TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/20 W108 2178169-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.2020
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Entscheidungsdatum

20.05.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W108 2178167-1/15E

W108 2178165-1/13E

W108 2178169-1/14E

W108 2178173-1/13E

W108 2216781-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , 4. XXXX , geb. XXXX , 5. XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch: 3.,4. und 5. durch 1. und 2., alle vertreten durch die Rechtsanwältin Mag. Nadja LORENZ, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1. Zl. 1096424600/161461421, 2. Zl. 1096424709/161461324, 3. Zl. 1096424404/161461464, 4. Zl. 1107017101/161461448 jeweils vom 10.10.2017 sowie 5. Zl. 1217941210-190078435/BMI-BFA_Wien_AST_01 vom 20.02.2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG (iVm § 34 Abs. 2 AsylG und § 34 Abs. 4 AsylG) der Status von Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang, Sachverhalt und Vorbringen:

1. Verfahrensgegenständlich sind die Anträge auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: auch Antrag bzw. Asylantrag und AsylG) des Erstbeschwerdeführers und seiner Ehefrau (Zweitbeschwerdeführerin) sowie ihrer (mit ihnen gemeinsam nach Österreich gereisten) minderjährigen ledigen Söhne (Dritt- und Viertbeschwerdeführer) vom 25.10.2016 sowie ihrer (in Österreich geborenen) minderjährigen ledigen Tochter (Fünftbeschwerdeführerin) vom 23.01.2019.

Bei der Erstbefragung gaben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin an, sie seien iranische Staatsangehörige und evangelische Christen. Sie hätten den Iran am XXXX 2016 legal mit einem Flugzeug verlassen. Die Eltern und fünf Geschwister des Erstbeschwerdeführers sowie die Eltern und sieben Geschwister der Zweitbeschwerdeführerin seien alle im Iran aufhältig. Sie hätten ihr Land verlassen müssen, weil sie den Glauben wechseln und zum Christentum hätten konvertieren wollen. Sie hätten sich immer verstecken müssen und Angst um ihr Leben gehabt. Da die Konversion im Iran mit der Todesstrafe bedroht werde, hätten sie sich entschlossen, nach Österreich zu fliehen. Hier in Österreich seien sie dann zum Christentum übergetreten, weshalb eine Rückkehr in ihre Heimat nicht mehr möglich sei. Bei einer Rückkehr hätten sie Angst um ihr eigenes Leben und das ihrer Familie.

Am 14.09.2017 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi niederschriftlich einvernommen.

Sie legten im Zuge ihrer Einvernahme u.a. ihre Reisepässe, Führungszeugnisse, Heiratsurkunde und Personalausweise, ein Zeugnis über die Ausbildung des Erstbeschwerdeführers als Friseur für Männer und der Zweitbeschwerdeführerin für den Beruf "Frisieren und Schminken für Frauen", Bestätigungen ihrer Teilnahme an Deutschkursen sowie an (integrativen) Veranstaltungen, Projekten und Workshops beim Verein " XXXX ", bei " XXXX ", und " XXXX ", Taufbestätigungen der evangelikalen Freikirche XXXX (wonach der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin am 16.04.2017 aufgrund ihres christlichen Zeugnisses getauft wurden), Bestätigungen des evangelischen Pfarramtes A.B. XXXX , XXXX , vom 03.09.2017, ausgestellt von der Pfarrerin XXXX (wonach der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin in der genannten Pfarrgemeinde seit einigen Monaten einen Taufkurs und die Bibelrunde sowie regelmäßig mit der Familie den Sonntagsgottesdienst besuchen würden, sie guten Kontakt zu Gemeindemitgliedern hätten und beim Nachkirchenkaffee immer hilfreich mit dabei seien, sie sich aktiv für das Christentum interessieren würden und sie eine echte Bereicherung für die Gemeinschaft seien), Anwesenheitskarten in der Bibelrunde der genannten Pfarrgemeine in Deutsch und Farsi, unterzeichnet von der Pfarrerin XXXX .

