TE Bvwg Beschluss 2019/11/20 L509 2017123-3

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Veröffentlicht am 20.11.2019
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Entscheidungsdatum

20.11.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L509 2017123-3/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ewald HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2019, Zl. 810581710, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, wurde am 28.10.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes festgenommen und in Schubhaft genommen. Er stellte am 28.10.2019 den gegenständlichen Asylfolgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005). Bei der am gleichen Tag von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab er auf die Frage, warum er neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz stellt, an, seine politischen Fluchtgründe seien nach wie vor dieselben. Es sei jedoch dazugekommen, dass er seit einem Jahr homosexuell sei. Aus diesem Grund könne er nicht in sein Heimatland zurückkehren. Er könne dort sein Leben nicht leben, würden nicht aus dem Haus gehen können und er würde verhaftet, strafrechtlich verfolgt und umgebracht werden. Auch seine Familie würde verfolgt werden.

2. Dem BF wurde am 30.10.2019 eine Verfahrensanordnung übergeben, mit welcher ihm mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben. Er wurde außerdem unter Auferlegung einer Meldepflicht gemäß § 15a AsylG 2005 aus der Schubhaft "in das gelindere Mittel" entlassen.

3. Am 08.11.2019 wurde der BF zu seinem Folgeantrag asylbehördlich einvernommen. Dabei legte er eine Mitgliedskarte und ein Begleitschreiben der XXXX vor. Zu behaupteten Homosexualität gab er an, er sei am 11.08.2018 in der XXXX gewesen und die Männer hätten zu schmusen begonnen. Ein Mann hätte ihn an der Schulter gestreichelt. Er hätte sich anfänglich nicht wohl dabei gefühlt und der Mann sei weggegangen. Der BF habe weiter Alkohol getrunken und er habe dann einen Mann kennengelernt (von dem er den Vornamen nannte), mit dem er noch in der gleichen Nacht Geschlechtsverkehr gehabt habe. In der Folge habe er entdeckt, dass er homosexuell sei. Er unterhalte jetzt mit einem Freund eine homosexuelle Beziehung.

Er habe seine Homosexualität im Vorverfahren nicht bekannt gegeben, weil er sich geschämt hätte. Es gäbe hier auch viele Bangladeschi, die das nicht gut finden. Ursprünglich habe er auch nicht gewusst, dass dies ein Asylgrund ist. Das habe er erst jetzt erfahren.

4. Zu den vorausgegangen Verfahren:

4.1. Der BF stellte am 14.06.2011 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.10.2011, Zl. 11 05.817-BAL sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Bangladesch ausgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 24.05.2013, Zl.: C2 422563-1/2011/13E rechtskräftig abgewiesen.

4.2. Bei der Landespolizeidirektion Wien wurde in der Folge ein Verfahren zur Abschiebung des BF eingeleitet und der BF wurde am 23.10.2013 niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte der Beschwerdeführer, über kein Reisedokument zu verfügen sowie ohne Reisepass eingereist zu sein. Mit Schriftsatz vom selben Tag ersuchte die Landespolizeidirektion Wien die zuständige Botschaft der Volksrepublik Bangladesch um Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer.

4.3. Am 06.05.2014 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) eine "Anregung" ein, die Behörde möge von Amts wegen feststellen, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet geduldet sei und diesem eine Karte nach § 46a FPG ausstellen. Beigelegt wurde die Geburtsurkunde des Beschwerdeführers.

Am 02.12.2014 wurde dem Bundesamt nochmals die "Anregung" vom 06.05.2014 übermittelt.

4.4. Mit Bescheid vom 09.12.2015, Zl.: 810581710-1353517/FRB/13, wies das Bundesamt den "Antrag vom 06.05.2014 und 02.12.2014 auf Ausstellung eines Feststellungsbescheides mit dem Inhalt, dass die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen gem. § 46a Abs.1a FPG unmöglich ist sowie auf Ausstellung einer Karte für Geduldete gem. § 46a Abs. 2 FPG", zurück.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.10.2017, Zl.: W154 2017123-1/3E, wurde diese Zurückweisung rechtskräftig bestätigt.

4.5. Am 22.09.2015 stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005. Dieser Antrag wurde am 29.01.2016 von der belangten Behörde zurückgewiesen, da der BF am 21.01.2016 neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte.

4.6. In dem nunmehr neuerlich zu führenden Asylverfahren brachte der BF vor, dass er aufgrund eines Anrufes seiner Familie aus Bangladesch erfahren habe, dass ihn seine politischen Gegner (fälschlich) angezeigt hätten, einen Mord begangen zu haben. Aus Angst vor Verhaftung und Misshandlung und davor, dass ihn aufgrund der politischen Situation in Bangladesch (seine politischen Gegner seien an der Macht) keine faires Verfahren erwarten würde, könne er nicht zurückkehren. Er führte in diesem Verfahren ausschließlich politische Fluchtgründe ins Treffen.

