TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/14 L504 2214490-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.08.2019
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Entscheidungsdatum

14.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L504 2214490-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX geb., StA. Türkei, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2019, Zl. 1186630107 - 180326610, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 05.04.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es handelt sich dabei um einen Mann, welcher seinen Angaben nach Staatsangehöriger der Türkei mit muslimischen Glaubensbekenntnis ist, der Volksgruppe der Kurden angehört und aus Istanbul stammt.

Aus dem unbestritten gebliebenen Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:

"[...]

- Sie sind illegal in das Bundesgebiet eingereist und haben am 05.04.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wobei Sie angaben, den Namen C. N. zu führen, aus der Türkei zu stammen und am XXXX in XXXX /Türkei geboren zu sein.

- Anlässlich der niederschriftlichen Befragung vor der Landespolizeidirektion XXXX am 05.04.2018 gaben Sie befragt zu Ihren Fluchtgründen Folgendes an:

[...]

Ich habe vor ca. 3 Monaten meinen Einberufungsbefehl bekommen. Als Kurde möchte ich auf keinen Fall der türkischen Armee dienen, weil die Kurden von den Türken sehr schlecht behandelt und sogar misshandelt werden.

Ich habe hiermit alle meine Gründe und die dazugehörenden Ereignisse angegeben, warum ich nach Österreich gereist bin! Ich habe keine weiteren Gründe einer Asylantragstellung. Aus Angst sind meine Familie und ich geflüchtet, ich habe krampfhaft versucht in Istanbul einen Schlepper zu finden. Der Kontakt zu meiner Familie in der Türkei ist seit meiner Flucht abgebrochen.

Das ist mein Asylgrund.

Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

Ich werde sicher in Haft kommen und zwangsläufig zum Militär und dort mit Sicherheit an die Front geschickt. Ich habe Angst um mein Leben.

[...]

- Nach Zulassung Ihres Verfahrens wurden Sie am 06.11.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Außenstelle Wien von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter niederschriftlich einvernommen.

[...]

Die anwesenden Personen werden der Verfahrenspartei (VP) vorgestellt und deren Funktion/Aufgabe im Verfahren erklärt. Die Verfahrenspartei wird darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen kann. Der Grund der Einvernahme wird der Verfahrenspartei erläutert.

Die Verfahrenspartei wird bei Beginn der Einvernahme erneut auf die Wahrheits- und Mitwirkungspflicht, vertrauliche Behandlung der Angaben, Konsequenzen von Falschaussagen, Ablauf der Niederschrift, Meldepflichten, etc. in einer ihr verständlichen Art und Weise hingewiesen. Weiters wird die Verfahrenspartei darauf hingewiesen, dass ihren Angaben eine besondere Glaubwürdigkeit zukommt sowie auch darüber, dass die Vorlage falscher Beweismittel sowie falsche Angaben zur Identität oder Herkunft strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Die Vertretung und die Vertrauensperson werden über ihre Rechte und Pflichten in Kenntnis gesetzt.

Der Dolmetscher wurde bescheidmäßig bestellt und beeidet.

Der Dolmetscher wird aufgefordert, bei Mehrfachbedeutungen eines Wortes nicht eigenmächtig eine Bedeutung zu wählen, sondern beide bzw. alle anzugeben oder zumindest auf diesen Umstand hinzuweisen und bei Unklarheiten nachzufragen, zumal sonst die Glaubwürdigkeit des Asylwerbers beeinträchtigt werden könnte.

F: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Ich möchte sicher sein können, dass alles, was Sie gesagt haben, auch so gemeint wurde. Bei Bedarf machen wir eine kurze Pause.

A: Passt.

F: Welche Sprachen sprechen Sie?

A: Ich spreche Türkisch, Arabisch (wenig), Kurdisch (wenig) und bin ich dabei Deutsch zu lernen.

F: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetscher? Haben Sie dazu Einwände?

A: Sehr gut.

F: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

A: Mir geht es gut. Ich besuche keinen Arzt und nehme keine Medikamente ein.

F: Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, der Einvernahme zu folgen?

A: Ja.

F: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstige Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

A: Nein.

F: Werden Sie im Verfahren von jemanden vertreten oder besteht für jemanden eine Zustellvollmacht?

A: Nein. Ich wurde nur im Rahmen der Erstbefragung von Herrn Klodner, Verein Zeige vertreten. Nun werde ich nicht mehr vertreten.

F: Entsprechen Ihre bisherigen Aussagen in den behördlichen Befragungen der Wahrheit?

A: Ja, die Angaben stimmen. Ich habe die Wahrheit gesagt.

F: Wie heißen Sie, bitte nennen Sie Ihren vollständigen und richtigen Familiennamen und Vornamen?

A: Ich heiße XXXX .

F: Wann und wo wurden Sie geboren?

A: Ich wurde am XXXX in der Türkei geboren.

F: Haben Sie entsprechende identitätsbezeugende Dokumente oder sonstige Beweismittel die Sie vorlegen können?

