TE Lvwg Erkenntnis 2020/9/18 405-4/3450/1/11-2020, 405-4/3451/1/11-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.2020
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Entscheidungsdatum

18.09.2020

Index

96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BStMG 2002 §10 Abs1
VStG §22 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Walter Oberascher über die Beschwerden der AB AA, AF, AD AE, vertreten durch Rechtsanwalt AG, AH, BA BB, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (belangte Behörde) vom 15.6.2020, Zahl vvv (zu hg Zahl 405-4/3450) und vom 19.6.2020, Zahl zzz (zu hg Zahl 405-4/3451), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

z u R e c h t e r k a n n t :

I.     Gemäß §§ 38 und 50 VwGVG wird den Beschwerden Folge gegeben und werden die angefochtenen Straferkenntnisse aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II.    Für die Beschwerdeführerin fallen gemäß § 52 Abs 8 VwGVG für das Beschwerdeverfahren keine Kosten an.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit den angefochtenen Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe am 8.8.2019 um 06:59 Uhr (Straferkenntnis vom 15.6.2020, Zahl vvv) sowie am 16.8.2020 um 17:09 Uhr (Straferkenntnis vom 19.6.2020, Zahl zzz) im Gemeindegebiet von Hallwang, A 1 Westautobahn, Str-Km 284,870, in Fahrtrichtung Staatsgrenze Walserberg bzw Wien den Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen VB-000yy (A) auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege. Die zeitabhängige Maut sei vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer gültigen Klebevignette am Fahrzeug oder durch Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeuges im Mautsystem der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (Digitale Vignette) zu entrichten. Zum Zeitpunkt der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes sei am Kraftfahrzeug weder eine gültige Klebevignette angebracht noch für das Kennzeichen des Fahrzeuges eine zum Zeitpunkt der Benützung gültige digitale Vignette registriert gewesen, wodurch die zeitabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

Dadurch habe sie Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs 1 iVm §§ 10 Abs 1 und 11 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetze – BStMG begangen und wurde deshalb gegen sie gemäß § 20 Abs 1 leg cit jeweils eine Verwaltungsstrafe in Höhe von € 300 (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.

Gegen diese Straferkenntnisse brachte die Beschuldigte durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist Beschwerden ein und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Straferkenntnisse sowie die Einstellung der Verfahren, in eventu den Ausspruch einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der Strafe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß.

Zum Sachverhalt führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe am 21.1.2019 eine (digitale) Jahresvignette für das Kennzeichen S-000xx für den Verwendungszeitraum 8.2.2019 bis 31.1.2020 erworben. Aufgrund der Änderung ihres Hauptwohnsitzes habe sich das Kennzeichen auf VB-000yy geändert. Die Ummeldung bei der Zulassungsstelle sei am 6.5.2019 erfolgt. Da das Fahrzeug gleich geblieben sei, habe sie nicht bedacht, dass aufgrund der Änderung des Kennzeichens für Außenstehende und das automatische Überwachungssystem nicht mehr erkennbar sei, dass sie die Jahresvignette erworben habe. Am 22.10.2019, sohin mehr als zwei Monate nach dem Vorfallstag, habe sie eine Zahlungsaufforderung - Ersatzmaut in Höhe von € 120 erhalten, wonach sie am 5.8.2019 um 06:53 Uhr von einer automatischen Vignettenkontrolle erfasst und dabei festgestellt worden sei, dass die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei ihr das Versäumnis bereits bewusst gewesen und habe sie die digitale Vignette bereits auf ihr neues Kennzeichen umregistriert. Auf ihre Mitteilung, es habe sich lediglich um ein Versehen gehandelt und sie habe die Maut in Form einer Jahresvignette entrichtet, habe die ASFINAG geantwortet, dass eine Kulanzlösung nicht möglich sei. Sodann sei die Zahlungsaufforderung der Ersatzmaut storniert worden und habe die belangte Behörde des Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

