Entscheidungsdatum
06.05.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W211 2230293-1/3E
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Barbara SIMMA LL.M. als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Margareta MAYER-HAINZ und den fachkundigen Laienrichter Dr. Ulrich E. ZELLENBERG als Beisitzerin und Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Vorstellungsbescheid der Datenschutzbehörde vom XXXX betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht:
A)
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheids - betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX 2020 - wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin betreibt eine Website.
Die Datenschutzbehörde (DSB) leitete ein amtswegiges Prüfverfahren ein und untersagte der Beschwerdeführerin mit Mandatsbescheid vom XXXX .2019 a) die Offenlegung der Beschlüsse bzw. der Exekutionsbewilligung zum Artikel " XXXX abrufbar auf XXXX b) die Offenlegung der Liste " XXXX ", abrufbar unter derselben Webadresse, c) die Offenlegung der Listen betreffend illegale Glückspielgeräte in den Bundesländern, abrufbar unter acht links auf XXXX und d) die Offenlegung des "Jahresberichts 2018" sowie der "Anzeigen 2011-2016 Dokumentation", soweit darin ebenfalls personenbezogene Daten verarbeitet wurden. Die DSB führte begründend aus, dass auf der genannten Website personenbezogene Daten von Betroffenen im Zusammenhang mit Exekutionsverfahren bzw. Exekutionsbewilligungen veröffentlicht worden seien. Darüber hinaus würden Listen zu illegalen Glückspielgeräten in Geschäftslokalen unter Nennung des Namens des Geschäftslokals bzw. der Adresse veröffentlicht. Durch die Veröffentlichungen und Nennungen liege zweifelsohne ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 DSG vor. Eine Rechtsgrundlage sei dafür nicht ersichtlich.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Vorstellung.
Am XXXX .2020 erließ die DSB den gegenständlich angefochtenen Vorstellungsbescheid, mit dem der Mandatsbescheid bestätigt (Spruchpunkt 1.) und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen wurde (Spruchpunkt 2.). Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde damit begründet, dass die vorliegende Offenlegung auf der Website der Beschwerdeführerin zum Zweck des "an den Pranger Stellens" ohne tragende Rechtsgrundlage erfolge und schwerwiegend in das Grundrecht der Betroffenen auf Geheimhaltung eingreife. Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 VwGVG seien damit gegeben.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Vorstellungsbescheid rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte darin in der Sache zusammengefasst aus, dass der Bescheid in das Recht auf freie Meinungsäußerungsfreiheit eingreife und daher inhaltlich rechtswidrig sei. Aufgrund der weiterhin bestehenden und drohenden gravierenden und unwiederbringlichen Verletzungen der Grundrechte der Beschwerdeführerin sei daher richtigerweise der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Bei richtiger rechtlicher Auslegung lägen keine Gründe für einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung vor. Die Beschwerdeführerin befolge journalistische Zwecke; die Datenschutzbehörde sei daher gemäß § 9 DSG gegenständlich unzuständig. Die herausragende Arbeit der Beschwerdeführerin gegen das illegale Glückspiel in Österreich ergäbe zahlreiche rechtfertigende Gründe für die Zulässigkeit der gegenständlichen Offenlegungen, wie Schutz von Spieler_innen und die Vermeidung eines volkswirtschaftlichen Schadens durch illegales Glückspiel. Eine durchzuführende Interessensabwägung hätte ergeben müssen, dass die Offenlegungen zulässig seien; eine dauerhafte Untersagung der Offenlegung hätte die Folge, dass durch die fehlende Warnfunktion die Zahl der pathologischen Spieler_innen massiv ansteigen und sich das illegale Glückspiel in Österreich ungehindert entwickeln könnte. Weiter hätte die DSB Verfahrensvorschriften verletzt. Schließlich wurde unter anderen der Antrag gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge der gegenständlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Mandatsbescheid vom XXXX .2019 untersagte die DSB der Beschwerdeführerin a) die Offenlegung der Beschlüsse bzw. der Exekutionsbewilligung zum Artikel " XXXX " abrufbar auf XXXX b) die Offenlegung der Liste " XXXX ", abrufbar unter derselben Webadresse, c) die Offenlegung der Listen betreffend illegale Glückspielgeräte in den Bundesländern, abrufbar unter acht links auf XXXX und d) die Offenlegung des "Jahresberichts 2018" sowie der "Anzeigen 2011-2016 Dokumentation", soweit darin ebenfalls personenbezogene Daten verarbeitet wurden. Die DSB führte begründend aus, dass auf der genannten Website personenbezogene Daten von Betroffenen im Zusammenhang mit Exekutionsverfahren bzw. Exekutionsbewilligungen veröffentlicht wurden. Darüber hinaus wurden Listen zu illegalen Glückspielgeräten in Geschäftslokalen unter Nennung des Namens des Geschäftslokals bzw. der Adresse veröffentlicht. Durch die Veröffentlichungen und Nennungen lag zweifelsohne ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz nach § 1 DSG vor. Eine Rechtsgrundlage war dafür nicht ersichtlich.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Vorstellung. Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die DSB den Mandatsbescheid (Spruchpunkt 1.) und schloss die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid aus (Spruchpunkt 2.).
Festgestellt wird, dass die Inhalte, deren Veröffentlichung auf der Website XXXX durch den Mandatsbescheid untersagt wurden, zum Zeitpunkt des Datums des Teilerkenntnisses online nicht auf der Website verfügbar sind.
Festgestellt wird schließlich, dass die allfälligen Folgen einer Verletzung der Rechte der Betroffenen auf Geheimhaltung schwerwiegend und wesentlich sein können.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahren beruhen auf den Inhalten des Verwaltungsaktes und sind nicht weiter strittig. Die Feststellung dazu, dass die inkriminierten Inhalte auf der Website XXXX zur Zeit nicht verfügbar sind, beruht auf einer Einschau in diese Website am XXXX .2020. Die Feststellung, dass die Folgen der Veröffentlichung von Namen, Adressen, Geschäftslokalen für die davon betroffenen Personen schwerwiegend sein können, ergibt sich aus genau dem Kontext dieser Veröffentlichungen, den damit einhergehenden Vorwürfen sowie der Qualität der Information, die eine Identifizierbarkeit der Betroffenen einwandfrei und leicht ermöglicht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-BG aufschiebende Wirkung. Die Behörde kann diese aufschiebende Wirkung gemäß Abs. 2 leg.cit. ausschließen, wenn nach der Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
Der Entscheidung über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung hat somit eine Interessensabwägung vorauszugehen, die die öffentlichen Interessen und solche anderer Parteien jenen der Rechtsschutzsuchenden gegenüberstellt (vgl. mit dort vielen weiteren Nachweisen Goldstein/Neudorfer in Raschauer/Wessely, VwGVG, § 13).
3.2. Voranzustellen ist, dass die belangte Behörde im angefochtenen Vorstellungsbescheid Überlegungen zur Interessensabwägung der "anderen Parteien" angestellt hat, denen auch vom erkennenden Senat gefolgt wird: Unter Berücksichtigung der Qualität der Daten und des Kontextes, in dem diese personenbezogenen Daten, wie Namen, Adressen und Geschäftslokale, veröffentlicht wurden, stellt diese Offenlegung einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht der Betroffenen auf Geheimhaltung dar, der gravierende Folgen für diese Personen nach sich ziehen kann.
Hingegen konkretisiert die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde nicht (vgl. zum Erfordernis der Konkretisierung von Umständen, die das Interesse der beschwerdeführenden Partei an der aufschiebenden Wirkung untermauern, VwGH, 11.04.2018, Ro 2017/08/0033), welche konkreten und aktuell zu berücksichtigenden Interessen ihrerseits durch eine Abstandnahme von einer Veröffentlichung während des Beschwerdeverfahrens verletzt würden und daher zu berücksichtigen wären.
Die in der Beschwerde vorgenommenen allgemeinen Ausführungen zur Zielsetzung der Website im Kampf gegen das illegale Glückspiel reichen nicht aus, um nachvollziehbar darzulegen, welchen relevanten und nicht anders herbeiführbaren Anteil die Veröffentlichung der inkriminierten Informationen für die Zeit des Beschwerdeverfahrens an der Erreichung dieses Ziels haben sollen. Gegen ein entsprechendes Interesse spricht im Übrigen auch, dass die inkriminierten Informationen bereits nicht mehr auf der Website verfügbar sind.
Insoweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde darauf hinweist, dass die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sei, weil der Vorstellungsbescheid rechtswidrig sei, zeigt sie Gründe, die für eine aktuelle Veröffentlichung der Daten während des Beschwerdeverfahrens zu berücksichtigen sein sollen, nicht auf.
Damit überwiegen aber im gegenständlichen Fall die Interessen der von der Veröffentlichung betroffenen Personen die Interessen der Beschwerdeführerin am Recht auf Offenlegung der inkriminierten Informationen während des Beschwerdeverfahrens, weshalb der Beschwerde gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheids nicht stattzugeben war.
3.3. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass mit diesen Teilerkenntnis eine Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen wird.
4. Entfall der mündlichen Verhandlung: Eine mündliche Verhandlung ist entfallen, da das Bundesverwaltungsgericht nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde "ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden", was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Es fehlt auch nicht an einer Rechtsprechung (siehe oben unter 3.), und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Datenschutzbehörde Geheimhaltung Geheimhaltungsinteresse Mandatsbescheid Teilerkenntnis Untersagung Veröffentlichung VorstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W211.2230293.1.00Im RIS seit
24.09.2020Zuletzt aktualisiert am
24.09.2020