A: Ich habe meinen Personalausweis bereits in Vorlage gebracht. (Nr. XXXX , ausgestellt am XXXX )

Heute kann ich keine Dokumente in Vorlage bringen.

F: Wo befindet sich Ihr Reisepass?

A: Beim Schlepper.

F: Welche Staatsangehörigkeit haben Sie?

A: Ich bin türkischer Staatsbürger.

F: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

A: Ich bin Kurde.

F: Welche Religionszugehörigkeit haben Sie?

A: Ich bin Moslem.

F: Wie lautet Ihr Familienstand?

A: Ich bin ledig.

F: Wo waren Sie in der Türkei bisher wohnhaft? Geben Sie bitte all Ihre Adresse von Ihrer Geburt bis zu Ihrer Ausreise aus der Türkei an!

A: Ich bin in XXXX zur Welt gekommen. Mit 7 oder 8 Jahren bin ich nach Istanbul gezogen. Bis zu meiner Ausreise pendelte ich zwischen Halfeti und Istanbul. Meine Eltern leben getrennt voneinander. Mein Vater in Sanlurfa/Halfeti und meine Mutter in Istanbul.

F: Nennen Sie mir bitte die Namen und Geburtsdaten Ihrer in der Türkei lebenden Familienmitglieder!

A:

Vater: XXXX geboren

Mutter: XXXX geboren

Bruder: XXXX geboren

Bruder: XXXX geboren

Schwester: XXXX Jahre alt

Schwester: XXXX , 36 Jahre alt

All meine Familienangehörigen leben in der Türkei.

F: Welcher Beschäftigung gehen Ihr Vater und Ihre Brüder nach?

A: Mein Vater war Bäcker. Mein Bruder Mehmet hat eine XXXX . Mein jüngerer Bruder Mustafa arbeitet beim XXXX .

F: Nennen Sie mir die Namen und den Wohnort Ihrer weiteren Familienangehörigen, wie Ihrer Onkel und Tanten!

A: In der Türkei habe ich einen Onkel und drei Tanten mütterlicherseits sowie zwei Onkel und eine Tante väterlicherseits.

F: Wie häufig haben Sie Kontakt mit Ihrer Familie?

A: Mit meinem Vater jeden zweiten Monat, mit meiner Mutter jeden zweiten, dritten Tag.

F: Wie geht es Ihrer Familie finanziell? Verfügen diese über Häuser und Grundbesitz?

A: Meiner Familie geht es gut. Finanziell geht es meinem Vater gut. Er besitzt Felder. Meiner Mutter geht es auch finanziell gut, da meine beiden Brüder sie versorgen. Meine Mutter besitzt eine Eigentumswohnung in Istanbul.

F: Verfügen Sie über Familienangehörige im österreichischen Bundesgebiet?

A: In Österreich habe ich einen Bruder. Sein Name ist XXXX . Er ist im Jahr 1990 geboren. Er wohnt seit zehn Jahren im österreichischen Bundesgebiet. Er musste jedoch zwischendurch für zwei Jahre in die Türkei zurück, um den Wehrdienst abzuleisten. Ich denke, dass es zwischen 2014 und 2016 war.

F: Was war der Zweck seiner Einreise?

A: Aus denselben Grund wie ich. Ich war damals sehr klein, ich kenne seine Gründe nicht detailliert.

Anmerkung: Der negative Antrag auf internationalen Schutz erwuchs im Jahr 2010 in Rechtskraft zweiter Instanz. Seit 28.02.2018 verfügt XXXX , IFA: XXXX jedoch über einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet.

F: Wie oft treffen Sie Ihren Bruder?

A: Ich wohne bei ihm, seit der Einreise.

F: Haben Sie Kinder?

A: Nein.

F: Welche Schulbildung haben Sie?

A: 8 Jahre lang Grundschule und zwei Jahre Gymnasium.

F: Wie würden Sie Ihre Deutschkenntnisse beschreiben?

A: Ein bisschen.

F: Haben Sie Deutschkurse absolviert?

A: Nein. Ich habe keinen bekommen.

F: Geben Sie bitte alle Beschäftigungen an, die Sie je ausgeübt haben!

A: Ich habe als Schuhverkäufer, Schneider und dann in einem Restaurant gearbeitet. Zuletzt war ich selbstständig und habe gemeinsam mit meinem Bruder Mehmet ein Textilgeschäft besessen. Zudem war ich auch als Frisör beschäftigt.

F: Wann haben Sie den Entschluss dazu gefasst, Ihr Heimatland zu verlassen?

A: Gegen Ende 2016.

F: Wann haben Sie Ihr Heimatland tatsächlich verlassen?

A: Im Sommer 2018.

F: Wieso haben Sie Ihr Heimatland erst knapp zwei Jahre nach dem Entschluss, aus diesem auszureisen, verlassen?

A: Ich kannte keinen Schlepper und benötigte Zeit, um meine Familie von meiner Ausreise zu berichten.

F: Wie erfolgte Ihre Ausreise aus der Türkei?

A: Meine Ausreise erfolgte schlepperunterstützt.

F: Wie viel bezahlten Sie für den Schlepper?

