Entscheidungsdatum
29.07.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
G311 2199611-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Slowakei, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.06.2018, Zahl XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.06.2018, der Beschwerdeführerin am 14.06.2018 durch Hinterlegung zugestellt, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm.
§ 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihr gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Beschwerdeführerin bereits seit 2012 im Bundesgebiet aufhalte, aber die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von über drei Monaten bisher nicht habe erfüllen können. Ihre drei (erwachsenen) Kinder würden in Österreich leben. Die Beschwerdeführerin lebe bei einer ihrer Töchter und deren Ehemann, sie würde eine weitere geschiedene Tochter mit drei minderjährigen Kindern unterstützen und mit einer ihrer Töchter mitversichert. Jedoch sei sie bisher in Österreich keiner sozialversicherten Erwerbstätigkeit nachgegangen oder habe sich – schon aufgrund ihres Alters – erfolgsversprechend als arbeitssuchend gemeldet. Es lägen keine Nachweise für das Vorliegen ausreichender finanzieller Mittel oder eine Haftungserklärung vor. Die Kinder der Beschwerdeführerin würden zwischenzeitlich ebenfalls immer wieder Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehen, es sei daher nicht nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführerin ausreichend Unterhalt geleistet würde. Es lägen daher die Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes von über drei Monaten im Bundesgebiet nicht vor. In Anbetracht des Umstandes, dass sich die Beschwerdeführerin jedenfalls immer wieder drei Monate im Bundesgebiet aufhalten dürfe, läge auch kein maßgeblicher Eingriff in ihre Rechte nach Art. 8 EMRK vor.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz der bevollmächtigten Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 27.06.2018, beim Bundesamt am selben Tag einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufheben und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin 2012 nach Österreich gezogen sei um hier ihre Kinder, vor allem eine ihrer geschiedenen Töchter mit drei minderjährigen Enkelkindern, zu unterstützen. Sie bemühe sich um eine Arbeitsstelle und schicke Bewerbungen aktiv zu. Ihre Deutschkenntnisse seien jedoch mittelmäßig. Sie habe soziale Kontakte zu vielen österreichischen Staatsangehörigen, bisher keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen und sei strafgerichtlich unbescholten. Ihr Verhalten stelle auch keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet sein notwendig, um ihre familiären Beziehungen aufrecht zu erhalten. Eine Haftungserklärung ihrer Kinder, welche für ihren Unterhalt aufkämen, könne vorgelegt werden. Es bestehe daher kein begründeter Verdacht, dass der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführerin zur finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 29.06.2018 ein.
Mit Dokumentenvorlage vom 20.08.2018 wurde eine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) über eine geringfügige Beschäftigung der Beschwerdeführerin ab 07.08.2018 vorgelegt.
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.06.2020 wurde die Beschwerdeführerin zu einer Stellungnahme binnen eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens im Rahmen des ihr gewährten Parteiengehörs sowie um Übermittlung von Beweismitteln hinsichtlich ausreichender Existenzmittel sowie eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes aufgefordert.
Eine Stellungnahme langte bis dato nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Republik Slowakei (vgl etwa Fremdenregisterauszug vom 22.06.2020; darüber hinaus unstrittig).
Die Beschwerdeführerin ist geschieden und lebt seit einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2012 in Österreich, wo auch ihre drei erwachsenen Kinder mit ihren Familien leben. Sie weist im Zentralen Melderegister nachfolgende Wohnsitzmeldungen auf (vgl Auszug vom Zentralen Melderegister vom 22.06.2020):
04.05.2012-12.06.2012 Nebenwohnsitz bei einer Tochter
12.06.2012-09.09.2013 Nebenwohnsitz bei einer Tochter
09.09.2013-laufend Hauptwohnsitz bei einer Tochter
Sie ging im Bundesgebiet bisher nur für zwei Tage einer geringfügigen Beschäftigung als Arbeiterin (von 06.12.2018 bis 07.12.2018) nach. Dass sich die Beschwerdeführerin zur Arbeitssuche beim AMS gemeldet hätte, konnte nicht festgestellt werden. Sie bezog bisher weder Leistungen aus der Arbeitslosen- oder Krankenversicherung und auch keine Sozialhilfeleistungen. Sie war eine Zeit lang als „Haushaltführerin“ mit einer ihrer Töchter mit krankenversichert. Zum Entscheidungszeitpunkt liegt jedoch keine gesetzliche Krankenversicherung der Beschwerdeführerin (auch nicht als mitversicherte Angehörige) vor. Ob eine entsprechende private Krankenversicherung vorliegt, konnte nicht festgestellt werden (vgl Sozialversicherungsdatenauszüge vom 22.06.2020 und vom 17.07.2020).
