TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/14 L510 2133343-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.11.2019
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Entscheidungsdatum

14.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L510 2133343-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2016, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 Abs 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, §§ 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, 46, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführende Partei (bP) stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 22.05.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich der Erstbefragungen durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die bP zum Fluchtgrund an, dass im Irak Bürgerkrieg herrsche. Der IS wolle strenge islamische Gesetze einführen. Da sie auch zum Militär hätte müssen, habe sie Angst gehabt kämpfen zu müssen, weshalb sie den Irak verlassen habe.

Die niederschriftliche Einvernahme beim BFA am 13.06.2016 gestaltete sich im Wesentlichen folgend:

"...

LA: Wie geht es Ihnen? Leiden oder litten Sie an irgendwelchen körperlichen oder

psychischen Problemen, gibt es bestehende Krankheiten oder benötigen Sie aktuell

bestimmte medizinische Betreuung oder Medikamente?

AW: Ich habe keine medizinischen Probleme.

LA: Nehmen Sie Drogen oder Drogenersatzstoffe?

AW: Nein.

LA: Sie sind geistig und körperlich gesund, ist das richtig?

AW: Ja.

LA: Sind Sie mittlerweile auch anwaltlich oder durch eine andere Person bzw. Institution

im Verfahren vertreten?

AW: Nein.

LA: Ist Ihnen bewusst, dass es bei der gegenständlichen Einvernahme um die

Behandlung Ihres Antrages auf internationalen Schutz geht?

AW: Ja.

LA: Ihre Angaben im Asylverfahren werden vertraulich behandelt und keinesfalls an die

Behörden ihres Heimatlandes oder an andere Personen ohne Ihre Zustimmung

weiter geleitet. Ist ihnen diese Vertraulichkeit bewusst?

AW: Ja, das weiß ich.

LA: Haben Sie Einwände, dass das Bundesamt im Bedarfsfall konkrete Ermittlungen in

Bezug auf Ihre Person und Ihr Vorbringen in Ihrem Herkunftsstaat durchführt, falls

solche Ermittlungen für die Beurteilung Ihres Antrages von Bedeutung sein sollten?

AW: Nein, kein Problem

LA: Bei dieser Einvernahme handelt es sich um eine Fortsetzung der bis jetzt

durchgeführten Befragungen. Es geht jetzt vorwiegend um die Darstellung Ihres

Fluchtgrundes. Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende

Angaben gemacht und wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt

protokolliert?

AW: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt. Es wurde alles richtig rückübersetzt und

protokolliert.

LA: Sie wurden vom Bundesamt angeschrieben dass Sie Dokumente vorlegen sollen.

Insbesondere Dokumente, die Ihre Identität bezeugen. Haben Sie solche Dokumente.

Anmerkung: Der AW legt heute nichts vor:

LA: Wo ist ihr Reisepass?

AW: Ich habe meinen Reisepass im Meer verloren.

LA: Hat sich seit der Erstbefragung an den Gründen Ihrer Flucht aus dem Irak etwas

geändert?

AW: Nein.

LA: Welcher Religion gehören Sie an?

AW: Moslem; Sunnit

LA: Sie gaben an, ledig zu sein. Entspricht das der Wahrheit?

AW: Ja.

LA: Haben Sie Kinder? Wie heißen diese?

AW: Nein, ich habe keine Kinder

LA: Haben Sie eine gesetzliche Vertretung von Personen im Irak übernommen?

AW: Nein.

LA: Gibt es mittlerweile weitere Angehörige in Österreich oder im Raum der EU?

AW: Nein.

LA: Haben Sie Kontakt zu ihrem Vater, den Geschwistern oder anderen Angehörigen

oder Freunden im Irak?

AW: Ich bin mit meiner Mutter und meiner telefonisch in Kontakt sowie über das Internet 3

Mal die Woche aber seit 2 Wochen keinen Kontakt weil es keine Verbindung gibt.

LA: Wie heißen Ihre Eltern bzw. Geschwister und wo leben sie?

AW: Vater: XXXX , 73Jahre alt, wh. vermisst seit 2 Jahren.

Mutter: XXXX , 55 Jahre alt, wh. in XXXX, XXXX (bei meiner

Tante)

Bruder: XXXX , 28 Jahre alt, wh. in Deutschland, Hamburg.

Schwester: XXXX , 30 Jahre alt, wh. bei meiner Mutter.

LA: Sie gaben an, dass Sie und Ihre Familie aus dem Irak stammen. Wie lebten Sie dort?

Gibt es ein eigenes Haus, Grundstücke, eine Landwirtschaft?

AW: Wir haben alles verloren. Wir hatten ein Haus in XXXX und einen PKW diese

wurden von den schiitischen Milizen beschlagnahmt. Das wurde der Familie

weggenommen, das hat mich nicht betroffen.

LA: Wie lange haben Sie im Irak gelebt?

AW: Seit meiner Geburt.

LA: Wo haben Sie im Irak vor Ihrer Flucht gelebt? Nennen Sie mir die genaue Adresse!

AW: In XXXX, XXXX (Haus meiner Tante)

LA: Woher stammen die Eltern, welche Provinz, welcher Distrikt?

AW: Mein Vater kommt aus Anbar, meine Mutter ist syrische Staatsbürgerin aus Aleppo.

Nachgefragt gebe Ich an, dass meine Mutter die syrische und die irakische

Staatsbürgerschaft hat.

LA: Wo lebt Ihre Familie derzeit? Nennen Sie mir die Adresse.

AW: Bei der Tante siehe oben.

LA: Sie gaben an eine Schule besucht zu haben. Stimmt das? Haben Sie irgendwann

eine Schule besucht?

AW: Ja.

Grundschule: 8 Jahre

LA: Sie können demnach schreiben und lesen?

AW: Ja.

LA: Sie verstehen und sprechen schon etwas Deutsch (Ohne Übersetzung)?

