TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/4 W122 2207602-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z15
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §75 Abs24
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W122 2207602-1/14E

Schriftliche Ausfertigung des am 31.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Iran, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.09.2018, Zl. 1098990003 - 152004838, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben.

II. XXXX wird gemäß §§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

III. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

IV. Die Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides werden behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 14.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, dass er durch seinen Religionswechsel zum Christentum vom Staat bedroht und verfolgt werde. Er habe dort häusliche Kirchen besucht und seine Freunde seien von der Polizei verhaftet worden. Aus diesem Grund habe er fliehen müssen, wobei er den Iran legal per Flugzeug in die Türkei verlassen habe, von wo man ihn illegal nach Griechenland gebracht habe.

3. Am 07.08.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen.

Eingangs legte er (neben Unterlagen zu seiner Integration) eine Taufbescheinigung einer Christengemeinde seiner Wohnsitzgemeinde in Österreich vom 21.05.2017 samt dokumentierenden Lichtbildern sowie eine Austrittsbescheinigung aus der islamischen Glaubensgemeinschaft vom 13.07.2018, als Nachweis seiner Konversion vor.

Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer - zusammengefasst - Folgendes aus: Er sei gebürtiger Moslem, iranischer Staatsangehöriger und stamme aus der Stadt XXXX . Er habe sich vom islamischen Glauben bereits im Iran abgewandt, dort Yoga gemacht und sei dem Buddhismus nachgegangen. In Österreich sei er am 21.05.2017 getauft worden. Im Iran habe er zwölf Jahre lang die Schule besucht und 2,5 Jahre Architektur studiert. Er habe danach Geschäfte geführt und an den Wochenenden als Bergführer gearbeitet. Seine finanzielle Lage sei im Iran sehr gut gewesen. Er selbst sei ledig und habe keine Kinder. Seine Mutter sei verstorben, sein Vater zu einer anderen Frau gegangen. Zu seinen im Iran aufhältigen Geschwistern habe er noch regelmäßigen Kontakt. In seinem Heimatland werde er ausschließlich wegen seiner Religion verfolgt. Im Iran habe ihm ein Freund, der mit ihm nach Österreich gegangen sei, das Christentum nähergebracht.

Eines Tages sei das Gebäude, in dem die Hauskirche abgehalten wurde, von Sicherheitsbeamten aufgesucht worden, wobei die beiden Bewohner festgenommen worden seien. Er sei mit seinem Bekannten nach Teheran, wo er erfahren habe, dass die Beamten auch in sein Haus eingedrungen seien. Sein Bruder habe ihm zur Flucht geraten. Es wurde über einen Bekannten ein Kontakt zu einer Person hergestellt, die beide am Gate nicht kontrollieren würde.

Diesen Freund, der ihm das Christentum nahegebracht habe, habe er vor 20 Jahren kennengelernt. Dieser habe ihm dann Anfang 2015 das Christentum nahegebracht. Er habe ihm einen Film über Jesus gezeigt, ihm eine Bibel ausgehändigt und sie hätten in weiterer Folge bedürftigen Familien geholfen. Als die Hauskirche durchsucht worden sei, habe er sich auf dem Heimweg aus Teheran befunden, wobei sein Freund noch in seiner Heimatstadt gewesen sei. Sie hätten sich dann in einer Stadt auf halbem Weg getroffen und seien mit seinem Auto gemeinsam nach Teheran zurückgefahren. Der Freund sei über die Hintertür der Hauskirche geflohen. Für den Buddhismus habe er sich nur aufgrund der gesünderen Lebensweise interessiert, diese Religion aber sonst nicht ausgeübt.

Die Hauskirche habe jeden Sonntag stattgefunden und drei- bis viermal auch im Haus des Beschwerdeführers. Es sei aus der Bibel gelesen worden und man habe sich über Spendenaktionen unterhalten. Es sei aber im öffentlichen Leben nicht aufgefallen, dass sie Christen seien. Seine Familie habe erst von seinem Glaubenswechsel erfahren, wie er schon in Österreich gewesen sei. Er habe sich für den evangelisch-protestantischen Glauben entschieden, insbesondere, weil er vom Papst unabhängig sein möchte. Er glaube an Jesus, Vater, Sohn und den Heiligen Geist. Vom Islam habe er sich abgewandt, weil dieser es erlaube Kriege zu führen und Menschen zu töten. Im Christentum hingegen würde es nur Liebe geben. Er gehe mittlerweile jeden Sonntag in die Kirche und bete. Er fühle sich nicht alleine, weil Gott bei ihm sei.