A: 5.500 Euro. Dies bezahlte ich durch meine Ersparnisse.

F: Was machen Sie in Ihrer Freizeit hier in Österreich?

A: Ich lese österreichische Zeitungen und versuche Deutsch zu lernen. Sonst betreibe ich Sport und habe ich Freunde.

F: Welche österreichischen Zeitungen lesen Sie?

A: Weiß ich nicht. Die Zeitungen von der U-Bahn.

F: Besuchten Sie bisher einen Deutschkurs?

A: Nein.

F: Gehören Sie einem Verein oder einer Organisation in Österreich an?

A: Nein.

F: Gehörten Sie einer politischen Partei in der Türkei an?

A: In der Türkei war ich Mitglied bei der DHPK. Hier war ich bei der Jugendgruppe dabei. Ich berichtige mich, ich bin Mitglied bei der Jugendorganisation der DHKP-C. Ich war zwei Jahre lang dabei. Im Jahr 2016 bin ich von der Organisation ausgetreten. Als ich ausgetreten bin, wollten die Mitglieder der Organisation, dass ich wieder zurückkomme. Ich wurde von den Mitgliedern öfters geschlagen, weil ich nicht mehr dazugehört habe. Sie wollten mich gegen den Staat ausspielen.

F: Wie oft wurden Sie geschlagen?

A: Nur einmal. Das war drei Monate nach meinem Ausstieg aus der Gruppierung.

F: Wann hatten Sie den letzten Kontakt mit jemanden aus dieser Gruppierung?

A: Zuletzt im Jahr 2016. Seitdem habe ich keinen mehr gesehen.

F: Haben Sie die Probleme mit den Mitgliedern der Organisation zur Anzeige gebracht?

A: Nein.

F: Wieso nicht?

A: Ich denke, dass nichts passiert wäre.

F: Welche Funktion hatten sie bei dieser Partei?

A: Ich hatte keine Funktion bei dieser Partei.

F: Welche Aufgaben verrichteten Sie für diese Partei?

A: Der Sitz war in Istanbul. Manchmal verteilte ich an Flugblätter an Wohnungen. Ich hatte aber nicht sehr viel Zeit, weil ich gearbeitet hatte, deswegen nahm ich an diesen Sachen sehr wenig teil. Ich habe niemals eine Waffe in der Hand gehabt oder Gewalt ausgeübt. Ich war bei keiner einzigen Auseinandersetzung dieser Organisation dabei.

F: Hatten Sie aufgrund Ihres Engagements Probleme mit staatlichen Behörden?

A: Mir ist nichts passiert. Ich wurde nie inhaftiert oder festgenommen. Es liegt kein Haftbefehl gegen mich vor.

F: Wie viel Zeit wendeten Sie für diese Organisation auf?

A: Ich war einmal in der Woche für ein paar Stunden dort.

F: Was sagten Ihre Eltern dazu?

A: Sie wussten nichts davon.

F: Wurden Sie jemals angezeigt?

A: Nein.

F: Brachte der Staat in Erfahrung, dass Sie Mitglied dieser Gruppierung waren?

A: Nein. Aber ich könnte auf Videoaufzeichnungen abgelichtet sein.

F: Wurden Sie bereits von Sicherheitsbeamten oder staatlicher Seite aufgrund Ihrer ehemaligen Mitgliedschaft bei der Gruppierung kontaktiert?

A: Nein.

F: Haben Sie jemals eine Straftat begangen?

A: Nein.

F: Gehen Sie im österreichischen Bundesgebiet einer Beschäftigung nach?

A: Nein.

F: Wie finanzieren Sie Ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet?

A: Mein Bruder und meine Cousins unterstützen mich finanziell. In Österreich habe ich auch weiter entfernte Verwandte.

F: Waren Sie je Mitglied einer politischen Partei?

A: Nein.

F: Waren Sie in der Türkei religiös aktiv?

A: Nein.

FLUCHTGRUND:

F: Nennen Sie mir nun bitte all Ihre Fluchtgründe so detailliert und konkret wie möglich?

A: Ich bin Kurde. Und wie viele Kurden auch mussten wir in Istanbul in dem Viertel XXXX leben. Im Jahr 2014 lernte ich die DHKP-C kennen. Bis zum Jahr 2016 war ich dort dabei. Die Hälfte meiner Freunde, die mit mir zusammen bei dieser Organisation dabei waren, gingen dann in die Berge zu den Kämpfen. Als mein Wehrdienstalter gekommen ist, hätte ich zwei Möglichkeiten gehabt: Entweder würde ich auch in die Berge gehen oder meinen Wehrdienst für die Türkei ableisten und dabei meine Freunde in den Bergen umbringen. Das ist der Grund für meine Ausreise. In der Türkei ist es sehr schwer als nicht türkischer Abstammung zu leben. Jetzt ist der Diktator Erdogan hier und geht es jedem viel schlechter. Mehrere Freunde von mir wurden willkürlich festgenommen. Entweder liebt man den Erdogan, wenn man gegen ihn irgendetwas sagt, wird man als Verräter abgestempelt.