4.7. Mit Bescheid vom 17.07.2018 wies das BFA den (neuerlichen) Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Das BFA erachtete das neuerliche Vorbringen des BF als nicht glaubhaft. Dagegen brachte der BF Beschwerde ein.

4.8. Beim Bundesverwaltungsgericht wurde zur letztgenannten Beschwerde am 05.07.2019 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Bei Befragung nach seinen Fluchtgründen widersprach sich der BF in der Darstellung seiner Fluchtgründe. Die im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Fluchtgründe erschöpften sich ebenso in einem politischen Sachverhalt wie im erstinstanzlichen Verfahren.

4.9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.07.2019, Zl.: W195 2017123-2/8E, wurde schließlich die Beschwerde zum neuerlichen Antrag vom 21.01.2016 rechtskräftig abgewiesen.

Die Entscheidung wurde dem bevollmächtigten Rechtsvertreter des BF am 11.07.2019 mittel ERV zugestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Verfahrensgang ergeben sich aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Akten inklusive der beim Bundesverwaltungsgericht aufliegenden Vorakten und sind diese von den Parteien nicht in Zweifel gezogen worden.

1. Feststellungen:

1.1. Der BF trägt den im Spruch angeführten Namen und ist an dem angegebenen Datum geboren. Sein Herkunftsland ist die Volksrepublik Bangladesch. Die Identität ist eine bloße Verfahrensidentität. Es ist davon auszugehen, dass er Staatangehöriger von Bangladesch ist.

Sein Familienstand ist ledig, seine Familie (Eltern, Brüder und Schwestern, mittlerweile ein Bruder in Saudi Arabien) wohnt in Bangladesch. Er ist mit seiner Familie in Kontakt. Kinder hat der BF keine.

In Österreich lebt der BF allein und hat keine Verwandten oder Familienangehörigen. Der BF ist in mehreren Organisationen tätig und hat ein Gewerbe (Hausbetreuung, einfach Reinigungs- und Wartungstätigkeiten) angemeldet, das er auch alleine - ohne Angestellte - ausübt.

Der BF hatte zwischenzeitlich gesundheitliche Probleme, er litt an Gastritis und hohem Blutdruck, diese Beschwerden haben sich jedoch gebessert. Zu seinem aktuellen Gesundheitszustand wird festgestellt, dass der BF trotz Gastritis bei guter Gesundheit ist, manchmal wegen Kopfschmerzen Tabletten nimmt.

Er ist Mitglied in einer politischen Partei, mehreren Organisationen, hat den Führerschein Klasse B und besucht ein Fitnessstudio. Er beherrscht Deutsch auf dem Niveau B1.

1.2. Es ist festzustellen, dass das nunmehrige Vorbringen des BF, seit ca. 1 Jahr homosexuell zu sein, nicht den Tatsachen entspricht. Auch sein früheres Vorbringen, das sich auf politische Sachverhalte bezog, wurde - nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung in zweiter Instanz rechtskräftig festgestellt - nicht für glaubhaft befunden. Die aktuelle asyl- und abschiebungsrelevante Lage hat sich in Bangladesch seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung im Juli 2019 nicht geändert. Es sind keinerlei Hinweise hervorgekommen, die eine Gefährdung des BF am Leben oder seiner körperlichen Unversehrtheit im Fall der Rückkehr nach Bangladesch annehmen ließen. Da es sich um einen Folgeantrag handelt, wird der neuerliche Antrag voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Der belangten Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn sie in ihrer Beweiswürdigung zu dem Schluss kommt, dass das neue Vorbringen nicht glaubhaft ist. Erst am 05.07.2019 hat beim Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung im vorhergehenden Asylverfahren stattgefunden, in der der BF nichts von seiner Homosexualität erwähnt hatte. Wenn man dem BF Glauben schenken möchte, hätte seine homosexuelle Neigung zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegen müssen und bezieht sich seine diesbezügliche Erzählung zeitgleich auf das zum vorhergehenden Antrag laufende Beschwerdeverfahren. Insofern ist es nur mehr als befremdlich, dass der BF nicht einmal in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.07.2019 seine Homosexualität angesprochen hat. Es ergibt sich aus der Verhandlungsschrift nicht, dass ihm dazu keine Gelegenheit geboten worden wäre. Selbst wenn man ihm zugestehen möchte, dass ein derartiges "Outing" mit einer gewissen inneren Überwindung und Hemmschwellen verbunden ist, muss sich der BF entgegenhalten lassen, dass er inzwischen seit 8 Jahren hier in Österreich lebt, über gewisse gesellschaftliche Umstände und Gepflogenheiten Erfahrungen sammeln konnte und nicht behaupten kann, nicht einmal Teile der Sach- und Rechtslage von LGBTI-Personen hier in Österreich kennen gelernt oder zumindest grobe Informationen darüber erfahren zu haben. Insbesondere in seiner Lage (unterstellt, dass er selbst solche Neigungen hat, wie er behauptet) als Asylwerber, dessen Aufenthaltsstatus stets unsicher war, zumal seine bisherigen Anträge auf internationalen Schutz bzw. auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bisher ab- oder zurückgewiesen wurden, wäre es nur allzu naheliegend, dass er sich zu einem solchen "Outing" bekennt, um möglichst bald einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu erlangen. Dass er hier nicht die nötige Unterstützung und Hilfestellung dafür bekommen würde, kann er nicht mit Fug und Recht behaupten, hat er sich doch zuletzt auch an einen für die Interessen von LGTBI-Personen eintretenden Verein gewandt hat und diese Vereine und Institutionen zum Großteil sehr kompetent die Interessen dieser Personengruppen vertreten. Er hat sich allerdings erst an den Verein XXXX gewandt, als er zur Kenntnis nehmen musste, dass seine bisher vorgebrachten, politischen Gründe nicht den Tatsachen entsprechen und seine Abschiebung wegen illegalen Aufenthaltes unmittelbar bevorsteht. Das Bundesverwaltungsgericht kann somit sein Vorbringen ebenfalls nur als nicht glaubhaft bewerten und stellt sich angesichts des bisher vom BF gezeigten Vorgehens seine Person als nicht glaubwürdig dar.