Zu den Beschwerdegründen führte die Beschwerdeführerin aus, es lägen die Voraussetzungen für eine Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG vor. Sie habe unmittelbar nach Kenntnis eine Korrektur auf das aktuelle Kennzeichen veranlasst. Somit sei der durch § 11 Abs 1 und 7 BStMG intendierte Zustand auf andere Weise eingetreten. Normzweck des § 10 Abs 1 BStMG sei die Entrichtung der zeitabhängigen Maut bei Benützung mautpflichtiger Straßen. Dem sei sie von Anfang an nachgekommen. Ihr Verstoß nach Erwerb der digitalen Vignette und Änderung des Kennzeichens sei jedenfalls geringfügig und laufe dem Normzweck nicht zuwider. Es liege lediglich ein geringes Verschulden vor, da das tatbildmäßige Verhalten erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibe. Allein aus der Überschrift des § 20 BStMG "Mautprellerei" sei ersichtlich, dass die Nichtentrichtung der zeitabhängigen Maut das Sanktionsziel sei. Sie habe nachgewiesenermaßen für den gegenständlichen Zeitraum die zeitabhängige Maut entrichtet, der ASFINAG jedoch ihr aktuelles Kennzeichen nicht bekannt gegeben. Der ASFINAG sei daher kein Schaden entstanden.

Mit Schreiben vom 29.7.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerden zusammen mit den Verwaltungsakten dem Landesverwaltungsgericht Salzburg zur Entscheidung vor.

In diesen Beschwerdesachen führte das Landesverwaltungsgericht Salzburg am 8.9.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der die Akten verlesen und die Beschuldigte sowie deren Rechtsvertreter gehört wurden und der Zeuge CA CB von der ASFINAG Maut Service GmbH einvernommen wurde.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin verwies grundsätzlich auf die schriftlich eingebrachten Beschwerden und führte darüber hinaus noch aus:

"Aus der ZMR-Abfrage ergibt sich, dass sich die Beschuldigte am 30.4.2019 umgemeldet hat. Bereits am 6.5.2019 hat sie bei der Zulassungsstelle die Ummeldung durchgeführt. Ihr war in dieser Situation nicht präsent, dass eine Ummeldung der Vignette erforderlich ist. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass es sich bei der digitalen Vignette um eine neue Variante handelt, bei der Klebevignette hätte es keine Notwendigkeit für eine Handlung der Beschuldigten gegeben.

Festgehalten wird, dass der objektive Sachverhalt nicht bestritten wird. Es ist richtig, dass die Beschuldigte die Umregistrierung unterlassen hat. Sie ist in diesem Irrtum befangen gewesen bis zur ersten Verständigung der ASFINAG, die erst nach der Verwirklichung der insgesamt neun von der ASFINAG angezeigten Übertretungen des BStMG erfolgt ist. Glaublich sind acht Verfahren im Bundesland Salzburg und eines im Bundesland Oberösterreich anhängig.

Meines Erachtens handelt es sich bei den gegenständlichen Übertretungen um ein Dauerdelikt im Sinne des § 17 StGB, welches Merkmale eines Begehungs- und eines Unterlassungsdeliktes wie in diesem Fall aufweist. Meine Mandantin sieht ein, dass eine Strafe zu bezahlen sein wird müssen, neunmal € 300 für eine an sich bezahlte Vignette kann jedoch nicht mehr als angemessen angesehen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um eine klassische Mautprellerei handelt, wie es das Telos des Gesetzes vorsieht. Die Maut wurde bezahlt und liegt ein minderer Grad des Versehens vor. Abgesehen von einer Bestrafung müsste bei den weiteren Verfahren meines Erachtens jedenfalls mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden. Die Beschwerdeführerin hat gewusst, dass sie eine Vignette gelöst hatte und die Maut bezahlt worden ist und war daher bona fides. Es wird daher beantragt wie in der Beschwerde."

Die Beschwerdeführerin gab in der Verhandlung Folgendes an:

"Es war so, wie es mein Vertreter dargelegt hat. Natürlich war es mein Verschulden, ich bezahle die Strafe gerne einmal, der Rest ist aus meiner Sicht jedoch nicht angemessen.

Wenn ich gefragt werde, wann ich die erste Verständigung der ASFINAG erhalten habe, so gebe ich an, dass dies circa zwei Monate später gewesen sein muss. Damit meine ich zwei Monate nach dem ersten Vergehen.

Ein solcher Vorfall dürfte schon öfter passiert sein, es hat darüber eine Sendung des Bürgeranwalts gegeben, die ich mir angesehen habe. Dabei war auch eine Vertreterin der ASFINAG anwesend, die sagte, dass auch aus ihrer Sicht der Bearbeitungszeitraum zu lange gedauert habe, dies liege an dem Umstand, dass die Stelle unterbesetzt sei."