F: Wieso möchten Sie den Militärdienst nicht antreten?

A: Ich möchte nicht gegen mein eigenes Volk kämpfen.

Vorhalt: Ihre Familienangehörigen leisteten doch auch den Grundwehrdienst, wieso sollten Sie das nicht können? Sie sagten selbst, dass Ihr Bruder von Österreich zurück in die Türkei reiste, um den Wehrdienst abzuleisten. Was sagen Sie dazu?

A: Das war nicht freiwillig. Er hatte den Wehrdienst nicht aufgeschoben gehabt. Als er in die Türkei eingereist war, wurde er innerhalb weniger Tage zum Wehrdienst gebracht; einberufen. Soldaten kurdischer Abstammung werden in den Osten geschickt, auch mein Bruder leistete seinen Wehrdienst in XXXX ab. Sie lassen Kurden gegen Kurden kämpfen.

F: Hatten Sie einen Aufschub für Ihren Wehrdienst?

A: Nein.

F: Hatten Sie schon einen Einberufungsbefehl erhalten?

A: Es gibt eine Seite, auf der mein Einberufungsbefehl ersichtlich ist. Das war im Jahr 2017.

F: Können Sie den Einberufungsbefehl in Vorlage bringen?

A: Ich werde mich bemühen.

Anmerkung: Dem AW wird eine Frist von 2 Wochen gegeben, um den Einberufungsbefehl in Vorlage zu bringen.

F: Weshalb sollten Sie mehr Probleme bekommen als die anderen Kurden, die den Wehrdienst in der Türkei ableisten?

A: Weil ich bei dieser Jugendgruppierung dabei war.

F: Haben Sie weitere Fluchtgründe anzuführen?

A: Nein. Mein einziger Fluchtgrund ist die Furcht vor dem Wehrdienst.

F: Wurden Sie bereits persönlich bedroht?

A: Nein, noch nie.

F: Wurden Sie jemals geschlagen oder gefoltert?

A: Nein.

F: Wurden Sie jemals aufgrund Ihrer Religions- oder Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bedroht?

A: In der Schule wurde ich von Lehrern diskriminiert. Ich bekam schlechte Noten.

F: Waren Sie oder Familienangehörige Ihrerseits jemals militärisch, politisch oder religiös aktiv?

A: Mein Bruder Mehmet unterstützt ehrenamtlich die politische Partei HDP.

F: Was befürchten Sie im Falle der Rückkehr in die Türkei?

A: Weil ich nicht den Militärdienst abgeleistet habe, könnte ich als Verräter gelten. Deswegen könnte ich dem Gericht vorgeführt werden.

F: Möchten Sie die Länderfeststellung zu Ihrem Herkunftsstaat Türkei haben und Stellung dazu nehmen?

A: Ja, bitte. Aber vielleicht gebe ich keine Stellungnahme dazu ab.

Anmerkung: 14-tägige Frist bis zum 20.11.2018 zur Abgabe einer Stellungnahme wird gewährt. ( XXXX @icloud.com)

F: Konnten Sie sich bei dieser Einvernahme konzentrieren? Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

A: Ja, alles verstanden.

F: Hatten Sie ausreichend die Möglichkeit Ihr Vorbringen rund um Ihre Fluchtgründe darzustellen?

A: Ja.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Möchten Sie noch etwas angeben?

A: Nein, danke.

Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Im Zuge dieser Rückübersetzung besteht die Möglichkeit Korrekturen, Ergänzungen oder Richtigstellungen vorzunehmen, Einwendungen anzubringen oder gegebenenfalls rückzufragen. Mit seiner Unterschrift bestätigt der/die ASt., dass die Angaben vollständig, verständlich und richtig wiedergegeben wurden. Der/Die ASt. bestätigt auch, dass die Befragung in einer respektvollen und angenehmen Atmosphäre stattfand.

[...]

Ende der Amtshandlung: am 06.11.2018, 10:15 Uhr

- Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Anm. Rechtschreibfehler wurden nachträglich ausgebessert.

[...]"

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Abschiebungshindernisse lägen demnach nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht gegeben. Ein die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen und wurde daher eine Rückkehrentscheidung verfügt.

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde das Vorbringen nochmals bekräftigt und resümierend festgehalten, dass sich die bP aus Gründen der politischen Gesinnung außerhalb der Türkei befinde. Die bP sei in Österreich gut integriert; ein Bruder, welcher die bP finanziell unterstütze sowie Cousins würden sich im Bundesgebiet aufhalten; die bP habe sich mit einer österreichischen Staatsangehörigen mit türkischem Hintergrund verlobt. Beantragt wird die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Mail vom 04.06.2019 wurde eine "Mitteilung über die Ermittlung der Ehefähigkeit/Fähigkeit zur Begründung einer eingetragenen Partnerschaft, Ehe oder Ep übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Bundesamt traf auf Grund des Ermittlungsverfahrens folgende Feststellungen denen sich das BVwG anschließt:

"Zu Ihrer Person:

Ihre Identität steht fest. Sie heißen XXXX am XXXX in XXXX Türkei geboren.