Jesus sei der Sohn Gottes und am Sonntag solle man nicht arbeiten, sondern sich für Gott Zeit nehmen. Es gebe zehn Gebote und er habe schon gegen das Siebente verstoßen, weil er einmal gestohlen habe. Zu Ostern sei Jesus gekreuzigt worden und wieder auferstanden. Martin Luther sei das Oberhaupt der protestantischen Kirche. Diese würde so genannt werden, weil sie gegen die katholische Kirche protestiert hätte.

Ob er im Iran bedroht oder verfolgt werde, wisse er nicht genau, weil er schnell nach dem Vorfall geflohen sei. Von privater Seite habe er erfahren, dass sein Vater auch gegen die Konversion gewesen sei. In seinem Heimatland habe er Angst um sein Leben.

4. Am 08.08.2018 erging die Benachrichtigung seitens der Staatsanwaltschaft, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen § 15 StGB, § 127 StGB eingestellt wurde.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.09.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß § 57 AsylG 2005 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), gegen den Beschwerdeführer (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde ausgesprochen, dass die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Zur Entscheidung im Asylpunkt wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass es nicht nachvollziehbar gewesen sei, dass der Beschwerdeführer im Iran aufgrund der Mitgliedschaft zu einer nicht missionierenden und lediglich vier Personen umfassenden Freikirche ins Visier iranischer Beamten geraten sei. Es habe daher nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner religiösen Einstellung einer Verfolgung durch Privatpersonen, Behörden bzw. dem Geheimdienst unterliege - es sei daher auch nicht davon auszugehen, dass er - glaubhaft - zum christlichen Glauben gefunden habe. Seine Taufe habe lediglich zum Schein stattgefunden.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 05.10.2018 fristgerecht und vollumfänglich Beschwerde.

7. Am 10.10.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde, samt den Bezug habenden Verfahrensunterlagen, dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

8. Am 31.07.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer als Partei, sein rechtsfreundlicher Vertreter und Zeugen teilnahmen. Die belangte Behörde nahm an dieser Verhandlung nicht teil.

Der Beschwerdeführer gab an, gesund zu sein und legte zahlreiche weitere Integrationsunterlagen vor. Sein Vater und seine Geschwister würden sich nach wie vor in seiner Heimatstadt im Iran aufhalten. Mit seinem Bruder und seiner Schwester habe er noch regelmäßigen Kontakt. Im Iran habe er studiert, Möbelgeschäfte gehabt und sei Bergführer gewesen. Es sei ihm dort wirtschaftlich gut gegangen. In Österreich lebe er in einer Beziehung und habe bereits saisonal sowie ehrenamtlich gearbeitet. Er lerne weiterhin die deutsche Sprache und sei in einigen Vereinen aktiv. Er habe einmal Ohrclips gestohlen, was er aber als einen Fehler erachte. Seinen Unterhalt bestreite er von dem Geld, dass ihm die Caritas zur Verfügung stelle.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an. Man sei zu seiner Hauskirche gekommen und habe einen Freund verhaftet. Daher haben sein Freund und er gewusst, dass ihre Leben in Gefahr seien. Es habe auch beim Beschwerdeführer eine Hausdurchsuchung gegeben, bei der Leute des Geheimdienstes nach ihm gefragt haben. Als die Hausdurchsuchungen stattfanden, habe er sich in Teheran befunden und sich dann mit einem Freund auf halbem Weg in seiner Heimatstadt getroffen, von wo sie gemeinsam zurück nach Teheran gefahren seien. In der Hauskirche sei er damals ein Neuling gewesen. Sie haben die Bibel studiert und gebetet. Im Iran habe er auch eine Bibel besessen. Aus der Bibel habe er zuletzt vor zwei Tagen etwas gelesen.

