TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/4 W213 2230429-1

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Veröffentlicht am 04.05.2020
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Entscheidungsdatum

04.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §14
VwGVG §15
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
WG 2001 §26 Abs1 Z2

Spruch

W213 2230429-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Mag. Dr. Marc GOLLOWITSCH, 3380 Pöchlarn, Weigelspergergasse 2, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien, Ergänzungsabteilung, vom 10.01.2020, GZ. P1436355/7-MilKdoW/Kdo/ErgAbt/2019(7), und die dazu ergangene Beschwerdevorentscheidung vom 12.03.2020, GZ. P1436355/7-MilKdoW/Kdo/ErgAbt/2019(10), betreffend gänzliche Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.V.m. § 26 Abs. 1 Z. 2 WehrG als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung vom 12.03.2020, GZ. P1436355/7-MilKdoW/Kdo/ErgAbt/2019(10), bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

!.1.Mit Schreiben vom 16.12.2019 beantragte der Beschwerdeführer ihn bis 07.01.2021 von der Leistung des Grundwehrdienstes zu befreien, wobei im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer seit 18.02.2019 selbstständiger Handelsagent mit folgenden Kunden:

* XXXX ,

* XXXX

* XXXX

* XXXX

* XXXX

* XXXX .

Er habe einen vollen Terminkalender und seine Kunden würden ihn täglich brauchen. Er wohne allein und habe Fixkosten i.H.v. ? 755,31 zu tragen. Eine Abwesenheit von sechs Monaten würde ein existenzbedrohendes Szenario darstellen. Er würde seinen Kundenstamm verlieren, seine Fixkosten nicht ertragen können und danach ohne finanzielle Mittel da stehen. Er wolle die Unteroffizierslaufbahn absolvieren und sich nach Möglichkeit als Hubschrauberpilot für vier Jahre verpflichten. Derzeit versuche er Mitarbeiter zu rekrutieren, um während seiner Abwesenheit die Kunden weiterhin betreuen zu können.

I.2. Die belangte Behörde gewährte im Zuge des Ermittlungsverfahrens dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20.12.2019 unter Hinweis auf den Einberufungsbefehl für den 07.01.2020 Parteiengehör. Der Beschwerdeführer teilte mit Schreiben vom 23.12.2019 mit, dass das Ergebnis der Beweisaufnahme der Wahrheit entspreche und nur dahingehend zu ergänzen sei, dass die XXXX und die XXXX seine Hauptauftraggeber seien. Neben Kundenverlust und möglicher Zerstörung seines Unternehmens werde seine Existenzgrundlage selbst angegriffen, da er seine Fixkosten von rund ? 800,00 monatlich nicht mehr tragen könne. Das wäre schon während des Grundwehrdienstes eine finanzielle Herausforderung zumal weder elterliche noch anderweitige finanzielle Unterstützung greifbar wäre.

I.3. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr angefochtenen Bescheid dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hatte:

"Ihr Antrag vom 16.12.2019 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes vom 07.01.2020 bis 06.07.2020 wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 26 Abs. 1 Ziffer 2 des Wehrgesetzes 2001 - WG 2001, BGBl. I Nr. 146, in der derzeit geltenden Fassung."

In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges unter Hinweis auf die einschlägige gesetzliche Bestimmung des § 26 WehrG im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten wirtschaftlichen Interessen im Hinblick auf die den Beschwerdeführer nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs treffende Harmonisierungspflicht eine befristete Befreiung des Beschwerdeführers von der Verpflichtung den Grundwehrdienst abzuleisten, nicht rechtfertigen würden.

I.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass sich die von der belangten Behörde angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs auf Fälle bezögen, in denen die gänzliche Befreiung vom Wehrdienst beantragt gewesen sei. In seinem Fall handle es sich jedoch lediglich um eine letztmalige Befreiung für die Dauer eines Jahres. Festgehalten werden, dass die Abänderung der Einberufung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde im Jahr 2019 vom 08.07.2019 auf den 02.09.2019 und danach auf den 07.01.2020 in keinem Zusammenhang seiner Schulausbildung stehen würden und daher aus besonders berücksichtigungswürdigen wirtschaftlichen Gründen gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz erfolgt seien. Folge man der Begründung der belangten Behörde hätten auch schon diese beiden Abänderungen des Einberufungstermins im Hinblick auf die von ihr ins Treffen geführte Harmonisierungspflicht nicht erfolgen dürfen, zumal der Sachverhalt identisch sei.