AW: Ohne Dolmetscher:

Ja Ich verstehe, Ich heiße XXXX und komme aus dem Irak, Ich bin um 08:00 Uhr

aufgestanden und habe das Frühstück gemacht.

LA: Haben Sie schon einmal einen Deutschkurs in Österreich besucht?

AW: Ja. Ich habe 2-mal die Woche einen Deutschkurs und Ich lerne immer im Zimmer

Deutsch.

B1 Kurs Teilnahmebestätigung. Nächste Woche habe Ich die Abschlussprüfung.

LA: Haben Sie vor weitere Deutschkurse zu besuchen?

AW: Ja.

LA: Haben Sie im Irak gearbeitet? Haben Sie eine berufliche Ausbildung, was haben Sie

bisher alles gearbeitet?

AW: Ich habe zuerst in dem Bereich Soundtechnologie gearbeitet bei dem irakischen

XXXX , dieser gehört dem XXXX , er ist wichtig bei den Milizen

(Bader) und arbeitet für den irakischen Staat.

Ich war Fußballspieler, Ich habe bei mehreren irakischen Vereinen mich vorgestellt;

wurde aber nicht aufgenommen weil Ich aus Anbar bin. So konnte Ich nur bei dem

Verein XXXX spielen.

LA: Wie viel haben Sie ca. im Monat verdient?

AW: 400 $

Anmerkung: der AW fängt immer mit dem Fluchtgrund an. Ich weise ihn darauf hin, dass wir

diesen noch genau behandeln werden, er möge bitte auf die Fragen genau antworten

und bitte in Arabisch!

LA: Wie viel benötigten Sie davon zum Leben?

AW: Ich habe alles verbraucht, Ich hatte viele Ausgaben, Ich habe viel für Kleidung

benötigt, sowie für die Sportausrüstung und meine Mutter habe Ich auch unterstützt.

LA: Den Alltag im Irak konnten Sie und die Familie soweit ohne weitere Probleme

bestreiten?

AW: Ja, Ich bin ausgekommen. Nachgefragt gebe Ich an, dass Ich hier in Österreich

staatliche Unterstützung bekomme.

LA: Hier in Österreich sind Sie in der Grundversorgung und bekommen nur ein bisschen

Taschengeld wie geht sich das für Sie aus?

AW: Ich würde gerne arbeiten kann aber nicht, Ich rauche und trinke nicht. Ich kaufe beim

Diskonter da ist es billiger. Ich kann gut Geld verwalten.

LA: Wann genau hatten Sie den Entschluss gefasst den Irak zu verlassen?

AW: Im Jahr 2014 habe ich den Entschluss gefasst.

LA: Wann sind Sie dann aus dem Irak ausgereist?

AW: 28.Jänner 2015 mit dem Flugzeug.

LA: Ihre Eltern und Geschwister befinden sich noch im Irak?

AW: Ja. Meine Mutter und meine Schwester mein Vater ist verschwunden.

LA: Fühlen diese sich dort denn sicher, nachdem Sie ja geflüchtet sind?

AW: Nein Sie fühlen sich nicht sicher, meine Mutter ist alt und schafft den Fluchtweg

nicht.

LA: Warum fühlen sich ihre Schwester und ihre Mutter nicht sicher?

AW: Sie werden bedroht aufgrund der Tätigkeit meines Onkels. Mein Onkel war ein sehr

bekannter Arzt im Irak. Er lebte 17 Jahre in den USA und als er in den Irak zurückkam

wurde er von der Bader Miliz bedroht. Er ist der Onkel meiner Mutter. Die Bader

Organisation haben um 06:00 Uhr das Haus meiner Tante gestürmt, diese ist seine

Schwester. Zu diesem Zeitpunkt war mein Onkel bereits tot. Die Milizen glaubten uns,

dass der Onkel tot ist. Sie haben uns bedroht.

LA: Schildern Sie mir bitte die konkrete Fluchtroute mit Nennung der verwendeten

Verkehrsmittel von ihrer Heimat bis nach Österreich.

AW: Von XXXX über Erbil nach Ankara mit dem Flugzeug. 4 Monate in der Türkei dann

mit dem Boot nach Griechenland weiter auf dem Fußweg nach Serbien und dann mit

einem Kastenwagen nach Österreich.

LA: Warum wählten sie ausgerechnet Österreich dazu aus, um Asyl zu beantragen?

AW: Weil ich Positives über Österreich von anderen Flüchtlingen hörten.

LA: Sie machten sehr detaillierte Angaben zu Ihrer Reise nach Österreich. Sind diese

Angaben soweit richtig, wollen Sie da etwas berichtigen?

AW: Nichts oder wollen Sie noch etwas wissen.

LA: Wie hoch waren die Kosten der Reise gesamt?

AW: 4000 $

LA: Woher hatten Sie das Geld für die Reise, wenn Sie alles ausgegeben hatten?

AW: Wir hatten einen PKW, das war der PKW von meinem Bruder der wurde verkauft.

11 000 $ brachte der Verkauf der wurde zwischen meinen Bruder und mir aufgeteilt

sowie brauchten wir Geld in der Türkei in Sinob. Nachgefragt gebe Ich an, dass wir

nicht in der Türkei bleiben konnten da wir kein Geld hatten und Arbeiten durften wir

nicht.

LA: Wer hat diese Reise für Sie organisiert?

AW: Ich kannte mich nicht aus, die Freunde meines Bruders haben mir geholfen.

LA: Wie viel hat das Flugticket von XXXX nach Ankara gekostet?

AW: ca. 200 $, Ich bin mir aber nicht mehr sicher.

LA: Kommen wir jetzt zu dem Grund, aus dem sie den Irak verlassen mussten und Sie

nicht in den Irak zurück können? Bitte erzählen Sie.

