TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/7 W128 2226513-1

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Veröffentlicht am 07.04.2020
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Entscheidungsdatum

07.04.2020

Norm

AuBG §8
AVG §7 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FHStG §6 Abs6
FHStG §6 Abs7
UG §64 Abs5

Spruch

W128 2226513-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Fachhochschulkollegiums der FH CAMPUS Wien vom 25.09.2019, betreffend Nostrifizierung, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Antrag vom 10.10.2017 begehrte der Beschwerdeführer die Nostrifizierung des gemäß dem Transcript of Records vom 21.12.2015, am Dijlah University College, Bagdad, Irak, abgeschlossenen Studiums und beantragten die Gleichstellung mit dem inländischen FH-Abschluss "Bachelor of Science in Health Studies (BSc)"

2. Nach Einholung eines Gutachtens und dem Einräumen von Parteiengehör gab die belangte Behörde dem Antrag nicht statt. In der Begründung wird zusammengefasst ausgeführt, dass aufgrund des eingeholten Gutachtens und unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Beschwerdeführers festzustellen war, dass die zur Nostrifizierung beantragte Ausbildung nur in Teilbereichen mit dem Bachelorstudium Orthoptik der FH Campus Wien vergleichbar sei. Eine Gegenüberstellung der Ausbildungen ergebe weniger als 75 % Übereinstimmung.

3. Am 21.11.2019 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig die gegenständliche Beschwerde. In der Begründung zweifelte der Beschwerdeführer die Befähigung der Gutachterin an und monierte die mangelnde Nachvollziehbarkeit des Gutachtens. Sein Studium sei grundsätzlich gleichwertig, da nur 30% der ECTS fehlten. Die Behörde hätte daher sein Studium grundsätzlich anerkennen müssen und ihm gegebenenfalls Ergänzungsprüfungen vorzuschreiben gehabt. Darüber hinaus habe die Behörde, die für ihn anwendbare Bestimmung des § 8 AuBG nicht berücksichtigt.

4. Am 12.12.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am 21.06.2989 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Irak.

Der Beschwerdeführer ist asylberechtigt; es wurde ihm ein Konventionsreisepass mit der Nummer XXXX ausgestellt.

Dem Beschwerdeführer wurde am Dijlah University College nach einem vierjährigen Studium am 01.08.2014 der akademische Grad des Bachelor of Optical Techniques verliehen.

Dieses Studium ist nur in Teilbereichen mit dem Bachelorstudium Orthoptik der FH Campus Wien vergleichbar. Die Gegenüberstellung der Ausbildungen ergibt weniger als 75 % Übereinstimmung.

Hinsichtlich der theoretischen Ausbildung fehlen in Bezug auf die Kernbereiche Binokularstörungen, strabologische und neuroophthalmologische Krankheitsbilder, Orthoptik und Pleoptik, orthoptische Methodik, orthoptische Rehabilitation bei zentralen Sehstörungen, Neurorehabilitation und berufliches Management, etc. Ausbildungsinhalte von 54 ECTS (44,5 SWS). Dies entspricht einem Anteil von 30 % der gesamten ECTS und einem Anteil von 42 % der gesamten SWS. Darüber hinaus fehlen wesentliche Inhalte anderer Bereiche.

Folgende Lehrveranstaltungen, in denen detaillierte und spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die zur Erlangung der beruflichen Handlungskompetenz als Orthoptist/Orthoptistin unabdingbar sind, fehlen bei der zur Anerkennung beantragten Ausbildung:

* Physiologisches und pathologisches Binocularsehen, 3 ECTS, 2,5 SWS

* Praktische Übungen: orthoptische Methodik 1, 2 ECTS, 2 SWS

* Gerätekunde und orthoptische Methodik 2, 2 ECTS, 2 SWS

* Praktische Übungen: orthoptische Methodik 2, 1 ECTS, SWS

* Amblyopie und Pleoptik, 3 ECTS, 2 SWS

* Prävention, Gesundheitsförderung, Arbeitsmedizin/Bildschirmarbeit, 1 ECTS, 1 SWS