Der Erstbeschwerdeführer sagte aus: Er gehöre der Volksgruppe der Tat an und er sei evangelischer Christ. Am Sonntag gehe er mit der Familie immer in die Kirche. Er helfe beim Projekt " XXXX " mit, als gelernter Friseur schneide er anderen Flüchtlingen die Haare, er habe sich auch zum Deutschkurs angemeldet. Den Islam bzw. wie dieser im Iran ausgelegt werde habe er nicht akzeptieren können, er habe gewusst, dass das für ihn Probleme verursache, im Iran gebe es diesbezüglich keine Meinungsfreiheit. Er habe vor allem seine Kinder nicht in so einer Umgebung aufwachsen sehen wollen, da die Gesellschaft im Iran eine Struktur und eine Meinung habe, die er nicht teilen und akzeptieren könne. Er wolle seine Religion selbst aussuchen. Zum christlichen Glauben sei er übergetreten, da man im Christentum Liebe und vor allem Meinungsfreiheit finde. Im Christentum lerne man, wie man in einer Gesellschaft lebe und seine Mitmenschen respektiere. Er sei aus seiner eigenen Überzeugung Christ geworden, die Religion sei ihm nicht aufgezwungen worden. Es sei nicht gut, wie die Religion im Iran ausgeübt werde, er habe Menschen kennengelernt, welche ihn mit Respekt behandelt hätten, dies seien Christen gewesen. Er sei Protestant und nicht Katholik, da die Katholiken sehr streng mit den Gesetzen seien, die man einhalten müsse, aus einem ähnlichen Grund habe er den Islam verlassen. Das Protestantische sei eine Glaubensrichtung, die die Religion hinterfrage und liberaler sei. Er glaube an Gott und Jesus, das Christentum habe ihm den richtigen Weg gezeigt, Gott sei mächtig und habe viele seiner Wünsche erfüllt, er spüre eine Verbindung zu ihm. Im Iran habe er in einer Gegend gelebt, wo auch viele Christen gelebt hätten, er habe damals zu deren Gott gebetet, dass seine Kinder und er in Europa leben können. Dies sei der größte Wunsch gewesen, den Gott ihm erfüllt habe. Seit er konvertiert sei, habe sich sein Leben positiv geändert, er sei ruhig geworden und nicht mehr so stur wie früher, nunmehr sei eine Harmonie in seiner Familie. Er glaube nicht, dass den iranischen Behörden seine Konversion bekannt sei, in seiner Familie wisse nur sein jüngerer Bruder von seiner Konversion, dieser sei verwundert gewesen und habe eine Zeitlang nicht mit ihm gesprochen, jetzt hätten sie aber wieder Kontakt. In Österreich gehe er jeden Sonntag in die Kirche, zweimal im Monat hätten sie am Freitag eine Bibelstunde. Wenn er Zeit habe, bete er und lese er in der Bibel, zuletzt habe er die Geschichte gelesen, in der Jesus die Füße seiner Schüler gewaschen habe. Seine Lieblingsstelle in der Bibel sei eine im Johannesevangelium, wo Jesus Fischer sehe, die sich bei ihm beschweren, dass es keine Fische im Meer gebe.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab an: Sie sei evangelische Christin und gehöre der Volksgruppe der Azeri an. Am Sonntag würden sie immer von 10-11 Uhr in die Kirche gehen, alle zwei Wochen sei dort auch ein Dolmetscher, der die Lesungen und Gebete übersetze. Wenn die Kinder am nächsten Tag keine Schule hätten, würden sie auch die persische Kirche besuchen. Weiters besuche sie einen Deutschkurs und helfe beim Verein " XXXX " mit. Bis zu ihrem 15. oder 16. Lebensjahr habe sie alles akzeptiert, was ihre Familie zur Religion gesagt habe. Danach habe sie begonnen, die Sachen zu hinterfragen. Es habe viele Sachen gegeben, die sie so nicht akzeptieren habe wollen. Sie habe an ihren eigenen Gott geglaubt und nicht an den Gott ihrer Eltern. Ihr Ehemann habe die gleiche Einstellung wie sie. Sie selbst habe sich vor ihrer Familie zurückhalten können, ihr Ehemann jedoch nicht. Dies sei so weit gegangen, dass sie den Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen hätten. Ihre Familie sei streng religiös. Zu diesem Zeitpunkt sei sie noch nicht Christin gewesen, sie habe einfach an ihren Gott und nicht an den Islam geglaubt. Als ihre Kinder älter geworden seien, habe sie Angst gehabt, dass sie ein schlechtes Leben durch den Islam führen und an islamischen Veranstaltungen teilnehmen würden, die sie mit ihren Cousins hätten besuchen müssen. Dies sei der Grund gewesen, dass sie über eine Flucht aus dem Iran nachgedacht hätten. Sie hätten legal ausreisen wollen und sich deshalb das Visum besorgt. Ihr Ehemann habe über eine XXXX -Gruppe eine Frau kennengelernt, die ihnen angeboten habe, dass sie bei ihr in XXXX wohnen könnten. Zuerst hätten sie dies nicht gewollt, dann aber dennoch das Angebot angenommen. Sie habe erlebt, wie freundlich und hilfsbereit diese Frau gewesen sei, sie habe dann erfahren, dass die Frau Christin sei, durch deren Verhalten habe sie sie missioniert. Sie habe dadurch die Religion kennenlernen wollen und sei später konvertiert. Sie sei zum christlichen Glauben übergetreten, weil dies das gewesen sei, was ihr ihr Herz gesagt habe. Es sei der Gott, wo sie Liebe finde. Sie sei glücklich, dass sie es geschafft hätten, von diesem Regime wegzukommen und ein neues Leben zu finden. Im Iran hätten sie schon gehört, dass das Christentum die Religion der Liebe sei, hätten dies aber nicht verstanden. Der Islam sei immer als Religion der Bestrafung und dahingehend gelehrt worden, was passiere, wenn man eine Sünde begehe. Sie habe dann versucht, eine Bibel zu bekommen und nachzulesen, um sich mit dieser Religion etwas zu beschäftigen. Der Hauptgrund, warum sie konvertiert sei, sei die Liebe und Erlösung gewesen, die sie gefunden habe. Seit sie zum Christentum konvertiert sei, sei ihr Leben hervorragend. Die Beziehung zu ihrem Mann und ihren Kindern sei harmonischer, sie selbst sei innerlich ruhiger und ausgeglichener geworden. In ihrer Familie wisse nur ihre Schwester von ihrer Konversion, zu ihrer übrigen Familie habe sie schon im Iran keinen Kontakt mehr gehabt. Die iranischen Behörden wüssten nicht über ihre Konversion Bescheid, da sie im Iran noch keine Christin gewesen sei. In Österreich besuche sie regelmäßig die Kirche, zweimal im Monat hätten sie am Freitag eine Bibelstunde. Wenn sie alleine sei oder spazieren gehe, bete sie. In der Bibel hätte sie zuletzt das Thema der Predigt von letzter Woche gelesen, 1. Buch Samuel, Kapitel 20. Es sei um die Freundschaft zwischen David und Jonathan gegangen. Ihre Lieblingsstelle in der Bibel sei eine, wo Jesus über rein und unrein spreche. Dies stehe sowohl im Johannes- als auch im Matthäusevangelium. Sie achte beim Lesen der Bibel auf den Inhalt, und nicht darauf, welches Kapitel sie gerade lese. Die Freikirche für ihre Taufe hätten sie ausgewählt, weil sie in ihrer Nähe gewesen sei, sie hätten die unterschiedlichen Richtungen noch nicht gekannt, es sei auch eine evangelische Kirche gewesen. Die neue Kirche hätten sie ausgewählt, weil sie dort auch mit Österreichern in Kontakt kommen würden und somit auch ihr Deutsch verbessern könnten. Außerdem hätten sie die Zeremonien einer österreichischen Kirche kennenlernen wollen. Jetzt hätten sie die Kirche gefunden, der sie sich zugehörig fühlten und die mit ihrem Glauben übereinstimme.

Ihre Kinder, die dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien, hätten die gleichen Fluchtgründe wie sie.

2. Mit den nunmehr vor dem Bundesverwaltungsverwaltungsgericht bekämpften Bescheiden wies die belangte Behörde die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (jeweils Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wies sie die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran ab (jeweils Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG erteilte die belangte Behörde den beschwerdeführenden Parteien keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die beschwerdeführenden Parteien gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien in den Iran gemäß 46 FPG zulässig sei (jeweils Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde bestimmte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise (jeweils Spruchpunkt IV.).