AW: Beginn der freien Erzählung:

Ende 2014 wurde Ich auf dem Weg vom Fußballverein XXXX nach Hause von

unbekannten Personen ausgeraubt und mit dem Tod bedroht weil Ich Sunnit aus

Anbar bin. Ich habe für einen schiitischen XXXX gearbeitet. Anfang 2015

verweigerte mir der XXXX alle Zahlungen weil sie festgestellt haben, dass Ich

Sunnit aus Anbar bin. Ich habe dort mit ihnen gestritten und verlangte mein Geld, sie

haben die Mitglieder der Bader-Organisation gerufen die mir mit dem Tot drohten

wenn Ich nicht verschwinden werde und schlugen mich. Danach versteckte Ich mich

zu Hause und konnte meinen beiden Arbeiten nicht mehr nachgehen. Die Bader Miliz

kam wieder zu uns nach Hause, Ich und mein Bruder waren nicht zu Hause, sie

verlangten meinen Onkel, der war aber tot, sie wollten dies jedoch nicht glauben und

haben den PKW den er uns vererbt hatte beschlagnahmt. Sie sagten unserer Mutter,

dass wir das Haus verlassen müssen, deshalb sind wir zu meiner Tante (Schwester

von meinem Onkel). Sie haben unser Haus eingenommen. Im Stadtviertel meiner

Tante hatte Ich mich versteckt weil die Miliz dort mit den gleichen Fahrzeugen

herumgefahren ist. Deshalb bin Ich geflüchtet. Ich konnte dort nicht mehr leben.

Ende der freien Erzählung.

LA: Ist das der einzige Grund bzw. waren das alle Ihre Gründe, dass Sie den Irak

verlassen mussten bzw. nicht in den Irak zurückkehren können?

AW: Ja, sonst keine Gründe.

LA: In der EB gaben Sie einen anderen Fluchtgrund an?

AW: Ja, das stimmt. Ich stamme aus Anbar und hätte dort gegen die IS-Kämpfen müssen.

Deshalb wohnten wir in XXXX, und meine Probleme waren der Grund für die Flucht.

Nachgefragt gebe ich an, dass ich das bei der EB genauer erzählen wollte der

Dolmetscher jedoch sagte ich könne die zu einem späteren Zeitpunkt tun.

LA: Es gibt doch Länderteile im Irak wo Sunniten oder Schiiten leben, wieso sind Sie nicht

dorthin geflohen?

AW: Im Norden darf Ich mich nur 7 Tage befinden sonst würde Ich eingesperrt werden im

Süden würde Ich als Sunnit getötet. Meinen Cousin haben sie bei lebendigem Leib

verbrannt weil er XXXX hieß wir erhielten einen Sack mit einer verkohlten Leiche

darin. In Tikrit kämpft der IS mit dem Staat und es gibt dort nicht einmal ein Spital.

Erbil gehört den Kurden.

LA: Haben Sie den Vorfall den Behörden gemeldet (Drohungen gegen ihre Person)?

AW: Die Behörden, die Polizei unterliegt dem Einfluss der Miliz. Kein Sunnit darf die

Milizen anzeigen.

LA: Warum sind Sie nicht in der Türkei geblieben?

AW: Ich versuchte dort zu arbeiten, bekam dafür aber keine Erlaubnis. Ich bewarb mich

als Fußballer, der Trainer wollte mit mir nicht sprechen da ich Araber bin.

LA: Das heißt Sie sind aus wirtschaftlichen Gründen geflohen?

AW: Nein, ich wäre tot wenn ich im Irak geblieben wäre. Sie drohten meinen Bruder und

mich umzubringen wenn sich mein toter Onkel nicht zeigt.

LA: Erklären Sie mir warum Sie, aus Ihrer Sicht, nicht in den Irak zurückkehren können.

AW: Sollte ich zurückkehren würde ich umgebracht werden, durch die Milizen.

LA: Ich bin mit den Fragen zu den Fluchtgründen soweit fertig. Wollen Sie dazu noch

etwas sagen? Haben Sie alle Ihre Gründe geltend gemacht? Hatten Sie genug Zeit

und Möglichkeit, alle Ihre Gründe geltend zu machen?

AW: Nein Ich möchte noch etwas erwähnen: ich werde als Sunnit aus Anbar im Irak

verfolgt und ausgegrenzt. Ich konnte weder als Fußballer noch als Soundtechniker

arbeiten. Wir werden von allen schiitischen Behörden ausgegrenzt. Das war auch der

Ablehnungsgrund für einen Heiratsantrag weil mein Stammesname XXXX aus

Anbar ist. Es gibt keinen Platz mehr für mich im Irak.

LA: Es gibt sehr viele freiwillige Rückkehrer in den Irak, wie erklären Sie sich das?

AW: Das sind wirtschaftliche Flüchtlinge, die gelogen haben, vor allem Schiiten die sich

als Sunniten ausgegeben haben. Sie glaubten schnell Asyl zu bekommen wenn Sie

sich als Sunniten ausgeben würden.

Anmerkung: 10 Minuten Pause

LA: Haben Sie nun alle Ihre Gründe genannt, wegen derer Sie nicht in den Irak zurück

können?

AW: Ja.

LA: Sie leben alleine in einer betreuten Unterkunft der Grundversorgung. Stimmt das?

AW: Ja, das stimmt, Ich wohne in XXXX .

LA: Haben Sie außerhalb der Betreuungsstelle bereits soziale Kontakte zur

österreichischen Gesellschaft?

AW: Ja der AW legt Fotos vor. Ich spiele im Fußballverein XXXX , dort darf ich nur

trainieren da ich noch keine Papiere habe, ich habe dort viele Freunde. Ich habe auch

ein Angebot von dem Fußballverein in XXXX, der Trainer hat mich in XXXX spielen

sehen. Das Angebot bekam ich mündlich eine schriftliche Zusage habe ich nicht. Ich

koche auch für die Kirche in XXXX , die Fotos habe ich auf meinem Handy.

LA: Betätigen Sie sich bei karitativen Organisationen oder anderen Vereinen?