* Spezialbereiche Orthoptik, 3 ECTS, 2,5 SWS

* Konkomitantes Schielen, 5 ECTS, 4 SWS

* Heterophorie, Asthenopie und orthoptische Schulung, 3 ECTS, 2 SWS

* Inkomitantes Schielen, 3 ECTS, 2,5 SWS

* Praktische Übungen inkomitantes Schielen, 2 ECTS, 1,5 SWS

* Neuroophthalmologie, 3 ECTS, 2 SWS

* Neuroorthoptik ,2 ECTS, 2 SWS

* Praktische Übungen: Neuroorthoptik, 1 ECTS, 1 SWS

* Neurorehabilitation, 1 ECTS, 1 SWS

* Orthoptische Rehabilitation bei zentralen Sehstörungen, 1 ECTS, 1 SWS

* Sehbehinderung und Förderung im Kindesalter, 1 ECTS, 1 SWS

* Low Vision Rehabilitation und vergrößernde Sehhilfen, 2 ECTS 2 SWS

* Visuelle Wahrnehmungsstörungen, 1 ECTS, 1 SWS

* Orthoptische Fallanalysen 1, 1 ECTS, 1 SWS

* Orthoptische Fallanalysen 2, 3ECTS, 1,5 SWS

* Orthoptische Fallanalysen 3, 4 ECTS, 2 SWS

* Interdisziplinäre Zusammenarbeit, 1 ECTS, 1 SWS

* Qualitätsmanagement, 1ECTS ,1 SWS

* Grundzüge des Gesundheitswesens und der Gesundheitsökonomie, 1 ECTS, 1 SWS

* Rechtsgrundlagen für Gesundheitsberufe, 1 ECTS, 1 SWS

* Freiberufliche und betriebswirtschaftliche Grundlagen, 2 ECTS, 2 SWS

Summe 54 ECTS, 44,5 SWS

Des Weiteren fehlen Ausbildungsinhalte anderer Bereiche wie allgemeine Anatomie (2 ECTS/2 SWS) allgemeine Pathologie (3 ECTS/2 SWS), Neurologie (3 ECTS/2 SWS), Kinderheilkunde (1 ECTS, 1 SWS), Kinderpsychologie (1 ECTS, 1 SWS), Kommunikation (2 ECTS/ 2 SWS), Pädagogik (1 ECTS, 1 SWS) etc.

Der Bachelorstudiengang Orthoptik umfasst insgesamt 180 ECTS, davon fallen auf die praktische Ausbildung 45 ECTS/1125 Stunden (entspricht 62,5 SWS). Diese ist darauf ausgerichtet, dass Absolventen und Absolventinnen fachlich methodischen Kompetenzen (gem. FH-MTD-AV 2006 idgF, Anlage 7) zur eigenverantwortlichen Durchführung des orthoptischen Prozesses gemäß dem Berufsbild (gem. 82 Abs. 7 MTD-Gesetz) erwerben.

Im vom Beschwerdeführer vorgelegten Transcript of Records, sind Praktika im Rahmen von 8 Units vermerkt. Über wie viele Wochen, mit welchen Schwerpunkten und wo die Praktika stattfanden, ist darin nicht ausgewiesen. Klinische Lehrveranstaltungen oder Praktika sind ebenso nicht angeführt. Der theoretische Hintergrund zum Erwerb der fachlich methodischen Kompetenzen zur eigenverantwortlichen Durchführung des orthoptischen Prozesses und zum Erreichen der beruflichen Handlungskompetenz als Orthoptist fehlt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden. Daneben wurde Einschau in die auf der Homepage der FH Campus Wien veröffentlichten Curricula genommen (https://www.fh-campuswien.ac.at/studium-weiterbildung/studien-und-lehrgangsangebot/detail/orthoptik-bachelor.html?tx_asfhcw_course%5Bcontroller%5D=Course&cHash=2d99a7338a49c414bbc8130d5da3b96b [Stand 06.04.2020]).

Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Feststellungen insbesondere auf das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten vom 30.01.2019, von XXXX , deren fachliche Eignung sich aus ihrer Ausbildung als Orthoptistin und ihrer Funktion als Studiengangsleiterin Orthoptik an der FH Campus Wien ergibt. Der Beschwerdeführer ist diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und erweist sich dieses Gutachten, welches in Befund und Gutachten untergliedert ist, entgegen den von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Bedenken, als nachvollziehbar und schlüssig.

