TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/10 W261 2225300-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.06.2020
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Entscheidungsdatum

10.06.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W261 2225300-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzerin und Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Behindertenpass des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich vom 15.10.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 12.03.2019 erstmals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) und auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO und legte ein Konvolut an medizinische Befunden bei.

Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 03.09.2019 erstatteten Gutachten vom 16.09.2019 stellte die medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen "Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen mittleren Grades bei chronischer Lumbalgie mit pseudoradikulärer Ausstrahlung, Pseudosponylolisthes L4/L5 Grad I-II, ohne neurologische Ausfälle und multisegmentale Abnützungen im Halswirbelbereich, Depression mit Somatisierungestendenz, Chronisches Schmerzsyndrom g. z., Implantierte Kniegelenksprothesen beidseits mit gutem Prothesensitz und guter Beweglichkeit, Schultergelenk, Schultergürtel- Funktionseinschränkungen geringen Grades beidseits bei Zustand nach lateraler Claviularesektion links und Gelenksersatz rechts, Hernia paraumbilicalis mit Herniation von mesenterialem Fettgewebe in die Weichteile der Bauchdecke, Sigmadivertikulose, Sehbehinderung beidseits, Zustand nach Netzhautablösung und Laserkoagulation links, Harninkontinenz" und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert (in der Folge vH) fest. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass würden nicht vorliegen.

Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführer dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 16.09.2019 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.

Die belangte Behörde teilte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14.10.2019 mit, dass diese in den nächsten Tagen einen Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. und mit den Zusatzeintragungen "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" und die "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" zugestellt erhalten werde.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.10.2019 wies diese den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab.

Mit Schreiben vom 15.10.2019 übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin den ausgestellten Behindertenpass, welchem Bescheidcharakter zukommt.

Die Beschwerdeführerin erhob mit Eingabe vom 29.10.2019 (Datum des Poststempels) fristgerecht sowohl gegen den ausgestellten Behindertenpass als auch gegen den Bescheid, wonach der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen wurde, Beschwerden. Dabei brachte sie zusammengefasst vor, dass sie zwei Kniegelenke und ein Schultergelenk habe, trotzdem würde sie Schmerzen empfinden und sei in der Motorik eingeschränkt, sei bei Hitze und Kälte empfindlich, könne nicht lange stehen oder gehen und sei auf Hilfsmittel und Medikamente angewiesen. Sie habe Probleme in der Wirbelsäule, wobei sie Gleitwirbel bei L4/L4 ebenso habe, wie Entzündungen in der gesamten Wirbelsäule. Sie leide unter starken Schmerzen beim Gehen, Sitzen auch beim Liegen, habe teilweise Ausfälle bei den Beinen und könne teilweise nicht einmal gerade gehen. Sie sei im Jahr 2017 drei Mal wegen eines Nabelbruches operiert worden, habe lange Entzündungen gehabt und ihr Bauchnetz sei kaputt. Sie habe viele Vernarbungen und immer wieder Brüche und könne sich schlecht bücken. Beim Stuhlgang müsse sie sich die Bauchdecke halten, sie könne nicht lange in Bauchlage liegen. Sie könne auch nicht schwer heben, weil dann die Gefahr bestehe, dass alles wieder reißen werde. Sie sei auf beiden Augen am Grauen Star operiert worden. Beide Augen seien ein Jahr nach der Operation gelasert worden. Sie sei am 19.06.2019 am linken Auge durch eine Netzhautablösung erblindet. Sie sei zwei Mal operiert worden, sie habe eine Sehnerv- und Muskelschwäche und leide unter 80% Sichtfeldeinschränkung, was zu Problemen beim Lesen und beim Stiegen steigen führe, weil sie nicht erkennen würde, wo die Stufe ende und habe noch weitere Probleme. Sie könne nicht Auto fahren und auch nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, da sie Probleme beim Aus- und Einsteigen habe. Sie leide unter Arthrosen in den Handgelenken und in den Fingern, welche besonders bei Kälte oder Nässe sehr schmerzhaft seien. Ihre Finger seine oft ganz taub, sie habe kein Fingergefühl mehr. Sie leide sowohl an Stuhl- als auch an Harninkontinenz. Wenn sie Stuhlgang verspüre, müsse sie sofort ein WC aufsuchen. Sie könne den Enddarm nicht ganz entleeren und müsse nach jedem Stuhlgang nach 20 Minuten ein Zäpfchen einführen, damit sich ihr Enddarm entleere, die Entleerung dauere dann ca. zwei Stunden. Sie könne auch Gase nicht zurückhalten. Sie habe Probleme mit der Harnblase, sie verliere Harn, ohne einen Drang zu haben und könne den Urin nicht zurückhalten. Sie brauche immer allein ein WC, um ihre Höschenwindel zu wechseln. Sie benötige Hilfe im Haushalt, teilweise auch bei der Körperpflege. Sie brauche jemanden, der sie zum Arzt, zur Apotheke, zur Therapie, zur Bank oder zum Einkaufen bringe. Sie könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie sie zur Arbeit kommen und wie sie eine Arbeit verrichten solle. Wegen der Schmerzen habe sie wenig Schlaf und sei immer müde und unkonzentriert. Sie finde es auch entwürdigend, sie mit ihrer Windel wegen der Harninkontinenz in eine Arbeit zu schicken. Sie ersuche zu überdenken, ob ein Grad der Behinderung von 50 v.H. nicht zu wenig sei. Sie habe auch Depression und Panikattacken und sei nicht mehr geschäftsfähig.