Erst in Österreich habe er seiner Familie von seiner Konversion erzählt. Sein Vater sei als Moslem gegen einen Glaubenswechsel gewesen. Seine Geschwister seien Atheisten. In der Taufvorbereitung habe er über Jesus, die Kreuzigung, die Auferstehung sowie die Dreifaltigkeit und die Vergebung der Sünden gelernt. Für das Christentum habe er sich entschieden, weil ihm dies mehr Resultate gebracht habe als der Buddhismus, mit dem er sich auch auseinandergesetzt habe. Im Gegensatz zum Islam würde im Christentum nicht gekämpft werden. Es werde hier nicht nur gekämpft, sondern man stehe zueinander. Gott verzeihe und so müssen wir anderen auch verzeihen. Gott habe wegen der Sünden der Menschen seinen Sohn geschickt und dieser habe diese Sünden auf seinen Schultern getragen und sein Leben dafür hergegeben. Er habe auch schon versucht seine Geschwister von diesem Weg zu überzeugen.

Er selbst sei in einer evangelischen Freikirche aktiv und könne das Vater Unser auf Farsi und fragmentarisch auf Deutsch wiedergeben. Im Falle einer Rückkehr in den Iran würde er missionieren, weil er mittlerweile seinen festen Glauben gefunden habe. Dadurch sei sein Leben aber auch in Gefahr. Er selbst habe keine Probleme mit dem Iran, aber der Iran habe ein Problem mit ihm.

Der Beschwerdeführer gab an, dass die protestantische Kirche am 31.10. gegründet worden sei und er habe auch die wichtigsten kirchlichen Feiertage benennen können. Er bete zu Gott missioniere und halte auch die zehn Gebote ein, damit er keine Fehler mehr begehe.

Der als Zeuge einvernommene Freund des Beschwerdeführers gab an, dass er diesen beim Wandern kennengelernt habe. Da beide dem protestantischen Glauben angehören, haben sie auch viel über Gott gesprochen. Der Beschwerdeführer sei außerdem sehr an der Natur und den Bergen interessiert, weshalb er ihm auch sehr sympathisch sei.

9. Im Anschluss an die Beschwerdeverhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

9. Am 08.08.2019 beantragte die belangte Behörde die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

10. Der Beschwerdeführer legte im Laufe des Verfahrens folgende Unterlagen und Dokumente vor:

* Iranischer Personalausweis

* Zahlreiche Teilnahmebestätigungen an Deutschkursen

* Prüfungszeugnisse Deutsch A1, ÖSD A2, ÖSD B1 (nicht bestanden, Rechnung über erneuten Antritt zur Prüfung)

* Zahlreiche Arbeitsbestätigungen als Saisonarbeiter (Hilfskraft)

* Bestätigungen über gemeinnützige Tätigkeit

* Zahlreiche Referenz- und Unterstützungsschreiben

* Bilder und Bestätigung einer Taufzeremonie

* Bestätigung des Austritts aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft

* Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs

* Mietvertrag

* Zeitungsberichte über den Beschwerdeführer

* Vorläufiger Führerschein

* Bilder, die den Beschwerdeführer beim Klettern zeigen

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren.

Er ist iranischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Perser an und wurde in der Stadt XXXX geboren, wo er auch die Schule mit Matura beendete und Geschäfte betrieb. Ebenso studierte er im Iran zwei Jahre lang.

Der Beschwerdeführer hat sich ernsthaft dem Christentum zugewandt, er lebt im Bundesgebiet als gläubiger Protestant.

Der Beschwerdeführer ist ledig und lebt in einer Partnerschaft. Es ist glaubwürdig, dass sich der Beschwerdeführer bereits im Iran mit einer Hauskirche auseinandergesetzt hat und er deswegen vom Geheimdienst gesucht wird. In Österreich hat er sein Wissen über das Christentum weiter vertieft. Die Taufe und der Austritt aus der islamischen Religionsgemeinschaft sind somit nicht nur zum Schein erfolgt, zumal der Beschwerdeführer aktiv am Leben einer evangelischen Freikirche teilnimmt und regelmäßig in die Kirche geht. Ein Freund des Beschwerdeführers, der ebenfalls protestantischen Glaubens ist, legte dar, dass man sich mit dem Beschwerdeführer sehr gut in religiösen Fragen unterhalten kann.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur hier maßgeblichen Situation im Iran:

Allgemeine Lage:

Iran ist eine islamische Republik mit etwa 80 Millionen Einwohnern. Staatsoberhaupt und Revolutionsführer ist Ayatollah Seyed Als Khamene-i, Präsident seit 2013 Hassan Rohani. Dem Staatsoberhaupt unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden Basij-Milizen. Islamische und demokratische Elemente bestehen nebeneinander. Eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht nicht. Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen. Die verfassungsrechtlich festgeschriebene Unabhängigkeit der Justiz unterliegt Begrenzungen. Vor allem der Sicherheitsapparat nimmt in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung. Allgemein erfüllen Gerichtsverfahren internationale Standards nicht. Obwohl nach der Verfassung primär kodifiziertes Recht anzuwenden ist, kann im Zweifelsfall nach der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewandt werden. Nach wie vor werden Körperstrafen und Todesstrafe angewandt. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung. Basij-Kräfte sind eine freiwillige paramilitärische Gruppierung, die oft bei der Unterdrückung von Oppositionellen oder der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert sind. Die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasadaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) sind herausragend im Sicherheitsapparat, sie sind eine Parallelarmee und haben Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt. Sie verfügen über eigene Gefängnisse. Mit willkürlichen Verhaftungen muss im Iran gerechnet werden. Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Es kann auch zum Verprügeln durch Basij kommen. Die genaue Überwachungskapazität der iranischen Behörden ist unbekannt.

Auch 2017 wurden grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) vollstreckt. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen. Der Häufigkeit nach wird sie primär bei Drogendelikten, dann Mord und Sexualdelikten angewandt. Laut AI wurden 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet. Auch 2016 war Iran mit hoher Wahrscheinlichkeit das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung.

Religionsfreiheit, Situation von Christen und Konversion:

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zorostrier, Baha-i, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe-und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Etwa 100.000 bis 300.000 - vornehmlich armenische - Christen leben im Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Ihnen stehen zwei der 290 Parlamentssitze zu. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen (armenische, assyrische und chaldäische). Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Jegliche Missionstätigkeit kann als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Ihre Vertreter unterliegen Beschränkungen beim Zugang von höheren Staatsämtern. Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg diskriminiert. Anerkannte religiöse Minderheiten sind in ihrer Glaubensausübung nur geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt, christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind verboten).

Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. 2016 sollen 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert gewesen sein. Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, 5 wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und 10 mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen.

Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), Verdorbenheit auf Erden, oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Im Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf.

Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und in den Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Es wird diesbezüglich von familiärer Ausgrenzung berichtet sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden. In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion als Familienmitglied als heikel eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der Konvertit aus der Familie verbannt oder den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen. Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Deren Anzahl steigt. Es ist schwierig diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Sie werden teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Diese organisieren sich daher in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weitverbreitet. In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken. Ansonsten haben die Behörden kaum Möglichkeiten, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. Nicht verlässlich bekannt ist, ob nur Anführer oder auch einfache Mitglieder verfolgt werden. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen.

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr in den Iran kein Problem. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist nicht von einer harschen Bestrafung auszugehen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

Rückkehr:

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr in den Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann in den Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers basieren auf den diesbezüglichen, einheitlichen Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht, dem einvernommenen Zeugen und den von ihm vorgelegten Dokumenten.