Die belangte Behörde stellte neben allgemeinen herkunftsbezogenen Länderfeststellungen und der Identität der beschwerdeführenden Parteien fest, dass die erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien am XXXX 2016 legal im Besitz eines Visums (gültig von XXXX ) mit dem Flugzeug in das Bundesgebiet eingereist seien. In weiterer Folge hätte die Zweitbeschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel mit dem Zweck "Studierender", der Erst- sowie der Dritt- und Viertbeschwerdeführer hätten einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger Studierender" (gültig von 12.04.2016 bis 12.04.2017) erhalten. Am 25.10.2016 hätten die erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die Fünftbeschwerdeführerin sei am XXXX in Österreich geboren. Sie seien iranische Staatsangehörige, gesund und bisher im Bundesgebiet strafrechtlich nicht verurteilt worden. Nicht festgestellt wurde von der belangten Behörde, dass die beschwerdeführenden Parteien zum Christentum konvertiert seien und sie im Iran eine begründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung zu gegenwärtigen hätten.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, offensichtlich sei der Zweck der Einreise nach Österreich die Aufnahme eines Studiums durch die Zweitbeschwerdeführerin gewesen, weswegen schon allein aus diesem Grund eine Verfolgung der beschwerdeführenden Parteien als unglaubwürdig erscheine. Der Antrag auf internationalen Schutz sei sechs Monate nach der Einreise gestellt worden, was ebenfalls darauf hindeute, dass sie im Iran keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen seien, da sie im Falle einer tatsächlichen Verfolgung unmittelbar nach Einreise einen Asylantrag gestellt hätten. Ein weiteres Indiz für die Annahme, dass sie ihren Aufenthalt durch die Stellung eines Asylantrages weiter legalisieren hätten wollen, sei, dass die Zweitbeschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung nicht erfüllt hätte und somit der Familie in weitere Folge ebenfalls keine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden wäre. Darüber hinaus sei es ihnen möglich gewesen, auf legalem Weg auszureisen, was darauf schließen lasse, dass keiner der Familienmitglieder bereits im Heimatland einer Verfolgung bzw. Bedrohung ausgesetzt gewesen sei. Es sei daher auch die Behauptung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin in der Erstbefragung, sie hätten sich bereits im Iran verstecken müssen, nicht nachvollziehbar. Das Vorbringen hinsichtlich der Hinwendung zum Christentum sei vage und unkonkret geblieben. Sie hätten auch wenig über die christlichen Lehren angegeben und nicht gewusst, wo ihre jeweilige Lieblingsbibelstelle stehe. Weiters zeige auch der Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer angegeben habe, in einer Gegend gelebt zu haben, wo auch viele Christen gelebt hätten, dass er im Iran keiner relevanten Bedrohung ausgesetzt gewesen sei. Auch stünden die Beweismittel der Taufbestätigung der evangelikalen Freikirche XXXX vom 16.04.2017 und der Bestätigung der Pfarrgemeinde A.B XXXX vom 03.09.2017 in Widerspruch zueinander, da unklar sei, warum ein Taufkurs nach absolvierter Taufe besucht werden sollte. Selbst wenn der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin regelmäßig in die Kirche gehen würden, sei dies kein Beweis, dass sie aus innerer Überzeugung dem Christentum beigetreten seien und es sich nicht lediglich um Scheinkonversationen handle. Der Begründung für die Antragstellung müsse daher die Glaubwürdigkeit aberkannt werden, es sei offensichtlich, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin versuchen würden, über ein Asylverfahren einen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Die die dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien hätten keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

3. Gegen diese Bescheide erhoben die beschwerdeführenden Parteien innerhalb offener Frist Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG an das Bundesverwaltungsgericht mit der wesentlichen Begründung, die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt und sei, ohne Zeugen zu befragen, davon ausgegangen, dass es sich um eine Scheinkonversion handle. Es gebe zahlreiche Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zu Grunde liegende Überzeugung der beschwerdeführenden Parteien geben könnten. Es werde ausdrücklich der Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme von XXXX sowie von XXXX zum Beweis dafür, dass der Glaubenswechsel der beschwerdeführenden Parteien aus innerer Überzeugung erfolgt sei, gestellt. Zudem habe die belangte Behörde die beschwerdeführenden Parteien nicht ausreichend über den Grund ihrer Ausreise aus dem Iran befragt. Die Zweitbeschwerdeführerin stamme aus einer sehr religiösen Familie, die sogar den Ehrentitel "Sayed" führe. Der Vater der Zweitbeschwerdeführerin habe vom Interesse des Erstbeschwerdeführers für das Christentum erfahren, seit diesem Zeitpunkt seien der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin Beschimpfungen, Drohungen und Demütigungen seitens der Familie der Zweitbeschwerdeführerin ausgesetzt gewesen, die Familie habe von der Zweitbeschwerdeführerin sogar verlangt, sich vom Erstbeschwerdeführer scheiden zu lassen. Der Erstbeschwerdeführer sei auch einmal vom Vater und Bruder der Zweitbeschwerdeführerin mit einem Auto zu einem Grundstück gebracht worden, wo ihm eine Grube gezeigt worden sei, die für ihn bestimmt gewesen sei. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin hätten sich daraufhin im Februar 2016 entschieden, den Iran zu verlassen und in ein Land zu gehen, in dem sie ihren christlichen Glauben verfestigen und auch ausleben können. In Österreich hätten sie sich schnell einer Kirche angeschlossen, die Taufvorbereitung gemacht und sich taufen lassen. Die beschwerdeführenden Parteien hätten zunächst keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, da sie sich erhofft hätten, in Österreich mit Arbeit und Studium Fuß zu fassen. Dies schließe aber keinesfalls aus, dass sie nicht schon damals einen Asylgrund gehabt hätten. Hinzu komme, dass sich der christliche Glaube in ihrer Zeit in Österreich derart verfestigt habe, dass nunmehr von einer Intensität der Verfolgung im Iran auszugehen sei, welche die Verfolgung, welche sie bereits erlitten hätten, bei weitem übersteige. Auch dass die beschwerdeführenden Parteien den Asylantrag zu einer Zeit gestellt hätten, als ihr Aufenthaltsrecht noch für längere Zeit gegeben gewesen sei, deute darauf hin, dass eine Verfolgung tatsächlich vorliege. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde hinsichtlich der mangelnden Kenntnisse des Christentums sei in keiner Weise nachvollziehbar, beide hätten hervorragende Kenntnisse der Bibel und der christlichen Lehre gezeigt, gerade die sehr detaillierten Antworten auf persönliche Fragen zum Glauben, etwa nach der Lieblingsstelle in der Bibel oder warum die Entscheidung auf die protestantische Kirche gefallen sei, würden vielmehr darauf hindeuten, dass es sich beim Glaubenswechsel um eine innere Überzeugung handle. Die vorgelegten Beweismittel stünden auch nicht in Widerspruch zueinander, zeuge es doch von wahrem Interesse am Christentum, mehr erfahren zu wollen, als für die Taufe notwendig sei. Zudem handle es sich beim Kurs der Pfarrgemeinde XXXX nicht um eine "Taufvorbereitung", sondern um eine Vorbereitung zum offiziellen Eintritt in diese Pfarrgemeinde.

