TE Bvwg Beschluss 2020/1/14 L529 2227311-1

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Veröffentlicht am 14.01.2020
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Entscheidungsdatum

14.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

L529 2227311-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2019, Zl. XXXX :

A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrenshergang

I.1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend auch "BF") ist georgischer Staatsangehöriger und reiste Anfang November 2019 ins Bundesgebiet ein. Er stellte am 02.11.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Verfahren gab er an, dass er an Diabetes, Hörschwäche, Erkrankungen der Augen und an einem Kopftumor leide. Er sei Pensionist der 2. Klasse, bekomme im Monat umgerechnet ? 30,-- und werde die Finanzierung seiner Behandlung vom georgischen Staat nicht bewilligt.

I.2. Nach Einvernahme des BF am 12.11.2019 bei der belangten Behörde (nachfolgend auch "bB") wurde mit im Spruch genannten Bescheid der bB vom 06.12.2019 der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG wurde dem BF eine Wohnsitzauflage erteilt (Spruchpunkt VI.) und der Beschwerde gem. § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

I.3. Mit Schriftsatz vom 03.01.2020 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis V. und VII. des angefochtenen Bescheides.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zufolge der ausdrücklichen Einschränkung der Beschwerde auf die Spruchpunkte II. bis V. und VII. ist hinsichtlich der Spruchpunkte I. und VI. bereits Rechtskraft eingetreten.

II.1.2. Der BF stellte gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz am 02.11.2019 und wurde am 03.11.2019 erstbefragt. Er wurde am 12.11.2019 beim BFA niederschriftlich einvernommen.

II.1.3. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des BF und besonders seines Vaters, wie auch eventuelle Liquidierungsmöglichkeiten wurden nicht entsprechend ermittelt.

II.1.4. Gemäß einem Arztbrief des XXXX vom 08.11.2019 sollte nach Einholung der Befunde bezüglich des bekannten Gehirntumors eine MRI KO beim niedergelassenen FA erfolgen.

Zielführende Ermittlungsschritte zwischen Einvernahme und Bescheiderlassung sind den vorliegenden Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

II.1.5. Ein vorgelegtes medizinisches Dokument in georgischer Sprache wurde einer Übersetzung nicht zugeführt.

II.1.6. Der Gesundheitszustand des BF, insbesondere an welchen konkreten Erkrankungen der BF leidet, wurde nicht festgestellt. Demnach steht auch nicht fest, ob diese Erkrankungen in Georgien behandelbar sind und Behandlungen für ihn verfügbar sind.

II.1.7. Ob es sich bei der Erkrankung des BF um eine lebensbedrohliche Erkrankung handelt, wurde nicht festgestellt, ebenso nicht, welche Auswirkungen eine Überstellung nach Georgien aktuell hätte, insbesondere ob zu erwarten wäre, dass es bei einer Überstellung zu einer unzumutbaren Verschlechterung des Gesundheitszustandes des BF kommen würde.

II.1.8. Fazit: Der entscheidungserhebliche Sachverhalt steht nicht fest; das Ermittlungsverfahren ist mangelhaft. Eine Sanierung binnen Wochenfrist ist nicht möglich.

II.2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde.

II.2.1. Der BF hatte in der Einvernahme beim BFA angegeben, sein Vater hätte ihn finanziell unterstützt; dieser sei auch im Besitz einer Eigentumswohnung. Nähere Ermittlungen dazu - zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Vaters, insbesondere auch zu Liquidierungsmöglichkeiten - führte das BFA nicht.

Die Feststellungen des BFA zur Rückkehrsituation - der BF könne im Falle einer Rückkehr eine Beschäftigung aufnehmen, sein Leben dadurch bestreiten und seine medizinische Behandlung fortsetzen (vgl. AS 108) - sind vor dem Hintergrund seiner Angaben, er sei seit 15 Jahren Pensionist der 2. Klasse (AS 14), er habe nie gearbeitet (AS 69), mehr als unklar.

II.2.2. Dem Arztbrief des XXXX vom 08.11.2019 folgend war die Einholung der Befunde hinsichtlich des Gehirntumors noch ausständig. Gleiches ergibt sich auch aus dem im Akt befindlichen Arztbrief des XXXX vom 25.11.2019, Seite 2 [Hirntumor unklarer Genese (in Abklärung)] - vgl. AS 93.

Bei der Einvernahme am 12.11.2019 wurde dem BF aufgetragen, eventuelle medizinische Befunde binnen einer Woche vorzulegen. Der RB des BF beantragte in dieser Einvernahme am 12.11.2019 die Erstreckung dieser Frist zum Zwecke der Durchführung notwendiger Behandlungen.

Die notwendige Abklärung wurde vom BFA aber nicht abgewartet, sondern mit 06.12.2019 der Bescheid ausgefertigt (vgl. die im Akt einliegende Bescheidausfertigung beginnend mit Aktseite 97).

Der BF war von 27.11.2019 bis 06.12.2019 im XXXX aufhältig. Dabei wurde beim BF ein Tumor der Hypophyse festgestellt und als Maßnahme die Vorstellung an der Neurochirurgie des XXXX am 06.12.2019, 08:45 Uhr, empfohlen (AS 179).

II.2.3. Der BF legte im Zuge des Verfahrens offenbar ein medizinisches Dokument in georgischer Sprache vor (AS 89). Dazu wurde der BF nicht näher befragt. Es ist unklar, worum es sich bei diesem Dokument handelt. Eine Übersetzung des Dokumentes ist den vorliegenden Verwaltungsakten jedenfalls nicht zu entnehmen.

II.2.4. In den Feststellungen des angefochtenen Bescheides findet sich die Aussage: "Sie wurden in Georgien bereits über mehrere Jahre medizinisch behandelt." (AS 107). Weitere Feststellungen zu Erkrankungen des BF finden sich in den Feststellungen des angefochtenen Bescheides nicht.

Wenn aber nicht feststeht, an welchen Erkrankungen der BF leidet, kann auch keine Aussage darüber getroffen werden ob diese lebensbedrohend (vgl. die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides - AS 134) sind.

II.2.5. Das der BF an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, führte das BFA zwar in der rechtlichen Beurteilung an, wie die bB zu dieser Einschätzung kommt, ist jedoch den vorliegenden Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Ebenso fehlen ie Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Ausführungen darüber, ob zu erwarten wäre, dass es bei einer Überstellung zu einer unzumutbaren Verschlechterung des Gesundheitszustandes des BF kommen würde.

Aufgrund des Vorgehens der bB - Erlassung des Bescheides, ohne die ausstehenden Untersuchungsergebnisse abzuwarten - ist anzunehmen, dass die Intention dahintersteckt, diese Ermittlungsschritte vom BVwG vornehmen zu lassen.

II.3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

II.3.2. Zur Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (vgl. VwGH 19.11.2009, 2008/07/0167: "Tatsachenbereich") (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Anm. 11 zu § 28 VwGVG).

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar und soll von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher im Lichte der oa. Ausführungen insbesondere dann in Betracht kommen,

- wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,

- wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder

- bloß ansatzweise ermittelt hat.

- Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

In seinem Urteil vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 befasste sich der EuGH mit der Frage, ob nationale Bestimmungen, welche dem Verwaltungsgericht die amtswegige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts - bei entsprechender Untätigkeit der Behörde - der in der europarechtlichen Judikatur geforderten Objektivität und Unvoreingenommenheit des Gerichts entgegenstehen. Nach seiner Ansicht können die Gerichte nach den nationalen Verfahrensregeln zwar verpflichtet sein, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorlage solcher Beweise zu fördern, doch können sie nicht verpflichtet sein, anstelle der genannten Behörden die Rechtfertigungsgründe vorzubringen, die nach dem Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281) diese Behörden vorzubringen haben. Werden diese Rechtfertigungsgründe wegen der Abwesenheit oder der Passivität dieser Behörden nicht vorgebracht, müssen die nationalen Gerichte alle Konsequenzen ziehen dürfen, die sich aus einem solchen Mangel ergeben. Der EuGH führte weiters aus, dass die Art. 49 und 56 AEUV, wie sie insbesondere im Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281), ausgelegt wurden, im Licht des Art. 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Verfahrensregelung, nach der in Verwaltungsverfahren das Gericht, bei der Prüfung des maßgeblichen Sachverhalts die Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache von Amts wegen zu ermitteln hat, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung nicht zur Folge hat, dass das Gericht an die Stelle der zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu treten hat, denen es obliegt, die Beweise vorzulegen, die erforderlich sind, damit das Gericht eine entsprechende Prüfung durchführen kann. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich zwar auf ein Verwaltungsstrafverfahren, sie sind nach ho. Ansicht jedoch auch im gegenständlichen Fall anwendbar.

Im Lichte einer GRC-konformen Interpretation der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, wonach das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden hat, finden diese jedenfalls dort ihre Grenze, wenn das Gericht an die Stelle der zuständigen belangten Behörde zu treten hätte, der es obliegt, dem Gericht die Beweise iSd Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts vorzulegen. Wird diese Grenze überschritten, ist das Gericht ermächtigt - wenn nicht sogar verpflichtet - eine kassatorische Entscheidung iSd § 28 Abs. 3 VwGVG zu treffen.

II.3.3. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 VwGVG im gegenständlichen Fall:

II.3.3.1. Das BFA traf zur Person des BF die Feststellung, dass er in Georgien bereits über mehrere Jahre medizinisch behandelt worden sei. Weitere insoweit relevante Feststellungen zu Erkrankungen des BF finden sich im angefochtenen Bescheides nicht.

Zur Rückkehrsituation führte das BFA aus, der BF könne im Falle einer Rückkehr eine Beschäftigung aufnehmen, sein Leben dadurch bestreiten und seine medizinische Behandlung fortsetzen.

