TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/20 G310 2233035-1

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Veröffentlicht am 20.07.2020
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Entscheidungsdatum

20.07.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1

Spruch

G310 2233035-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch Dr. XXXX , Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.06.2020, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:

A)       Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

C)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) hält sich seit 1990 durchgehend in Österreich auf und wurde ihm am 16.04.2010 ein bis 16.04.2015 gültiger Lichtbildausweis für EWR-Bürger ausgestellt. Er absolvierte in Österreich die Volksschule, drei Jahre Hauptschule und ein Jahr Sonderschule. Es folgte eine Lehre, wobei nicht bekannt ist, ob der BF diese abgeschlossen hat. Mit Beschäftigungszeiten von 01.11.2004 bis 31.08.2005, am 27.02.2007 sowie am 01.03.2007 weist der BF lediglich kurzfristige Beschäftigungszeiten im Bundesgebiet auf. Seitdem bezog der BF bis 04.02.2020 Leistungen des Arbeitsmarktservice liegt nicht vor. Er ist ledig. Im Bundesgebiet leben seine Lebensgefährtin, ein Sohn aus einer früheren Beziehung, seine Mutter und seine Schwester.

Aufgrund strafrechtlicher Vorverurteilungen wurde bereits 2010 ein Aufenthaltsverbot gegen den BF erlassen. In weiterer Folge wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom XXXX .2013, XXXX , der Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich vom XXXX .2012, XXXX , behoben, da eine Aufenthaltsverfestigung vorliege.

In weiterer Folge wurde der BF erneut straffällig und weist insgesamt 20 strafrechtliche Vorverurteilungen auf.

Zuletzt wurde er mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX 2020, XXXX , wegen §§ 107 Abs. 1, 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Laut Vollzugsinformation fällt das Strafende auf den 16.03.2022.

Mit dem Schreiben vom 02.04.2020 forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den BF auf, sich zu der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu äußern und konkrete Fragen zu seinen persönlichen Verhältnissen zu beantworten. Der BF erstattete eine entsprechende Stellungnahme, in der er alle Fragen beantwortete.

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß §67 Abs. 1 und 2 FPG ein siebenjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit einem Verweis auf die strafgerichtliche Verurteilungen begründet.

In der Beschwerde, die sich gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, beantragte der BF die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Hierzu wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die zu verbüßende Haftstrafe länger dauern werde und daher keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gegeben sei. Im Falle der Abschiebung sei die Fortführung einer medizinischen Behandlung (Entzugstherapie) nicht möglich, was einer Folter gleichkomme.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und den angefochtenen Bescheid vor.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, der Beschwerde, dem Sozialversicherungsdatenauszug und des Gerichtsakts des BVwG.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Die Beschwerde richtet sich (unter anderem) gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat darüber gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise der betroffenen EWR-Bürger oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Die Aberkennung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des BF geboten ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.

Der Eintritt der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots ist gemäß § 70 Abs. 1 letzter Satz FPG für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

Zumal gar keine Anhaltspunkte für eine unmittelbar bevorstehende Entlassung aus der Strafhaft bestehen, ist es nicht notwendig, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen. Da sich der BF nach der Aktenlage schon seit 1990 in Österreich aufhält, besteht bei seiner Abschiebung nach Rumänien überdies die Gefahr einer Verletzung seiner nach Art 8 EMRK geschützten Rechte, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist. Aus diesen Gründen ist Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids zu beheben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.


Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2233035.1.00

Im RIS seit

24.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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