Den Beschwerden wurden Teilnahmebestätigungen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin an Bibelrunden in Deutsch und Farsi angeschlossen.

4. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerden samt den bezughabenden Akten der Verwaltungsverfahren zur Entscheidung vor.

5. Mit Urkundenvorlage vom 14.03.2018 legten die beschwerdeführenden Parteien neben weiteren Unterlagen zur Bescheinigung der Integration der beschwerdeführenden Parteien Taufscheine des Dritt- und Viertbeschwerdeführers, ausgestellt vom evangelischen Pfarramt A.B. XXXX (wonach diese am 03.12.2017 in der XXXX durch die Pfarrerin XXXX getauft wurden) und Eintrittsbestätigungen, ausgestellt vom evangelischen Pfarramt A.B. XXXX (wonach der Erstbeschwerdeführer am 03.12.2017 und die Zweitbeschwerdeführerin am 01.12.2017 in die evangelische Kirche A.B. eintraten) vor.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Sache der beschwerdeführenden Parteien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher sich der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin persönlich beteiligten. Die beschwerdeführenden Parteien legten in der mündlichen Verhandlung weitere Urkunden vor, nämlich u.a. Bestätigungen (des Pfarrers) des evangelischen Pfarramtes A.B. XXXX vom 06.05.2019 (wonach der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seit zwei Jahren in der Kirchengemeinde aktiv sind, sie als Voraussetzung des Eintrittes den Tauf- und Eintrittskurs besucht haben, um die Grundlagen des christliche Glaubens und die Besonderheiten der evangelischen Kirche A.B. kennenzulernen, und sie eine Bereicherung für die Pfarrgemeinde sind) sowie eine Unterschriftenliste/Empfehlung von Mitliedern der evangelischen Pfarrgemeine A.B. XXXX (wonach die beschwerdeführenden Parteien als Mitglieder der Pfarrgemeinde geschätzt werden), den Taufschein der Fünftbeschwerdeführerin (wonach diese am 05.05.2019 in der XXXX durch die Pfarrerin XXXX getauft wurde) und Lichtbilder, welche die Familie der Zweitbeschwerdeführerin im Iran und die beschwerdeführenden Parteien in Österreich bei Freizeitaktivitäten, in der Kirche, bei den Taufen und bei der Arbeit im Verein " XXXX " zeigen.

Der Erstbeschwerdeführer sagte u.a. aus, die Familienangehörigen seiner Frau seien sehr gläubige Moslems, der Bruder und der Vater seiner Frau seien aktive Mitglieder von Basihi. Die Familie seiner Frau sei von Anfang an gegen ihre Heirat gewesen, da er mit seiner Frau schon vor der Heirat befreundet gewesen sei, dies sei für die sehr gläubige Familie seiner Frau nicht akzeptabel gewesen. Er selbst sei nicht so gläubig gewesen. Als er in seinem Geschäft einen armenischen Christen kennengelernt und angefangen hätte, die Hauskirche zu besuchen, seien die Probleme größer geworden. Er habe etwa ein Jahr vor der Ausreise begonnen, ca. alle zwei bis drei Wochen die Hauskirche zu besuchen. Sein Schwager und Schwiegervater hätten davon gewusst und hätten ihn des Öfteren aufgehalten, ihn beleidigt und geschlagen. Sie hätten auch gesagt, dass die Heirat ein Fehler gewesen sei. Weiters seien sie öfter bei ihm im Geschäft gewesen, hätten seine Kunden belästigt und seine Frau gezwungen, an religiösen Veranstaltungen teilzunehmen. Vor allem der Schwiegervater sei auch eine wichtige Person in der Regierung und mit dem Imam befreundet. Aus diesem Grund hätten sie sich vor der Familie der Zweitbeschwerdeführerin verstecken müssen. Der Schwiegervater und der Bruder seiner Frau seien häufig in seinem Geschäft aufgetaucht und einmal sei der Erstbeschwerdeführer entführt, aus der Stadt gebracht und dort mit dem Tod bedroht worden, sollte er sich nicht von seiner Frau scheiden lassen. In Österreich hätten sie zunächst die iranische Kirchengemeinde XXXX besucht, dort einen acht- oder neunmonatigen Taufkurs absolviert und seien anschließend getauft worden. Dann hätten sie die Kirchengemeinde gewechselt und dort auch an Kursen teilgenommen, um ihr Wissen zu erweitern. Er fühle sich seit seiner Taufe am 16.04.2017 als richtiger Christ. Den Antrag auf internationalen Schutz hätte er nicht sofort nach Einreise gestellt, da er versucht habe, sich als Friseur selbstständig zu machen. Er habe kein Ballast sein und versuchen wollen, auf eigenen Füßen zu stehen.