Der Zeuge CA CB gab Folgendes zu Protokoll:

"Im gegenständlichen Fall war es so, dass sich das Kennzeichen des Fahrzeuges S-000xx im Zuge eines Umzuges geändert hat und daraufhin lautete: VB-000yy. Die Ummeldung durch die Fahrzeughalterin erfolgte am 16.9.2019.

Gefragt, wann die erste Benachrichtigung der ASFINAG ergangen ist, sage ich, dass die erste Benachrichtigung von uns mit dem Buchungsdatum 11.9.2019 erfolgt ist. Das bedeutet, dass die erste Ersatzmautforderung an diesem Tag gebucht worden ist, die Versendung erfolgt in der Regel am nächsten Tag. Es dürfte so gewesen sein, dass die Fahrzeughalterin sofort, unmittelbar nach Erhalt dieser ersten Benachrichtigung die Ummeldung durchgeführt hat.

Es ist richtig, dass für dieses Fahrzeug die digitale Vignette für das Kennzeichen S-000xx bezahlt worden ist. Die Ummeldung wurde am 16.9.2019 ordnungsgemäß durchgeführt.

Über Befragen durch den Vertreter der Beschwerdeführerin gebe ich an, dass es richtig ist, dass bei einer Klebevignette nichts passiert wäre.

Das Merkmal der digitalen Vignette ist die Kennzeichengebundenheit. Deshalb gibt es die Möglichkeit, unter gewissen Umständen eine Ummeldung auf ein anderes Kennzeichen durchzuführen. Die Problematik dabei ist, dass die automatische Vignettenkontrolle das Fahrzeug nicht erkennt, wenn es nicht mehr jenes Kennzeichen aufweist, unter dem die digitale Vignette gekauft worden ist.

Die Beschuldigte ist gleich nach der ersten Benachrichtigung mit der ASFINAG Mautservice GmbH in Kontakt getreten, es ist Schriftverkehr dazu vorhanden. Seitens der ASFINAG wurde nachgefragt, wann der Umzug stattgefunden hat, nachdem dieser bereits im Mai erfolgt ist, war keine Kulanzlösung mehr möglich."

In seiner Schlussäußerung verwies der Vertreter der Beschuldigten auf die schriftlichen Beschwerden und den Eröffnungsvortrag und führte aus, der Zeuge habe angegeben, dass die Maut ordnungsgemäß bezahlt worden sei, es sei lediglich ein Versehen im Unterlassen der Ummeldung vorgelegen. Es werde daher beantragt wie in den Beschwerden.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu in einer gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter zu treffenden Entscheidung Folgendes festgestellt und erwogen:

Die Beschuldigte lenkte am 8.8.2019 um 06:59 Uhr sowie am 16.8.2020 um 17:09 Uhr in Hallwang auf der A 1 Westautobahn bei Str-Km 284,870 den auf sie zugelassenen Personenkraftwagen der Marke PP, Fahrzeug-Identifizierungsnr. uuu, mit dem Kennzeichen VB-000yy (A) auf dem mautpflichtigen Straßennetz (in Fahrtrichtung Staatsgrenze Walserberg bzw Wien), ohne die geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

Am 21.1.2019 hatte die Beschuldigte für dieses Fahrzeug eine digitale Jahresvignette für 2019 erworben. Zu diesem Zeitpunkt lag ihr Hauptwohnsitz in 5020 Salzburg, DA, und war dem oa Personenkraftwagen das Kennzeichen S-000xx zugewiesen. Nachdem sich der melderechtliche Hauptwohnsitz am 30.4.2019 auf AD AE, AF, änderte, führte die Beschuldigte am 6.5.2019 bei einer Zulassungsstelle die Ummeldung des Fahrzeuges durch und wurde ihr das Kennzeichen VB-000yy zugewiesen. Die Umregistrierung der digitalen Vignette auf das neue Kennzeichen veranlasste sie – unmittelbar nach Erhalt der ersten Benachrichtigung der ASFINAG Maut Service GmbH – am 16.9.2019.