Es sei geplant in seinem Unternehmen im Lauf des Jahres 2020 eine derzeit als Teilzeitkraft eingesetzte Bedienstete im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung einzusetzen. Ab diesem Zeitpunkt wäre er für die Dauer des Grundwehrdienstes von seinem Unternehmen abkömmlich, ohne dass es für ihn den wirtschaftlichen und finanziellen Ruin bedeuten werde. Ferner sei er an einem langfristigen österreichweiten Projekt der XXXX beteiligt, bei dem er unabkömmlich wäre. Die von der belangten Behörde herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs wäre im gegenständlichen Fall nicht relevant, da es sich nur um eine einjährige Befristung handle. Der Beschwerdeführer sei für seine Auftraggeber unabkömmlich ( XXXX ), da dieses Projekt nur durch ihn weitergeführt werden könne. Ferner werde er innerhalb der beantragten Befreiungszeit seine bereits angestellte Teilzeitkraft soweit eingeschult haben, dass sie Vollzeit arbeiten werde und nach Ablauf der beantragten Befristung ein Grundwehrdienst durch den Beschwerdeführer problemlos zu absolvieren sei.

Es werde daher beantragt,

* dem Antrag vom 16.12.2019 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes bis 07.01.2021 stattzugeben;

in eventu

* den angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

I.5. Die belangte Behörde wies diese Beschwerde in weiterer Folge mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.03.2020 ab und führte begründend im Wesentlichen aus, dass es im Hinblick auf die den Beschwerdeführer betreffende Harmonisierungspflicht belanglos sei, ob es sich um einen befristeten oder unbefristeten Befreiungsantrag handle. Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweise, dass die Abänderung der Einberufung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde im Jahr 2019 vom 08.07.2019 auf den 02.09.2019 und danach auf den 07.01.2020 in keinem Zusammenhang seiner Schulausbildung stehen würden und daher aus besonders berücksichtigungswürdigen wirtschaftlichen Gründen gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz erfolgt seien, werde entgegengehalten, dass diese Verschiebungen auf Wunsch des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der sozialen Komponente gemäß § 24 Abs. 3 Z. 2 Wehrgesetz erfolgt seien und keinen Bescheidcharakter gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz gehabt hätten. Familiäre Interessen des Beschwerdeführers seien nicht geltend gemacht worden und auch im Verfahren nicht hervorgekommen.

I.6. Der Beschwerdeführer beantragte in weiterer Folge mit Schriftsatz vom 31.03.2020 fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der am XXXX geborene Beschwerdeführer ist seit dem Eintritt der Rechtskraft des Stellungsbeschlusses am 04.11.2016 tauglich. Er ist im Besitz eines Einberufungsbefehls für den 07.01.2020 und hat am 03.02.2020 verspätet den Grundwehrdienst angetreten.

Er ist nicht protokollierter Einzelunternehmer und Mitglied des Landesgremiums Handelsagenten und der Fachgruppe Finanzdienstleister der Wirtschaftskammer Wien. Der Beschwerdeführer übt als Einzelunternehmer im Rahmen eines von ihm am 18.02.2018 gegründeten und in seinem alleinigen Eigentum stehenden Unternehmens das Gewerbe eines Handelsagenten aus.

Hauptauftraggeber ist die Firma " XXXX ". Ein Anstellungsverhältnis des Beschwerdeführers zu dieser Firma bestehtt nicht. Seit Juni 2019 besteht eine 100-prozentige Auslastung, wobei seit 01.01.2019 Frau XXXX geringfügig beschäftigt wird. Die Mitarbeiterin wird für die Rechnungserstellung, Lohnverrechnung, Buchhaltung und Kundenbetreuung eingesetzt. Eine spätere Vollzeitbeschäftigung dieser Mitarbeiterin ist nach Maßgabe der finanziellen Ressourcen des Unternehmens geplant. Der Beschwerdeführer kann gegenwärtig nicht vertreten werden, da ein vollvertretungsfähiger Mitarbeiter nicht tragbar ist. Durch die wehrdienstbedingte Abwesenheit des Beschwerdeführers wären hohe Umsatzeinbußen und Kundenverluste zu erwarten.

Das Unternehmen des Beschwerdeführers sei schuldenfrei, wobei ? 1500,00 bis ? 2000,00 an Sozialversicherungsabgaben und ? 1000,00 an Steuern zu tragen seien.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellung konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage getroffen werden. Dabei ist hervorzuheben, dass die Feststellungen über Art und Umfang des Unternehmens des Beschwerdeführers im Wesentlichen auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers beruhen und von diesem nicht bestritten werden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher im Hinblick auf den unstrittigen Sachverhalt gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit - mangels derartiger gesetzlicher Bestimmungen - Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

§ 26 WehrG lautet:

"Befreiung und Aufschub

§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und

2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Als sonstige öffentliche Interessen gelten insbesondere gesamtwirtschaftliche oder familienpolitische Interessen sowie die Tätigkeiten von Fachkräften der Entwicklungshilfe nach § 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Als familiäre Interessen gelten auch solche aus einer eingetragenen Partnerschaft. Eine Befreiung ist auch zulässig, wenn eine Voraussetzung nach Z 1 oder 2 während eines Präsenzdienstes eintritt. Befreiungen nach Z 1 hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu verfügen.

(2) Anträge auf Befreiung nach Abs. 1 Z 2 dürfen beim Militärkommando eingebracht werden und darüber hinaus

1. hinsichtlich des Grundwehrdienstes auch im Stellungsverfahren bei der Stellungskommission und

2. während einer Präsenzdienstleistung auch bei jener militärischen Dienststelle, der der Wehrpflichtige zur Dienstleistung zugeteilt ist.