Die Zweitbeschwerdeführerin erstattete ein Vorbringen dahingehend, dass sie im Iran von ihrer Familie gezwungen worden sei, bei den religiösen Veranstaltungen teilzunehmen, obwohl sie das nicht gewollt hätte. Sie und ihr Mann hätten kein Interesse am Islam gehabt und daher seien sie als Abtrünnige bezeichnet und durch ihren Bruder beschimpft worden. Sie habe deswegen auch oft mit ihrer Familie gestritten, weil sie und ihr Mann nicht die gleichen religiösen Ansichten gehabt hätten, wie ihre Familie. Mit "verstecken" hätten sie gemeint, dass sie und ihr Mann nicht mit ihrer Familie in Kontakt hätten sein wollen. Die Familie sei sehr streng religiös, da sie ihrer Ansicht nach Nachfahren des Propheten seien. Mit dem christlichen Glauben in Kontakt gekommen sei sie bereits im Iran durch ihren Mann, ihr Mann habe einen Kunden gehabt, durch den er zur Hauskirche gekommen sei. Das, was ihr Mann dort erlebt habe, habe er ihr erzählt. Es sei für sie sehr interessant gewesen, die Gebete hätten nichts mit Krieg oder Fluchen zu tun gehabt. Sie habe großes Interesse gehabt, eine Bibel in der Hand zu halten. Sie selbst habe nicht zur Hauskirche gehen können, da sie unter der Kontrolle ihrer Familie gestanden sei, ein Bruder habe in der gleichen Gasse wie sie gewohnt. Schließlich hätten sie den Iran verlassen, weil das Leben ihres Mannes wegen seines Glaubens in Gefahr gewesen sei. Bis auf ihre Schwester habe im Iran niemand von ihrem Interesse für das Christentum gewusst. Zu ihrer Familie habe sie keinen Kontakt mehr. In Österreich hätten sie mit Arbeit und Studium Fuß fassen wollen und deswegen nicht sofort nach Einreise einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. In der zweiten Woche nach Einreise hätten sie angefangen, die Kirche zu besuchen, zunächst seien sie in einer Kirche, wo Farsi gesprochen worden sei, gewesen, da sie der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen seien. Dann hätten sie durch Freunde die XXXX ( XXXX ) kennengelernt, ihre Freunde seien dort auch getauft worden. Die Atmosphäre habe ihnen gut gefallen, sie selbst habe auch schon Deutsch sprechen können, sodass sie sich unterhalten habe könne. Nachdem sie aber nicht alle Predigten auf Deutsch verstanden hätten, seien sie auch in der Kirche mit farsisprachigem Gottesdienst gewesen. In der XXXX hätten sie die Bibelrunde besucht und sie seien dann offizielle Mitglieder geworden. Sie hätten sich auch bewusst für den evangelischen Zweig entschieden, da dieser näher an ihrem Glauben sei. Der katholische Glaube sei teilweise sehr streng und hart, nachdem sie vor dem Islam geflüchtet seien, sei Strenge nicht ihre Sache gewesen, der evangelische Glaube sei sehr angenehm. Beim evangelischen Glauben sei man nach der Taufe gerettet und die Rettung sei für sie sehr wichtig gewesen, da sie vor der Familie geflüchtet seien und so Sicherheit gefunden hätten. Die Liebe und die Freunde, die sie hier durch Zufall gefunden hätten, seien sehr wertvoll und der Grund für ihren Glauben.

In der mündlichen Verhandlung wurde Pfarrerin XXXX als Zeugin einvernommen. Sie gab an, sie habe die beschwerdeführenden Parteien bei deren ersten Besuch in der genannten Kirchengemeinde kennengelernt, wo sie als Pfarrerin tätig gewesen sei. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien von Anfang an Menschen gewesen, die mit einem unglaublichen Interesse auf die Pfarrgemeinde zugegangen seien. Durch ihr Engagement und die regelmäßige Anwesenheit hätten sie der Zeugin große Unterstützung geleistet. Sie seien jeden Sonntag in der Pfarrgemeinde gewesen, hätten regelmäßig beim Tauf- und Eintrittskurs sowie bei Veranstaltungen teilgenommen. Insbesondere die Zweitbeschwerdeführerin habe durch das rasche Erlernen der deutschen Sprache bei der Arbeit der Zeugin mit persisch sprechenden Menschen in der Gemeinde besonders geholfen. Der Taufkurs in der Pfarrgemeinde auch für jene Personen verpflichtend, die von einer anderen Gemeinde oder Kirche, welche in Österreich keine gesetzliche Anerkennung habe, schon getauft worden seien. Danach werde nicht nochmals getauft, sondern werde ein bereits Getaufter in der evangelischen Kirche aufgenommen. Sie habe mit dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin ein Taufgespräch geführt, es sei bei ihr der Eindruck entstanden, dass ein ehrliches Interesse am Christentum, an Gott und dem Heiligen Geist vorhanden gewesen sei, sowie ein großer Durst nach Liebe und dafür, wofür das Christentum stehe. Es sei ihnen ein großes Anliegen gewesen, ihre Kinder in diesem Geist aufwachsen zu lassen und zu erziehen. Das Thema der Freiheit der Glaubenswahl sei für den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin ein Anliegen gewesen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe auch eigenständige Ideen gehabt, wie etwa die Gründung einer Frauenrunde in der Gemeinde. In der Pfarrgemeinde habe es Personen gegeben, die sich schnell taufen lassen hätten wollen, dies habe sie nicht gemacht, es gebe auch Menschen, die dann auch wieder weggeblieben seien, weil es ihnen zu mühsam geworden sei. Dies sei beim Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin definitiv nicht der Fall gewesen. Personen, von denen die Zeugin nicht überzeugt sei, würde sie nicht taufen.

Weiters wurde in der mündlichen Verhandlung Pfarrerin in Ruhe XXXX als Zeugin einvernommen. Sie gab an, die beschwerdeführenden Parteien ebenfalls in der Pfarrgemeinde A.B XXXX ( XXXX ) kennengelernt zu haben, der Erstbeschwerdeführer habe ihr, nachdem die Familie das erste Mal in der XXXX gewesen sei, nach dem Gottesdienst eine Anekdote erzählt. Sie seien dann sehr bald ins Gespräch gekommen, die beschwerdeführenden Parteien seien auch regelmäßig alle 14 Tage in der Bibelstunde gewesen und hätten den Gottesdienst besucht. Nach der Geburt der Fünftbeschwerdeführerin sei die Zweitbeschwerdeführerin mit ihr in die Kirche gekommen, die Fünftbeschwerdeführerin sei von ihr getauft worden, dieser Wunsch sei vom Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin gemeinsam ausgegangen, die Taufe sei sehr berührend gewesen, auch die Alteingesessenen hätten sehr herzlich auf die Taufe reagiert. Die beschwerdeführenden Parteien seien in der Gemeinde angekommen. Sie habe es so verstanden, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin schon im Iran dem Islam gegenüber sehr kritisch gewesen seien und Gebräuche hinterfragt hätten. In Österreich hätten sie zunächst zur iranisch freikirchlichen Gemeinde gefunden, die theologisch eine baptistisch fundamentalistische Prägung habe, und sei ihnen dann aufgegangen, dass sie dann auch gleich Muslime hätten bleiben können, sodass sie sich auf die Suche nach anderen Ausprägungen christlichen Glaubens gemacht hätten und am Ende, wohl durch Mundpropaganda, in der XXXX gelandet seien. Es gebe mindestens zweimal im Monat ein Zusammentreffen, die Zweitbeschwerdeführerin sei bei der iranisch-österreichischen Frauengruppe dabei und dort sehr engagiert. Der Erstbeschwerdeführer helfe bei körperlich anstrengenden Arbeiten.

