Index
L10015 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Salzburg;Norm
AVG §73;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schrefler-König, über die Beschwerde 1. des T und 2. des F, beide in M, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 22. Oktober 1996, Zl. 7/03-611151/21-1996, betreffend aufsichtsbehördliche Aufhebung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 24 Abs. 5 Sbg. ROG 1992 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Maishofen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I. Mit Schriftsatz vom 6. Juni 1994 (eingelangt bei der mitbeteiligten Partei am 7. Juni 1994) wurde von den Beschwerdeführern der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 für die Änderung des Verwendungszweckes einer bestehenden Montagehalle auf zwei Grundstücken der KG M. in Form des Einbaues von 37 Wohnungen und 10 Fremdenzimmern gestellt. Die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde hat mit Beschluß vom 25. Jänner 1996 die Erteilung dieser Einzelbewilligung beschlossen. Mit Schreiben vom 14. Februar 1996 (eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Z. am 16. Februar 1996) wurde von der mitbeteiligten Gemeinde dazu um die erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 angesucht. Die Bezirkshauptmannschaft Z. holte ein raumordnungsfachliches Gutachten ein, das zu dem Ergebnis kam, daß das gegenständliche Vorhaben dem räumlichen Entwicklungskonzept der mitbeteiligten Gemeinde, den erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsichten der mitbeteiligten Gemeinde und den gegebenen bzw. angestrebten Strukturverhältnissen sowie dem Landesentwicklungsplan widerspreche.
Mit Schriftsatz der Bezirkshauptmannschaft Z. vom 13. Mai 1996 (der mitbeteiligten Gemeinde zugestellt am 15. Mai 1996) wurde die Gemeinde vom Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihr die Möglichkeit eingeräumt, binnen vier Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. In der Folge wurde von der Gemeinde eine Fristverlängerung bis Ende Juni 1996 beantragt, die bewilligt wurde.
Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Partei vom 25. Juni 1996 wurde die Ausnahmebewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 für das angeführte Vorhaben erteilt. Aufgrund des eingeholten Raumordnungsgutachten vom 4. November 1995 ergebe sich, daß das Vorhaben den erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsichten der Gemeinde, wie sie im räumlichen Entwicklungskonzept enthalten seien, nicht widerspreche. Zur fehlenden aufsichtsbehördlichen Genehmigung vertrat die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde die Auffassung, daß die im Gesetz für die aufsichtsbehördliche Genehmigung vorgesehene Entscheidungsfrist von drei Monaten von der Bezirkshauptmannschaft Z. überschritten worden sei und nach dieser Frist eine Entscheidung der Aufsichtsbehörde nicht mehr zulässig sei, sodaß seitens der Gemeindevertretung vom Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung auszugehen sei. Dafür spreche, daß der Raumordnungsgesetzgeber im § 24 Abs. 3 ROG 1992 ausdrücklich eine Verpflichtung zur Entscheidung binnen drei Monaten normiert habe. Da es im vorliegenden Fall keine Devolution gemäß § 73 AVG gäbe, sei auch § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 - wie § 19 Abs. 3 Sbg. ROG 1977 in der Fassung vor der Novelle 1987 - so auszulegen, daß nach Verstreichen der statuierten dreimonatigen Entscheidungsfrist die aufsichtsbehördliche Genehmigung als erteilt gelte, auch wenn § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 dies nicht mehr ausdrücklich vorsehe.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 1. August 1996 wurde die von der Gemeinde beantragte aufsichtsbehördliche Genehmigung in bezug auf das verfahrensgegenständliche Ausnahmebewilligungsverfahren gemäß § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 versagt. Über die dagegen von der mitbeteiligten Gemeinde erhobene Berufung war im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerde noch nicht entschieden.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 1996 wurde der Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Juni 1996 gemäß § 24 Abs. 1, 3 und 5 Sbg. ROG 1992 i.V.m. § 68 Abs. 4 Z. 4 AVG als nichtig erklärt. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen im wesentlichen damit begründet, daß die Erteilung der Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 für die angeführte Abänderung der bestehenden Montagehalle ohne Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung erfolgt sei. Gemäß § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 bedürfe jedoch eine Einzelbewilligung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Bezirkshauptmannschaft. Auch wenn nach dieser Bestimmung über die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung binnen drei Monaten zu entscheiden sei, bedeute dies nicht, daß im Falle einer nicht fristgerechten Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft die aufsichtsbehördliche Genehmigung von Gesetzes wegen als erteilt gelte. Weder aus dem Sbg. ROG 1992 noch aus einer anderen gesetzlichen Bestimmung noch aus allgemeinen Grundsätzen der Rechtsordnung lasse sich ableiten, daß die im § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 bestimmte Entscheidungsfrist eine Fallfrist mit der Fiktion der aufsichtsbehördlichen Genehmigung darstelle. Es handle sich vielmehr um eine Sondernorm gegenüber der in § 73 Abs. 1 AVG enthaltenen allgemeinen Entscheidungsfrist von sechs Monaten. Der Ablauf dieser Frist habe jedoch keine genehmigende Wirkung. Wie die Gemeinde in ihrer Stellungnahme selbst ausführe, enthalte das Sbg. ROG 1992 keine Bestimmung darüber, wonach die Genehmigung als erteilt gelte, wenn nicht innerhalb von drei Monaten ab Einlangen des Beschlusses der Gemeindevertretung von der Bezirkshauptmannschaft entschieden worden sei, wie dies in einer älteren Fassung der vergleichbaren Rechtsnorm des § 19 Abs. 3 Sbg. ROG 1977 der Fall gewesen sei. Die Begründung der Gemeinde, daß dies nach wie vor für § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 anzunehmen sei, sei nicht nachvollziehbar. In der Regierungsvorlage zur Novellierung des Sbg. Raumordnungsgesetzes 1977 im Jahr 1987 sei zwar ursprünglich eine Fallfrist von drei Monaten mit der Fiktion der aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorgesehen gewesen, der Gesetzgeber habe jedoch gegenüber der Regierungsvorlage Änderungen vorgenommen und diese Fallfrist nicht beschlossen. Da die ausdrückliche Regelung, daß nach Ablauf der vorgesehenen Frist die aufsichtsbehördliche Genehmigung als erteilt gelte, nicht in die ROG-Novelle 1987 Eingang gefunden habe, erübrige sich ein Eigehen auf die auf der Grundlage der Erläuterungen zur Regierungsvorlage von der Gemeinde angestellten Schlußfolgerungen. Dasselbe gelte für die angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, die auf Entscheidungszeitpunkte abstellen, in denen gemäß § 19 Abs. 3 ROG 1977 bei Ablauf der vorgesehenen Entscheidungsfrist die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigungen anzunehmen gewesen sei. Es sei weiters nicht zutreffend, daß im vorliegenden Fall der Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG ausgeschlossen sei. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um einen Übergang der Entscheidungszuständigkeit von einer Gemeindeinstanz an eine aufsichtsbehördliche Instanz, sondern um eine aufsichtsbehördliche Genehmigung im Rahmen der Landesvollziehung. In erster Instanz sei für diese Genehmigung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 die Bezirkshauptmannschaft zuständig. Bei Nichteinhaltung dieser Frist komme daher die Einbringung eines Devolutionsantrages nach § 73 AVG bei der Landesregierung in Betracht und bei ihrer Untätigkeit eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Eine rechtswidrig ohne die erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilte Bewilligung gemäß § 24 Abs. 3
Sbg. ROG 1992 , die die Voraussetzung für die Erteilung einer Baubewilligung darstelle, die gemäß § 24 Abs. 1 Sbg. ROG 1992 nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung erfolgen dürfe, könne daher wie eine ohne eine solche Bewilligung ausgesprochene Bauplatzerklärung oder Baubewilligung gemäß § 24 Abs. 5 leg. cit. als nichtig erklärt werden.
In der dagegen erhobenen Bescherde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Nichterlassung einer Nichtigerklärung des Einzelbewilligungsbescheides der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Juni 1996 verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerdeführer haben repliziert.
II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 24 Abs. 1, 3 und 5 Sbg. ROG 1992, LGBl. Nr. 98/1992 i. d.F. des Landesgesetzes LGBl. Nr. 13/1995, soweit es für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, lauten wie folgt:
"(1) Maßnahmen, die sich auf den Raum auswirken und die auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften einer Bewilligung, Genehmigung o.dgl. der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich oder einer sonstigen, auf Grund baurechtlicher Vorschriften des Landes zu erteilenden Bewilligung o.dgl. bedürfen, können vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes an nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung bewilligt, genehmigt oder sonst zugelassen werden; insbesondere dürfen Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nur innerhalb des Baulandes (§ 17) und entsprechend der festgelegten Widmung erteilt werden. ... . Der Nachweis, daß ein Vorhaben der betreffenden Widmung entspricht, vor allem gegebenenfalls der Nachweis, daß es sich nicht um die Errichtung von Bauten mit einer oder mehreren Zweitwohnungen, insbesondere auch in der Form von Apartmenthäusern oder Feriensiedlungen, oder sonst um die Schaffung von Zweitwohnungen, um die Errichtung von Einkaufszentren oder von Beherbergungsgroßbetrieben handelt, obliegt dem Bewerber. Die Landesregierung hat, unbeschadet der nach sonstigen Vorschriften gegebenen diesbezüglichen Anforderungen, durch Verordnung jene Unterlagen zu bestimmen, die zur genauen Beurteilung des Vorhabens erforderlich sind.
(2)...
(3) Die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß Abs. 1
können für bestimmte Grundflächen von der Gemeindevertretung
(in der Stadt Salzburg vom Gemeinderat) auf Ansuchen des
Grundeigentümers durch Bescheid ausgeschlossen und ein genau
bezeichnetes Vorhaben raumordnungsmäßig bewilligt werden, wenn
dieses dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren
grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht. ... .
Vor dieser im behördlichen Ermessen gelegenen Bewilligung sind
die Anrainer zu hören; das Ansuchen ist sechs Wochen lang
ortsüblich kundzumachen. ... Die Bewilligung bedarf der
Genehmigung der Bezirkshauptmannschaft, in der Stadt Salzburg der Genehmigung der Landesregierung. Die Genehmigung ist unter sinngemäßer Anwendung des § 22 Abs. 2 zu versagen. Über die Erteilung der Genehmigung ist binnen drei Monaten zu entscheiden. Genehmigungsbescheide der Bezirkshauptmannschaft sind auch der Landesregierung unter Anschluß der Planunterlagen unverzüglich zuzustellen; sie leiden, wenn sie entgegen den vorstehenden Bestimmungen erlassen wurden, an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler (§ 68 Abs. 4 Z. 4 AVG). Eine Nichtigerklärung ist nur innerhalb von drei Monaten nach Zustellung an die Landesregierung zulässig. Wird ein die Genehmigung versagender oder die Nichtigkeit aussprechender Bescheid auf Grund eines hiegegen eingebrachten Rechtsmittels aufgehoben, beginnt mit der Zustellung des betreffenden Bescheides oder Erkenntnisses die dreimonatige Frist neu zu laufen. Eine erteilte Bewilligung kann bekanntgemacht werden. Sie wird unwirksam, wenn nicht binnen drei Jahren ab Rechtskraft die Bewilligung, Genehmigung o.dgl. für das Vorhaben erwirkt wird, für das sie erteilt worden ist, oder wenn deren Wirksamkeit entsprechend den hiefür geltenden Bestimmungen erlischt.
(4) ...
(5) Eine Bewilligung, Genehmigung o.dgl., die entgegen den Bestimmungen des Abs. 1 erteilt wird, leidet an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler (§ 68 Abs. 4 Z. 4 AVG). Eine Nichtigerklärung ist nur innerhalb von drei Jahren nach dem im § 63 Abs. 5 AVG bezeichneten Zeitpunkt zulässig. Sie kann auch durch die Aufsichtsbehörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes erfolgen. Werden Maßnahmen entgegen den Bestimmungen der vorstehenden Absätze durchgeführt, kann die Landesregierung dann, wenn eine Erteilung einer Genehmigung gemäß Abs. 3 hiefür zu versagen wäre, dem Veranlasser oder über das Hergestellte Verfügungsberechtigten die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes, insbesondere die Beseitigung und Versetzung in den ursprünglichen Zustand, durch Bescheid auftragen. Liegt einer solchen Maßnahme eine erteilte Bewilligung, Genehmigung o.dgl. zugrunde, ist dies nur nach Aufhebung oder Nichtigerklärung derselben zulässig und an deren vormaligen Träger zu richten."
Gemäß § 85 Abs. 2 Sbg. Gemeindeordnung 1994 - GdO 1994, LGBl. Nr. 107/1994, haben die in Abs. 1 genannten Rechtsgeschäfte und sonstigen Maßnahmen vor Beurkundung der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde keinerlei Rechtswirkung. Bis dahin dürfen keine der Realisierung dieser Rechtsgeschäfte und sonstigen Maßnahmen dienenden Vollzugsakte vorweggenommen werden.
2. Zu der Frage, welche Bedeutung der Überschreitung der für die Aufsichtsbehörde in § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 vorgesehenen dreimonatigen Entscheidungsfrist zukommmt, ist zunächst folgendes festzustellen:
Der Gesetzgeber sieht in dem im vorliegenden Fall anzuwendenden § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992 im Gegensatz zu § 19 Abs. 3 Sbg. ROG 1977 in der bis zur Novelle 1987 geltenden Fassung nicht mehr vor, daß die aufsichtsbehördliche Genehmigung als erteilt gilt, wenn die gesetzlich statuierte Entscheidungsfrist von der Aufsichtsbehörde nicht eingehalten wird. Ohne die ausdrückliche Normierung einer solchen Fiktion ist die Anordnung der von § 73 AVG abweichenden Entscheidungsfrist dahin auszulegen, daß der Gemeinde nach Ablauf dieser Frist die Möglichkeit eines Devolutionsantrages an die in Angelegenheiten des Aufsichtsrechtes im vorliegenden Fall sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, nämlich die Landesregierung, und, sofern auch diese ihrer Entscheidungspflicht binnen 6 Monaten nicht nachkommt, die Möglichkeit der Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof offensteht.
Aus § 85 Abs. 2 Sbg. GdO 1994 muß auch für sonstige Akte der Gemeinde, die der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedürfen, abgeleitet werden, daß eine genehmigungspflichtige Maßnahme erst mit der Genehmigung rechtswirksam wird (siehe Berchtold, Gemeindeaufsicht, 1972, 124). In der Zeit zwischen Beschlußfassung des zuständigen Gemeindeorganes und der aufsichtsbehördlichen Genehmigung ist der genehmigungspflichtige Rechtsakt der Gemeinde "schwebend unwirksam". Ein genehmigungspflichtiger Rechtsakt ist, allerdings nur hinsichtlich seiner Rechtswirksamkeit, durch die Genehmigung suspensiv bedingt (vgl. Berchtold, Gemeindeaufsicht, 1972, 124). Zwar bezieht sich § 85 Abs. 2 GdO dem Wortlaut nach nur auf die Rechtsgeschäfte und die sonstigen Maßnahmen nach § 85 Abs. 1 GdO, von dem Genehmigungsvorbehalte gemäß § 24 Abs. 3 ROG nicht erfaßt sind. Doch ist der im § 85 Abs. 2 GemO zum Ausdruck kommende Grundgedanke auch für § 24 Abs. 3 ROG deshalb maßgeblich, weil für eine Ausnahmebewilligung gemäß § 24 Abs. 3 ROG zwei Verwaltungsakte erforderlich sind, um die Rechtswirksamkeit herbeizuführen, nämlich der Bescheid der Gemeinde und der Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft. Schon allein die Tatsache, daß es sich hier um zwei selbständige Teilakten eines Gesamtaktes handelt, bedeutet notwendig, daß das eine ohne das andere keine Wirksamkeit entfalten kann.
Wenn die zu genehmigende Maßnahme von der Gemeinde vor ihrer aufsichtsbehördlichen Genehmigung gesetzt wird, entfaltet sie, unabhängig davon, ob die Setzung der Maßnahme gesetzlich ausdrücklich für unzulässig erklärt wird oder nicht, jedenfalls bis zur Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde unmittelbar keine Rechtswirksamkeit (vgl. Berchtold, Gemeindeaufsicht, 125). Das Rechtswirksamwerden der Genehmigung bedeutet, daß der genehmigungspflichtige Rechtsakt Rechtswirkungen nach außen hin entfalten kann (vgl. Berchtold, Gemeindeaufsicht, 125). Die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde ist nur die Voraussetzung dafür, daß diese Rechtswirkungen überhaupt eintreten, sie ist aber nicht dafür entscheidend, in welchem Zeitpunkt diese Rechtswirkungen eintreten (vgl. Berchtold, Gemeindeaufsicht, 125). Abschließend wird zu diesen Ausführungen angemerkt, daß sie zu jener Rechtslage ergangen sind, die vor der Novelle des ROG 1992, LGBl. Nr. 75/1997, bestanden hat.
3. Die Beschwerdeführer machen in der Sache geltend, daß sich die Aufhebung der belangten Behörde nicht auf § 24 Abs. 5 ROG 1992 stützen könne. § 24 Abs. 5 ROG 1992 richte sich gegen Bewilligungen bzw. Genehmigungen und dergleichen, die "entgegen den Bestimmungen des Abs. 1 erteilt" worden seien. Nur die Bewilligungen gemäß Abs. 1 könnten gemäß dieser Bestimmung für nichtig erklärt werden. § 24 Abs. 1 ROG 1992 ordne an, daß Maßnahmen, die sich auf den Raum auswirkten und die aufgrund landesgesetzlicher Vorschriften einer Bewilligung, Genehmigung oder dergleichen der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich oder einer sonstigen, aufgrund baurechtlicher Vorschriften des Landes zu erteilenden Bewilligung oder dergleichen bedürften, vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Flächenwidmungsplanes an nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung bewilligt, genehmigt oder sonst zugelassen werden könnten. Insbesondere dürften Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nur innerhalb des Baulandes (§ 17) und entsprechend der festgelegten Widmung erteilt werden. Eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 24 Abs. 3 ROG 1992 sei durch dessen Abs. 1 nicht erfaßt. Eine Bewilligung gemäß § 24 Abs. 3 ROG 1992 strebe gerade an, die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes für ein bestimmtes konkretes Bauvorhaben auszuschließen.
Mit dieser Rüge sind die Beschwerdeführer im Recht. Da die Ausnahmebewilligung gemäß Abs. 3 eine Ausnahme von der in § 24 Abs. 1 erster Satz statuierten Anordnung betrifft, daß alle raumwirksamen Maßnahmen in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung bewilligt, genehmigt oder sonst zugelassen werden müssen, und sich § 24 Abs. 5 leg. cit. auf Bewilligungen usw. im Sinne des Abs. 1 bezieht, kann die Ausnahmegenehmigung gemäß § 24 Abs. 3 leg. cit. von der in Abs. 5 vorgesehenen Nichtigerklärung nicht erfaßt sein. Die in § 24 Abs. 3 ROG 1992 selbst vorgesehene Nichtigerklärung bezieht sich wiederum nur auf aufsichtsbehördliche Genehmigungsbescheide der Bezirkshauptmannschaft.
Der angefochtene Bescheid war wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Angemerkt wird, daß eine Erteilung der Baubewilligung gestützt auf eine Ausnahmebewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg. ROG 1992, der die aufsichtsbehördliche Genehmigung nicht erteilt wurde, nicht gesetzmäßig ist. Sofern die Gemeinde dem verfahrensgegenständlichen Objekt unter Berufung auf den ohne aufsichtsbehördliche Genehmigung erlassenen Bescheid vom 25. Juni 1996 die baurechtliche Bewilligung erteilte, steht der Aufsichtsbehörde ein Vorgehen gemäß § 24 Abs. 5 ROG 1992 offen. Im Baubewilligungsverfahren kann nur eine rechtswirksame Ausnahmebewilligung gemäß § 24 Abs. 3 ROG 1992 die in § 24 Abs. 1 Sbg. ROG 1992 vorgesehene Verpflichtung der Einhaltung der Flächenwidmung ausschließen. Seit der ROG-Novelle, LGBl. Nr. 75/1997, ist allerdings in § 24 Abs. 5 erster Satz ROG 1992 ein eigener Aufhebungstatbestand vorgesehen, wenn eine Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 leg. cit. ohne aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt wird. § 24 Abs. 5 ROG 1992 in der Fassung LGBl. Nr. 75/1997 findet gemäß § 49 Abs. 4 ROG 1992 in der angeführten Fassung auch auf vor dem im Abs. 1 bestimmten Zeitpunkt (dem 1. Oktober 1997) erteilte Bewilligungen, Genehmigungen odgl. Anwendung.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren betreffend Stempelgebühren war abzuweisen, da Stempelgebühren für die Beschwerde in dreifacher Ausfertigung und den Bescheid in einfacher Ausfertigung zustanden.
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6 Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996060260.X00Im RIS seit
07.06.2001