Entscheidungsdatum
10.06.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W261 2230590-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzerin und als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die Nemetschke Huber Koloseus Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 11.03.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist seit 13.01.2006 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 von Hundert (in der Folge v.H.).
Am 24.04.2018 bzw. am 23.07.2019 unter Vorlage neuer Befunde stellte er beim Sozialministeriumservice (in der Folge "belangte Behörde" genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt und legte eine Reihe von ärztlichen Befunden vor.
Die belangte Behörde hielt in einem Aktenvermerk vom 23.09.2019 fest, dass der Beschwerdeführer Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses sei. Ein von diesem angestrebtes Feststellungsverfahren nach dem Behinderteneinstellungsgesetz habe ergeben, dass bei diesem ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 % vorliege. Die belangte Behörde entschied, dass der Gesamtgrad der Behinderung von 50 % für den Behindertenpass des Beschwerdeführers aufrecht bleibe.
Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 06.11.2019 erstatteten Gutachten vom 04.01.2020 stellte der medizinische Sachverständige fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorlägen.
Die belangte Behörde übermittelte das genannte Gutachten dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 09.01.2020 im Rahmen des Parteiengehörs und räumt ihm die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer bestimmten Frist eine Stellungnahme abzugeben.
Der Beschwerdeführer führte in seiner Stellungnahme vom 30.01.2020 durch seine anwaltliche Vertretung aus, dass er im Juli 2019 einen Bandscheibenvorfall erlitten habe, welchen der medizinische Sachverständige ebenso wie eine Knieoperation aus dem Mai 2019 gänzlich unberücksichtigt gelassen habe. Ebenso wenig habe der medizinische Sachverständige den Umstand berücksichtigt, dass der linke Fuß des Beschwerdeführers stets geschwollen sei. Aufgrund seiner vielfachen Beschwerden im Bereich des Bewegungsapparates sei der Beschwerdeführer nicht mehr in der Lage, etwa den Weg von seiner Wohnung zur nächstgelegenen Station eines öffentlichen Verkehrsmittels zu Fuß zurückzulegen. Völlig außer Betracht habe die belangte Behörde den Umstand gelassen, dass der Beschwerdeführer als Marktleiter der XXXX beruflich viel im Außendienst sei und hierfür immer wieder Wegstrecken zu Fuß zurücklegen müsse. Da er innerhalb des Marktgebietes jedenfalls seine Kontrollgänge oä zu Fuß erledigen müsse, sei es umso wichtiger, dass er zumindest bis zu seinem jeweiligen Einsatzort mit dem Auto fahren und dieses unmittelbar vor Ort abstellen könne. Die Zurücklegung der jeweiligen Wegstrecke von einer allenfalls in der Nähe gelegenen Station eines öffentlichen Verkehrsmittels bis zu seinem jeweiligen Einsatzort sei ihm aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Es sei nicht nachvollziehbar, weswegen sich der medizinische Sachverständige mit dieser Problematik bisher noch gar nicht auseinandergesetzt habe. Es sei auch nicht verständlich, weswegen lediglich ein Arzt für Allgemeinmedizin und nicht ein Facharzt für Orthopädie den Beschwerdeführer untersucht habe. Es werde beantragt, den geschilderten Sachverhalt betreffend die berufliche Situation des Beschwerdeführers im weiteren Verfahren zu berücksichtigen und einen Facharzt für Orthopädie beizuziehen und seinem Antrag stattzugeben.
Die belangte Behörde ersuchte den befassten medizinischen Sachverständigen um die Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.03.2020 führte der medizinische Sachverständige im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass aus rein medizinischer Sicht aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers keine relevanten neuen gutachterlichen Aspekte ergeben würden. Der Beschwerdeführer sei mit Schuhen ins Untersuchungszimmer gekommen, habe problemlos frei stehen und gehen können, wobei ein leichtes Kniehinken festzustellen gewesen sei. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei dem Beschwerdeführer zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vorliegen würden. Gegenteilige Befunde, welche derartige Einschränkungen objektivieren würden, hätte der Beschwerdeführer nicht vorgelegt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.03.2020 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab. Darüber hinaus führte die belangte Behörde anmerkend aus, dass über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden. Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid das eingeholte Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme in Kopie an.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine anwaltliche Vertretung fristgerecht die gegenständliche Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.