Im Zeitraum von der Zuweisung des neuen Kennzeichens bis zur Umregistrierung benützte die Beschwerdeführerin mehrmals das mautpflichtige Straßennetz und wurde ihr Fahrzeug dabei in mehreren Fällen vom automatischen Überwachungssystem der ASFINAG Maut Service GmbH erfasst, weshalb diese mehrere Anzeigen wegen des Verdachts von Übertretungen nach § 20 Abs 1 iVm §§ 10 Abs 1 und 11 Abs 1 BStMG erstattete. Gegen die Beschuldigte wurden mehrere Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, eines dieser Verfahren führte zu der in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 10.12.2019, Zahl www, mit welcher die Beschuldigte wegen einer derartigen Übertretung des Bundestraßen-Mautgesetzes am 8.7.2019 um 12:46 Uhr in Wals-Siezenheim auf der A 1 Westautobahn bei Str-Km 294,975 bestraft und eine Geldstrafe in Höhe von € 300 (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt wurde.

Dieser von der Beschwerdeführerin unbestrittene Sachverhalt war als erwiesen anzusehen und der gegenständlichen Entscheidung zugrunde zu legen. Die Feststellungen stützen sich zum einen auf den Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakten (insbesondere Anzeigen der ASFINAG Maut Service GmbH samt Fotos, Lenkerauskünfte der Beschuldigten sowie die den Beschwerden beigelegten Bestellbestätigungen für eine digitale Jahresvignette 2019 und Kopien der Zulassungsscheine), die vom Gericht beigeschafften Unterlagen (Ausdruck aus dem Zentralen Melderegister, Abfrage der Vormerkungen bei den Bezirkshauptmannschaften im Land Salzburg, Strafverfügung vom 10.12.2020, Zahl www) und zum anderen auf die Angaben der Beschwerdeführerin und dessen Rechtsvertreters sowie des Zeugen CB in der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Soweit entscheidungswesentlich sind Widersprüche auf Sachverhaltsebene, die beweiswürdigend aufzulösen gewesen wären, nicht hervorgekommen. Weitere Sachverhaltsfeststellungen waren in den vorliegenden Fällen nicht erforderlich.

Rechtlich ist dazu Folgendes auszuführen:

Gemäß § 1 Abs 1 Bundesstraßen-Mautgesetz – BStMG, BGBl I Nr 109/2002 idF BGBl I Nr 82/2007, ist für die Benützung der Bundesstraßen mit Kraftfahrzeugen Maut zu entrichten, wobei nach Abs 4 dieser Bestimmung mautpflichtige Bundesstraßen (Mautstrecken) deutlich und rechtzeitig als solche zu kennzeichnen sind. Als Arten der Mauteinhebung sieht § 2 BStMG entweder die Entrichtung einer fahrleistungsabhängigen Maut für zurückgelegte Fahrstrecken oder die zeitabhängige Maut für bestimmte Zeiträume vor.

Die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt gemäß § 10 Abs 1 leg cit der zeitabhängigen Maut. Nach der Bestimmung des § 11 Abs 1 BStMG, BGBl I Nr 109/2002 idF BGBl I Nr 65/2017, ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Klebevignette am Fahrzeug oder durch Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeugs im Mautsystem der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (digitale Vignette) zu entrichten.

Laut Mautordnung (Version 55) Teil A I Punkt 3.6 ist bei digitalen Jahresvignetten ab Beginn der Gültigkeit eine Umregistrierung in bestimmten Fällen – ua bei Verlegung des Wohnsitzes und dadurch erfolgter Zuweisung eines neuen Kennzeichens – möglich, wobei die Umregistrierung vor der nächsten Benützung der Autobahnen und Schnellstraßen mit dem neu zugewiesenen Kfz-Kennzeichen erfolgt sein muss.

Fahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen gemäß § 20 Abs 1 leg cit, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von € 300 bis zu € 3.000 zu bestrafen.

In den verfahrensgegenständlichen Fällen hat die Beschuldigte unbestritten das auf sie zugelassene Kraftfahrzeug zu den in den angefochtenen Straferkenntnissen angeführten Zeiten auf dem mautpflichtigen Streckennetz gelenkt, wobei mangels Umregistrierung des Kennzeichens die zeitabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Der ihr jeweils zur Last gelegte Tatbestand ist daher objektiv jedenfalls erfüllt. An Verschulden ist der Beschuldigten Fahrlässigkeit anzulasten.