AW: Nein.

LA: Haben Sie in Österreich schon einmal Probleme mit Behörden, Polizei, Gericht oder

anderen Institutionen gehabt?

AW: Nein.

LA: Wurden Sie schon einmal strafgerichtlich verfolgt bzw. verurteilt? Hatten Sie

Probleme mit Verwaltungsbehörden aufgrund schwerer Verwaltungsstraftaten?

AW: Nein.

LA: Haben Sie sich jemals im oder außerhalb vom Irak politisch betätigt, gehören Sie

irgendeiner politischen Organisation oder Partei an?

AW: Nein.

LA: Gab es jemals eine konkrete Verfolgung Ihrer Person alleine aufgrund Ihrer

Volksgruppenzugehörigkeit?

AW: Nein.

LA: Gab es jemals eine Verfolgung Ihrer Person alleine aufgrund Ihrer

Religionszugehörigkeit?

AW: Nein. Nur das was Ich erwähnt habe.

LA: Gab es jemals eine Verfolgung Ihrer Person alleine aufgrund Ihrer Nationalität?

AW: Nein.

LA: Gab es jemals eine Verfolgung Ihrer Person alleine aufgrund Ihrer Zugehörigkeit zu

einer bestimmten sozialen Gruppe?

AW: Nein.

LA: Sie sind nach wie vor gläubiger Moslem?

AW: Nein nur gläubig.

LA: Haben oder hatten Sie jemals irgendwelche Schwierigkeiten/Probleme mit irakischen

oder internationalen Behörden (Polizei, Gericht etc.)?

AW: Nein.

LA: Haben oder hatten Sie jemals irgendwelche Probleme - außer den genannten - mit

privaten Personen, Personengruppen, Banden, kriminellen Organisationen?

AW: Nein.

LA: Gibt es außer den genannten Problemen und Befürchtungen sonst noch

irgendwelche Sie betreffende Schwierigkeiten, die noch nicht zur Sprache gekommen

sind?

AW: Nein, ich kann nie wieder in den Irak zurückkehren.

LA: Die Verständigung mit dem Dolmetscher war immer gut?

AW: Ja.

LA: Möchten Sie zu den von Ihnen im Zuge der Befragung gemachten Angaben,

insbesondere zu ihrer Person, Ihrem Reiseweg oder betreffend vorhandener

Dokumente, Fluchtgrund etwas berichtigen, ergänzen oder hinzufügen? Sie werden

nochmals darauf hingewiesen, dass Ihre Angaben die Grundlage für die

Entscheidung im Asylverfahren sind und dass hervorkommende Widersprüche,

Abweichungen von bereits getätigten Angaben oder sonstige

Tatsachenabweichungen ihre Glaubwürdigkeit maßgeblich beeinflussen.

AW: Nein, Es gibt einige aus meiner Familie die bedroht, verletzt und getötet wurden

seitens der schiitischen Milizen.

LA: Ich beende somit die Einvernahme. Wollen Sie noch ergänzende Angaben machen,

die noch nicht zur Sprache gekommen sind und ihrer Ansicht nach für das Verfahren

wesentlich sein könnten?

AW: Nein.

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom BFA gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.).

Gem. § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.).

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Das BFA gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ein relevantes, die öffentlichen Interessen übersteigendes, Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen.

2. Gegen den genannten Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde das Ermittlungsverfahren des BFA moniert, das bisherige Vorbringen der bP wiederholt und dargelegt, dass das BFA näher zitierte Berichte über radikale schiitische Milizen nicht berücksichtigt habe. Das Vorbringen sei sehr lebensnah und detailreich gestaltet worden. Hätte das BFA einen Abgleich mit den einschlägigen Länderfeststellungen vorgenommen, wäre es zu dem Schluss gekommen, dass die Verfolgungsgefahr objektiv nachvollziehbar sei. In XXXX würden schiitische Milizen massive Menschenrechtsverletzungen verüben. Die nachvollziehbare und widerspruchsfreie Schilderung der Vorfälle spreche für die Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens. Die Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes diene insbesondere der Ermittlung der Identität und Reiseroute, nicht der Fluchtgründe. Eine Widersprüchlichkeit des Vorbringens zwischen Erstbefragung und Einvernahme könne somit nicht ehrangezogen werden. Zudem würden die Ausführungen zur innerstaatlichen Fluchtalternative zu kurz greifen. Der bP wäre jedenfalls der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen. Aufgrund der privaten Interessen hätte die Rückkehrentscheidung für dauerhaft unzulässig erklärt werden müssen und eine Aufenthaltsberechtigung (plus) erteilt werden müssen. Es wurde beantragt eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

3. Am 30.10.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der bP sowie im Beisein ihres bevollmächtigten Vertreters eine Verhandlung durch. Das BFA blieb entschuldigt fern.

Mit der Ladung wurde die beschwerdeführende Partei auch umfassend auf ihre Mitwirkungsverpflichtung im Beschwerdeverfahren hingewiesen und sie zudem auch konkret aufgefordert insbesondere ihre persönlichen Fluchtgründe und sonstigen Rückkehrbefürchtungen durch geeignete Unterlagen bzw. Bescheinigungsmittel glaubhaft zu machen, wobei eine demonstrative Aufzählung von grundsätzlich als geeignet erscheinenden Unterlagen erfolgte.

Zugleich mit der Ladung wurden der beschwerdeführenden Partei ergänzend Berichte zur aktuellen Lage im Irak übermittelt bzw. namhaft gemacht, welche das Verwaltungsgericht in die Entscheidung ergänzend miteinbezieht. Eine Stellungnahmemöglichkeit wurde dazu eingeräumt. Eine solche schriftliche Stellungnahme wurde nicht abgegeben. In der Verhandlung wurde auf die Demonstrationen im Irak verwiesen, welche sich gegen Korruption und Misswirtschaft richten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Die Identität der bP steht nicht fest. Soweit sie in diesem Verfahren namentlich erwähnt wird, handelt es sich um eine reine Verfahrensidentität.

Die bP ist Staatsangehöriger des Irak, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist muslimisch sunnitischen Glaubens. Sie lebte seit ihrem ersten oder zweiten Lebensjahr bis zu ihrer Ausreise in XXXX. Die bP ist ledig und hat keine Kinder. Der Aufenthalt ihres Vaters ist nicht bekannt. In XXXX leben ihre Mutter, die Tante und ihre Schwester, sowie zwei Cousins. Ihr Schwager ist Taxifahrer und kümmert sich um die Familie. Ihre Mutter lebt gemeinsam mit der Tante in deren eigenem Haus im Stadtviertel XXXX . Die bP hat Kontakt zu ihrer Mutter. Die bP reiste legal mit ihrem Reisepass aus XXXX über Erbil aus. Der Reisepass wurde im Verfahren nicht vorgelegt. Der vorgelegte Staatsbürgerschaftsnachweis und Personalausweis wurden als Totalfälschungen festgestellt.

Sie besuchte im Irak etwa 8 Jahre lang die Schule. Sie war als Soundtechniker bei einem XXXX in XXXX tätig und spielte beim Verein XXXX in XXXX Fußball.

Die bP ist gesund und arbeitsfähig.

In Österreich lebt die bP seit ihrer Einreise von der Grundversorgung. Sie hat in Österreich keine Familienangehörigen. Sie spielt Fußfall, hat ca. 60 Tage in einem Altersheim ausgeholfen und hat beim Ausmalen in ihrer Unterkunft mitgeholfen. Die bP kann sich auf Deutsch sehr gut verständigen.

1.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Die von der bP vorgebrachten Fluchtgründe werden den Feststellungen nicht zugrunde gelegt.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat, konkret in XXXX, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer glaubhaften, asylrelevanten Verfolgungsgefahr oder einer realen Gefahr von Leib und/oder Leben ausgesetzt wäre.

1.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Im Juni 2014 startete der sog. Islamische Staat Irak (IS) oder Da'esh, einen erfolgreichen Angriff auf Mossul, die zweitgrößte Stadt des Irak. Der IS übernahm daraufhin die Kontrolle über andere Gebiete des Irak, einschließlich großer Teile der Provinzen Anbar, Salah al-Din, Diyala und Kirkuk. Im Dezember 2017 erklärte Premierminister Haider al-Abadi den endgültigen Sieg über den IS, nachdem die irakischen Streitkräfte die letzten Gebiete, die noch immer an der Grenze zu Syrien unter ihrer Kontrolle standen, zurückerobert hatten. Der IS führt weiterhin kleine Angriffe vorwiegend auf Regierungstruppen und Sicherheitspersonal an Straßenkontrollpunkten aus.

Am 25. September 2017 hat die kurdische Regionalregierung (KRG) ein unverbindliches Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Region im Irak sowie über umstrittene Gebiete, die unter Kontrolle der KRG stehen, abgehalten. Das Referendum wurde für verfassungswidrig erklärt.

Bei den nationalen Wahlen im Mai 2018 gewann keine Partei die Mehrheit, obwohl die meisten Stimmen und Sitze an die Partei des schiitischen Klerikers Muqtada al-Sadr gingen, ein ehemaliger Anti-US-Milizenführer.

Genaue, aktuelle offizielle demographische Daten sind nicht verfügbar. Die letzte Volkszählung wurde 1987 durchgeführt. Das US-Außenministerium schätzt die Bevölkerung im Irak auf rund 39 Millionen. Araber (75 Prozent) und Kurden (15 Prozent) bilden die beiden wichtigsten ethnischen Gruppen. Andere Ethnien sind Turkmenen, Assyrer, Yazidis, Shabak, Beduinen, Roma und Palästinenser.

97 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Schiiten machen 55 bis 60 Prozent der Bevölkerung aus und umfassen Araber, Shabak und Faili-Kurden. Der Rest der Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Sunniten, einschließlich der sunnitischen Araber, die schätzungsweise 24 Prozent der Gesamtbevölkerung des Irak ausmachen. Die meisten Kurden sind auch Sunniten und machen etwa 15 Prozent der nationalen Bevölkerung aus.

Die schiitischen Gemeinden leben in den meisten Gebieten des Irak, konzentrieren sich jedoch im Süden und Osten. Die Mehrheit der Bevölkerung von XXXX sind Schiiten, insbesondere Vororte wie Sadr City, Abu Dashir und Al Dora. Sunniten leben hauptsächlich im Westen, Norden und im Zentralirak. Die Anzahl der in XXXX als gemischt betrachteten Gebiete nimmt ab. In einigen Bezirken XXXX gibt es immer noch bedeutende sunnitische Gemeinden, darunter Abu Ghraib. Die Bezirke A'adamia, Rusafa, Za'farania, Dora und Rasheed haben kleinere Gebiete sunnitischer Gemeinschaften. Gemischte sunnitische-schiitische Gemeinden leben in den Bezirken Rusafa und Karada, kleinere gemischte Gemeinden auch in den Bezirken Doura, Rasheed, Karkh, Mansour und Kadhimiya.

Die irakische Verfassung garantiert grundlegende Menschenrechte einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Chancengleichheit, Privatsphäre und Unabhängigkeit der Justiz. Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Nationalität, der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der Meinung, des wirtschaftlichen oder sozialen Status.