Am 14.10.2013 stellte die Beschwerdeführerin bei der zuständigen Niederlassungsbehörde einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmerin nach § 51 Abs. 1 Z 1 NAG. Mangels Nachweises entsprechender Voraussetzungen trotz mehrfacher Aufforderung wurde das Bundesamt von der Niederlassungsbehörde mit Schreiben vom 14.10.2016 um Prüfung einer Aufenthaltsbeendigung iSd § 55 Abs. 3 NAG ersucht (vgl aktenkundiges Schreiben, AS 1). Bis dato verfügte die Beschwerdeführerin über keine Anmeldebescheinigung (vgl auch Fremdenregisterauszug vom 22.06.2020).
Eine der Töchter der Beschwerdeführerin, Petra XXXX , ist geschieden und lebt mit ihren drei Kindern in Österreich. Eine weitere Tochter, XXXX bzw. XXXX , lebt ebenfalls in Österreich und ist verheiratet. Die Beschwerdeführerin lebt mit ihr im gemeinsamen Haushalt und war zwischenzeitlich mit ihr als Angehörige krankenversichert. Der Sohn der Beschwerdeführerin, XXXX , lebt ebenfalls in Österreich und ist verheiratet (vgl Auszüge aus dem Zentralen Melderegister vom 22.06.2020 und 17.07.2020; Sozialversicherungsdatenauszug vom 01.02.2018, AS 9; Angaben in der Stellungnahme vom 22.02.2018, AS 15, und vom 11.06.2018, AS 20; aktenkundige Sozialversicherungsdatenauszüge, AS 19 ff).
Ob die Beschwerdeführerin in der Slowakei noch familiäre oder persönliche Beziehungen hat, konnte nicht festgestellt werden.
Dass die Beschwerdeführerin selbst über ausreichende Mittel zu ihrem Unterhalt verfügt oder ob, von wem und in welcher Höhe ihr Unterhalt von ihren Kindern konkret gewährt wird, konnte nicht festgestellt werden. Eine Haftungserklärung liegt nicht vor.
Die Beschwerdeführerin verfügt über keine maßgeblichen Deutschkenntnisse. Es konnte nicht festgestellt werden, dass sie einen Deutschkurs oder eine Deutschsprachprüfung abgeschlossen hat.
Die Beschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten (vgl Strafregisterauszug vom 22.06.2020).
Die Beschwerdeführerin hat bisher keinen weiteren Versuch unternommen, ihren fortgesetzten Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren.
2. Beweiswürdigung:
Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde sowie dem Auszug aus dem Fremdenregister.
Das Bundesverwaltungsgericht nahm hinsichtlich der Beschwerdeführerin neuerlich Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister und in die aktuellen Sozialversicherungsdaten. Auch hinsichtlich einer der Töchter der Beschwerdeführerin wurde ein neuer Auszug aus dem Zentralen Melderegister eingeholt. Die Auszüge sind aktenkundig.
Mangels Mitwirkung und Stellungnahme konnte keine abschließenden Feststellungen dazu getroffen werden, ob, von wem und in welcher Höhe die Beschwerdeführerin von ihren in Österreich lebenden Kindern tatsächlich Unterhalt erhält. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass sie sonst über ausreichende finanzielle Mittel oder eine allfällige, alle Risiken abdeckende private Krankenversicherung verfügt sowie welche familiären oder privaten Beziehungen sie in der Slowakei noch hat. Auch zu etwaigen Deutschkenntnissen konnten mangels Nachweisen keine näheren Feststellungen getroffen werden. Die Beschwerdeführerin gab jedoch in der Beschwerde selbst an, mangels entsprechender Deutschkenntnisse Probleme bei der Arbeitssuche (neben ihrem Alter) zu haben. Die in der Beschwerde in Aussicht gestellten Haftungserklärungen wurden dem Gericht bis dato nicht vorgelegt. Von der mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.06.2020 eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme wurde kein Gebrauch gemacht.
Dem Vorbringen nach verfügt die Beschwerdeführerin über Freunde im Bundesgebiet. Konkretere Angaben zum Privatleben der Beschwerdeführerin, insbesondere um welche Freunde es sich handelt oder ob sie sich sonst in irgendeiner Weise sozial oder ehrenamtlich engagiert, wurden nicht erstattet.
Ein nachhaltiges und tatsächliches Abhängigkeitsverhältnis zu den in Österreich lebenden Familienangehörigen wurde nicht substanziiert vorgebracht und hat sich ein solches aus dem vorliegenden Akteninhalt auch sonst nicht ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 8 FPG ist EWR-Bürger ein Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:
„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“
Der mit „Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern“ betitelte § 52 NAG lautet:
„§ 52. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. Ehegatte oder eingetragener Partner sind;
2. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
3. Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;
4. Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder
5. sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,
a) die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,
b) die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder
c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.
