP zu ihrer Staatsbürgerschaft und Identität wiederholt und beharrlich falsche Angaben machte. Hieran hat sich bis zur Entscheidung durch das ho. Gericht nichts geändert und sieht es keinen Anlass, hier von den bereits getroffenen rechtskräftigen Feststellungen abzuweichen.

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Zu A)

II.3.2. Abweisung des Antrages auf Ausstellung einer Karte für Geduldete

§ 46a FPG lautet:

Duldung

§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

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1.-deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2.-deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3.-deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4.-die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

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1.-seine Identität verschleiert,

2.-einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3.-an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen "Republik Österreich" und "Karte für Geduldete", weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

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1.-deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2.-die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;

3.-das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4.-andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.

§ 46 FPG lautet (auszugsweise)

"Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

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1.-die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.-sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.-auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.-sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

..."

Neben der allgemeinen Obliegenheit zur Förderung des Verfahrens gem. § 39 Abs. 2a und der Obliegenheit der Partei, im Verfahren mitzuwirken, sowie dem Grundsatz dass diese Obliegenheit in Bezug auf vorgetragene Umstände, welche die Behörde nicht amtswegig ermitteln kann in den Vordergrund tritt, beschreibt § 46 FPG genau die Obliegenheiten der bP im Rahmen des Verfahrens zur Durchführung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und ordnet hiermit zusammenhängend § 46a FPG an, dass Gründe, welche die Abschiebung aus von der Partei zu vertretenden Gründen -wozu die unterlassenen, in § 46 leg. cit. genannten Obliegenheiten gehören- verunmöglichen, dazu führen, dass der Fremde im Bundesgebiet nicht gem. § 46a FPG zu dulden ist. Genau eine solche Konstellation liegt im gegenständlichen Fall vor, wenn die bP nachdrücklich ihre wahre Identität verschleiern, keinerlei Anstalten stellen, diese richtig zu stellen, bzw. von sich aus oder im Rahmen von Amtshandlungen der bB bei der armenischen Vertretungsbehörde vorsprechen und dort wahre Angaben machen und führten die beschriebenen Handlungen der bP, insbesondere deren Verschleierung der Identität (die wahre Staatsbürgerschaft konnte trotz falscher Angaben der bP amtswegig ermittelt werden) dazu, dass eine Abschiebung der bP bis dato nicht möglich war.

Genau jene Personen, welche ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung nicht nachkommen und hierdurch die Abschiebung vereiteln, sollen nicht in den Genuss der Duldung -und in weiterer Folge in den Genuss eines Aufenthaltstitels- kommen.

Aus den oa. Gründen geht auch der Einwand ins Leere, dass das Nichtfeststehen der Identität nicht grundsätzlich die Ausstellung einer Duldung verhindert, zumal dies nur auf jene Fallkonstellationen zutrifft, in denen das Nichtfeststehen der Identität nicht auf Umstände zurückzuführen ist, welche der Fremde zu vertreten hat. Genau dies ist jedoch hier nicht der Fall.

Wenn den bP bereits in der Vergangenheit -aus welchen Gründen auch immer- ein Karte für Geduldete ausgestellt wurde, ist festzuhalten, dass aus der Ausstellung einer Karte für Geduldete in der Vergangenheit oder aus dem Vorhandensein einer noch gültigen Karte ist nicht zwingend zu schließen ist, dass die Voraussetzungen für die im Sinn des § 57 Abs. 1 Z (in diesem Fall) 1 AsylG 2005 weiterhin vorliegen. Für in der Vergangenheit ausgestellte und bereits abgelaufene Karten folgt das schon aus ihrem begrenzten zeitlichen Geltungsbereich (Erk. d. VwGH vom 31.8.2017, Ro 2016/21/0019). Aufgrund der vergleichbaren Interessenslage gelten diese Überlegungen auch im gegenständlichen Fall und spricht auch der klare Wortlaut des Gesetzes für diese Annahme (vgl. § 46a Abs. 5 Z 2 FPG: "die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen").

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Beschwerde abzuweisen.

Die relevanten Teile des gegenständlichen Erkenntnisses wurden den bP bereits im Rahmen dessen mündlicher Verkündung übersetzt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Beurteilung der Wirkung rechtskräftig ergangener Rechtsakte, sowie der Auslegung des § 46a FPG, der Frage welche Mitwirkungsobliegenheiten dem Fremden obliegen, zu welchen Konsequenzen eine unterlassene Mitwirkung führt.

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ausreiseverpflichtung Duldung falsche Angaben Familienverfahren Gutachten Identität Identitätsfeststellung Karte für Geduldete Mitwirkungspflicht Nachweismangel Reisedokument Rückkehrentscheidung schriftliche Ausfertigung Sprachanalyse Verschleierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2015392.2.00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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