Sie sind türkischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Kurden. Es steht fest, dass Sie der Glaubensgemeinschaft des Islam angehören. Sie sind nicht verheiratet, weder traditionell noch amtlich. Sie haben keine Kinder und keine Sorgepflichten.

Fest steht, dass Sie die Türkei spätesten am 01.04.2018 verlassen haben und sind illegal nach Österreich eingereist.

Es wird festgestellt, dass Ihre Muttersprache kurdisch ist, Sie beherrschen die türkische und die arabische Sprachen und haben 10 jährige Schulausbildung in der Türkei absolviert.

Zur Ihrer Familienkonstellation wird festgestellt, dass Ihre Eltern und Ihre Geschwister nach wie vor in Ihrem Heimatstaat wohnhaft sind. Fest steht, dass die finanzielle Lage Ihrer Familie sehr gut ist. Ihre Eltern würden getrennt leben. Ihr Vater ist im Besitz von Länderei und Ihre Mutter würde in Istanbul eine Eigentumswohnung besitzen. Ihre Geschwister sind berufstätig und haben regelmäßiges Einkommen. Ihre Mutter sei Hausfrau, einer Ihrer Brüder würde Ihre Mutter finanziell unterstützen.

Fest steht, dass Sie regelmäßig in Kontakt zu Ihrer Familie stehen. Es steht fest, dass Sie zahlreiche Verwandte in der Türkei haben. Ihre Onkeln und Tanten leben samt ihren Familien in der Türkei. Es steht fest, dass einer Ihrer Brüder in Österreich wohnhaft ist.

Fest steht, dass Sie strafrechtlich im Bundesgebiet unbescholten sind.

Es steht fest, dass Ihre illegale Einreise zum Zwecke der Verschaffung einer dauerhaften Niederlassung in Österreich unter Umgehung der Einreise- und Niederlassungsvorschriften erfolgte und nicht auf einer Verfolgung und der daraus resultierenden Schutzsuche.

Zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Nicht festgestellt werden konnte, dass Sie in der Türkei einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren bzw. eine solche zukünftig zu befürchten hätten. Es kann auch aus den sonstigen Umständen keine asylrelevante Verfolgung iSd GFK festgestellt werden.

In Ihrem Fall konnte nicht festgestellt werden, dass Sie aus wohl begründeter Furcht vor Verfolgung wegen Ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen Ihrer politischen Überzeugung, Ihre Heimat verlassen haben.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie in Ihrem Herkunftsstaat einer staatlichen Bedrohung bzw. Verfolgung ausgesetzt waren.

Es konnte in diesem Zusammenhang auch nicht festgestellt werden, dass Sie persönlich

Probleme mit Ämtern und Behörden in Ihrem Herkunftsstaat gehabt hätten bzw. solche zu befürchten hätten. Zuletzt haben Sie am XXXX Ihren Identitätsausweis bei den heimischen Behörden in der Türkei beantragt und diesen mühelos erhalten.

Zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Fest steht, das dem Bundesamt auch keine Umstände bekannt sind, dass in der Republik Türkei eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Artikel 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre, oder eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, dass das Überleben von Personen mangels Nahrung und Wohnraum tatsächlich in Frage gestellt wäre.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle der Einberufung zur Ableistung des Grundwehrdienstes in der Türkei aus in Ihrer Person gelegenen Gründen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen Rekruten, die mit der Gefahr gravierender Eingriffe in Ihre Rechtssphäre, insbesondere in Ihre physische Integrität, einhergeht, ausgesetzt wären.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie bei einer Rückkehr in die Türkei weder aus wohl begründeter Furcht vor Verfolgung wegen Ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen Ihrer politischen Überzeugung einer asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt wären.

Es liegt in Ihrem Fall keine relevante Gefährdungslage in Bezug auf Ihren unmittelbaren Heimatort.

Es konnte festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr bei Ihrer Familie im elterlichen Haushalt vorübergehend leben können.

Es konnte festgestellt werden, dass die allgemeine Sicherheitslage Lage in der Türkei stabil ist. Eine flächendeckende bürgerkriegsähnliche Situation in der Türkei ist nicht feststellbar.

Es steht fest, dass Sie arbeitsfähig sind und leiden an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Ein Rückkehrhindernis ist in Ihrem Fall nicht feststellbar.

Es steht fest, dass Sie fundierte Berufserfahrung im Verkauf, in Schneiderei und in Gastronomiebetrieben besitzen. Zuletzt waren Sie selbstständig beschäftigt und führten gemeinsam mit Ihrem Bruder ein Textilgeschäft. Sie waren auch als Frisör tätig.

Es steht fest, dass Sie sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung Ihren Lebensunterhalt in der Türkei sichern können.

Es steht fest, dass Hinderungsgründe - etwa wegen lebensbedrohlicher Krankheit - sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben haben.