Die belangte Behörde legte die Aktenvorgänge dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 12.11.2019 vor, wo dieser am selben Tag ein langte.

Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes holte das Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. Das aufgrund einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 24.01.2020 erstattete Gutachten vom 20.02.2020 kam zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, an einem chronischen Schmerzsyndrom, an einer Knietotalendoprothese links, Halbschlittenprothesen des rechten Kniegelenkes, an einer inversen Schulterprothese rechts, Zustand nach lateraler Clavicularesektion links und Arthroskopie linker Schulter, Hernia umbillicalis mit Herniation von Fettgewebe, Sigmadivertikulose, Rectozele, einer geringgradigen Sehstörung beidseits, Visus mit Korrektur beidseits 0,7, Zustand nach Netzhautablösung und Laserkoagulation links, einer Blasenfunktionsstörung, einem Carpaltunnelsyndrom beidseits, an einem Restless legs Syndrom und unter Schlupflidern leide. Der Gesamtgrad der Behinderung betrage 40 %. Das Leiden 1 werde durch die Leiden 2 und 3 gemeinsam um eine Stufe erhöht, da im Zusammenwirken eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege. Es sei zu einer Abänderung des bisher vorliegenden Ergebnisses aus dem Grunde gekommen, weil Leiden 1 auf Grundlage der vorliegenden Befunde neu zu bewerten gewesen sei. Leiden 2 sei neu bezeichnet, jedoch in der Bewertung gleichgeblieben. Leiden 3 bis 5 seinen unverändert eingestuft worden, Leiden 6 sei neu berücksichtigt worden, die Leiden 7 und 8 seinen unverändert eingestuft worden und die Leiden 9 bis 11 seien neu hinzukommen, weil diese objektivierbar seien. Der Gesamtgrad der Behinderung werde um eine Stufe herabgesetzt, weil Leiden 1 neu bewertet werde.

Das Bundesverwaltungsgericht brachte den Parteien des Verfahrens das Ergebnis der Beweisaufnahme mit Schreiben vom 02.04.2020 zur Kenntnis und räumte ihnen eine Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme ein.

Keine der Parteien gab dazu eine Stellungnahme ab.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.05.2020 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin ist, und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 12.03.2019 bei der belangten Behörde ein.

Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand: BMI 35.

Größe 160 cm, Gewicht 90 kg, Alter: 60 Jahre

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, geringgradige Dermatochalasis beidseits (Schlupflider).

Thorax: symmetrisch, elastisch.