Zur Frage des Vorliegens einer tatbestandlichen Handlungseinheit ist auszuführen:

Für das Verwaltungsstrafverfahren gilt beim Zusammentreffen mehrerer Verwaltungsübertretungen, anders als im gerichtlichen Strafverfahren, nach § 22 Abs 2 erster Satz VStG das Kumulationsprinzip. Danach ist grundsätzlich jede gesetzwidrige Einzelhandlung, durch die der Tatbestand verwirklicht wird, als Verwaltungsübertretung zu bestrafen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht beim fortgesetzten Delikt bzw beim Dauerdelikt (VwGH vom 24.9.2014, Ra 2014/03/0023, mwH; 3.4.2008, 2007/09/0183).

Ein fortgesetztes Delikt liegt nach ständiger oberstgerichtlicher Judikatur vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten (vgl zB VwGH vom 18.9.1996, 96/03/0076; 29.1.2009, 2006/09/0202; 25.8.2010, 2010/03/0025).

Als objektive Voraussetzungen für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes müssen sowohl gleichartige Einzelhandlungen als auch ein Angriff auf dasselbe Rechtsgut gegeben sein und die einzelnen Handlungen dürfen nicht durch einen zu großen Zeitraum unterbrochen werden; darüber hinaus müssen die Einzelakte im Sinne der subjektiven Komponente von einem einheitlichen Willensentschluss getragen sein (zB VwGH vom 14.1.1993, 92/09/0286; 16.3.2011, 2009/08/0056; 25.9.2019, Ra 2019/09/0120). Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist, dass die einzelnen Tathandlungen von einem einheitlichen Willensentschluss getragen werden (VwGH vom 18.9.1996, 96/03/0076; 15.9.2006, 2004/04/0185). Der einheitliche Willensentschluss bzw das Gesamtkonzept des Täters ist der Entschluss, sich fortgesetzt in bestimmter Weise rechtswidrig zu verhalten, und muss alle vom Täter gesetzten Einzelhandlungen umfassen. Es handelt sich dabei um nicht mehr als ein Motiv zu wiederholtem, gleichartigem deliktischem Handeln (VwGH vom 22.3.2016, Ra 2016/02/0031).

Der Verwaltungsgerichthof hat zwar festgehalten, dass für die Annahme eines fortgesetzten Delikts in der Regel fahrlässige Begehungshandlungen ausscheiden. Nur dann, wenn der Täter von vornherein - wenn auch nur mit bedingtem Vorsatz - einen Gesamterfolg mit seinen wesentlichen Merkmalen ins Auge gefasst hat, ist es gerechtfertigt, ihm nur eine einzige Straftat anzulasten. Das fortgesetzte Delikt kommt daher in der Regel nur im Bereich der Vorsatzdelinquenz in Betracht (vgl zB VwGH vom 25.8.2010, 2010/03/0025).

In einer Reihe jüngerer Entscheidungen hat der VwGH jedoch ausgeführt, dass durch die Bestimmung des § 5 Abs 1 VStG, welche anordnet, dass zur verwaltungsstrafrechtlichen Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, zum Ausdruck gebracht wird, dass Vorsatz und Fahrlässigkeit in einem normativen Stufenverhältnis des Mehr und Weniger stehen. Die Rechtsprechung zum fortgesetzten Delikt im Bereich der Vorsatztaten könne damit nicht zur Folge haben, dass im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz die wiederholte Begehung derselben Verwaltungsübertretung im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs stets allgemein zu einer separaten Bestrafung jeder einzelnen der wiederholt begangenen Taten zu führen hat. Daher kann auch im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz – wie im verfahrensgegenständlichen Fall – ein fortgesetztes Delikt gegeben sein (zB VwGH vom 3.5.2017, Ra 2016/03/0108; 25.1.2018, Ra 2016/06/0025).