Darin brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung des Krankheitsbildes des Beschwerdeführers eine Knieoperation im Mai 2019 und einen Bandscheibenvorfall im Juli 2019 nicht berücksichtigt habe, dies gelte auch für die häufig so extreme Schwellung des linken Fußes, welche das Tragen eines normalen Schuhes unmöglich mache. Ebenso wenig habe die belangte Behörde berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer im Zuge seiner Außendiensttätigkeit häufig längere Strecken gezwungenermaßen zurücklegen habe müssen. Im Bescheid werde angeführt, dass der Beschwerdeführer in der Lage sei kurze Strecken zurückzulegen, wobei die genaue Präzisierung, was unter "kurzer Wegstrecke" zu verstehen sei, fehlen würde. Auch dadurch sei der angefochtene Bescheid mit wesentlichen Begründungmängeln behaftet, welcher im Rechtsmittelverfahren durch die Beiziehung einer ergänzenden fachmedizinischen Befundung und Beurteilung eines Sachverständigen aus dem Bereich der Orthopädie zu beheben sei. Ergänzend werde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 11.03.2020 vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden sei. Auch dieser Umstand weise zweifellos auf eine massive gesundheitliche Einschränkung des Beschwerdeführers hin, welche mit der vorliegenden erstinstanzlichen Beurteilung nicht in Einklang zu bringen sei. Es werde neuerlich eine Beurteilung eines namentlich genannten Arztes vom 27.06.2019 vorgelegt, wonach eine Arbeitsfähigkeit im Hinblick auf die orthopädischen Einschränkungen nicht gegeben sei. Es werde daher beantragt, dem Antrag des Beschwerdeführers stattzugeben, einen Facharzt für Orthopädie beizuziehen und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.
Der Beschwerdeführer schloss der Beschwerde den genannten Befund und den Bescheid der XXXX vom 11.03.2020 an.
Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 29.04.2020 vor, wo dieser am selben Tag einlangte.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.05.2020 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
Eine Einsicht in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.08.2019, Zl. W264 XXXX , mit welchem die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 03.08.2018, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers vom 24.4.2018 auf den Rechtsgrundlagen §§ 3 und 14 Abs. 1 und 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) abgewiesen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.04.2019 gemäß § 28 VwGVG ebenfalls abgewiesen wurde, ergab, dass beim Beschwerdeführer die Funktionseinschränkungen "Totalendoprothese beide Kniegelenke", "Zustand nach Bandscheibenoperation", "Krampfadernleiden" und "Zustand nach apoplektischem Insult" mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. vorliegen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.
Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers:
Allgemeinzustand: Normal. Ernährungszustand: Adipös.
Größe: 192,00 cm Gewicht: 140,00 kg Blutdruck: 150/90
Klinischer Status - Fachstatus:
Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Visus und Gehör altersentsprechend unauffällig, unauffällige Halsorgane.
Thorax/Herz/Lunge: inspektorisch und auskultatorisch unauffällig, raucht 5 Zigaretten proTag, keine Atemauffälligkeiten.
Abdomen: deutlich über TN, unauffällige Organgrenzen, keine Druckempfindlichkeit.
Obere Extremitäten: verweigert das Hochheben/Nackengriff der Arme - "das kann ich nicht" - kein Tremor.
Untere Extremitäten: Narben nach Knietotalendoprothese beidseits - mit guten funktionellen Ergebnissen - trägt links einen weißen langen Stützstrumpf, leichte Schwellung linke Sprunggelenksregion, keine sensomotorischen Defizite.
Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, ausreichend frei bewegliche HWS, lehnt jedes Vorneigemanöver ab.
Gesamtmobilität - Gangbild: Kommt mit einer Unterarmstützkrücke ins Untersuchungszimmer; kann im Zimmer selbst frei stehen und frei gehen - mit leichterem Kniehinken.
Status Psychicus: voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, absolut unkooperativ bei der Untersuchung des Stütz- und Bewegungsorganes.
Der Beschwerdeführer hat folgende Funktionseinschränkungen, welcher voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
- Degenerative, posttraumatische und postoperative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsorganen.