II.3.3.2. Wie oben festgestellt wurde, war zum Zeitpunkt der Entscheidung des BFA die medizinische Abklärung hinsichtlich des Gehirntumors noch im Gange. Die Aussagen der vorliegenden medizinischen Dokumente in dieser Hinsicht "nach Einholen der Befunde bzgl des bekannten Hirntumors sollte eine MRI KO beim niedergelassenen FA erfolgen" (vgl. AS 85) bzw. "Hirntumor unklarer Genese (in Abklärung)" (vgl. As 93) sind eindeutig.

Ohne aber das Ergebnis dieser Untersuchungen abzuwarten und die sich daraus ergebenden Behandlungsnotwendigkeiten (bspw. durch gezielte Befragung bzw. Einblick in die entsprechenden medizinischen Dokumente) zu erheben und in die Entscheidung miteinfließen zu lassen, erließ das BFA den angefochtenen Bescheid, gestützt auf Feststellungen, die - wie angeführt - unzureichend sind ("....dass er in Georgien bereits über mehrere Jahre medizinisch behandelt worden....") und zum anderen, vor dem Hintergrund seiner diesbezüglichen Angaben, eher spekulativen Charakter ("....könne im Falle einer Rückkehr eine Beschäftigung aufnehmen....") haben. Die Feststellungen des BFA sind insoweit zu kurz greifend.

II.3.3.3. Wenn aber der relevante Sachverhalt - hier: welche konkrete Ausformung der Erkrankung beim BF vorliegt und welche Behandlung angezeigt ist - nicht feststeht, lässt sich auch keine Aussage darüber treffen, ob insoweit eine adäquate Behandlungsmöglichkeit in Georgien gegeben ist. Dabei handelt es sich aber um den Kern des gegenständlichen Verfahrens.

II.3.3.4. Der angefochtene Bescheid enthält auch keine konkreten Feststellungen, ob es sich bei der Erkrankung des BF um eine solche handelt, die lebensgefährlich ist und wie sich eine mögliche Überstellung auf den BF auswirkten wird, ob zu erwarten ist, dass diesfalls eine unzumutbare Verschlechterung eintritt.

II.3.3.5. Gleichfalls sind die Erhebungen zu Einkommens- und Vermögensverhältnissen der BF und seines Vaters - wie oben angeführt - unzureichend. Das gilt auch für das vorgelegte Dokument in georgischer Sprache.

II.3.3.6. Zum einen ermittelte das BFA nur ansatzweise. Zum anderen ist aber anzunehmen, dass das BFA - es wartete die notwendigen abklärenden Untersuchungen nicht ab, sondern erließ (offenbar unter erheblichem Zeitdruck) den angefochtenen Bescheid, gestützt auf unzureichende Sachverhaltsgrundlagen - die notwendigen Ermittlungen dann vom BVwG durchgeführt werden. Gravierende Indizien in diese Richtung sind die Zeitspanne zwischen letzter Einvernahme (12.11.2019) und Datum der Bescheidausfertigung (06.12.2019), keine ersichtlichen Ermittlungsschritte der bB in dieser Zeit und die kurze Frist zur Vorlage von medizinischen Unterlagen. Obwohl die bB bereits durch die Ambulanzbriefe des XXXX vom 08.11.2019 und vom 25.11.2019 von der laufenden Abklärung im Hinblick auf den Hirntumor des BF in Kenntnis war, traf es die Entscheidung, ohne das Ergebnis der laufenden Untersuchungen abzuwarten.

Des Weiteren korrespondiert die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid "....dass Sie verheiratet sind und ein Kind haben, lässt sich aufgrund Ihrer dazu unzweifelhaften Angaben treffen.." nicht mit der Feststellung "Sie sind ledig und haben keine Kinder.".

II.3.3.7. Mit der Entscheidung über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde verkürzte die belangte Behörde die Entscheidungsfrist für das BVwG de facto auf eine Woche. Innerhalb dieser kurzen Frist erscheint eine Sanierung der Ermittlungsmängel nicht durchführbar.

II.3.4. Von diesen Überlegungen ausgehend ist daher im gegenständlichen Fall das dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung auszuüben und das Verfahren spruchgemäß an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Dass gegebenenfalls die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, ist gegenständlich nicht erkennbar.

II.3.5. Der BF befand sich vom 27.11.2019 bis 06.12.2019 im XXXX in stationärer Behandlung. Dabei wurde ein Tumor der Hypophyse festgestellt und als weitere Maßnahme die Vorstellung an der Neurochirurgie des XXXX am 06.12.2019, 08:45 Uhr, empfohlen.

Dies und die Folgebefunde sowie die vorstehenden Ausführungen werden im fortgesetzten Verfahren zu berücksichtigen sein.

II.4. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. der angefochtene Bescheid zu beheben war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil diese Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG abweicht.

Schlagworte

Behandlung im Herkunftsstaat Behandlungsmöglichkeiten Ermittlungspflicht Gesundheitszustand Kassation lebensbedrohliche Krankheit mangelnde Sachverhaltsfeststellung Übersetzung Vermögensverhältnisse Verschlechterung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L529.2227311.1.00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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