Im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz kann – nach Maßgabe der jeweiligen Eigenart des betroffenen Deliktes – im Verwaltungsstrafrecht sowohl die einfache Tatbestandsverwirklichung, also die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen des gesetzlichen Tatbestands, insbesondere bei mehraktigen Delikten und Dauerdelikten, als auch die wiederholte Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs, also die nur quantitative Steigerung (einheitliches Unrecht) bei einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld), auch wenn höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger verletzt werden, sowie schließlich die fortlaufende Tatbestandsverwirklichung, also die Annäherung an den tatbestandsmäßigen Erfolg durch mehrere Einzelakte im Fall einheitlicher Tatsituation und gleicher Motivationslage, als tatbestandliche Handlungseinheit beurteilt werden. Der hier zweitgenannte Fall der wiederholten Tatbestandsverwirklichung liegt dann vor, wenn eine Reihe von rechtswidrigen Einzelhandlungen aufgrund der Gleichartigkeit der Begehungsform und der Ähnlichkeit der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs sowie einer diesbezüglichen gesamtheitlichen Sorgfaltswidrigkeit des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Das Vorliegen einer tatbestandlichen Handlungseinheit hat zur Folge, dass der Täter nur eine Tat verwirklicht hat und für diese auch nur einmal zu bestrafen ist. Wie groß der Zeitraum zwischen den einzelnen Tathandlungen sein darf, um noch von einer tatbestandlichen Handlungseinheit sprechen zu können, ist von Delikt zu Delikt verschieden und hängt weiters im besonderen Maß von den Umständen des Einzelfalls ab (VwGH vom 3.5.2017 Ra 2016/03/0108; 21.5.2019, Ra 2019/03/0009).

Zur Rechtsfrage, ob bei Übertretungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25.1.2018, Zahl Ra 2016/06/0025, ausführlich Stellung genommen und festgestellt, dass die Rechtsprechung zu kraftfahrrechtlichen Bestimmungen betreffend die zulässigen Lenkzeiten sowie die erforderlichen Ruhezeiten (VwGH vom 29.4.2002, 2000/03/0103, 28.3.2003, 2002/02/0140, sowie 12.7.2012, 2011/02/0040) auf den zu beurteilenden Fall schon vor dem Hintergrund der vom Revisionswerber verkürzten fahrleistungsabhängigen Maut eine von den einzelnen Fahrten losgelöste, zeitraumbezogene Betrachtung nicht in Betracht komme, nicht übertragbar ist, und ausgeführt, dass bei der Prüfung, ob ein fortgesetztes Delikt vorliegen kann, auf die spezifische Funktion der vorliegenden Verwaltungsstrafbestimmung, die als Sanktion für die Nichtentrichtung eines Entgelts für die Straßenbenützung vorgesehen wurde, Bedacht zu nehmen ist. Bei den in dieser Entscheidung in Rede stehenden Entgelten handelte es sich um eine für zurückgelegte Fahrstrecken zu entrichtende (fahrleistungsabhängige) Maut (vgl § 2 iVm § 6 BStMG; vgl zum Bundesstraßenfinanzierungsgesetz und zum Charakter der Maut als privat-rechtliches Entgelt VwGH vom 30.3.2004, 2001/06/0132; OGH vom 15.12.2015, 10 Ob 78/15s).

In diesem Erkenntnis vom 25.1.2018, Zahl Ra 2016/06/0025, hielt der Verwaltungsgerichtshof zur Frage, ob mit Blick auf die dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen – in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall wurde die Anzahl der Achsen des Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers nicht richtig eingestellt – von einer tatbestandlichen Handlungseinheit auszugehen ist, Folgendes fest:

"24 Der vom Revisionswerber angestrebten im Ergebnis vorwiegend zeitraumbezogenen Zusammenfassung mehrerer Fahrten steht zunächst der Umstand entgegen, dass es sich bei den in Rede stehenden verkürzten Entgelten um eine fahrleistungsabhängige und nicht um eine zeitabhängige Maut handelt. Bei der Festlegung der zu entrichtenden fahrleistungsabhängigen Maut stellt das Gesetz zudem nicht auf einen Beförderungsvorgang ab, der sich auf dem Hinweg aus einer oder mehreren Fahrten zu einer Enddestination und auf dem Rückweg aus einer oder mehreren weiteren Fahrten zum ursprünglichen Ausgangsort zusammensetzt.

25 Für die fahrleistungsabhängige Maut sind weiters im Fall ihrer nicht ordnungsgemäßen Entrichtung gemäß § 19 BStMG entsprechende 'Ersatzentgelte' zu leisten. Dabei stehen die bei ordnungsgemäßer Zahlung für jede Fahrt zu entrichtenden Mautbeträge, die für jede Fahrt ersatzweise zu entrichtenden Entgelte ('Ersatzmaut') sowie der in § 20 Abs 2 BStMG festgelegte Strafrahmen zueinander in der oben aufgezeigten Relation. Durch die Entrichtung der vorgesehenen Ersatzmaut entfällt die Strafbarkeit hinsichtlich der jeweiligen Fahrt.

26 Eine von den einzelnen Fahrten weitgehend losgelöste, im Ergebnis zeitraumbezogene Betrachtungsweise ließe sich nicht mit dem aus der Systematik des Gesetzes ableitbaren 'abgestuften' Bezugssystem zwischen der fahrleistungsabhängigen Maut, der Ersatzmaut und dem gesetzlichen Strafrahmen in Einklang bringen.

27 Gegen die vom Revisionswerber angestrebte zeitraumbezogene Zusammenfassung mehrerer Tathandlungen zu einem fortgesetzten Delikt sprechen ferner die Materialien zur Novelle BGBl I Nr 99/2013, die auszugsweise zu dem mit der zuletzt genannten Novelle eingeführten Straftatbestand des § 20 Abs 3 BStMG ausführen (vgl ErläutRV 2298 BlgNR 24. GP, 5):

'Im Unterschied zu § 20 Abs 1 und 2, wo für mehrere Fahrten ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung mehrere Verwaltungsstrafen nebeneinander zu verhängen sind, macht sich der Zulassungsbesitzer nach § 20 Abs 3 selbst dann, wenn mit seinem Fahrzeug innerhalb der Nachweisfrist mehrfach Mautstrecken zu günstigeren Tarifen befahren wurden, wegen Unterlassung des Nachweises nur einmal strafbar.'

28 Im Lichte dieser Überlegungen bestehen sohin fallbezogen betreffend die in mehreren Fahrtrichtungen und nach mehreren Fahrtantritten entstandenen Mautverkürzungen keine Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht vom Vorliegen mehrerer Verwaltungsübertretungen ausging, die nicht zu einem fortgesetzten Delikt zusammenzufassen waren. Dabei war dem Revisionswerber mit jedem erneuten Fahrtantritt eine erneute Sorgfaltspflichtverletzung hinsichtlich der nicht korrekten Einstellung der Achsenzahl anzulasten und entstand mit jeder erneuten Einfahrt in das mautpflichtige Straßennetz eine neuerliche Entgeltschuld gegenüber dem Mautgläubiger (vgl im Zusammenhang mit der mehrmaligen gesetzwidrigen Verwendung eines Fahrzeuges ohne Begutachtungsplakette VwGH 22.11.2016, Ra 2016/02/0045, sowie betreffend die mehrfache Verkürzung von Parkometergebühren VwGH 28.11.2001, 2001/17/0160; zu Übertretungen von § 20 BStMG zu drei getrennt angelasteten Tatzeitpunkten an zwei aufeinanderfolgenden Tagen betreffend denselben Tatort siehe auch VwGH 28.11.2006, 2005/06/0156)."

Im Unterschied zu dem dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zugrundeliegenden Sachverhaltes handelt es sich im verfahrensgegenständlich zu beurteilenden Fall nicht um eine Verkürzung der fahrleistungsabhängigen Maut durch die nicht korrekte Einstellung der Achsenzahl bei einem mehrspurigen Kraftfahrzeug mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen, sondern um die nicht ordnungsgemäße Entrichtung der zeitabhängigen Maut durch das Unterlassen der Umregistrierung des Kennzeichens. Während das Gesetz für den Lenker eines der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegenden Kraftfahrzeuges besondere Kontrollpflichten normiert, die dieser bei Verwendung eines Gerätes zur elektronischen Entrichtung der Maut zur Einhaltung der Mautpflicht bei Benützung von Mautstrecken vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken zu erfüllen hat (vgl § 8 Abs 2 BStMG; VwGH 28.11.2006, 2005/06/0156), besteht keine vergleichbare Bestimmung in Bezug auf die zeitabhängige Maut.

Das Unterlassen der Umregistrierung eines im Mautsystem registrierten Kennzeichens auf ein neu zugewiesenes Kennzeichen bei einer digitalen Jahresvignette korrespondiert hinsichtlich der Beurteilung, ob von einer tatbestandlichen Handlungseinheit auszugehen ist, vielmehr mit dem in den oben zitierten Erläuternden Bemerkungen angeführten Fall des § 20 Abs 3 BStMG, wonach sich der Zulassungsbesitzer selbst dann, wenn mit seinem Fahrzeug innerhalb der Nachweisfrist mehrfach Mautstrecken zu günstigeren Tarifen befahren worden sind, wegen Unterlassung des Nachweises nur einmal strafbar macht.