- Zustand nach Insult im Bereich der Arteria cerebri posterior rechts.
- Beinveneninsuffizienzen.
Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die festgestellten Gesundheitsschädigungen am Stütz- und Bewegungsapparat haben keine erhebliche Einschränkung der Mobilität zur Folge.
Das Zurücklegen von kurzen Wegstrecken von 300 bis 400 Meter ist dem Beschwerdeführer aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines Gehstockes bzw. einer Unterarmstützkrücke, da damit die Stand- und Gangsicherheit optimiert werden kann - zumutbar. Das erforderliche Hilfsmittel erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in erheblichem Ausmaß.
Es liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren noch der oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten und Funktionen vor.
Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschäden wirken sich nicht erheblich auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus. Das Verwenden von Haltegriffen und Aufstiegshilfen ebenfalls uneingeschränkt möglich.
Es liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.
Es liegt keine maßgebende Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor, durch welche eine Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel zu begründen wäre.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen, dem Wohnsitz des Beschwerdeführers im Inland und zum Behindertenpass ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Zumutbarkeit zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.01.2020, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 06.11.2019 ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Es wird auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wird zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingehend Stellung genommen und nachvollziehbar ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer - trotz der vorliegenden Funktionseinschränkungen - möglich und zumutbar ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Beim Beschwerdeführer stehen die degenerativen und operationsbedingten Funktionseinschränkungen der beiden Knie und der Wirbelsäule im Vordergrund. Trotz dieser - auch durch medizinische Befunde objektivierten - Leidenszustände ist es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Die Möglichkeit des Zurücklegens einer Wegstrecke von 300 bis 400 Meter räumt der Beschwerdeführer sowohl in seiner Stellungnahme vom 30.01.2020 als auch in seiner Beschwerde selbst ein, wenn er ausführt, dass er berufsbedingt lange Wegstrecken zu Fuß zurücklegen musste, was diesem, wenn auch beschwerlich, so doch, möglich gewesen ist.
In der Argumentation in seiner Stellungnahme vom 30.01.2020 und in seiner Beschwerde, wonach der medizinische Sachverständige die Knieoperation im Mai 2019 und die Bandscheibenoperation im Juli 2019 nicht berücksichtigt habe, übersieht der Beschwerdeführer, dass der medizinische Sachverständige in der Anamnese beide Operationen ausdrücklich anführt, was bedeutet, dass er diese sehr wohl berücksichtigte. Zudem ist eine Operation per se noch kein Grund dafür, öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen zu können. Es ist viel mehr von Bedeutung, ob trotz dieser Operation, welche naturgemäß eine Besserung der Leidenszustände zum Ziel haben wird, noch Funktionseinschränkungen verbleiben, welche es dem Beschwerdeführer verunmöglichen könnten, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Zu diesem Zwecke fand eine persönliche Untersuchung des Beschwerdeführers am 06.11.2019 statt, nach welcher der medizinische Sachverständige zu dem Ergebnis kann, dass die Leidenszustände des Beschwerdeführers kein Ausmaß erreichen, welche es ihm verunmöglichen, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Einem medizinischen Sachverständigen der Humanmedizin muss, entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers, zugebilligt werden, die bei einem von ihm befundeten Menschen vorhandene Mobilität richtig zu erkennen, und die Wahrnehmungen darüber richtig in der Verschriftlichung im Gutachten wiederzugeben. Das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachevrständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, weswegen keine Veranlassung gesehen wird, ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Orthopädie einzuholen.
Dabei wird auch die Erwägung miteinbezogen, dass in dem beim Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W264 XXXX anhängig gewesenen Beschwerdeverfahren der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. eingeschätzt wurde, was dafür spricht, dass sich dessen Gesundheitszustand insgesamt seit dem Jahr 2005, in welchem beim Beschwerdeführer Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt wurde, verbessert und nicht verschlechtert haben muss.
Auch wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausführt, dass er seit 11.03.2020 wegen Arbeitsunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wurde, so ist dem entgegen zu halten, dass es keinen zwangsläufigen Zusammenhang zwischen einer Arbeitsunfähigkeit und der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gibt. Beide Verfahren werden unabhängig voneinander geführt.