Fest steht, dass Sie gegenwärtig nur aufgrund der Asylantragstellung vorübergehend zum Aufenthalt berechtigt sind, einen anderen Aufenthaltstitel haben Sie nicht.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihrem Recht auf Leben gefährdet, der realen Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder der Gefahr der Vollstreckung der Todesstrafe ausgesetzt wären.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind ledig und haben keine Kinder. Einer Ihrer Brüder lebt derzeit im Bundesgebiet.

Es steht fest, dass Sie in Österreich weder einem Verein noch einer sonstigen Organisation angehören und Sie in Österreich in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu irgendwelchen Personen stehen.

Sie haben keine Integrationsbemühungen angestrebt, Sie haben bis Dato keine Sprachkurse besucht.

Die Bestehung eines sonstigen nennenswerten sozialen Umfeldes hier in Österreich ist nicht feststellbar.

Zur Lage in Ihrem Herkunftsland: [...]"

Das Bundesamt traf im angefochtenen Bescheid Feststellungen zum Herkunftsstaat Türkei auf Basis des der Partei zu Gehör gebrachten Länderinformationsblattes der Staatendokumentation. Die bP äußerte sich dazu im Verfahren vor dem Bundesamt nicht. Im Wesentlichen ergibt sich für diesen Fall zusammengefasst daraus Folgendes:

Mehr als 15 Millionen türkische BürgerInnen, so wird geschätzt, haben einen kurdischen Hintergrund und sprechen einen der kurdischen Dialekte. Wenngleich es zu Diskriminierungen kommen kann, ergibt sich auf Grund der Berichtslage nicht, dass Kurden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in der Türkei einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wären.

Die Versorgungslage ist in der Türkei grds. gesichert und ist Kurden - so wie der übrigen Bevölkerung - auch eine Teilnahme am Erwerbsleben und Inanspruchnahme medizinischer Leistungen möglich.

Die marxistisch-leninistische "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) ist eine terroristische Gruppierung, welche sich für eine revolutionäre Zerschlagung der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung in der Türkei ausspricht. Auf Grund der durch den Putschversuch am 15.07.2016 verschärften Sicherheitslage wurden im Jänner 2018 sieben mutmaßliche Mitglieder der DHKP-C in Istanbul verhaftet.

Jeder männliche türkische Staatsangehörige unterliegt ab dem 20. Lebensjahr der Wehrpflicht. Das Wehrdienstalter beginnt am 1. Januar des Jahres, in dem der Betreffende das 19. Lebensjahr vollendet und endet am 1. Januar im Jahr des 41. Geburtstags. Auf Dauer im Ausland lebende türkische Wehrpflichtige können bis zur Vollendung des 38. Lebensjahres 2000 ? zahlen und sich damit vom Wehrdienst "freikaufen". Einzelfälle von Diskriminierungen kommen vor. Ein Fernbleiben vom Wehrdienst wird mit einer Geldstrafe geahndet.

Die Sicherheit ist für die Bevölkerung im Allgemeinen gewährleistet und die staatlichen Schutzmechanismen hinreichend funktionsfähig. Es kann nicht festgestellt werden, dass in der Türkei aktuell eine Lage herrschen würde, wonach diese für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Aus dem ZMR ist ersichtlich, dass der bP im Mai 2019 einen türkischer Reisepass ausgestellt wurde.

Dem ZMR und einem vom Bundesamt übermittelten Bescheinigungsmittel ist zu entnehmen, dass die bP am 07.06.2019 die österr. Staatsangehörige Aysegül GÜZEL geheiratet hat. Die bP selbst hat dies dem BVwG nicht mitgeteilt.

2. Beweiswürdigung

Einleitend ist anzuführen, dass die im Verfahren aufgenommenen Niederschriften mit den Aussagen der bP vollen Beweis iSd § 15 AVG über den Verlauf und Gegenstand der Amtshandlung bilden und mit diesem Inhalt als zentrales Beweismittel der Beweiswürdigung unterzogen werden können.

Die bP trat den Gegenbeweis der Unrichtigkeit des darin bezeugten Vorganges nicht an.

Das Bundesamt würdigte die Ermittlungsergebnisse folgendermaßen:

"[...]

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Sie heißen XXXX , Sie sind am XXXX in der Türkei in XXXX geboren. Ihre Identität steht auf Grund der Vorlage Ihrer türkischen Identitätskarte zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen zu Ihrer Herkunftsregion, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Glaubens- und Volksgruppenzugehörigkeit beruhen auf Ihren diesbezüglichen Angaben in der Erstbefragung und der Einvernahmen vor dem BFA.

Die Feststellungen zu Ihrem Gesundheitszustand begründen sich auf Ihre eigenen Angaben sowie auf den Umstand, dass Sie nichts Gegenteiliges in Vorlage gebracht haben.

Zu Ihrem persönlichen Umfeld haben Sie vor dem BFA niederschriftlich dargelegt, dass Sie in der Türkei 10 Jahre Schule besucht hätten.