In Bezug auf die spezifische Funktion der Verwaltungsstrafbestimmung, die als Sanktion für die Nichtentrichtung eines Entgelts für die Straßenbenützung vorgesehen wurde, ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um Mautprellerei im engeren Sinne gehandelt hat, zumal die Beschuldigte für den auf sie zugelassenen Personenkraftwagen eine digitale Jahresvignette gelöst hatte, aufgrund der Zuweisung eines neuen Kennzeichens wegen Wohnsitzwechsels jedoch die Zuordnung zu diesem Fahrzeug nicht mehr möglich gewesen ist.

Ohne Zweifel liegt die Gleichartigkeit der Begehungsform und der äußeren Begleitumstände sowie ein noch erkennbarer zeitlicher Zusammenhang der zu beurteilenden Einzelakte vor. Die verfahrensgegenständlich zu beurteilenden Tathandlungen erfolgten am 8.8.2019 sowie am 16.8.2019; die der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 10.12.2019, Zahl www, zugrundeliegende gleichartige Übertretung wurde am 8.7.2019 begangen. Unter Berücksichtigung der Umstände des zu beurteilenden Einzelfalles war aufgrund der nur quantitativen Steigerung (einheitliches Unrecht) bei einheitlicher Motivationslage (einheitliche Schuld) somit jedenfalls noch von einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang auszugehen (vgl VwGH vom 3.5.2017, Ra 2016/03/0108).

Aufgrund der wiederholten, fortlaufenden Verwirklichung des gleichen Tatbestands im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhangs durch mehrere Einzelakte bei einheitlicher Tatsituation, gleicher Motivationslage sowie gesamtheitlicher Sorgfaltswidrigkeit der Beschuldigten waren die ihr zur Last gelegten Übertretungen des Bundesstraßen-Mautgesetzes als tatbestandliche Handlungseinheit zu beurteilen und handelt es sich im verfahrensgegenständlichen Fall somit um ein im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz begangenes fortgesetztes Delikt.

Im Falle eines fortgesetzten Deliktes sind durch die Bescheiderlassung alle bis dahin erfolgten Einzelakte abgegolten, mögen sie auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen sein. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Erlassung des Strafbescheides durch die Behörde erster Instanz. Diese Abgeltungswirkung tritt unabhängig davon ein, ob die betreffenden Einzelakte im Spruch des Straferkenntnisses angeführt sind oder nicht (VwGH vom 21.10.1993, 93/02/0083). Setzt der Täter nach diesem Zeitpunkt die verpönte Tätigkeit fort, so darf die neuerliche Bestrafung nur die nach der letzten Bestrafung gesetzten Tathandlungen umfassen. Eine neuerliche Bestrafung wegen Tathandlungen, die in den von der ersten Bestrafung umfassten Tatzeitraum fallen, verstößt gegen das Verbot der Doppelbestrafung (VwGH vom 30.6.1987, 87/04/0018; 11.4.1991, 91/06/0001; 7.9.1995, 94/09/0321; 18.3.1998, 96/09/0339; 16.2.2012, 2010/01/0009).

Da die Beschwerdeführerin mit der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 10.12.2019, Zahl www, wegen einer gleichartigen Übertretung am 8.7.2019 rechtskräftig bestraft worden ist, sind die verfahrensgegenständlichen Tathandlungen vom 8.8.2019 und 16.8.2019 damit abgegolten und war eine neuerliche Bestrafung daher nicht zulässig. Die angefochtenen Straferkenntnisse waren somit wegen des Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot zu beheben und die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG einzustellen.

Da den Beschwerden Folge gegeben wurde, waren der Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs 8 VwGVG keine Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren aufzuerlegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht hatte - bezogen auf den Einzelfall - zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid materiell- und verfahrensrechtlich rechtmäßig war. Mit seiner Entscheidung weicht das Landesverwaltungsgericht Salzburg weder von der ausführlich dargestellten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die zu den maßgebenden Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht als uneinheitlich zu beurteilen und liegen auch keine sonstigen Hinweise für eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verkehrsrecht, Bundesstraßenmautgesetz, digitale Vignette, Kennzeichenwechsel, Wohnsitzwechsel, Umregistrierung, fortgesetztes Delikt

Anmerkung

ao Revision Amt erhoben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2020:405.4.3450.1.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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