Die vom Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vorgelegte ärztliche Bestätigung vom 27.06.2019 ist ebenfalls nicht geeignet, die Unschlüssigkeit des medizinischen Sachverständigengutachtens zu belegen. Einerseits ist aus dieser Bestätigung weder eine Anamnese ersichtlich, noch aufgrund welcher Untersuchungsergebnisse die Diagnose und die Aussagen des Arztes getroffen werden. Es liegen unabhängig davon auch keine Widersprüche zwischen dieser Diagnose und den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen vor.
Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Meter ist dem Beschwerdeführer somit selbständig möglich. Auch das Ein- und Aussteigen in öffentliche Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer ohne fremde Hilfe zumutbar. Ein sicherer Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln durch Festhalten an Haltegriffen ist gewährleistet, weil keine Einschränkungen der oberen Extremitäten beim Beschwerdeführer objektiviert werden konnten.
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die folgende Krankheitsbilder umfassen: Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10, sind im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wenig besteht ein Hinweis auf eine Erkrankung des Immunsystems.
Wenn der Beschwerdeführer Umstände, welche außerhalb seines körperlichen Zustandes liegen, wie beispielsweise die weiten Wege, welcher er in seiner Arbeit zurücklegen muss, und welche es ihm nicht möglich machen, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, anführt, so ist diesbezüglich auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung zu verweisen.
Der Beschwerdeführer ist mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde dem auf einer persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.01.2020 im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens vom 04.01.2020, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 06.11.2019, und wird dieses Sachverständigengutachten in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11.03.2020 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 32/2018 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
"§ 1 ....
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. .......
2. ......
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)......"
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall relevant - Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):
...
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
...
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden..."
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist, und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Bei der Beurteilung der zumutbaren Wegstrecke geht der Verwaltungsgerichtshof von städtischen Verhältnissen und der durchschnittlichen Distanz von 300 bis 400 Metern bis zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels aus (VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen -, wurde im eingeholten Sachverständigengutachten vom 04.01.2020, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 06.11.2019, nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers - trotz der bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Mit dem Vorliegen der beim Beschwerdeführer objektivierten aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen vermag der Beschwerdeführer noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung aufgrund von erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind im Falle des Beschwerdeführers ebenfalls nicht gegeben. Eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit liegt ebenso wenig vor, wie entscheidungsmaßgebliche Einschränkungen der Sinnesfunktionen. Es kann im vorliegenden Fall außerdem keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, festgestellt werden.
Was das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, das er in seiner Tätigkeit beim Marktamt gezwungen gewesen sei, weite Wege zu Fuß zurückzulegen, so dass es ihm nicht auch noch zuzumuten sei, den Weg zu dieser Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen, so sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Berechtigung der Zusatzeintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wie bereits zuvor ausgeführt, entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258).
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Abschließend sei darauf verwiesen, dass für den Fall, dass die belangte Behörde aufgrund des im Feststellungsverfahren nach dem Behinderteneinstellungsgesetz vorliegenden medizinischen Gutachtens, welches dem Beschwerdeführer einen Grad der Behinderung von 20 v.H. attestiert, beabsichtigen sollte, den Behindertenpass amtswegig einzuziehen, so liegen die Grundvoraussetzung für die Vornahme der Zusatzeintragung in den Behindertenpass, nämlich das der Beschwerdeführer Inhaber eines Behindertenpasses ist, jedenfalls nicht vor. Nachdem die belangte Behörde offensichtlich bis dato noch keine amtswegige Einziehung des Behindertenpasses nach § 43 BBG vornahm, hat das Bundesverwaltungsgericht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach wie vor Inhaber eines Behindertenpasses ist.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde, auf das über Veranlassung der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht sowie eine Ergänzung zu diesem Sachverständigengutachten, welche auf alle Einwände und vorgelegten Befunde des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingehen, und welchen der Beschwerdeführer im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers und damit verbunden die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG - trotz dem in der Beschwerde gestellten Antrages auf eine mündliche Verhandlung - nicht entgegen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W261.2230590.1.00Im RIS seit
24.09.2020Zuletzt aktualisiert am
24.09.2020