Die belangte Behörde hat diesen Aspekt des gegenständlichen Verfahrens - wenn auch mit anderen Worten - sehr anschaulich und nachvollziehbar dargelegt und dem BF auch zu Kenntnis gebracht. Der BF erstattete dazu keine weitere Erklärung mehr, als sich mit der Entscheidung nicht einverstanden zu erklären.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des hier anzuwendenden ASylG 2005 idgF lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz

§ 12. (1) Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt.

(2) Der Aufenthalt eines Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dem kein Aufenthaltsrecht zukommt, ist für die Dauer des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt lediglich im Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde, in dem sich sein Aufenthaltsort im Sinne des § 15 Abs. 1 Z 4 befindet, zulässig. Darüber hinaus ist sein Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet zulässig, wenn und solange dies

1. zur Erfüllung von gesetzlichen Pflichten notwendig ist;

2. notwendig ist, um Ladungen von Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden Folge zu leisten oder

3. für die Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung und Behandlung notwendig ist.

Nach Abschluss des Zulassungsverfahrens vor dem Bundesamt ist der Aufenthalt des Fremden, solange ihm faktischer Abschiebeschutz zukommt, im gesamten Bundesgebiet zulässig.

(3) Der Aufenthalt gemäß Abs. 1 und 2 stellt kein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 dar.

Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."

Zu A)

Nicht-Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes:

Der nunmehrige 3. Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 28.10.2019 ist als Folgeantrag gem. § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG zu qualifizieren. Zu Recht hat das Bundesasylamt ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines Folgeantrages gemäß § 12a Abs. 2 AsylG kein faktischer Abschiebeschutz zukommt, da gegen ihn aufgrund der in 2. Instanz rechtskräftig gewordenen Entscheidung des BFA vom 17.07.2019 eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, der der BF bis dato nicht nachgekommen ist. Die Rückkehrentscheidung ist mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen, jedenfalls fristgerechten Ausreise in dessen Herkunftsstaat. Das BFA führte im angefochtenen Bescheid zutreffend aus, dass sich vor dem Hintergrund der allgemeinen Lage in Bangladesch seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht entscheidungsrelevant geändert hat. Eine entscheidungsrelevante allgemeine Lageänderung im Herkunftsstaat wurde auch seitens des BF nicht substantiiert geltend gemacht; sein individuelles - im Hinblick auf den im Erstverfahren beurteilten Sachverhalt - zusätzlich erstattetes Vorbringen entspricht nicht den Tatsachen.

Es wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen und der Antrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Aus den von der belangten Behörde in das Verfahren eingebrachten Länderberichten, ergibt sich zum einen, dass diese im Verhältnis der Länderberichte, die im vorangehenden Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht Verwendung fanden, keine relevante Änderung erfahren haben. Im Übrigen ist der BF spätestens mit der Erlassung des hier amtswegig in Beschwerde gezogenen Verfahrens in Kenntnis der asyl- und abschiebungsrelevanten, aktuellen Lage in Bangladesch und ist er diesen Ausführungen nicht substantiiert entgegengetreten bzw. ergeben sich in seiner persönlichen Situation keine Hinweise, die auf ein reales Risiko einer Gefährdung schließen ließen. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und die Rückkehr in das Herkunftsland für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen wird.

Das BFA hat somit zu Recht den faktischen Abschiebeschutz aufgrund des Folgeantrages vom 28.10.2019 aufgehoben.

Das Verfahren ist gemäß § 22 Abs. 1 BFA-VG ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. (Vergl. dazu etwa VwGH Ra 2018/19/0010 vom 12.12.2018)

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung entschiedene Sache faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung nicht rechtmäßig Folgeantrag Homosexualität non-refoulement Prüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L509.2017123.3.00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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