Die Verfassung macht den Islam zur offiziellen Religion des Staates. Es garantiert die Glaubens- und Religionsfreiheit für alle Personen, einschließlich Christen, Yazidis und Sabäer-Mandäer. Nach der Absetzung von Saddam Hussein und der (von Sunniten dominierten) Ba'ath-Partei aus der Regierung fühlten sich viele Sunniten ausgegrenzt. Außerhalb der vom IS kontrollierten Gebiete wurden Sunniten in der Form belästigt und diskriminiert, dass sie bei Kontrollpunkten in aufdringlicher Weise kontrolliert wurden und Dienste minderer Qualität in sunnitischen Gebieten bereitgestellt werden. Sunniten sind außerhalb von Gebieten, die kürzlich vom IS kontrolliert wurden, aufgrund ihrer Religion einem geringen Risiko gesellschaftlicher Gewalt ausgesetzt. In Gebieten, in denen sie eine Minderheit sind, sind Sunniten einem mäßigen Risiko von Diskriminierung durch die Behörden und der Gesellschaft ausgesetzt. Das Risiko der Diskriminierung variiert je nach lokalem Einfluss und Verbindungen.

Als Mehrheitsbevölkerung im Irak mit einer dominierenden Rolle in der Regierung werden Schiiten kaum oder gar nicht diskriminiert. Die Schiiten haben traditionell im ganzen Irak gelebt. Durch die starke Zunahme sektiererischer Gewalt seit 2003 haben einige Schiiten sunnitische Gebiete verlassen. Der Aufstieg des IS im Jahr 2014 führte dazu, dass viele Turkmenen und Shabak in andere Gebiete umsiedelten. Die Gewalt gegen Schiiten hat sich im Jahr 2018 nach der Niederlage des IS verringert. Es kommt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen schiitischen Milizen, die häufiger in schiitischen Gebieten wie XXXX und dem Südirak auftreten. Schiiten sind keiner offiziellen Diskriminierung ausgesetzt. Sie sind auch keiner gesellschaftlichen Diskriminierung ausgesetzt, obwohl sie bei bedeutenden schiitischen Festen und Pilgerfahrten einem mäßigen Gewaltrisiko ausgesetzt sind.

Die PMF (Popular Mobilisation Forces oder Al-Hashd Al-Sha'abi) ist eine Dachorganisation mit über 200 bewaffneten Gruppen, hauptsächlich Schiiten. Zu den zahlreichen schiitischen bewaffneten Gruppen im Irak gehören Saraya Al-Salam (SAS, auch Friedensbrigaden genannt, die zum Teil aus ehemaligen Mahdi-Armeekämpfern bestehen), Asaib Ahl al-Haq (AAH), Kataib Hizbullah (KH) und das Badr Corps. SAS und das Badr Corps sind die militärischen Waffen der politischen Bewegungen Sadrist und Badr (Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018).

Im Irak ging die Zahl der Sicherheitsvorfälle (zB Schießereien, IED's, Angriffe auf Checkpoints, Entführungen, Selbstmordattentate, Autobomben) von Jänner bis Dezember 2018 um etwa 60% zurück. Zu Beginn des Jahres waren es 224 Vorfälle. Im März gab es einen Anstieg der Vorfälle, die sich vor allem in Anbar, Diyala, Kirkuk und Salahaddin ereigneten. Im April sanken sie auf 139. Von Juni bis Oktober gab es Schwankungen, beginnend in Diyala und Kirkuk, danach in Ninewa und schließlich in Anbar, XXXX, Kirkuk und Ninewa. Seit dem Rückzug des sog. Islamischen Staates gab es in den letzten beiden Monaten des Jahres die wenigsten Vorfälle, die jemals im Land verzeichnet wurden.

Auch XXXX, das früher ein Hauptangriffsziel war, entwickelte sich zu einem Nebenschauplatz. Im Jänner gab es 71 Vorfälle. Diese Zahl sank kontinuierlich und lag bei 13 Vorfällen im Juni. Danach erfolgte wieder ein Anstieg und es gab im September 47 Vorfälle. Seither kam es wieder zu einem Rückgang und 13 Vorfällen im November 2018. Bei fast allen Angriffen handelte es sich um kleinere Vorfälle wie Schießereien und IED's. Die meisten Vorfälle ereigneten sich auch in Städten im äußern Norden (Joel Wing, Musings on Iraq, 15.01.2019).

Nach einer Zusammenstellung von ACCORD auf Basis von ACLED (Armed Conflict Location & Event Data Project) gehen im Berichtszeitraum September 2016 bis September 2018 die Konfliktvorfälle mit Todesopfern kontinuierlich zurück. In diesem Zeitraum ereigneten sich die meisten Vorfälle mit Todesopfern in Salah ad-Din, gefolgt von Diyala, At-Tamim (Kirkuk) und Al-Anbar. Die meisten Todesopfer gab es in Salah ad-Din und Al-Anbar, gefolgt von At-Tamim (Kirkuk) und Diyala. In Al-Anbar wurden 80 Vorfälle mit 308 Toten erfasst, in Al-Basra 84 Vorfälle mit 42 Toten. In At-Ta'mim (Kirkuk) gab es 115 Vorfälle mit 251 Toten, in XXXX wurden 58 Vorfälle mit 38 Toten erfasst. In Diyala wurden 136 Vorfälle mit 220 Toten, in Ninawa 65 Vorfälle mit 184 Toten und in Sala ad-Din 114 Vorfälle mit 308 Toten verzeichnet (ACCORD Irak, 3. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), aktualisierte 2. Version vom 20.12. 2018).

In der ersten Juliwoche 2019 wurden 20 Vorfälle registriert. In der Provinz Diyala passierten die meisten Vorfälle, nämlich acht. In der Provinz XXXX gab es zwei sicherheitsrelevante Vorfälle (Musings on Iraq, 09.07.2019).

In der zweiten Juliwoche 2019 wurden 13 Vorfälle registriert. In XXXX gab es vier Vorfälle, bei denen drei Personen getötet wurden (Musings on Iraq, 17.07.2019).

