Entscheidungsdatum
26.11.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L515 2225624-1/2Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA der Republik Aserbaidschan, vertreten durch RA Mag. Timo GERERSDORFER gegen den Bescheid des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen vom 30.9.2019, Zl. XXXX , beschlossen:
A)
I. Der Beschwerde wird gem. § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl I Nr. 87/2012 idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
II. Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei ("bP") brachte im Juli 2016 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Zusammengefasst brachte sie vor, im Jahr 1995 an einem Putschversuch in Aserbaidschan beteiligt gewesen zu sein. Nachdem dieser scheiterte, wäre sie aus dem Land geflüchtet. Nach einem langjährigen Aufenthalt in Ungarn wäre sie nach Österreich weitergereist.
In Aserbaidschan würde nach wie vor nach ihr gefahndet. Aufgrund des Naheverhältnisses zwischen Ungarn und Aserbaidschan und des Umstandes, dass in Ungarn ihr Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen und aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet wurden, wäre sie nach Österreich weitergereist.
Im Rahmen der mit Elementen der rechtlichen Beurteilung und Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen ging die belangte Behörde davon aus, dass in Aserbaidschan nach der bP ua. wegen der Teilnahme an einer illegalen bewaffneten Gruppierung oder des nicht rechtmäßigen Besitzes und des Tragens von Schusswaffen gefahndet wird.
Weites sah es die bB als erwiesen an, dass die bP in Ungarn wegen einer Straftat verurteilt wurde, welche hierzulande einen Verbrechenstatbestand, bzw. ein besonders schweres Verbrechen iSd GFG darstellen würde.
Ebenso stellte die bB fest, dass die bP im Bundesgebiet wegen des Verdachts von gerichtlich strafbaren Verbrechenstatbeständen vorübergehend in Untersuchungshaft genommen wurde und gegen Auflagen aus dieser enthaftet wurde.
Eine rechtskräftige Verurteilung durch ein inländisches Gericht liegt nicht vor.
Aufgrund des Gesamtverhaltens geht die bB davon aus, dass die bP eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit darstellt.
Seitens der bP wurden allgemeine Recherchen rund um die Ereignisse vom 13. - 17. März 1995 durchgeführt. Aus diesen geht hervor, dass an diesen Ereignissen Beteiligte zu langjährigen, bis hin zu lebenslangen Strafen verurteilt wurden (die verhängten Todesstrafen wurden in Haftstrafen umgewandelt), Verurteilte in der Haft verstarben und Betroffene über erhebliche Misshandlungen während ihres Haftaufenthaltes berichten.
Einzelfallspezifische Recherchen seitens der bP unterblieben zu einem erheblichen Teil, insbesondere weil sich hierzu ihre Staatendokumentation für nicht zuständig erklärte, bzw. die Ansicht vertrat, dass diese nicht zulässig wären.
Mit im Spruch genannten Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z iVm § 2 Abs. 1 Z 13, § 6 Abs. 1 Z 2 und 4 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1 a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und sprach das BFA aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Gem. § 13 Abs. 2 Z 3 AsylG hat due bP ihr Rechts zum Aufenthalt mit dem im angefochtenen Bescheid genannten Datum verloren. Weiters wurde in Bezug auf die bP ein Einreiseverbot in der Dauer von 10 Jahren verhängt.
2. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid des BFA fristgerecht Beschwerde, ging davon aus, dass die bB rechts- und tatsachenirrig vorging und stellte ua. einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.
3. Nach der Vorlage der Beschwerdeakte und dem Einlangen in der ho. Gerichtsabteilung erfolgte eine Sichtung der Akte durch den zuständigen Richter.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Feststellungen ergeben sich zum einen aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der außer Zweifel stehenden und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage.
Das ho. Gericht pflichtet der bB bei, wenn sie davon ausgeht, dass -selbst im Lichte des Umstandes, dass für die bP die Unschuldsvermutung in Bezug auf die ihr hierzulande zur Last gelegten Straftaten gilt- gewichtige Hinweise bestehen, die bP über erhebliche kriminelle Energie verfügen dürfte und eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Bundesgebiet darstellen könnte, dennoch ist darauf hinzuweisen, dass es die bB als erwiesen ansieht, dass sie in Aserbaidschan wegen der beschriebenen Straftaten gesucht wird. Bei Wahrstellung der behaupteten Fahndung und der Annahme, dass die Identität der bP feststeht, wäre eine Verwicklung der bP in die behaupteten, notorischerweise stattgefundenen Ereignisse vom 13. - 17. März 1995 nicht abwegig und ist festzuhalten, dass diesbezüglich anderen Person, welche ebenfalls in diesen Vorfall verwickelt waren, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wurde und wird auf die Berichtslage in Bezug auf den Umgang der aserbaidschanischen Behörden mit den "Putschisten" verwiesen.
Weiters geht aus dem angefochtenen Bescheid einzelfallspezifisch nicht hervor, mit welchen konkreten Konsequenzen die bP im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan zu rechnen hätte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Mangels anderslautender Rechtsvorschrift liegt im gegenständlichen Fall somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
I. Gemäß § 18 Abs. 2 Z BFA-VG kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz aberkennen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
2. Im Rahmen der gesetzten Prüfungsschritte ist festzustellen, dass im Lichte des gegenständlichen Ermittlungsstandes nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden kann, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der bP im Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung vom -keinem Eingriffsvorbehalt unterliegenden und gegenüber jedermann, unabhängig von seinem bisherigen Vorlegen geltenden- Art. 3 EMRK darstellen würde.
Sollte von der bP tatsächlich eine Gefahr ausgehen, so wäre dieser zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit sicherheitspolizeilichen bzw. strafprozessualen Mitteln zu begegnen. Im Lichte des gegenwärtigen Ermittlungsstandes ist der Einsatz fremdenrechtlicher Mittel gegenwärtig verfehlt.
II. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist - ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. zum Ganzen den Beschluss des VwGH vom 13. September 2016, Fr 2016/01/0014, sowie dem folgend die Beschlüsse des VwGH vom 19. Juni 2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und vom 27. Juni 2017, Fr 2017/18/0022).
Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Hinblick auf die Anwendung des § 17 BFA-VG orientiert sich das ho. Gericht an der Vorgängerbestimmung des § 37 AsylG aF. Der eindeutige Wortlaut der Bestimmung lässt keine andere als die hier getroffene Anwendung zu.
Aus dem Umstand, dass sich mit 1.1.2014 die Behördenzuständigkeiten, sowie die asyl- und fremdenrechtliche Diktion änderte und das ho. Gericht seine Arbeit aufnahm, kann im gegenständlichen Fall noch kein unter Art. 133 Abs. 4 B-VG zu subsumierender Sachverhalt abgeleitet werden, weil sich im materiellen Kernbereich der hier anzuwendenden Bestimmungen keine substantielle Änderung ergab.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2225624.1.00Im RIS seit
24.09.2020Zuletzt aktualisiert am
24.09.2020