TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/20 97/06/0200

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Veröffentlicht am 20.11.1997
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Index

L82000 Bauordnung;
L82005 Bauordnung Salzburg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §14 Abs1 litc;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3 idF 1992/099;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8 idF 1976/076;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8 idF 1992/099;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8;
B-VG Art130 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schrefler-König, über die Beschwerde der I in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 3. Jänner 1997, Zl. MD/00/92643/96/4 (BBK/97/96) betreffend Nachbareinwendungen im Verfahren gemäß § 25 Abs. 8 BBG (mitbeteiligte Parteien: 1. Ö Stiftung in W, 2. H Baugesellschaft m.b.H. in S, und 3. G Errichtungs Gesellschaft m. b.H. in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 31. Juli 1996 wurde der südliche, direkt an den Kapuzinerberg angrenzende Teilbereich der Grundstücke Nr. 773 und 774/7 KG S., gemäß § 14 Abs. 2 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz über Antrag der Grundeigentümerin als eigener Bauplatz erklärt. Auf diesem Bauplatz beabsichtigen die Mitbeteiligten die Errichtung eines Studentenheimes mit Geschäften und Bauernmarkt. Das Bauansuchen vom 28. Dezember 1995 langte am selben Tag bei der Baubehörde erster Instanz ein. Das Bauverfahren ist in erster Instanz anhängig.

Unter Bezugnahme auf dieses Bauvorhaben wurde von den Mitbeteiligten mit Schreiben vom 14. Mai 1996 ein Ansuchen auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen gemäß § 25 Abs. 8 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz gestellt, das sich auf die Unterschreitung der Mindestabstände zur südlichen, (süd)östlichen und zur westlichen Bauplatzgrenze bezieht. Die beschwerdeführende Nachbarin ist Eigentümerin der nördlich von dem zu bebauenden Grundstück gelegenen Liegenschaft.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg vom 19. November 1996 wurde die Unterschreitung der sich aus § 25 Abs. 3 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz ergebenden Mindestabstände zur südlichen Bauplatzgrenze (um 12,17 m auf 0,51 m), zur südöstlichen Bauplatzgrenze (um 9,94 m auf 0,52 m) und zur östlichen Bauplatzgrenze (um 4,35 auf 6,11 m bzw. um 0,44 m auf 3,56 m) sowie zur westlichen Bauplatzgrenze (um 5,43 m auf 4,96 m) erteilt.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen damit begründet, daß sich der erstinstanzliche Ausnahmebewilligungsbescheid lediglich auf eine Verringerung von Mindestabständen zu der westlichen, südlichen und östlichen Bauplatzgrenze beziehe, also nicht auch auf den Abstand, den das geplante Bauwerk nach Norden (Nordwesten) zum Grundstück der Beschwerdeführerin einzuhalten habe. Dies sei dem Spruch des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides und den diesbezüglichen Aktenunterlagen zu entnehmen und werde dem von der Beschwerdeführerin in ihren Ausführungen auch nicht widersprochen.

Gemäß § 25 Abs. 8 dritter Satz

Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz seien Parteien eines Ausnahmeverfahrens die Parteien des Baubewilligungsverfahrens. Die baubehördlich genehmigte Bauplatzfläche grenze zwar nicht unmittelbar an das im Eigentum der Beschwerdeführerin stehende Grundstück, die geringste Entfernung des geplanten Baukörpers zu diesem Grundstück betrage jedoch nur 10,25 m, sodaß im Hinblick auf die im § 7 Abs. 1 Z. 1 lit. a

Sbg. Baupolizeigesetz normierte Entfernung von 15 m bzw. der konkreten Bauhöhe des auf der Höhe des Grundstückes der Beschwerdeführerin befindlichen Bauteiles (Traufenhöhe ca. 13,9 m) der Beschwerdeführerin im Baubewilligungsverfahren wohl Parteistellung zukommen werde. Die Baubehörde erster Instanz habe die Parteistellung der Beschwerdeführerin im Ausnahmeverfahren gemäß § 25 Abs. 8 leg. cit. jedenfalls angenommen. Ungeachtet dessen, ob diese Auffassung zutreffend sei, sei die Beschwerdeführerin als Eigentümerin des nördlich gelegenen Grundstückes durch die erstinstanzlich bewilligten Ausnahmen zur Unterschreitung "fremder" Abstände aber keinesfalls in ihr zustehenden Rechten verletzt bzw. sei ein Abspruch bezüglich des Ausmaßes des baurechtlichen Abstandes zwischen dem geplanten Neubau und der Liegenschaft der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid nicht enthalten. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe dem Nachbarn lediglich das Recht zu, die Einhaltung der gesetzlichen Abstandsvorschriften zu dem in seinem Eigentum stehenden Grundstück geltend zu machen. Dem Nachbarn stehe kein Mitspracherecht auf die Einhaltung gesetzlicher Abstandsbestimmungen zu anderen Grundstücken zu.

Die Behandlung der zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1997, B 415/97-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde zur Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht, daß auf der verfahrensgegenständlichen, zum Bauplatz erklärten Grundfläche keine baubehördlich bewilligungspflichtigen Neubauten im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a Sbg. Baupolizeigesetz zugelassen werden, dies insbesondere im Hinblick auf § 14 Abs. 1 lit. c Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz, und in dem Recht verletzt, daß die von den mitbeteiligten Parteien begehrte Ausnahmebewilligung gemäß § 25 Abs. 8

Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz zur Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes betreffend die südliche, südöstliche, östliche und westliche Bauplatzgrenze nicht erteilt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß das verfahrensgegenständliche Grundstück aufgrund seiner besonderen Lage nicht zum Bauplatz hätte erklärt werden dürfen. Durch eine Bauführung auch im Süden des Grundstückes der Beschwerdeführerin werde der Sonnenlichteinfall auf das Grundstück der Beschwerdeführerin weiter eingeschränkt. § 14 Abs. 1 lit. c und § 25 Abs. 3 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz wirkten im vorliegenden Fall auch zugunsten der Rechtssphäre der Beschwerdeführerin, weil bei Beachtung dieser Rechtsvorschriften das verfahrensgegenständliche Teilareal zur Gänze unbebaut bleiben müßte.

Gemäß § 9 Abs. 1 lit. g Sbg. Baupolizeigesetz, LGBl. Nr. 117/1973 (BauPolG), werden subjektiv-öffentliche Rechte einer Partei durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz. Gemäß § 7 Abs. 1 lit. a BauPolG i.d.F. LGBl. Nr. 100/1992 sind bei der Errichtung von oberirdischen und unterirdischen Bauten einschließlich der Zu- und Aufbauten die Eigentümer jener Grundstücke Nachbarn, die von den Fronten des Baues nicht weiter entfernt sind, als die nach § 25 Abs. 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes maßgebenden Höhen der Fronten betragen. Bei oberirdischen Bauten mit einem umbauten Raum von über 300 cbm haben jedenfalls auch alle Eigentümer von Grundstücken, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind, Parteistellung.

Gemäß § 12 Abs. 1 Sbg. Bebauungsgrundlagengesetz, LGBl. Nr. 69/1968 (BGG), dürfen Bauführungen nach den baurechtlichen Vorschriften nur auf Grundflächen bewilligt werden, die in einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchgeführten Verfahren für die Bebauung geeignet erklärt worden sind (Bauplatzerklärung). Gemäß § 14 Abs. 1 Einleitungssatz BGG ist die Bauplatzerklärung zu versagen, wenn die Grundfläche vom Standpunkt des öffentlichen Interesses für die Bebauung ungeeignet erscheint. Dies liegt u.a. gemäß § 14 Abs. 1 lit. c BGG vor, wenn die Grundfläche infolge ihrer Gestalt oder geringen Flächenausdehnung unter Berücksichtigung der Vorschriften über die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundstücke und über die Lage der Bauten im Bauplatz eine selbständige Bebauung nicht zuläßt. Das im § 14 Abs. 1 lit. c BGG vorgesehene Kriterium für die Eignung der Bebauung eines Grundstückes stellt - wie sich dies aus dem Einleitungssatz des § 14 Abs. 1 BGG ergibt - eine Bestimmung dar, die allein im öffentlichen Interesse gelegen ist. Aus dieser Bestimmung ist somit - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - kein Nachbarrecht ableitbar.

Für das verfahrensgegenständliche Ausnahmeverfahren gemäß § 25 Abs. 8 BGG gilt, daß Parteien des Verfahrens die Parteien des Baubewilligungsverfahrens sind. Gemäß der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 3. Dezember 1981, Slg. Nr. 10.607/A) hat der Nachbar ausgehend von seinem Recht auf Einhaltung der Mindestabstände nach § 25 Abs. 3 BGG in einem Verfahren gemäß § 25 Abs. 8 BGG ein subjektives öffentliches Recht darauf, daß die Behörde bei Gewährung einer Ausnahme, die seine rechtliche Interessenssphäre berührt, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nach lit. a bis d dieser Gesetzesstelle beachtet, daß sie darüber hinaus ihr Ermessen gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG im Sinne des Gesetzes handhabt und daß ihre Entscheidung in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren getroffen wird. Die vorliegende Ausnahmebewilligung betrifft unbestritten andere Bauplatzgrenzen, sie bezieht sich nicht auf die Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin. Ein Nachbar kann durch eine Ausnahmebewilligung gemäß § 25 Abs. 8 BGG nur dann in seiner Interessenssphäre berührt sein, wenn davon der an sich gesetzlich gemäß § 25 Abs. 3 BGG einzuhaltende Abstand zu dem in seinem Eigentum stehenden Grundstück betroffen ist. Die belangte Behörde hat daher zutreffend die Auffassung vertreten, daß die Beschwerdeführerin durch die vorliegende Ausnahmegewährung in ihrem Recht auf Einhaltung des Abstandes nicht verletzt sein kann.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Ermessen Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997060200.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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