Bescheide nach Abs. 1 Z 1 sind, sofern es sich um eine Befreiung wegen einer beruflichen Tätigkeit handelt, dem Auftraggeber für diese berufliche Tätigkeit, insbesondere dem Arbeitgeber des Wehrpflichtigen, zur Kenntnis zu bringen.

(3) Tauglichen Wehrpflichtigen ist, sofern militärische Interessen nicht entgegenstehen, der Antritt des Grundwehrdienstes aufzuschieben, wenn

1. sie nicht zu einem innerhalb eines Jahres nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst gelegenen Termin zu diesem Präsenzdienst einberufen wurden und sie durch eine Unterbrechung einer bereits begonnen Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung einen bedeutenden Nachteil erleiden würden oder

2. sie vor der rechtswirksam verfügten Einberufung zum Grundwehrdienst eine weiterführende Ausbildung begonnen haben und eine Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

Ein Aufschub ist auf Antrag der Wehrpflichtigen zu verfügen. Der Aufschub darf bis zum Abschluss der jeweiligen Berufsvorbereitung gewährt werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September jenes Kalenderjahres, in dem diese Wehrpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.

(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam."

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist der Wehrpflichtige gehalten, seine wirtschaftlichen Belange so zu gestalten, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung eines Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Wenn der Wehrpflichtige es unterlässt seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne des § 26 Abs. 1. Z. 2 WehrG angesehen werden. Die Auffassung, wirtschaftliche Interessen des Wehrpflichtigen seien immer dann besonders rücksichtswürdig, wenn durch die Leistung des Präsenzdienstes die wirtschaftlichen Interessen so schwer getroffen würden, dass mit dem Verlust der wirtschaftlichen Existenz gerechnet werden müsse, ist nicht zielführend, weil dabei außer Acht gelassen wird, dass der Wehrpflichtige derart durch entsprechende Dispositionen die Erfüllung seiner Präsenzdienstpflicht vereiteln könnte. Die wirtschaftlichen Interessen können somit auch dann nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der Bestimmungen des WehrG 2001 anerkannt werden, wenn auf Grund der Verletzung der Verpflichtung, die Dispositionen in wirtschaftlicher Hinsicht so zu treffen, dass für den Fall der Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden werden, durch die Leistung des Präsenzdienstes eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz eintreten könnte. In einem solchen Fall hätte der Wehrpflichtige die Gefährdung seiner Existenz nämlich selbst herbeigeführt (VwGH, 18.11.2008, GZ. 2008/11/0096 mwN).

Zur Wahrung seiner wirtschaftlichen Interessen ist ein Wehrpflichtiger gehalten, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Ist ihm bekannt, dass er seiner Präsenzdienstpflicht werde nachkommen müssen, so trifft ihn die Obliegenheit, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu gestalten, dass er in der Lage ist, seiner Präsenzdienstpflicht nachzukommen. Unterlässt er die derart gebotene Harmonisierung seiner wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne der Bestimmungen des WehrG 2001 angesehen werden VwGH, 10.06.2015, GZ. 2013/11/0166)

.

Die Harmonisierungspflicht schließt mit ein, rechtzeitig für eine erforderliche Vertretung des Wehrpflichtigen durch Dritte vorzusorgen (VwGH, 29.09.2005 GZ. 2003/11/0026).

Die Obliegenheit zur Harmonisierung der (beruflichen) Dispositionen mit der Wehrpflicht beinhaltet auch, rechtzeitig und vorausschauend - somit durch geeignete wirtschaftliche Dispositionen - für die Möglichkeit einer Vertretung des Wehrpflichtigen während der Dauer des Grundwehrdienstes zu sorgen (VwGH, 23.09.2014, GZ. Ro 2014/11/0081 mwN).

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers verneint hat, da dieser die ihn spätestens seit der Feststellung seiner Tauglichkeit (04.11.2016) treffende Harmonisierungspflicht außer Acht gelassen hat.

Soweit der Beschwerdeführer gesamtwirtschaftliche Interessen im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 Wehrgesetz ins Treffen führt, ist festzuhalten, dass solche angesichts des geringen Umfangs der wirtschaftlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers - sein Unternehmen besteht nur aus seiner Person und einer geringfügig beschäftigten Teilzeitkraft - nicht ersichtlich sind.

Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i.V.m. § 26 Abs. 1 Z. 2 WehrG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wie oben unter eingehender Auseinandersetzung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs dargestellt wurde, ist die hier zu lösende Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eindeutig gelöst.

Schlagworte

Befreiung Grundwehrdienst Befreiungsantrag Befreiungsverfahren Beschwerdevorentscheidung besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen Grundwehrdienst Harmonisierungspflicht selbstständig Erwerbstätiger Selbstständiger Selbstständigkeit Vorlageantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2230429.1.00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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