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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §213;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Mag. G B, vertreten durch Dr. Wilhelm Kubin, Rechtsanwalt in Graz, Raubergasse 16/I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 30. August 1994, Zl. 36/4/36-2/94, betreffend Abrechnung gemäß § 216 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde auf Grund des vom Beschwerdeführer beim Finanzamt gestellten Antrages auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 216 BAO festgestellt, daß am 15. April 1994 auf dem Abgabenkonto des Genannten Abgabenschuldigkeiten von zusammen S 137.897,62 aushafteten. Zwar sei die sich aus der am 16. März 1994 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Jänner 1994 ergebende Zahllast von S 534.897,-- vorerst durch ein Guthaben auf dem Abgabenkonto gedeckt gewesen, doch sei im Zeitpunkt der Verbuchung der in Rede stehenden Umsatzsteuervoranmeldung am 6. April 1994 wegen einer tags zuvor auf Grund einer gerichtlichen Exekutionsbewilligung (Forderungspfändung) durchgeführten Auszahlung von S 138.742,62 das Guthaben nicht mehr zur Gänze für die Abgabenentrichtung zur Verfügung gestanden. Der Ansicht des Beschwerdeführers, daß die Umsatzsteuerschuldigkeit für den Monat Jänner 1994 bereits am 16. März 1994 bzw. noch vor der erwähnten Auszahlung durch Aufrechnung mit dem bestehenden Guthaben erloschen sei, sei entgegenzuhalten, daß § 215 BAO nur im Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, insbesondere mit § 213 leg. cit., der im § 215 Abs. 1 BAO ausdrücklich genannt sei, ausgelegt werden könne. § 213 Abs. 1 BAO sehe aber bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und bei den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen eine kontokorrentmäßige Verrechnung vor. Dementsprechend setze die Aufrechnung eines bestehenden Guthabens mit fälligen Abgabenschuldigkeiten voraus, daß sich diese Beträge kontenmäßig (Hervorhebung nicht im Original) gegenüberstünden. Im Zeitpunkt der Verbuchung der Umsatzsteuerschuldigkeit für Jänner 1994 sei aber das Abgabenguthaben des Beschwerdeführers durch die auf Grund der erwähnten gerichtlichen Exekutionsbewilligung (Forderungspfändung) durchgeführte Auszahlung um den Betrag von S 138.742,62 gemindert gewesen. Zur Verbuchung der am 16. März 1994 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Jänner 1994 am 6. April 1994 führte die belangte Behörde aus, dem Finanzamt könne im Hinblick auf die zu den jeweiligen Fälligkeitstagen (15. eines jeden Monats) in großer Zahl (allein in der Finanzkasse ca. 30.000 im Monat) einlangenden und zu bearbeitenden Belege (Zahlungsbelege, Umsatzsteuervoranmeldungen, Rückzahlungs-, Umbuchungs- und Überrechnungsanträge) keine schuldhafte Verzögerung angelastet werden, weil zur Bearbeitung dieser Belege ein gewisser Zeitraum erforderlich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach Ansicht des Beschwerdeführers hafteten auf seinem Abgabenkonto am 15. April 1994 Abgabenschuldigkeiten von zusammen S 137.897,62 deswegen nicht aus, weil ihm die am 5. April 1994 auf Grund einer gerichtlichen Exekutionsbewilligung (Forderungspfändung) durchgeführte Auszahlung von S 138.742,62 nicht hätte angelastet werden dürfen. Das zur vollständigen Abgabenentrichtung erforderliche Guthaben sei nämlich vor der Auszahlung vorhanden gewesen und dadurch verbraucht worden, daß der Beschwerdeführer am 16. März 1994 die Umsatzsteuervoranmeldung für Jänner 1994 mit einer Zahllast von S 534.897,-- beim Finanzamt eingereicht habe. Das Finanzamt habe insbesondere gegen § 214 Abs. 1 letzter Satz BAO verstoßen, wonach die Verbuchung von Abgabenschuldigkeiten ohne unnötigen Aufschub und in einer von sachlichen Gesichtspunkten bestimmten Reihenfolge vorzunehmen ist. Aus § 215 Abs. 1 BAO hätte sich die Verpflichtung des Finanzamtes ergeben, das aus der Gebarung gemäß § 213 BAO resultierende Guthaben des Beschwerdeführers zur Tilgung seiner Umsatzsteuerschuldigkeit für den Monat Jänner 1994 zu verwenden.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Die im Beschwerdefall maßgebenden Vorschriften der Bundesabgabenordnung lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 213. (1) Bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlaß entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefaßt zu verbuchen.