(2) Der Tod des zusammenführenden EWR-Bürgers, sein nicht bloß vorübergehender Wegzug aus dem Bundesgebiet, die Scheidung oder Aufhebung der Ehe sowie die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft mit ihm berühren nicht das Aufenthaltsrecht seiner Angehörigen gemäß Abs. 1.“
Der mit „Anmeldebescheinigung“ betitelte § 53 NAG lautet:
„§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.
(2) Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie folgende Nachweise vorzulegen:
1. nach § 51 Abs. 1 Z 1: eine Bestätigung des Arbeitgebers oder ein Nachweis der Selbständigkeit;
2. nach § 51 Abs. 1 Z 2: Nachweise über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz;
3. nach § 51 Abs. 1 Z 3: Nachweise über die Zulassung zu einer Schule oder Bildungseinrichtung und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz sowie eine Erklärung oder sonstige Nachweise über ausreichende Existenzmittel;
4. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;
5. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3: ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern ab Vollendung des 21. Lebensjahres und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung;
6. nach § 52 Abs. 1 Z 4: ein Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger;
7. nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates der Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen.“
Gemäß § 53a Abs. 1 NAG erwerben EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52 NAG), unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 NAG nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate“ betitelte § 55 NAG lautet:
„§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ quotenfrei zu erteilen.
(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Gemäß § 66 Abs. 1 FPG können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
Gemäß § 70 Abs. 1 FPG werden die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Fallbezogen ergibt sich daraus:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Republik Slowakei und damit EWR-Bürgerin im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG bzw. Unionsbürgerin der Europäischen Union.
Wie sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung ergibt, ist die Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes in Österreich weder Arbeitnehmerin oder Selbstständige (§ 51 Abs. 1 Z 1 NAG) oder ist der Hauptzweck ihres Aufenthaltes eine Ausbildung iSd § 51 Abs. 1 Z 3 NAG.
Im Rahmen der Prüfung des Tatbestandes des § 51 Abs. 1 Z 2 und Z 3 NAG ist (unter anderem) zu beurteilen, ob der Unionsbürger für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und ein umfassender Krankenversicherungsschutz besteht, sodass während des Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedsstaats in Anspruch genommen werden müssen. Für das Vorliegen ausreichender Existenzmittel genügt, wenn dem Unionsbürger die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen; hingegen stellt die Bestimmung keine Anforderungen an die Herkunft der Mittel, sodass diese auch von einem Drittstaatsangehörigen – etwa dem Elternteil des betroffenen Unionsbürgers – stammen können (vgl VwGH vom 12.12.2017, Ra 2015/22/0149, mit Verweis auf EuGH vom 19.10.2004, Zhu und Chen, C-200/02; EuGH vom 16.07.2015, Singh u., C-218/14).
Bei der Beurteilung, ob ein Unionsbürger über ausreichende Existenzmittel verfügt, um ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Abs. 1 lit. B der Freizügigkeitsrichtlinie – in Österreich umgesetzt durch § 51 Abs. 1 Z 2 NAG 2005 – in Anspruch nehmen zu können, ist eine konkrete Prüfung der wirtschaftlichen Situation jedes Betroffenen vorzunehmen, ohne die beantragten Sozialleistungen zu berücksichtigen, was notwendig impliziert, dass die Beantragung von Sozialleistungen und allenfalls ein Bezug derselben nicht schon per se bedeutet, dass keine ausreichenden Existenzmittel vorliegen (vgl. VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0132, mit Verweis auf EuGH vom 11.11.2014, Dano, C-333/13; EuGH vom 19.09.2013, Brey, C-140/12).
Verfügt der Antragsteller nicht über ausreichende Existenzmittel, so kann er kein Recht auf Aufenthalt im Aufnahmemitgliedsstaat nach der Unionsbürgerrichtlinie geltend machen und sich daher auch nicht auf das Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 1 der zitierten Richtlinie berufen (vgl VwGH vom 24.10.2017, Ra 2016/10/0031, mit Verweis auf EuGH vom 11.11.2014, Dano, C-333/13).
Im gesamten Verfahren ist – insbesondere mangels entsprechender Mitwirkung der Beschwerdeführerin, nicht hervorgekommen, dass sie über erspartes Vermögen verfügt oder allenfalls tatsächlich und nachweislich von ihren in Österreich lebenden volljährigen Kindern, wobei sie mit einer der Töchter im gemeinsamen Haushalt lebt, finanziell tatsächlich derart unterstützt wird, dass sie über ausreichende Existenzmittel verfügt. Es liegen keine ausreichenden Nachweise dahingehend vor, dass die Kinder der Beschwerdeführerin tatsächlich in der Lage sind, für den Unterhalt der Beschwerdeführerin nachweislich aufzukommen. Haftungserklärungen wurden ebenso bisher nicht abgegeben.