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: Bauchdecke: Narbe im Bereich des Nabels, kleine Vorwölbung im Sinne eines Fettbürzels, keine Bruchpforte tastbar, dabei Schmerzangabe, sonst klinisch unauffällig. Fettschürze, Unterbauch seitlich ausladend, jedoch keine Hernienvorwölbung. Integument: unauffällig. Windelhose wird getragen: unbenützt. Anus: äußerlich unauffällig, keine Verunreinigung, unauffällige Kontur der Analschleimhaut, aktive Kontraktion des Schließmuskels: unauffällig. Während der gesamten Begutachtungssituation kein Entweichen gasförmigen Inhalts wahrnehmbar.

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänderin. Der Schultergürtel steht annähernd horizontal, annähernd symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Bereich von Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger beidseits als gestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Handgelenk, Finger unauffällig, Feinmotorik unauffällig, Ellbogengelenke unauffällig.

Schultergelenk rechts: Narbe nach Totalendoprothese ventral von etwa 8 cm, nicht verkürzt, keine Krepitation, kein Hinweis für Ruptur der Rotatorenmanschette. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S beidseits 0/1 00, IRIAR rechts 60/0/15, links 60/0/30, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen nach dem Aufstehen von Untersuchungsliege kurzfristig unsicher, Stehen mit Anhalten sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu einem Drittel möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Annähernd symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich der Zehen rechts als gestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Kniegelenk rechts: Narbe nach Halbschlittenprothese medial, geringgradige Umfangsvermehrung, keine Überwärmung, kein Erguss, stabil.

Kniegelenk links: Narbe nach Knietotalendoprothese, geringgradige Umfangsvermehrung, keine Schwellung, kein Erguss, stabil, Patella beidseits deutlich verbacken Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften frei, Knie aktiv rechts 015/1 10, links 0/0/100, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits aktiv bis 20 0, passiv bis 600 bei KG 5 unter Schmerzangabe in der LWS möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, Klopfschmerz über der gesamten Wirbelsäule.

Aktive Beweglichkeit: HWS: Rotation 600, Seitneigen 300

BWS/LWS: FBA: abgelehnt wegen Schwindels, Rotation und Seitneigen jeweils 200 Lasegue beidseits negativ, Muskeleigenreflexe UE nicht auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Unterarmstützkrücken, das Gangbild mit Schuhen und Krücken ist weitgehend flüssig und harmonisch, Gangbild barfuß ohne Anhalten ist mäßig kleinschrittig und verlangsamt, Gehen in einer Linie möglich, bei geschlossenen Augen leichtes Schwanken. Romberg geringgradig ungerichtetes Schwanken. Richtungswechsel mit Anhalten sicher möglich. Gesamtmobilität: nach dem Aufsetzen vom Liegen auf der Untersuchungsliege wird heftige Schwindelsymptomatik angegeben, nach einiger Zeit Besserung.

Das Aus- und Ankleiden wird Großteils selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage klagsam, agitiert.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule

2. Chronisches Schmerzsyndrom

3. Knietotalendoprothese links, Halbschlittenprothesen des rechten Kniegelenkes

4. Inversen Schulterprothese rechts, Zustand nach lateraler Clavicularesektion links und Arthroskopie linker Schulter

5. Hernia umbilicalis mit Herniation von Fettgewebe

6. Sigmadivertikulose, Rektozele

7. Geringgradigen Sehstörung beidseits, Visus mit Korrektur beidseits 0,7, Zustand nach Netzhautablösung und Laserkoagulation links

8. Blasenfunktionsstörung

9. Carpaltunnelsyndrom beidseits

10. Restless legs Syndrom

11. Schlupflider

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 v. H.

Zustand nach Operation im Bereich des äußeren (intraepitheliale Neoplasie) stellt ohne Nachweis eines Rezidivs kein behinderungsrelevantes Leiden dar.

Ein einschätzungswürdiges Leiden der Atmungsorgane ist nicht durch aktuelle fachärztliche Befunde belegt.

Das Leiden 1 wird durch die Leiden 2 und 3 jeweils um eine Stufe erhöht, da im Zusammenwirken jeweils ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussungen vorliegen.

Die weiteren Leiden erhöhen nicht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken mit dem führenden Leiden 1 besteht.

Die Voraussetzungen für folgende Zusatzeintragungen liegen vor:

"Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" und

"Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese".

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich der Antragsstellung basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland basieren auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.02.2010, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 24.01.2020.

Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die medizinische Gutachterin setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen und mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in deren Beschwerde auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Im Unterschied zu dem seitens der belangten Behörde eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 16.09.2019 ist das neue Leiden 1 "Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule" nunmehr nach der Position "Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren Grades" nach Position 02.01.02 der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. eingestuft. Im medizinischen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 16.09.2019 war dieses Leiden nach derselben Position jedoch mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. eingestuft gewesen. Die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene medizinische Sachverständige für Orthopädie begründete diese Neueinschätzung des Leidens 1 im Wesentlichen damit, dass bei der Beschwerdeführerin nach den von ihr vorgelegten Befunden geringgradige Veränderungen in der bildgebenden Diagnostik sichtbar sind, und eine Lumboischialgie beidseits mit pseudoradikulärer Ausstrahlung mit mäßigen bis mittelgradigen funktionellen Einschränkungen ohne objektivierbare Wurzelreizzeichen besteht.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde bezeichnete die medizinische Sachverständige das Leiden 2 neu und wählte auch eine andere Positionsnummer der Einschätzungsverordnung, wobei der Grad der Behinderung mit 30 v.H. gleich blieb. Die Leiden 6, 9, 10 und 11 sind neu hinzugekommen. Die Leiden 3, 4, 5, 7 und 8 stufte auch die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene medizinische Sachverständige gleich ein.

Damit geht die Sachverständige geht in ihrem Gutachten vom 20.02.2020 ausführlich auf sämtliche Einwendungen und Befunde der Beschwerdeführerin in der Beschwerde ein.

Entgegen den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen kommt das Bundesverwaltungsgericht bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung zum Ergebnis, dass die Leiden 2 und 3 nicht gemeinsam, sondern jedes Leiden für sich das führende Leiden 1 jeweils um eine Stufe erhöhen, so dass der Gesamtgrad der Behinderung nicht, wie dies die vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene medizinische Sachverständige ausführte, 40 v.H., sondern nach wie vor 50 v.H. beträgt. Dazu wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Die Beschwerdeführerin gab zum medizinischen Sachverständigengutachten trotz des ihr eingeräumten Parteiengehörs keine Stellungnahme ab. Die Beschwerdeführerin ist damit den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgericht bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und grundsätzlichen Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 20.02.2020. Es wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung, mit Ausnahme der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung, welche eine Rechts- und keine Tatsachenfrage ist, zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46 Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung beträgt 12 Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

..."

Die maßgebliche Bestimmung der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen, BGBl. II. Nr. 495/2013 idgF BGBl. II Nr. 263/2016 lautet:

"§ 1 Abs. 4 Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa, dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

...

i) eine Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, aufweist; diese Eintragung ist bei Funktionsbeeinträchtigungen im Sinne der Abschnitte 07 und 09 der Anlage zur Einschätzungsverordnung sowie bei Malignomen des Verdauungstraktes im Sinne des Abschnittes 13 der Anlage zur Einschätzungsverordnung entsprechend einem festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 20% vorzunehmen.

...

l) Träger/Trägerin einer Prothese ist.

..."

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Beim Leiden 1 der Beschwerdeführerin handelt es sich um degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, welche die medizinische Sachverständige richtig nach Position 02.01.02 der Einschätzungsverordnung der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. einstufte. Dabei berücksichtigte diese, dass bei der Beschwerdeführerin mäßige radiologische Veränderungen und mittelgradige funktionelle Einschränkungen ohne objektivierbare Wurzelreizzeichen vorliegen.

Das Leiden 2 der Beschwerdeführerin ist ein chronisches Schmerzsyndrom, welches die medizinische Sachverständige richtig nach Position 04.11.02 der Einschätzungsverordnung als mittelschwere Verlaufsform im unteren Bereich dieser Position mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. einstufte, da opioidhaltige Analgetika mit ausreichender Schmerzkrupierung und depressiver Begleitreaktion ohne Nachweis neurlogischer Defizite bei der Beschwerdeführerin vorliegen.

Das Leiden 3 sind eine Knietotalendoprothese links und eine Halbschlittenprothese beim rechten Kniegelenk, welche die medizinische Sachverständige richtig nach Position 02.05.19 der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. im oberen Rahmenbereich dieser Position einstufte, weil beidseitig geringgradige Funktionseinschränkungen vorliegen. Damit liegen auch die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" vor.