Die Zahl der Binnenvertriebenen (IDP's) wird seit April 2014 aufgezeichnet, jene der Rückkehrer seit April 2015. Seit Juni 2017 sinkt die Zahl der IDPs kontinuierlich. Zum 30.04.2019 wurden ca. 1,67 Millionen IDPs (277.518 Familien), verteilt auf 18 Gouvernements und 106 Distrikte identifiziert. Die Zahl der Rückkehrer steigt seit April 2015 kontinuierlich an. Die Zahl der Rückkehrer betrug zum 30.04.2019 4,27 Millionen (711.147 Familien) in 8 Gouvernements und 38 Distrikten. Im Zeitraum März und April 2019 gab es 54.900 Rückkehrer. Die meisten kehrten nach Ninewa (19.110 Personen), Salah al-Din (18.750) und Anbar (9.264) zurück. Die Zahl der IDPs geht langsam zurück. Im März und April 2019 wurde ein Rückgang von 79.872 IDPs verzeichnet, davon die meisten in Ninewa (-45.360, -8 %), Salah al-Din (-11.238, -9 %) und XXXX (-5.418, -8 %).

Nahezu alle Familien (95%, 4.048.206 Personen) kehrten an ihren vor der Vertreibung gewöhnlichen Wohnsitz zurück, der sich in einem guten Zustand befand. Zwei Prozent (74.124) leben in anderen privaten Einrichtungen (gemietete Häuser, Hotels, Gastfamilien). Drei Prozent der Rückkehrer (144.552) leben in kritischen Unterkünften (informelle Siedlungen, religiöse Gebäude, Schulen, unfertige, aufgegebene oder zerstörte Gebäude).

Die drei Distrikte mit den meisten in kritischen Unterkünften lebenden Familien sind Mossul (29.982), Tikrit (12.714) und Khanaqin (11.016). Die Gründe für die konstanten Rückkehrraten sind die verbesserte Sicherheitslage, die Bereitstellung von Dienstleistungen sowie der Wiederaufbau der Häuser in den Herkunftsorten (Displacement Tracking Matrix, Round 109, April 2019).

Ab 01. Oktober 2019 kam es in zahlreichen Städten und Provinzen im Irak zu Demonstrationen, die sich gegen Korruption und Misswirtschaft richten. Die Proteste gingen nicht von einer bestimmten politischen Gruppe aus. Die zumeist jungen Demonstranten wiesen jede politische Vereinnahmung von sich. Angesichts der gewaltsamen Proteste versucht die irakische Regierung, die Protestierenden mit einem sozialen Maßnahmenpaket zu beruhigen. Unter anderem sollen im ganzen Land 100.000 neue Wohnungen gebaut werden, wie Ministerpräsident Adil Abd al-Mahdi nach einer Sitzung des Kabinetts am 06.10.2019 sagte. Zudem sollen 150.000 arbeitslose Irakerinnen und Iraker in Weiterbildungsprogrammen gefördert werden (Zeit.de, 06.10.2019, über hundert Menschen sterben bei Protesten gegen die Regierung).

2. Beweiswürdigung

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des BFA unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der bP, der von ihr vorgelegten Beweismittel, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes, durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG und die Einsichtnahme in die vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafften länderkundlichen aktuelle Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat der bP, welche der Rechtsvertretung wie bereits ausgeführt übermittelt wurden.

2.1 Zur Person der beschwerdeführenden Partei

Die Feststellungen zur nicht feststehenden Identität der bP ergeben sich aus den Untersuchungsberichten der LPD in Bezug auf den von der bP im Verfahren vorgelegten Personalausweis und den Staatsbürgerschaftsnachweis, wonach es sich bei diesen Dokumenten um Totalfälschungen handelt.

Die Identität der bP steht mangels Vorlage unbedenklicher nationaler Identitätsdokumente somit nicht fest. Sofern die bP im Asylverfahren namentlich genannt wird, dient dies lediglich der Individualisierung ihrer Person als Verfahrenspartei.

Die sonstigen personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt einheitlichen und im Wesentlichen widerspruchsfreien Angaben, sowie ihren im Verfahren dargelegten Sprach- und Ortskenntnissen und ihren Darlegungen in der Verhandlung.

2.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates

Im Verfahren ergaben sich erhebliche Widersprüche im Vorbringen der bP.

Die bP führte bei ihrer Erstbefragung zum Fluchtgrund aus, dass im Irak Bürgerkrieg herrsche. Der IS wolle strenge islamische Gesetze einführen. Da sie auch zum Militär hätte müssen, habe sie Angst gehabt kämpfen zu müssen, weshalb sie den Irak verlassen habe.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA legte die bP demgegenüber dar, dass ihr Onkel ein sehr bekannter Arzt gewesen sei. Dieser habe 17 Jahre lang in den USA gelebt, als er zurückgekommen sei, wäre dieser von der Miliz bedroht worden. Die Bader Organisation habe um 06:00 Uhr das Haus der Tante gestürmt. Ihr Onkel sei zu diesem Zeitpunkt bereits tot gewesen, was ihnen die Milizen jedoch nicht geglaubt hätten. Sie sei Ende 2014 auf dem Weg vom Fußballverein nach Hause von unbekannten Personen ausgeraubt und mit dem Tod bedroht worden, da sie Sunnit aus Anbar sei. Anfang 2015 habe ihr der XXXX alle Zahlungen verweigert, weil festgestellt worden sei, dass sie Sunnit aus Anbar sei. Sie habe um ihr Geld gestritten, weshalb diese dann die Mitglieder der Bader-Organisation gerufen hätten, welche sie mit dem Tod bedroht hätten, wenn sie nicht verschwinden würde. Sie sei geschlagen worden. Sie habe sich dann zu Hause versteckt. Die Bader Miliz sei dann zu ihr nach Hause gekommen und habe den PKW beschlagnahmt. Sie hätten das Haus eingenommen, weshalb sie zur Tante in ein anderes Stadtviertel gezogen wären.

Die bP führte weiter aus, dass sie im Irak in XXXX, XXXX , gemeinsam mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und ihrer Tante im Haus der Tante gelebt habe. Sie sei beim XXXX in XXXX als Soundtechniker tätig gewesen und habe beim Fußballclub XXXX , XXXX , Fußball gespielt.