§ 214. (1) In den Fällen einer zusammengefaßten Verbuchung der Gebarung sind Zahlungen und sonstige Gutschriften, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen ... Die Verbuchung von Abgabenschuldigkeiten ist ohne unnötigen Aufschub in einer von sachlichen Gesichtspunkten bestimmten Reihenfolge vorzunehmen.
§ 215. (1) Ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist."
Bei Anwendung dieser Rechtsvorschriften auf den Beschwerdefall ist zunächst festzuhalten, daß es sich bei der Umsatzsteuerschuldigkeit für den Monat Jänner 1994 um eine "wiederkehrend zu erhebende Abgabe" im Sinne des § 213 Abs. 1 BAO handelt, wofür im Grunde der eben zitierten Gesetzesstelle die Gebarung durch zusammengefaßte kontokorrentmäßige Verbuchung aller Abgabenbelastungen, Entlastungen (Verminderungen der Belastungen), der Zahlungen und aller sonstigen, aus welchem Anlaß immer entstandenen Gutschriften erfolgt (siehe hiezu Stoll, BAO-Kommentar, 2287).
Aus der in Rede stehenden kontokorrentmäßigen Verbuchung der Abgabengebarung sowie aus der in § 214 Abs. 1 BAO getroffenen Anordnung, daß die Verrechnung der Zahlungen und sonstigen Gutschriften auf die ältesten "verbuchten" Abgabenschuldigkeiten vorzunehmen ist, ergibt sich daß ein für das Abgabenkonto ausgewiesenes Guthaben nur mit verbuchten Abgabenschuldigkeiten verrechnet werden kann. Eine Umwidmung bereits verrechneter Zahlungen oder sonstiger Gutschriften auf eine der Abgabenbehörde erst später bekanntgewordene Abgabenschuldigkeit mit weiter zurückliegender Fälligkeit ist (ansonsten) ausgeschlossen (vgl. hiezu nochmals Stoll, a.a.O., 2296 f). Da § 215 Abs. 1 BAO nur im Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, insbesondere mit § 213 BAO, der in § 215 Abs. 1 BAO ausdrücklich genannt ist, und unter Bedachtnahme auf § 239 BAO ausgelegt werden kann (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1977, Zl. 1221/76, Slg.Nr. 5149/F), erfaßt die in § 215 Abs. 1 BAO getroffene Anordnung, ein (sich aus der Gebarung gemäß § 213 BAO ergebendes) Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, einerseits nur das jeweils aktuell vorhandene Guthaben und andererseits grundsätzlich nur auf dem Abgabenkonto verbuchte Abgabenschuldigkeiten.
Im Beschwerdefall wurde die Umsatzsteuerschuldigkeit für den Monat Jänner 1994 unbestrittenermaßen am 6. April 1994 - also einen Tag nach der auf Grund der erwähnten gerichtlichen Exekutionsbewilligung (Forderungspfändung) durchgeführten Auszahlung von S 138.742,62 - verbucht. Das vor der genannten Auszahlung vorhanden gewesene Abgabenguthaben des Beschwerdeführers reichte dementsprechend für eine vollständige Entrichtung der Umsatzsteuerschuldigkeit für den Monat Jänner 1994 nicht aus.
Abgesehen davon, daß auch ein Verstoß gegen § 214 Abs. 1 letzter Satz BAO nichts an der vorstehend aufgezeigten Rechtslage ändern würde kann im Beschwerdefall wegen der erwähnten großen Zahl der von der Finanzkasse des Finanzamtes nach dem 15. März 1994 zu bearbeitenden Fälle iVm dem Umstand, daß in die Zeit von drei Wochen seit Einreichung der im Beschwerdefall bedeutsamen Umsatzsteuervoranmeldung für den Monat Jänner 1994 und ihrer Verbuchung auch die Osterwoche fiel (mit dem Karfreitag und dem Ostermontag als gesetzlichen Feiertagen), von einem solchen Verstoß nicht gesprochen werden.
Da sich infolgedessen die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, am 15. April habe die in Rede stehende Abgabe mit einem Betrag von etwas weniger als dem oben genannten Auszahlungsbetrag - nämlich mit S 137.897,62 - ausgehaftet, nicht als rechtswidrig erweist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995150001.X00Im RIS seit
20.11.2000