Zumal Sie vor der Antragstellung polizeilich im Bundesgebiet nicht in Erscheinung getreten sind, ist davon auszugehen, dass Sie spätestens mit dem Datum der Erstantragstellung auf internationalen Schutz illegal in das Bundesgebiet eingereist sind. Es wird festgehalten, dass Sie über kein gültiges Reisedokument (Reisepass mit Visum) verfügen. Dies steht auch in Übereinstimmung mit Ihren Angaben.

In Folge waren Sie ausschließlich nur auf Grund der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nach den Bestimmungen des Asylgesetzes zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Darüber hinaus waren Sie niemals zum Aufenthalt nach anderen gesetzlichen Bestimmungen berechtigt. Dies ergibt sich aus der Aktenlage.

Die Feststellung zu Ihrer strafrechtlichen Unbescholtenheit wird angemerkt, dass keine Eintragungen aufscheinen.

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Gerade im Asylverfahren ist das Vorbringen des Antragstellers oft das einzige Beweismittel, welches von der Partei der Behörde zur Verfügung gestellt wird. Die niederschriftlichen Angaben der Partei stellen daher im überwiegenden Teil des Verfahrens die wesentliche Entscheidungsgrundlage dar. Im Asylverfahren liegt oft ein geradezu sachtypischer Beweisnotstand vor, weshalb das Vorbringen auf die Glaubhaftigkeit und die Person des Asylwerbers selbst auf die Glaubwürdigkeit zu prüfen sind.

Ein Vorbringen wird dann glaubhaft sein, von es nachfolgende Grunderfordernisse erfüllt:

[...]

Sie haben am 05.04.2018 bereits folgende Angaben zum Verlassen Ihres Herkunftsstaates Türkei vorgebracht:

[...]

Ich habe vor ca. 3 Monaten meinen Einberufungsbefehl bekommen. Als Kurde möchte ich auf keinen Fall der türkischen Armee dienen, weil die Kurden von den Türken sehr schlecht behandelt und sogar misshandelt werden.

Ich habe hiermit alle meine Gründe und die dazugehörenden Ereignisse angegeben, warum ich nach Österreich gereist bin! Ich habe keine weiteren Gründe einer Asylantragstellung.

[...]

Des Weiteren haben Sie zu Ihren niederschriftlichen Einvernahmen folgende Angaben gemacht:

Ausschnitt aus Ihrer asylrechtlichen Niederschriftsprotokoll vom 06.11.2018:

[...]

Ich bin Kurde. Und wie viele Kurden auch mussten wir in Istanbul in dem Viertel XXXX leben. Im Jahr 2014 lernte ich die DHKP-C kennen. Bis zum Jahr 2016 war ich dort dabei. Die Hälfte meiner Freunde, die mit mir zusammen bei dieser Organisation dabei waren, gingen dann in die Berge zu den Kämpfen. Als mein Wehrdienstalter gekommen ist, hätte ich zwei Möglichkeiten gehabt: Entweder würde ich auch in die Berge gehen oder meinen Wehrdienst für die Türkei ableisten und dabei meine Freunde in den Bergen umbringen. Das ist der Grund für meine Ausreise. In der Türkei ist es sehr schwer als nicht türkischer Abstammung zu leben. Jetzt ist der Diktator Erdogan hier und geht es jedem viel schlechter. Mehrere Freunde von mir wurden willkürlich festgenommen. Entweder liebt man den Erdogan, wenn man gegen ihn irgendetwas sagt, wird man als Verräter abgestempelt.

[...]

Sie gaben im Wesentlichen an, die Türkei verlassen zu haben, weil Sie wehrdienstpflichtig gewesen wären und den Wehrdienst nicht ableisten wollten.

Im Hinblick auf die Frage, ob Sie aus individuellen Gründen, so Ihrer Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe oder zur muslimischen Glaubensgemeinschaft oder wegen Ihres angeblichen politischen Engagements in der Vergangenheit, bei einer Ableistung des Grundwehrdienstes als Rekrut mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer schlechteren Behandlung als andere Grundwehrdiener, die allenfalls mit gravierenden Eingriffen in ihre Rechtssphäre einherginge, zu rechnen hätten, brachten Sie nicht vor.

Hinweise darauf, dass die Sanktionen gegen Wehrdienstverweigerer aus Gründen, die in der GFK liegen, differieren oder, dass die Sanktionen grundsätzlich jeder Verhältnismäßigkeit entbehren, ergeben sich weder aus den herangezogenen Länderinformationsberichten, noch wurde dies fundiert von Ihnen vorgebracht. Aus den getroffenen Feststellungen ergibt es sich, dass auf die Ableistung des Wehrdienstes für Angehörige der kurdischen Volksgruppe speziell eingegangen wird und es zu keiner systematischen Diskriminierung von Angehörigen der kurdischen Volksgruppe im Zuge der Wehrdienstableistung kommt.

In den länderkundlichen Informationen des Bundesamtes fanden sich zwar Hinweise darauf, dass eine gewisse Selbstmordrate unter allen Rekruten des türkischen Heeres feststellbar war, kurdische Informationsquellen würden diesbezüglich auch auf einen überproportionalen Anteil an kurdisch-stämmigen Rekruten verweisen. Aus diesen Aussagen war jedoch schon im Lichte der sehr kleinen Anzahl an Betroffenen im Verhältnis zur Größe des türkischen Heeres für das Bundesamt nicht abzuleiten, dass Sie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer diskriminierenden Behandlung oder gar gravierenden Übergriffen auf Sie zu rechnen hätten.