Vor dem BVwG gab die bP zum Fluchtgrund befragt zu Protokoll, dass sie bereits seit 2005 keinen fixen Aufenthaltsort mehr gehabt habe, weil sie ab 2005 bereits bedroht worden sei. Sie sei wegen ihres schiitischen Namens bedroht worden. Sie sei dann in ein schiitisches Viertel namens XXXX in XXXX gezogen. Sie habe wöchentlich ihre Aufenthaltsorte in XXXX gewechselt. Am Schluss hätten sie ihren Cousin XXXX getötet. Nachgefragt führte die bP aus, dass sie von 2005 bis 2009 von unbekannten Personen bedroht worden sei. Danach sei sie draufgekommen, dass dies Milizen gewesen seien. Überall wo sie gewohnt habe, habe sie schwarze Autos gesehen. Es sei nach ihr gefragt worden, sie hätten auch ein Foto von ihr mitgehabt. Auf Nachfrage gab die bP an, dass ihre Tante in XXXX gelebt habe. Sie habe 2 Cousins im Irak gehabt, welche jedoch getötet worden seien, jetzt habe sie keine Cousins mehr. Ihr Vater sei entführt worden, sie glaube, dass es die Miliz gewesen sei. Es habe keine Forderungen gegeben. Ihr Name stehe auf einer schwarzen Liste. Solche Leute würden getötet werden.

Auf Nachfrage, woher sie wisse, dass ihr Name auf einer schwarzen Liste stehe, äußerte sich die bP in der Verhandlung dahingehend, dass sie dies vor zwei Wochen durch einen Cousin erfahren habe. Diesem sei von vier maskierte Personen in einem schwarzen Auto gesagt worden, dass es besser sei, wenn sie nicht zurückkehren werde. Auf entsprechenden Vorhalt in Bezug auf ihre angeblich getöteten Cousins legte die bP dar, dass ihre 2 Cousins im Irak doch noch dort leben würden.

Resümierend ist festzustellen, dass die bP im Laufe des Verfahrens völlig widersprüchliche Angaben zu ihrem Kernvorbringen tätigte, weshalb sie im Verfahren hinsichtlich der dargelegten Fluchtgründe persönlich nicht glaubwürdig war. Sie wechselte nicht nur die Geschehnisse aus, sondern machte auch völlig widersprüchliche Angaben zu ihren Aufenthaltsorten. Ebenso sind angeblich getötete Cousins nach letzten Angaben doch noch am Leben und steigerte die bP ihr Vorbringen im Zuge der Verhandlung erst nach Nachfrage der Rechtsvertretung, obwohl sie zuvor die Möglichkeit gehabt hätte, ihr gesamtes Fluchtvorbringen dazulegen.

Auch entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkannt werden, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl. zB. VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Das Fluchtvorbringen war somit unglaubhaft und nicht geeignet, der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt zu werden.

Daran konnten auch die in der Verhandlung vorgelegten drei Bilder von zerstörten Gebäuden nichts ändern, bei welchen es sich angeblich um zwei Häuser der Familie und ein Geschäft des Vaters handelt, da die Fluchtgeschichte dem Grunde nach nicht glaubhaft war und in Bezug auf die auf den Bildern abgelichteten zerstörten Gebäude keine weiteren Beweise miteingebracht werden konnten, welche die Fluchtgeschichte doch als glaubhaft hätten erscheinen lassen können.

Wenn in der Beschwerde eingewendet wird, dass den Aussagen in der Erstbefragung zu den Fluchtgründen keine relevante Bedeutung zukomme, weil diese nicht dazu gedacht wären, die Fluchtgründe erschöpfend darzustellen, ist dem entgegen zu halten, dass auf dem Boden der gesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 es weder der Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt ist, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten zu späteren Angaben einzubeziehen, es bedarf aber sorgsamer Abklärung und auch der in der Begründung vorzunehmenden Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind [Hinweis VwGH v 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018, und E vom 13. November 2014, Ra 2014/18/0061, sowie das E des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Februar 2014, U 1919/2013 ua.] (VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0189). Gegenständlich verschaffte sich jedoch das BVwG überdies einen persönlichen Eindruck von der bP, weshalb aus diesen Beschwerdeangaben insgesamt nichts gewonnen werden kann.

2.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die Länderfeststellungen basieren auf mannigfaltigen Quellen, denen keine Voreingenommenheit unterstellt werden kann. Die bP ist diesen nicht konkret und substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Nichtzuerkennung des Status als Asylberechtigter

1. § 3 AsylG

(1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie. Demnach sind darunter jene Handlungen zu verstehen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Recht auf Leben, Verbot der Folter, Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft, Keine Strafe ohne Gesetz) oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon - wie in ähnlicher beschriebenen Weise - betroffen ist.

Nach der auch hier anzuwendenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verfolgung weiters ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

Verfolgung kann nur von einem Verfolger ausgehen. Verfolger können gemäß Art 6 Statusrichtlinie der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen oder andere Akteure sein, wenn der Staat oder die das Staatsgebiet beherrschenden Parteien oder Organisationen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

2. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Der Antrag war nicht bereits gemäß §§4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen.

Nach Ansicht des BVwG sind auch die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status als Asylberechtigter, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

Wie sich aus den Erwägungen ergibt, ist es der bP nicht gelungen eine solche aus ihrer dargelegten Fluchtgeschichte glaubhaft zu machen, weshalb diese vorgetragenen und als fluchtkausal bezeichneten Angaben bzw. die daraus resultierenden Rückkehrbefürchtungen gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung somit gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Auch die allgemeine Lage ist im gesamten Herkunftsstaat nicht dergestalt, dass sich konkret für die beschwerdeführende Partei eine begründete Furcht vor einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden asylrelevanten Verfolgung ergeben würde.

Es war daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II.

Nichtzuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter

1. § 8 AsylG

(1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK [Recht auf Leben], Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltun

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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