Zu den in der Beschwerdeverhandlung auf Grundlage von Länderberichten erörterten Verhältnissen im Iran gaben die beschwerdeführenden Parteien keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Hinsichtlich der Lage im Iran:

Religionsfreiheit

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen. Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist.

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Muslime, die keine Schiiten sind, dürfen weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übertreten, können hohe Gefängnisstrafen erhalten, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichen. Es gibt weiterhin Razzien in Hauskirchen.

Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden.

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2017 mindestens 102 Mitglieder von religiösen Minderheiten aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten inhaftiert, 174 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 23 wegen "Beleidigung des Islam" und 21 wegen "Korruption auf Erden".

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Situation für Konvertiten

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "mohareb" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen "mohareb". Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen. Anklagen lauten meist auf "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar]. Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt.

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen. Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen "Missionsarbeit" verurteilt. In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind.

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Apostasie ist derzeit nicht nach kodifiziertem Recht, aber nach der Scharia strafbar. Letztere ist entsprechend Art. 4 der Verfassung Grundlage des iranischen Rechts. Richter in Iran sind nach Art. 167 der Verfassung gehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf kodifiziertes Recht zurückzugreifen. Sind solche Gesetze nicht vorhanden, so müssen sie ihren Urteilsspruch auf Grundlage der authentischen islamischen Quellen oder der gültigen Rechtsurteile fällen.

Apostasie ist nach herrschender Meinung ein sog. Hadd-Delikt (Hadd-Strafen sind Strafen, die in der Scharia festgelegt sind). Folgende Prophetenworte werden im islamischen Recht dahingehend ausgelegt, dass Apostasie zu bestrafen ist: "...tötet den, der seine Religion wechselt" und "Das Blut eines Muslims (zu vergießen) ist nicht erlaubt, außer in einem dieser drei (Fälle): der verheiratete Ehebrecher, Leben um Leben und der seinen Glauben Verlassende und von der Gemeinschaft sich Trennende.

Die Scharia bietet dem Richter demzufolge bereits heute eine Rechtsgrundlage, um Apostaten in Iran zum Tode zu verurteilen. Die Apostasie ist der normalen Strafgerichtsbarkeit zugewiesen, Eingangsinstanz sind die allgemeinen Strafgerichte der Provinzen. Ein Todesurteil aufgrund des Vorwurfs der Apostasie erging zuletzt im November 2002 gegen den regimekritischen Hochschulprofessor Aghajari, seine Strafe wurde aber - unter verändertem Strafvorwurf - im Frühjahr 2005 in eine Haftstrafe umgewandelt. Fälle einer Vollstreckung der Todesstrafe wegen Apostasie wurden in den letzten Jahren nicht mehr bekannt. Der ehemalige Chef der iranischen Judikative, Ayatollah Sharoudi, hatte die Staatsanwaltschaften und die Gerichte angewiesen, niemanden wegen Religionswechsel zur Todesstrafe zu verurteilen. Eine derartige Verurteilung ist daher derzeit unwahrscheinlich. Die Direktive des ehemaligen Chefs der Justiz könnte jedoch kurzfristig zurückgenommen werden.

Indes ist zu beachten, dass es trotzdem zur Anklage und Einleitung von gerichtlichen Strafverfahren wegen Konversion kommen kann. Eine Anschuldigung wegen Apostasie kann schwerste Sanktionen nach sich ziehen. Oftmals lautet die Anklage auf "Gefährdung der nationalen Sicherheit", "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen" wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Länderreport 10 Iran, Situation der Christen, Stand 3/2019).

Willkürliche Verhaftungen durch iranische Behörden

Trotz Fehlens einer strafrechtlichen Grundlage kommt es immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen von Konvertierten. Die ehemalige UN-Sonderberichterstatterin für die Lage der Menschenrechte in Iran, Asma Jahangir, hat in ihrem Bericht an den UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) vom März 2017 betont, dass seitens der iranischen Behörden und vom Klerus gezielt mit strengen Maßnahmen und willkürlichen Verhaftungen gegen christliche Konvertiten mit vormals muslimischen Hintergrund vorgegangen wird. Auch Christians in Parliament APPG und APPG for International Freedom of Religion or Belief weisen auf willkürliche Verhaftungen von christlichen Personen hin. Danach ist es in den letzten zehn Jahren beispielsweise üblich geworden, dass während der Weihnachtszeit in verschiedenen Städten Irans christliche Konvertiten von den Sicherheitskräften festgenommen werden. In einem Interview mit UK Home Office im Juli 2017 wies die Organisation Article 18 darauf hin, dass bei den Verhaftungen von Konvertierten die gesetzlichen Vorschriften nur selten eingehalten werden. In den meisten Fällen würden Betroffene weder vorgeladen, noch werde ihnen bei ihrer Verhaftung ein Haftbefehl vorgelegt. Auch würden sie nicht über die Anklagepunkte informiert.

Konvertierte werden bei Razzien in Hauskirchen, Privathäusern oder an beliebigen anderen Orten festgenommen. Gemäß Zeugenaussagen an Christians in Parliament APPG und APPG for International Freedom of Religion or Belief sind Razzien und Festnahmen in Privathäusern von christlichen Personen in Iran weit verbreitet. Personen, die ihren Glauben in Hauskirchen praktizieren, sind von Razzien betroffen. Voraussetzung sind Informationen aus dem Umfeld der Hauskirchen. BosNewsLife zufolge haben Sicherheitskräfte allein im Monat August 2016 in mindestens vier Hauskirchen Razzien durchgeführt. Die Behörden beabsichtigen mit solchen Aktionen ein Klima der Angst zu schaffen. Gemäß Aussagen von Elam Ministries werden bei Razzien in Hauskirchen alle Anwesenden festgenommen: Sowohl diejenigen, die neu und inaktiv sind, als auch die Kirchenführenden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Länderreport 10 Iran, Situation der Christen, Stand 3/2019).

Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden. Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen. Die Regierung nutzt Kautionszahlungen, um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen, und drängt sie dazu, das Land zu verlassen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Anzahl verhafteter Konvertierter

Christen im Exil haben gemäß dem US Department of State von zahlreichen Festnahmen, insbesondere von evangelikalen und vom Islam konvertierten Christen berichtet. Laut der USCIRF und der in Budapest ansässigen Nachrichtenagentur BosNewsLife haben iranische Sicherheitskräfte zwischen Mai und August 2016 ungefähr 80 Christen verhaftet. Die Mehrheit der Inhaftierten wurde laut USCIRF verhört und nach wenigen Tagen freigelassen, aber ein Teil der Verhafteten wurde über Monate ohne Anklage festgehalten. Mehrere Betroffene seien weiterhin in Haft. Menschenrechtsgruppen gehen allerdings davon aus, dass es eine Dunkelziffer gibt und die Zahl der Christen, welche von den Behörden aufgegriffen werden, viel höher liegen könnte. Im Dezember 2016 waren rund 90 christliche Personen wegen ihren religiösen Tätigkeiten oder ihrem Glauben inhaftiert oder saßen in Untersuchungshaft (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Länderreport 10 Iran, Situation der Christen, Stand 3/2019).

Familienangehörige Konvertierter

Auch Familienangehörige von konvertierten Personen sind Ziel staatlicher Schikane und Drohungen. Verschiede Quellen geben an, dass Familienmitglieder von christlichen Konvertierten Opfer von Schikanen durch staatliche Akteure werden können. Elam Ministries berichtet von einem 12-jährigen Jungen, der über seinen Glauben befragt und geschlagen wurde und zusammen mit seinen konvertierten Eltern verhaftet wurde. Gemäß Angaben der internationalen Organisation in der Türkei an das DIS riskieren Familienmitglieder von Konvertierten den Verlust der Arbeitsstelle oder eine Verweigerung des Hochschuleintritts. Als weiteres Beispiel werden Eltern fortgeschrittenen Alters erwähnt, die wegen der Konversion ihres Kindes durch staatliche Behörden schikaniert werden. Wenn der Ernährer der Familie verhaftet wird, bringe dies außerdem finanzielle Folgen mit sich mit, zumal große Summen Geld als Kaution für die temporäre Freilassung aufgetrieben werden müsste. Diese Beträge werden so hoch festgesetzt, um der Familie möglichst hohen finanziellen Schaden zuzufügen. Berichte weisen auf Verwandte von einem ins Ausland geflohenen und von Verhaftung bedrohten christlichen Pastors hin, die fast täglich bedroht wurden und in eine andere Stadt ziehen mussten, weil der iranische Geheimdienst MOIS die lokale Gemeinde informierte, dass sie Apostaten seien (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 07.07.2018: Iran: Gefährdung von Konvertiten).

Soziale Folgen einer Konversion

Neben den strafrechtlichen Folgen einer Konversion besteht die Möglichkeit, dass bei Bekanntwerden des Glaubenswechsels der Arbeitsplatz in Gefahr gerät. Insbesondere bei staatlichen Unternehmen, in denen Angehörige des "Herasat" (Aufsichtsgruppe des iranischen Geheimdienstministeriums) regelmäßig vertreten sind und auch in Privatunternehmen ab einer bestimmten Größe, die die Anwesenheit des "Herasat" dulden müssen. Dabei ist es auch möglich, dass Familienangehörige des Konvertiten ebenfalls eine Kündigung erhalten.

Unabhängig von der gesellschaftlichen Umgebung besteht für Konvertiten die Gefahr, dass sie sich, wenn sie sich innerhalb der eigenen Familie erkennbar zum Christentum bekennen, erheblichen Widerständen bis hin zur aktiven Denunziation bei den Sicherheitskräften seitens eines Angehörigen der Familie aussetzen. Darüber hinaus riskieren sie auch den Ausschluss aus der Familie. Dies trifft insbesondere auf Konvertiten zu, deren Familienangehörige innerhalb des Regierungsapparates arbeiten, da diese in der Furcht leben, die Arbeit zu verlieren. Auch das Recht auf die Kindererziehung wird in solchen Fällen möglicherweise von der Familie in Frage gestellt, da die Erziehung eines muslimischen Kindes für Andersgläubige ausgeschlossen ist.

Grundsätzlich kann aber auch davon ausgegangen werden, dass diese Konflikte ausbleiben, wenn die Familie einem eher säkularen Umfeld entspringt, wie es in der iranischen Gesellschaft oftmals oder zunehmend der Fall ist. Daher kann auch davon ausgegangen werden, dass außerhalb des beruflichen Umfelds ein mangelhafter Moschee-Besuch oder die Verweigerung der Teilnahme an muslimischen Ritualen nicht zwingend den Verdacht einer Konversion aufkommen lässt. Dennoch ist es nicht verwunderlich, dass viele Konvertiten den Glaubenswechsel gegenüber ihren Familien verschweigen, um mögliche Konflikte zu umgehen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Länderreport 10 Iran, Situation der Christen, Stand 3/2019).

Rückkehr von Konvertiten

Die Rückkehr von Konvertiten in den Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung. In den vergangenen zehn Jahren wurde seitens der in Iran vertretenen westlichen Botschaften, die grundsätzlich Rückführungen iranischer Staatsangehöriger vor Ort kontrollieren, kein Fall der Festnahme eines Konvertiten bei der Einreise gemeldet.

Allgemein wird eine Unterscheidung zwischen dem Konvertiten, der bereits vor einer Ausreise in den Fokus der Sicherheitskräfte geraten ist und demjenigen, der nach der Ausreise einen Glaubenswechsel tätigte, vorgenommen.

Konvertiten, die aus einer Gefährdungs- oder Konfliktsituation heraus die Ausreise betrieben haben, werden als gefährdet betrachtet, da möglicherweise seitens der Behörden eine Akte über sie angelegt wurde und dies bei der Einreise über das Informationssystem angezeigt wird. Auch Konvertiten, die im Ausland in der Öffentlichkeit für ihr christliches neues Leben bekannt wurden, laufen Gefahr, dass die iranischen Sicherheitskräfte eine solche Ermittlungsakte angelegt haben. Dabei genügt es nicht, über die sozialen Medien den Glaubenswechsel zu verbreiten; vielmehr wird angenommen, dass bei entsprechender Aufmerksamkeit für die iranischen Dienste entscheidend ist, ob der Glaubenswechsel nachvollziehbar ist oder lediglich eine "copy/paste"-Entscheidung getroffen wurde, um eine Annäherung zum westlichen Leben zu erreichen (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Länderreport 10 Iran, Situation der Christen, Stand 3/2019).

Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Menschenrechtslage/Sanktionen

Der Iran zählt zu den Ländern mit einer anhaltend beunruhigenden Lage der Menschenrechte, die jedoch besser ist als in der Mehrzahl der Nachbarländer. Die Menschenrechtsbilanz der Regierung bleibt schlecht und verschlechterte sich in mehreren Schlüsselbereichen. Zu den Menschenrechtsfragen gehören Hinrichtungen für Verbrechen, die nicht dem internationalen Rechtsstandard der "schwersten Verbrechen" entsprechen, zahlreiche Berichte über rechtswidrige oder willkürliche Tötungen, Verschwindenlassen und Folter durch Regierungsbeamte, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, systematische Inhaftierungen einschließlich Hunderter von politischen Gefangenen. Weiters unrechtmäßige Eingriffe in die Privatsphäre, Beschränkungen der freien Meinungsäußerung, der Presse und des Internets, einschließlich Zensur, Blockieren von Webseiten und Kriminalisierung von Verleumdungen; erhebliche Eingriffe in das Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit, wie z.B. die restriktiven Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGO); Einschränkungen der Religionsfreiheit, Beschränkungen der politischen Beteiligung, weit verbreitete Korruption auf allen Regierungsebenen, rechtswidrige Rekrutierung von Kindersoldaten durch Regierungsakteure zur Unterstützung des Assad-Regimes in Syrien, Menschenhandel, strenge staatliche Beschränkungen der Rechte von Frauen und Minderheiten, Kriminalisierung von sexuellen Minderheiten, Verbrechen, die Gewalt oder Gewaltdrohungen gegen LGBTI-Personen beinhalten, und schließlich das Verbot unabhängiger Gewerkschaften. Die Regierung unternahm wenige Schritte um verantwortliche Beamte zur Rechenschaft zu ziehen. Viele dieser Missstände sind im Rahmen der Regierungspolitik zu verantworten. Straffreiheit ist auf allen Ebenen der Regierung und der Sicherheitskräfte weit verbreitet.

Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze in Frage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weit gefasste Straftatbestände (vgl. Art. 279 bis 288 iStGB sowie Staatsschutzdelikte insbesondere Art. 1 bis 18 des 5. Buches des iStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, können der Spionage beschuldigt werden. Besonders unter Druck stehen Mitglieder bzw. Gründer von Menschenrechtsorganisationen (zumeist Strafverteidiger bzw. Menschenrechtsanwälte), wie etwa des "Defenders of Human Rights Center", deren Gründungsmitglieder nahezu allesamt wegen ihrer Tätigkeit hohe Haftstrafen verbüßen. Zum Teil wurden auch Körperstrafen sowie Berufs- und Reiseverbote über sie verhängt. Es ist davon auszugehen, dass sie in Haftanstalten physischer und schwerer psychischer Folter ausgesetzt sind. Oft werden auch Familienmitglieder und Freunde von Strafverteidigern unter Druck gesetzt (verhört oder verhaftet). Die Tätigkeit als Frauen- und Menschenrechtsaktivist wird regelmäßig strafrechtlich verfolgt (Vorwurf der Propaganda gegen das Regime o.ä.) und hat oft die Verurteilung zu Haft- oder auch Körperstrafen zur Folge (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019).

Rechtsschutz / Justizwesen

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik. in welcher versucht wird. demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt. dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 12.2018). Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den sogenannten Chef der Judikative. Dieser ist laut Art.157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz; der Justizminister hat demgegenüber vorwiegend Verwaltungskompetenzen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben. unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich. dass Exekutivorgane. v.a. der Sicherheitsapparat. trotz des formalen Verbots. in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten. dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption. Nach belastbaren Aussagen von Rechtsanwälten ist ca. ein Drittel der Richter bei entsprechender Gegenleistung zu einem Entgegenkommen bereit. In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer ("Iranian Bar Association";IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen, insbesondere in politischen Verfahren, ausgesetzt. Die Liste der Verteidiger in politischen Verfahren ist auf 20 Anwälte beschränkt worden, die z. T dem Regime nahe stehen. Das Justizsystem wird als Instrument benutzt, um Regimekritiker und Oppositionelle zum Schweigen zu bringen. Obwohl das Beschwerderecht rechtlich garantiert ist, ist es in der Praxis eingeschränkt, insbesondere bei Fällen, die die nationale Sicherheit oder Drogenvergehen betreffen.

Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen. Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte, verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die wahrscheinlich unter Anwendung von Folter erlangt wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet. Die Behörden setzen sich ständig über die Bestimmungen hinweg, welche die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsieht, wie das Recht auf einen Rechtsbeistand unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft.

In der Normenhierarchie der Rechtsordnung Irans steht die Scharia an oberster Stelle. Darunter stehen die Verfassung und das übrige kodifizierte Recht. Die Richter sind nach der Verfassung angehalten, bei der Rechtsanwendung zuerst auf Grundlage des kodifizierten Rechts zu entscheiden. Im Zweifelsfall kann jedoch gemäß den Art. 167 und 170 der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewendet werden.

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt.

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

- Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere "Feindschaft zu Gott" und "Korruption auf Erden";

- Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;

- Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;

- Spionage für fremde Mächte;

- Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;

- Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen.

Gerichtsverfahren, vor allem Verhandlungen vor Revolutionsgerichten, finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind extrem kurz. Manchmal dauert ein Verfahren nur wenige Minuten.

Die iranische Strafrechtspraxis unterscheidet sich stark von jener der europäischen Staaten: Körperstrafen sowie die Todesstrafe werden verhängt. Nach Art. 278 iStGB können in bestimmten Fällen des Diebstahls Amputationen von Gliedmaßen

- auch für Ersttäter - vom Gericht angeordnet werden. Amputation eines beispielsweise Fingers bei Diebstahl fällt unter Vergeltungsstrafen ("Qisas"), ebenso wie die Blendung, die auch noch immer angewendet werden kann. Durch Erhalt eines Abstandsgeldes ("Diya") kann der ursprünglich Verletzte jedoch auf die Anwendung einer Blendung verzichten.

Aussagen hinsichtlich einer einheitlichen Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis sind nur eingeschränkt möglich, da diese sich durch scheinbare Willkür auszeichnet. Rechtlich möglich wird dies vorrangig durch unbestimmte Formulierungen von Straftatbeständen und Rechtsfolgen sowie eine uneinheitliche Aufsicht der Justiz über die Gerichte. Auch willkürliche Verhaftu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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