Ebenso wenig verfügt die Beschwerdeführerin im Entscheidungszeitpunkt über eine gesetzliche Krankenversicherung. Es konnte weiters – erneut mangels Mitwirkung im Beschwerdeverfahren – nicht festgestellt werden, ob eine entsprechende, alle Risiken abdeckende und gültige private Krankenversicherung besteht.
Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes konnte die Beschwerdeführerin im Entscheidungszeitpunkt nicht nachweisen, dass bei ihr die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 2 NAG vorliegen.
Der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 3 NAG 2005 entspricht Art. 2 Nr. 2 lit d Unionsbürger-Richtlinie. Dieser Tatbestand setzt voraus, dass es sich bei Angehörigen des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers um einen Verwandten in gerader aufsteigender Linie handeln muss, dem von diesem „Unterhalt (tatsächlich) gewährt“ wird. Zum Erfordernis der tatsächlichen Unterhaltsgewährung ist der Rechtsprechung des EuGH zu entnehmen, dass sich die Eigenschaft als Familienangehöriger, dem der aufenthaltsberechtigte Unionsbürger „Unterhalt gewährt“, aus einer tatsächlichen Situation ergibt, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Familienangehörige vom Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt wird (vgl VwGH vom 12.12.2017, Ra 2015/22/0149).
Darauf aufbauend – und insbesondere aufgrund des Umstandes, dass keinerlei Angaben und Nachweise zur allfälligen finanziellen Unterstützung der Beschwerdeführerin durch ihre Kinder erstattet wurden – liegt gegenständlich auch kein Fall des § 52 Abs. 1 Z 3 NAG (Verwandter eines EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird) vor.
Zum Entscheidungszeitpunkt liegen hinsichtlich der Beschwerdeführerin weder die Voraussetzungen des § 51 NAG noch jene des § 52 NAG vor. Es fehlt damit weiters an den Voraussetzungen für eine Anmeldebescheinigung gemäß § 53 NAG. Die Beschwerdeführerin hält sich eigenen Angaben nach seit etwa Mai 2012 durchgehend im Bundesgebiet auf. Mangels eines rechtmäßigen, fünf Jahre hindurch bestehenden Aufenthalts sind daher auch die Voraussetzungen des § 53a Abs. 1 NAG nicht erfüllt, sodass die Beschwerdeführerin auch kein Daueraufenthaltsrecht erworben hat.
Es ist aus dem Akteninhalt auch sonst nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin inzwischen versucht hätte, ihren weiteren Aufenthalt (nachhaltig) zu legalisieren. Einer zwei Tage andauernde geringfügige Erwerbstätigkeit kommt diesbezüglich keine maßgebliche Bedeutung zu.
Wird durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG 2005 nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist eine gewichtende Gegenüberstellung der öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen. Dieses Interesse nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung der besagten persönlichen Interessen ist aber auch auf die Auswirkungen, die eine Ausweisung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (VwGH 15.12.2011, 2010/18/0248).
Die Beschwerdeführerin hält sich etwa seit Mai 2012, somit seit über acht Jahren, im Bundesgebiet auf. Bis auf eine zweitätige geringfügige Beschäftigung ging sie bisher im Bundesgebiet keiner Erwerbstätigkeit nach. Im Bundesgebiet leben ihre drei volljährigen Kinder, teils mit eigenen Ehepartner oder Kindern. Ein besonders Abhängigkeitsverhältnis konnte nicht festgestellt werden, ebenso wenig, dass die Beschwerdeführerin in der Slowakei über keinerlei weitere Bezüge mehr verfügen würde, zumal sie dort den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht hat. Es liegen keine maßgeblichen Deutschkenntnisse oder eine berücksichtigungswürdige soziale bzw. gesellschaftliche Integration vor.
Es ist absehbar, dass es durch den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft kommen wird. Außerdem ist es der Beschwerdeführerin möglich, sich nach ihrer Ausreise neuerlich für drei Monate im Bundesgebiet aufzuhalten und in dieser Zeit ihren Aufenthalt zu legalisieren und ihre Angehörigen in Österreich zu besuchen.
Nachdem eine sofortige Ausreise – wie schon von der belangten Behörde ausgeführt – nicht erforderlich erscheint, wurde den Beschwerdeführerinnen zu Recht gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, jedoch keinerlei Reaktion oder Stellungnahme auf die Anfrage des erkennenden Gerichtes abgegeben und auch bisher am Verfahren nicht mitgewirkt. Ihr Vorbringen wurde der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Eine weitere Klärung des Sachverhalts durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht zu erwarten, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die nunmehr geltenden Bestimmungen unverändert übertragbar. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich bei der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und diese - soweit erforderlich - auch in der Entscheidungsbegründung zitiert. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.
Schlagworte
Ausweisung Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Interessen VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2199611.1.00Im RIS seit
24.09.2020Zuletzt aktualisiert am
24.09.2020