Das Leiden 4 ist eine inverse Schulterprothese rechts und bei einem Zustand nach lateraler Clavicularesektion links (Teilentfernung des Schlüsselbeins) und eine Arthroskopie der linken Schulter, welche die medizinische Sachverständige richtig nach Position 02.06.02 mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. der Einschätzungsverordnung einstufte, weil beidseitig geringgradige Funktionseinschränkungen vorliegen. Damit liegen auch die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaber/Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" vor.

Das Leiden 5 der Beschwerdeführerin ist eine Hernia umbilicalis (Nabelbruch) mit Herniation (pathologisches Hervortreten von Gewebe) von Fettgewebe, welche die medizinische Sachverständige richtig nach Position 07.08.01 der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. um eine Stufe über den unteren Rahmensatz einstufte, da ein Zustand nach mehrfachen Operationen der Bauchdecke vorliegt und eine Bindegewebeschwäche besteht. Mit dieser Einstufung sind auch die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" gegeben.

Das Leiden 6 der Beschwerdeführerin ist eine Sigmadivertikulose (Entzündung eines Abschnittes des Dickdarmes vor dem Enddarm) und Rektozele (Aussacken der Mastdarmvorwand in Richtung Scheide), welche die medizinische Sachverständige richtig nach Position 07.04.04 der Einschätzungsverordnung als chronische Darmstörung leichten Grades ohne chronische Schleimhautveränderung mit einem Grad der Behinderung von 20 v.H. einstufte, weil bei der Beschwerdeführerin die Neigung zu Obstipation (Verstopfung) besteht. Sie berücksichtigte damit auch das entsprechende Beschwerdevorbringen. Mit dieser Einstufung sind auch die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor" gegeben.

Das Leiden 7 der Beschwerdeführerin ist eine geringgradigen Sehstörung beidseits, Visus mit Korrektur beidseits 0,7, Zustand nach Netzhautablösung und Laserkoagulation links, welche die medizinische Sachverständige richtig nach Position 11.02.01, Tabelle, Zeile 2, Kolonne 2 der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 10 v.H. einstufte.

Beim Leiden 8 der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Blasenfunktionsstörung, welche die medizinische Sachverständige richtig nach Position 08.01.06 der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 10 v.H. im unteren Rahmensatz einstufte, da eine Mischinkontinenz leichten Grades vorliegt und keine Restharnbildung gegeben ist.

Das Leiden 9 der Beschwerdeführerin ist ein Carpaltunnelsyndrom beidseits, welches die medizinische Sachverständige richtig nach Position 04.05.06 der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 10 v.H. einstufte, weil beidseits sensible Störungen des Nervus medianus vorliegen.

Das Leiden 10 der Beschwerdeführerin ist ein Restless legs Syndrom, welches die medizinische Sachverständige richtig nach Position 04.11.01. der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 10 v.H. im unteren Rahmensatz einstufte, weil dieses Syndrom medikamentös stabilisiert ist.

Das Leiden 11 der Beschwerdeführerin sind Schlupflider, welche die medizinische Sachverständige richtig nach Position 11.02.04 der Einschätzungsverordnung mit einem Grad der Behinderung von 10 v.H. einstufte, weil bei der Beschwerdeführerin geringfügige Einschränkungen des Gesichtsfeldes dadurch gegeben sind.

Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).

Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung grundsätzlich das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 20.02.2020 beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 24.01.2020 zu Grunde gelegt.

Entgegen den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen kommt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass sowohl Leiden 2 als auch Leiden 3 jeweils für sich das führende Leiden 1 um je eine Stufe erhöhen, weil eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht. Daraus folgt, dass bei der Beschwerdeführerin nach wie vor ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. vorliegt, und diese damit nach wie vor die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt.

Eine höhere Gesamteinstufung des Grades der Behinderung, wie dies die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde begehrt, ist nach dem durchgeführten Ermittlungsergebnis nicht objektivierbar, weswegen deren Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen ist.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste der Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. Beide Parteien haben keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W261.2225300.1.00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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