Für den vom Beschwerdeführer unsubstantiiert behaupteten fachlichen Mangel bei der Gutachterin ergaben sich seitens des Bundesverwaltungsgerichts weder Anhaltspunkte, noch wurden solche vom Beschwerdeführer weiter konkretisiert. Zur Befangenheit von Amtssachverständigen im Allgemeinen wird auf die rechtlichen Ausführungen weiter unten verwiesen.

Zu den vom Beschwerdeführer ergänzend vorgebrachten Dokumente nahm die Gutachterin am 06.09.2019 Stellung.

Zusätzlich führte die Gutachterin ein persönliches Gespräch mit dem Beschwerdeführer. Dabei konnte von der Gutachterin ein Mangel an Kompetenzen in Bezug auf Literaturrecherche, kritisches Lesen und Bewerten von wissenschaftlichen Texten, Auswahl und Anwenden von relevanten Forschungsmethoden, Aufbereitung der erhobenen Daten zur Wartung der Fragestellung sowie der Nutzbarmachung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Phänomenen beruflichen und wirtschaftlichen Weiterentwicklung seitens des Beschwerdeführers festgestellt werden. Im persönlichen Gespräch konnte der Beschwerdeführer nur einige wenige Grundlagen im Bereich der Orthoptik und Strabologie nachweisen. Seine Kenntnisse beziehen sich fast ausschließlich auf Untersuchungsmethoden, nicht auf Diagnostik oder therapeutische Maßnahmen, außer der Okklusionstherapie bei Amblyopie und der Anpassung von Prismen bei Exo-und Esophorien. Ebenso fehlen wichtige Ausbildungsinhalte im Bereich der medizinischen Grundlagen. In den weiteren beruflichen Kernbereichen der Orthoptik in Bezug auf Pleoptik, Binokularstörungen, Amblyopie, Asthenopie, strabologische und neuroopthalmologische Krankheitsbilder, Neuroorthoptik, orthopädischen Methodik, visuelle Wahrnehmung, orthoptische Rehabilitation bei zentralen Sehstörungen, Prävention und Gesundheitsförderung, Neurorehabilitation, Sehbehinderung und Förderung Kindesalter, Low Vision Rehabilitation und berufliches Management konnten in diesem Gespräch keinerlei Kompetenzen festgestellt werden.

Die Gutachterin hat bei ihrer Befunderhebung alle vorgelegten Dokumente des Beschwerdeführers berücksichtigt und in jenen Bereichen, in denen aufgrund der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers keine bzw. keine geeigneten Urkunden vorlagen, diese durch die tatsächlichen Kenntnisse des Beschwerdeführers kompensiert.

In fachlicher Hinsicht war den Ausführungen der Gutachterin daher zu folgen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 6 Abs. 6 Fachhochschul-Studiengesetz (FHStG), BGBl. Nr. 340/1993, idgF, entscheidet über einen Antrag auf Nostrifizierung eines an einer ausländischen Fachhochschule erworbenen Grades das Kollegium der Einrichtung, an die der Antrag gestellt wird und die den entsprechenden Studiengang durchführt. Das Kollegium hat zu prüfen, ob das ausländische Studium der Antragstellerin oder des Antragstellers hinsichtlich der Anforderungen, des Gesamtumfanges sowie der Studieninhalte so aufgebaut ist, dass es mit dem im Antrag genannten inländischen Fachhochschul-Studiengang als gleichwertig anzusehen ist. Sofern die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, haben die antragstellenden Personen das Recht, diese vom Kollegium bekanntgegebenen Lehrveranstaltungen und Prüfungen als außerordentliche Studierende zu absolvieren.

Gemäß § 6 Abs. 7 FHStG setzt die Antragstellung auf Nostrifizierung eines an einer ausländischen Fachhochschule erworbenen akademischen Grades den Nachweis voraus, dass die Nostrifizierung zwingend für die Berufsausübung oder für die Fortsetzung der Ausbildung der Antragstellerin oder des Antragstellers in Österreich erforderlich ist. Es ist unzulässig, denselben Nostrifizierungsantrag gleichzeitig oder nach der Zurückziehung bei anderen Kollegien einzubringen.