Der Beitritt des Beschwerdeführers zu einer evangelischen Freikirche war seinem Vorbringen sowie dem im Akt einliegenden Nachweis (siehe AS 119f und AS 125) über seine Mitgliedschaft und der am 21.05.2017 erfolgten "Aufnahme" (durch Taufe) zu entnehmen. Dass der Beschwerdeführer aus der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich ausgetreten ist, ist dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 13.07.2018 (siehe AS 123) zu entnehmen. Hier ist der im angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Auffassung der belangten Behörde nicht zu folgen, die ausführte, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass sich der Beschwerdeführer erst eineinhalb Jahre nach der Taufe die Austrittsbestätigung aus der islamischen Glaubensgemeinschaft besorgt hat und dies, aufgrund der zeitlichen Nähe zur Einvernahme, lediglich aus verfahrenstaktischen Gründen (vgl. Seite 84 des angefochtenen Bescheides, -AS 177) geschehen sei. Zwar ist es nicht auszuschließen, dass sich der Beschwerdeführer diese Bestätigung aus verfahrenstaktischen Gründen besorgt hat, jedoch ist es nicht richtig, daraus den Rückschluss zu ziehen, dass der Beschwerdeführer nur zum Schein konvertiert ist, weil er sich erst fast eineinhalb Jahre nach der Taufe, um dies gekümmert hat. Betrachtet man den Beschwerdeführer während seines gesamten Aufenthaltes in Österreich, dann wird augenscheinlich, dass er sich von Beginn mit der christlichen Religion auseinandergesetzt hat und er schon eineinhalb Jahre vor seiner Taufe regelmäßige Veranstaltungen der protestantischen Kirchengemeinde besucht hat und er auch noch nach seiner Taufe regelmäßig zum Gottesdienst geht. Er bringt sich weiterhin in die Kirchengemeinde ein und vertiefte seither stetig seinen Glauben. Ebenso wird an dieser Stelle noch angemerkt, dass selbst die belangte Behörde bereits feststellte, dass sich der Beschwerdeführer grundsätzlich mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt hat (vgl. Seite 85 des angefochtenen Bescheides, -AS 175).

Dass er nicht nur regelmäßig an den Gottesdiensten teilnimmt, sondern sehr oft betet, missioniert und Menschen zu retten versucht, stellte der Beschwerdeführer gleichbleibend und glaubwürdig dar. Insbesondere verfestigte sich beim erkennenden Richter in Zusammenschau mit dem persönlichen Auftreten des Beschwerdeführers der Eindruck, dass es sich bei diesem tatsächlich um einen praktizierenden, aktiv in Erscheinung tretenden Gläubigen der genannten freikirchlichen Gemeinde handelt, der sich ernsthaft dem christlichen Glauben zugewandt hat. Zum in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass dieser ergriffen lächelt und förmlich strahlt, wenn er über seinen Glauben spricht. Er vermittelte daher im Zuge dieser mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch glaubwürdig, dass ihm sein Glaube so wichtig ist, dass er auch versucht, seine Freunde und seine Familie vom christlichen Glauben zu überzeugen.

Nicht nur die missionarische Tätigkeit des Beschwerdeführers spricht dafür, dass er den christlichen Glauben verinnerlicht hat. So versucht er ein christliches Leben zu führen und sich an die zehn Gebote zu halten. Er machte hierbei deutlich, dass er aus seinem Verstoß gegen das siebente Gebot gelernt hat und ein besseres Leben führen möchte, auch wenn er für den Diebstahl von Ohrclips strafrechtlich nicht belangt wurde, zumal das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde. Des Weiteren sprechen für eine Verinnerlichung des Christentums, dass der Beschwerdeführer die wichtigsten Gebete und Feiertage des Christentums benennen kann und er sich auch im privaten Bereich der Bibel widmet und mit Freunden über die Religion redet, so wie es der einvernommene Zeuge bestätigen konnte. Somit integrierte er sich verfestigend im Glaubensweg der Christengemeinde XXXX .

Das Gericht ist auch der Ansicht, dass das Vorbringen zu den Vorfällen im Iran nicht völlig unplausibel ist, zumal der Beschwerdeführer glaubwürdig angab, dass er Verfolgungshandlungen seitens der Behörden nicht persönlich wahrgenommen hat, sondern er diese lediglich von seinem Bruder und seinem Freund erzählt bekommen habe. Es wird dabei nicht verkannt, dass sich im Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Geschehnissen im Iran Widersprüche und Unplausibilitäten ergeben haben und dass diese für die Beurteilung der Ernsthaftigkeit der Konversion von Relevanz sind; ihnen kommt nach Ansicht des erkennenden Richters jedoch keine solche Bedeutung zu, dass dadurch die zuvor dargelegten Aspekte, die das religiöse Leben des Beschwerdeführers in Österreich betreffen, entkräftet würden.

Selbst wenn der Beschwerdeführer erst kurz vor seiner Ausreise durch die Hauskirche mit dem Christentum in Kontakt gekommen ist, so ist ihm glaubwürdig zu attestieren, dass er sich seit dem Verlassen seines Heimatlandes sehr stark dem Christentum zugewandt hat, er dieses verinnerlicht hat und er bei einer Rückkehr dorthin mittlerweile durch seine missionarischen Tätigkeiten seinen Glaubenswandel auch sehr schnell nach außen tragen würde.

Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich nicht verurteilt worden ist, war der zu seiner Person eingeholten Strafregisterauskunft zu entnehmen.

2.2. Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran, Gesamtaktualisierung am 03.07.2018, welches auszugsweise wiedergegeben wurde. Die zusammengetragenen aktuellen Länderberichte beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, weshalb im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Darüber hinaus decken sich die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen auch mit jenen, die bereits von der belangten Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1. Zur Stattgabe der Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht oder ein Asylauschlussgrund gesetzt wurde.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 11 und 12 leg. cit. ist Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie, Verfolgungsgrund ein in Art 10 Statusrichtlinie genannter Grund.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach Art. 9 Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) muss eine Verfolgungshandlung iSd GFK aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kulminierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.

Unter anderem können als Verfolgung folgende Handlungen gelten:

Anwendung physischer oder psychischer, einschließlich sexueller Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden, unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 2 Statusrichtlinie fallen und Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

Der Begriff der Religion umfasst nach Art. 10 Statusrichtlinie insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst hat (vgl. E 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117; 24.10.2001, 99/20/0550; 17.09.2008, 2008/23/0675, je mwN) kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zu behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).

Wie festgestellt, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der aktives Mitglied der Christengemeinde XXXX ist, an deren Gottesdiensten teilnimmt. Er beschäftigt sich auch abseits der kirchlichen Veranstaltungen mit der Bibel, betet regelmäßig, spricht mit Freunden bei Freizeitaktivitäten über seine Religion und möchte auch eine Vielzahl an Leuten missionarisch auf den richtigen Weg bringen. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer ernsthaft und aufrichtig dem christlichen Glauben zugewandt hat und somit "innerlich" konvertiert ist. Es muss daher angenommen werden, dass er den inneren Entschluss gefasst hat, nach dem christlichen Glauben zu leben.

Vor dem Hintergrund der zuvor getroffenen Feststellungen zu den Konsequenzen einer Konversion im Iran muss der Beschwerdeführer bei weiterer Ausführung dieses inneren Entschlusses auch nach einer Rückkehr in den Iran mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass er aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt werden würde. Denn bei Glaubensbetätigung in der Öffentlichkeit, wie etwa der Teilnahme an öffentlichen Gottesdiensten oder Gebeten in Gemeinschaft mit anderen oder letztlich im Falle des Versuches, andere vom Christentum zu überzeugen, würde sich der Beschwerdeführer als nicht geborener Christ einer beachtlichen Gefahr staatlicher Repressionsmaßnahmen aussetzen. Der Beschwerdeführer würde daher bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Gefahr laufen, auf Grund seines religiösen Bekenntnisses in asylrelevanter Weise verfolgt zu werden.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative kommt aufgrund des Umstands, dass die Verfolgungssituation von nicht geborenen Christen im gesamten Staatsgebiet des Irans besteht, nicht in Betracht.

Da der Beschwerdeführer daher den Flüchtlingsbegriff des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK erfüllt - und kein Ausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 hervorgekommen ist, war der Beschwerde Folge zu geben, dem Beschwerdeführer daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen und gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 festzustellen, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.2.2. Zur Anwendbarkeit des § 3 Abs. 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016:

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass § 3 Abs 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem 15.11.2015 gestellt haben, anzuwenden ist. Nachdem der Beschwerdeführer seinen Antrag auf internationalen Schutz am 14.12.2015 gestellt hat, ist § 3 Abs 4 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 daher anzuwenden gewesen. Ihm wird daher der Status des Asylberechtigten zuerkannt, jedoch kommt ex-lege eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter hinzu. Die befristete Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder ein etwaiges Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung (vgl. die oben unter Punkt 3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes); schließlich ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

3.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Asyl auf Zeit Asylgewährung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren befristete Aufenthaltsberechtigung begründete Furcht vor Verfolgung Behebung der Entscheidung Christentum ersatzlose Teilbehebung Fluchtgründe Flüchtlingseigenschaft Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Kassation Konversion mündliche Verhandlung mündliche Verkündung Nachfluchtgründe religiöse Gründe Rückkehrentscheidung schriftliche Ausfertigung Spruchpunktbehebung Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W122.2207602.1.00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten