Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VVG §10 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schrefler-König, über die Beschwerde der B GesmbH & Co KG in E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 24. November 1995, Zl. Ve1-551-605/1-2, betreffend die Vollstreckung eines Beseitigungsauftrages und Auftrag auf Kostenvorauszahlung gemäß § 4 Abs. 2 VVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 7. März 1994 wurde das von der Beschwerdeführerin gestellte Bauansuchen betreffend die Neuanlegung eines Bus-Umkehrplatzes und von sechs Stellplätzen für Personal gemäß § 31 Abs. 3 Tiroler Bauordnung abgewiesen. Das Vorhaben sei als Teil des bestehenden Gastgewerbebetriebes, d.h. als Betriebsanlage, zu werten und somit auf einer als Wohngebiet gewidmeten Fläche unzulässig.
2. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft R vom 14. Februar 1995 wurde über den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- wegen Benützung der ohne Bewilligung errichteten Abstellplätze und des Bus-Umkehrplatzes gemäß § 53 Abs. 2 Tiroler Bauordnung in Verbindung mit § 47 VStG verhängt.
3. Mit Bescheid vom 20. Februar 1995 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 44 Abs. 4 Tiroler Bauordnung aufgetragen, zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes den aufgebrachten Frostkoffer (Schotterschüttung) bis 15. April 1995 zu entfernen. Weiters wurde aufgetragen, die verfahrensgegenständliche Fläche zu begrünen sowie das Abstellen von Fahrzeugen zu unterlassen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Infolge Nichterfüllung der vorgeschriebenen Verpflichtungen wurde der Beschwerdeführerin schließlich durch die Bezirkshauptmannschaft R die Ersatzvornahme unter Setzung einer Paritionsfrist von zwei Wochen angedroht. Die Bezirkshauptmannschaft R beauftragte ein Unternehmen mit der Erstellung eines Kostenvoranschlages betreffend die Durchführung der Arbeiten.
4. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft R vom 12. September 1995 wurde die angedrohte Ersatzvornahme angeordnet und die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG in der Höhe von S 32.508,-- aufgetragen.
5. In der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin dagegen, daß dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen sei, welche einzelnen Leistungen vom Kostenvoranschlag des von der Bezirkshauptmannschaft zur Durchführung der Ersatzvornahme beauftragten Unternehmens umfaßt seien. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin zwischenzeitlich eine Parkverbotstafel aufgestellt und die verfahrensgegenständliche Fläche der Pkw-Abstellplätze abgezäunt. Eine Verwendung als Parkplatz sei daher ausgeschlossen. Weiters sei die Aufforderung zur Entfernung der Schotterschüttung unzulässig, da die Baubehörde stets nur die Beseitigung baubehördlich genehmigungspflichtiger Projekte anordnen könne. Eine Schotterschüttung stelle jedenfalls keine Maßnahme dar, die eines baubehördlichen Konsenses bedürfe. Hinsichtlich der Entfernung der Schotterschüttung und Vornahme einer Begrünung sei eine Durchsetzung im Vollstreckungsverfahren ausgeschlossen. Im Hinblick auf die Beseitigung des nichtgenehmigten Parkplatzes genüge das Aufstellen einer Verbotstafel sowie die Abgrenzung der Fläche mittels Anbringen eines Zaunes.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24. November 1995 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, daß Voraussetzung zur Erlassung des Vorauszahlungsauftrages die Eignung des Titelbescheides als Vollstreckungstitel sei. Die dem Vorauszahlungsauftrag zugrunde gelegte Verpflichtung müsse eindeutig bestimmt sein. Der Hinweis auf den in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 20. Februar 1995 reiche zur Konkretisierung der vorzunehmenden Maßnahmen im gegenständlichen Fall aus. Unabhängig davon könne die Berufung nur aus den in § 10 Abs. 2 VVG genannten Gründen erhoben werden, also etwa dann, wenn die Vollstreckung unzulässig sei, die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimme oder die angeordneten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen seien. Die Beschwerdeführerin bringe demgegenüber jedoch nur Einwendungen in der Sache selbst vor und übersehe, daß der dem Vorauszahlungsauftrag zugrunde liegende Bescheid vom 20. Februar 1995 in Rechtskraft erwachsen sei. Umstände, über die im Titelbescheid rechtskräftig entschieden worden sei, könnten nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Vollstreckungsverfahren aufgrund der Rechtskraft des Titelbescheides nicht mehr behandelt werden.
7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete unter gleichzeitiger Vorlage der Verwaltungsakten eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin macht zunächst einen Verstoß gegen § 10 Abs. 2 Z. 2 VVG geltend, da die Vollstreckungsverfügung mit dem Titelbescheid nicht übereinstimme.
Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Eine Vollstreckungsverfügung und die dazu akzessorische Kostenvorschreibung können zulässigerweise nur eine solche Verpflichtung zum Gegenstand haben, die dem Verpflichteten mit dem zu vollstreckenden Bescheid auferlegt worden ist. Eine Vollstreckungsverfügung, die eine Maßnahme zum Gegenstand hat, die nicht bloß als Konkretisierung der im Titelbescheid auferlegten Verpflichtung anzusehen ist, ist infolge mangelnder Übereinstimmung mit dem Titelbescheid rechtswidrig
(vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1990, Zl. 89/10/0189). Der Titelbescheid vom 20. Februar 1995 enthält den Auftrag zur Beseitigung des sich am westseitigen Ende des Grundstückes befindlichen und als Parkplatz und Umkehrplatz benutzten Frostkoffers (Schotterschüttung) sowie zur Begrünung der Fläche. Weiters ist darin angeordnet, das Abstellen von Fahrzeugen ab sofort zu unterlassen. In der Androhung der Ersatzvornahme vom 22. Juni 1995 wurden diese Verpflichtungen zur Setzung vertretbarer Handlungen (Beseitigung des Schotterkoffers, Begrünung der Fläche) unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 20. Februar 1995 wiederholt. Auf diese Androhung der Ersatzvornahme bezieht sich die Vollstreckungsverfügung und der Auftrag zur Kostenvorauszahlung. Es ist daher nicht ersichtlich, worin die Abweichung vom Titelbescheid gelegen sein sollte.
Die Beschwerdeführerin meint weiters, daß die für eine Vollstreckbarkeit wesentlichen und erforderlichen Angaben fehlen. Auch hier muß ihr entgegengehalten werden, daß die an die Bestimmtheit eines baupolizeilichen Auftrages zu richtenden Anforderungen sicherstellen sollen, daß der Umfang der auferlegten Verpflichtung für ein allfälliges Vollstreckungsverfahren eindeutig feststeht. Im vorliegenden Fall gibt es nach der Aktenlage keinen Zweifel, welcher Teil des Grundstückes von dem baupolizeilichen Auftrag betroffen ist und welche Verpflichtungen auferlegt wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/06/0046).
2. Unter dem Gesichtspunkt der Unzulässigkeit der Vollstreckung gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG verweist die Beschwerdeführerin weiters auf die von ihr aufgestellte Parkverbotstafel sowie auf die Abzäunung, die ein Abstellen von Personenkraftwagen unmöglich mache. Die Vollstreckung sei unzulässig, da die Verpflichtung bereits erfüllt worden sei. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin jedoch, daß der baupolizeiliche Auftrag nicht nur das Parken von Personenkraftwagen verbietet, sondern auf die Entfernung der Schotterschüttung und anschließende Begrünung der Fläche gerichtet war. Der verwaltungspolizeiliche Auftrag war auch auf die Beseitigung der konsenslos vorgenommenen Baumaßnahmen gerichtet und ging nicht bloß dahin, die Benützung der Fläche als Parkplatz zu unterlassen. Daher stellt die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Absperrung des Platzes keine Erfüllung des erteilten verwaltungspolizeilichen Auftrages dar. (Darüber hinaus ist darauf hinzweisen, daß der Bürgermeister der Gemeinde A im Bescheid vom 20. Februar 1995 davon ausgegangen ist, daß die Beschwerdeführerin einen Personalparkplatz errichtet habe; der Hinweis auf Verbotstafeln und eine Abzäunung stellt nicht die Behauptung dar, daß die Benützung als Personalparkplatz nicht mehr erfolge). Die Vollstreckung des Auftrages wurde daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht unzulässig im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG. Wie der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich bereits ausgesprochen hat, ist die Ersatzvornahme jedenfalls so lange zulässig, als der Pflicht nicht zur Gänze nachgekommen wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1991, Zl. 91/06/0070). Die Beschwerdeführerin hat nicht behauptet, den Frostkoffer entfernt und die betreffende Fläche begrünt zu haben.
3. Die Frage, ob die Baubehörde berechtigt war, die Entfernung des Frostkoffers sowie die Begrünung der Fläche vorzuschreiben, ist nicht Gegenstand der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden Überprüfung, da der Titelbescheid vom 20. Februar 1995 in Rechtskraft erwachsen ist und ein diesbezügliches Vorbringen keinen Berufungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG bildet. Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, wenn sie die Einwendungen der Beschwerdeführerin bezüglich der Zulässigkeit des Auftrages, den Schotterkoffer zu beseitigen, als Einwendung gegen den Titelbescheid qualifizierte und somit als im Vollstreckungsverfahren unbeachtlich behandelte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 87/05/0086, u.v.a.). Auf die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage der Zulässigkeit des Titelbescheides ist daher im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht einzugehen.
4. Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996060026.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
31.01.2012