Gemäß § 8 Anerkennungs- und Bewertungsgesetz (AuBG), BGBl. I Nr. 55/2016, idgF, gelten im Anwendungsbereich von Bundesgesetzen, die eine Anerkennung oder Bewertung von ausländischen Bildungsabschlüssen oder Berufsqualifikationen regeln, sowie im Anwendungsbereich von § 19 GewO 1991, für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte folgende besondere Verfahrensbestimmungen, sofern in den Materiengesetzen keine spezielleren und für die Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten im Vergleich zu diesen Bestimmungen nicht nachteiligen Regelungen für diese Verfahren vorgesehen sind: Sind Asylberechtige und subsidiär Schutzberechtigte aus von ihnen aufgrund ihrer Fluchtsituation nicht zu vertretenden Gründen nicht in der Lage, die für die Anerkennung und Bewertung ihrer ausländischen Bildungsabschlüsse oder Berufsqualifikationen sowie für das Verfahren zur Berufsberechtigung erforderlichen Unterlagen vorzulegen, sind ihre Qualifikationen durch die zuständigen Behörden in geeigneter Weise zu ermitteln und in Form des entsprechenden Abschlusses für das jeweilige Verfahren zu erledigen. Geeignet erscheinende Verfahren können etwa praktische oder theoretische Prüfungen, Stichprobentests, Arbeitsproben sowie Gutachten von Sachverständigen sein. Die Auswahl des Verfahrens, unter Beachtung allfälliger Vorgaben des jeweiligen Materiengesetzes, liegt im Ermessen der zuständigen Behörde.

3.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hielt zur Beurteilung der Gleichwertigkeit von Universitätsstudien zu § 64 Abs. 5 UG a.F. bereits fest, dass der Abschluss eines Bachelorstudiums oder Fachhochschul-Bachelorstudienganges nicht zu jedem, sondern nur zu einem facheinschlägigen Masterstudium berechtigt. Es ist daher aus der Sicht des beantragten Masterstudiums zu beurteilen, ob ein Bachelorstudium oder ein Fachhochschul-Bachelorstudiengang als i. S.d. § 64 Abs. 5 UG a.F. fachlich in Frage kommend zu qualifizieren ist, d.h. ob dabei in qualitativer wie quantitativer Hinsicht die fachlichen Grundlagen für das beantragte Masterstudium vermittelt werden. Nichts Anderes gilt für die Frage, ob ein Studium vorliegt, das einem Studium, das für ein bestimmtes Masterstudium fachlich in Frage kommt, gleichwertig ist (siehe dazu VwGH 08.10.2014, 2012/10/0171 mit Verweis auf VwGH 15.12.2011, 2010/10/0148).

Wenn eine grundsätzliche Gleichwertigkeit des Vorstudiums gemäß § 64 Abs. 5 zweiter Satz UniversitätsG 2002 nicht gegeben ist, bleibt kein Raum für eine Zulassung zum Studium unter Auflagen von Prüfungen. Mangels der vorausgesetzten Gleichwertigkeit des Studiums besteht kein Ermessensspielraum der Behörde (siehe VwGH vom 08.10.2014, 2012/10/0171).

Bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit iSd § 64 Abs. 5 UniversitätsG 2002 kommt es nicht auf die ECTS-Gesamtpunkte bzw. - differenz an, sondern auf die Frage, ob in dem zu beurteilenden Studium die fachlichen Grundlagen für das beantragte Masterstudium in quantitativer wie qualitativer Hinsicht vermittelt werden (siehe VwGH vom 15.12.2011, 2010/10/0148).

Aufgrund der gleichlautenden Textierung und des ähnlichen Regelungsinhaltes (arg.: "Sofern die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen...") der hier anzuwendenden Bestimmungen lässt sich diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall übertragen.

3.2.3. Gegenständlich konnte durch das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten festgestellt werden, dass bei dem vom Beschwerdeführer absolvierten ausländischen Studium bereits die oben näher angeführten qualitativen Inhalte im Umfang von 54 ECTS fehlen. In Bezug auf die Gesamtzahl des zur Nostrifizierung des beantragten Bachelorstudiums Orthoptik von 180 ECTS fehlen somit 30% (=54/180*100) der Ausbildungsinhalte. Damit kann nicht mehr von einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit, bei der nur einzelnen Ergänzungen fehlen, gesprochen werden. Insofern konnte auch das ergänzende Vorbringen im Rahmen des Parteiengehörs keine Änderung der Beurteilung herbeiführen. Da bereits keine grundsätzliche Gleichwertigkeit vorliegt, waren von der belangten Behörde auch keine Ergänzungsprüfungen vorzuschreiben.

Aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass die Gutachterin mit dem Beschwerdeführer ein Fachgespräch geführt hat, um Kompetenzen und Qualifikationen abzuklären, die aufgrund seiner Fluchtsituation einem näheren Nachweis nicht zugänglich waren. Insofern geht auch das Vorbringen ins Leere, die Behörde hätte die Vorgaben des § 8 AuBG nicht berücksichtigt.

3.2.4. Zur behaupteten Befangenheit der Amtssachverständigen:

3.2.4.1. Gemäß § 7 Abs. 1 AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;

2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.

Den Parteien des Verfahrens kommt bezüglich der Amtssachverständigen ein formelles Ablehnungsrecht nicht zu, allerdings haben die Parteien die Möglichkeit, Umstände, die gegen den Amtssachverständigen sprechen, im Verfahren vorzutragen. Die Behörde bzw. das VwG hat ein diesbezügliches Vorbringen auf seine Berechtigung hin zu prüfen und die diesbezüglichen Erwägungen in der Entscheidungsbegründung darzulegen, sofern eine Befangenheit nicht von vornherein auszuschließen ist. Im Zusammenhang mit der Befangenheit von Amtssachverständigen ist darauf abzustellen, ob konkrete Umstände zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist (siehe VwGH vom 27.04.2017, Ra 2015/07/0117).

Der bloße Umstand, dass der Amtssachverständige im Verwaltungsverfahren ein für die Partei ungünstiges Gutachten erstattet hat, vermag eine Befangenheit nicht zu begründen (vgl. VwGH vom 22.11.2017, Ra 2017/03/0014).

Amtssachverständige sind grundsätzlich gemäß Art. 20 Abs. 1 B-VG in dienstlicher Hinsicht weisungsgebunden. Allein darin kann aber kein Grund für eine Befangenheit oder den Anschein der Befangenheit gesehen werden. Sie sind bei der Erstattung ihrer Gutachten nämlich ausschließlich der Wahrheit verpflichtet und hinsichtlich des Inhaltes ihrer Gutachten an keine Weisungen gebunden, weil Gutachten den sie erstellenden Amtssachverständigen persönlich zurechenbar sind (siehe VwGH vom 28.03.2017, Ro 2016/09/0009).

3.2.4.2. Verfahrensgegenständlich hat der Beschwerdeführer, neben einer allgemein gehaltenen Unterstellung, die Gutachterin sei im Fachhochschulkollegium vertreten und sei nicht geeignet, weil sie nicht alle vorgelegten Ausbildungsinhalte aus dem Irak berücksichtigt habe und insbesondere auch nicht § 8 AuBG angewendet habe, nichts vorgebracht, was konkrete Umstände zutage treten ließe, die zumindest den Anschein erwecken können, dass eine Befangenheit vorläge. Da sich diese bloße Unterstellung gegenüber einer Hochschullehrerin, die schlüssig und nachvollziehbar den Standpunkt des Beschwerdeführers nicht teilt und kein wie immer geartetes feststellbares Verhalten in diese Richtung gesetzt hat, durch keinerlei konkrete Umstände erhärten lässt, geht das Bundesverwaltungsgericht gegenständlich mangels zutage treten weiterer Umstände davon aus, dass eine Befangenheit von vornherein auszuschließen ist. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle ebenfalls, dass es nicht Aufgabe der Gutachterin ist, die entsprechenden Normen anzuwenden, sondern ein Gutachten zu erstellen. Die rechtliche Würdigung dessen bleibt in der Folge der belangten Behörde.

3.2.5. Der Entscheidung der belangten Behörde ist daher nicht entgegenzutreten, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.

3.2.6. Gegenständlich konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.

3.3. Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen - unter 3.2. dargestellten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Amtssachverständiger Bachelorstudium Befangenheit Fachhochschulstudium Gleichwertigkeit Gleichwertigkeit der Ausbildung Gleichwertigkeit von Studienabschlüssen Nostrifizierung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W128.2226513.1.00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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