Dass Sie im Speziellen wegen Ihres kurdischen Herkunft zum Ziel einer absichtlichen Schlechterbehandlung geraten würden, haben Sie demgegenüber nur gemutmaßt, ohne dass dem Bundesamt stichhaltige Anhaltspunkte für eine solche Annahme präsentiert wurden oder von Amts wegen bekannt geworden wären. Auch was den möglichen Einsatzort von Grundwehrdienern angeht lagen keine stichhaltigen Hinweise auf eine gerade gegen kurdisch-stämmige oder politisch unliebsame Rekruten gerichtete, auf systematische Weise diskriminierende Vorgehensweise der Militärbehörden vor.

Sie gaben auch selbst an, dass Ihr Bruder, XXXX geb.: XXXX 1990, der im Bundesgebiet wohnhaft ist, in den Jahren 2014 und 2016 in die Türkei zurückgekehrt ist um sein Wehrdienstpflicht nachzukommen.

Sie wurden am 06.11.2018 im Zuge Ihrer asylrechtlichen Einvernahme durch das Bundesamt aufgefordert innerhalb von zwei Wochen Ihren türkischen Einberufungsbefehl zu Wehrdienst nachzureichen. Sie sind dieser Aufforderung trotz Belehrung nicht nachgekommen, somit haben Sie gemäß § 15 AsylG 2005 Abs. 1 Z 5 Ihre Mitwirkungspflicht am Ausgang Ihres Verfahrens um internationalen Schutz verletzt.

Zu Ihrer angeblichen Mitgliedschaft zu der bewaffneten terroristischen Gruppierung Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi, kurz: DHKP-C (deutsch: Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) wird angeführt:

Ihr Vorbringen bezüglich Ihrer angeblichen Mitgliedschaft zu DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front), war widersprüchlich und nicht plausibel vorgebracht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubhaft anzuerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnis Abläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl. z.B. VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Ihre unterschiedlichen Angaben zu Ihren Fluchtgründen zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA belasteten auch Ihre Glaubwürdigkeit.

Nun ist es zwar nicht zielführend, auf die Angaben in einer Erstbefragung, welche von Gesetzes wegen in erster Linie der Ermittlung der Identität und der Reiseroute nicht aber der näheren Fluchtgründe dienen soll (§19 Abs. 1 AsylG 2005), besonderes Gewicht zu legen und diese mit den späteren Angaben zu vergleichen.

Ihr Fluchtvorbringen im Rahmen der asylrechtlichen Befragung am 06.11.2018 weicht von der in der Erstbefragung getätigten Aussagen ab.

Während der Erstbefragungen gaben Sie lediglich auf Grund Ihrer wehrdienstpflichtigen Alter die Türkei verlassen zu haben, da Sie unbegründet Angst hätten Ihren Wehrdienst in Türkei anzutreten. Bei der asylrechtlichen Einvernahme stellten Sie plötzlich eine Behauptung i den Raum und führten aus, dass Sie im Jahr 2014 angeblich Mitglied der terroristischen Vereinigung - der DHKP-C - angehörig gewesen wären, seit 2016 aber nicht mehr Mitglied wären.

Zu Ihrer angeblich früheren Mitgliedschaft der DHKP-C waren Sie nicht in der Lage von sich aus Details vorzubringen, noch gingen aus Ihrer Schilderung Ausführungen hervor, die von einer Erzählung sprechen lassen, die sich auf wahre Begebenheiten beziehen würde. Daher wird seitens des Bundesamtes bezüglich Ihres angeblich früheren DHKP-C Mitgliedschaft kein Glauben geschenkt.

Folgende Textausschnitte aus Ihrer asylrechtlichen Niederschrift indizieren, dass gegen Sie niemals in der Türkei einen Haftbefehl gegeben hat, Sie hatten niemals Probleme mit den heimischen Behörden, Sie wurden vom türkischen Staat zu keiner Zeit weder gefoltert noch persönlich bedroht.

[...]

F: Waren Sie je Mitglied einer politischen Partei?

A: Nein.

F: Waren Sie in der Türkei religiös aktiv?

A: Nein.

.....

F: Wurden Sie bereits persönlich bedroht?

A: Nein, noch nie.

F: Wurden Sie jemals geschlagen oder gefoltert?

A: Nein.

.....

F: Haben Sie weitere Fluchtgründe anzuführen?

A: Nein. Mein einziger Fluchtgrund ist die Furcht vor dem Wehrdienst.

[...]

Sie geben an, dass Sie auf Grund Ihrer kurdischen Abstammung in der Türkei diskriminiert wären.

Ihre Bemerkung zur allgemein schwierigen Situation von Kurden ist zwar zum Teil auch in den Länderinformationen der Staatendokumentation zur Türkei abgebildet. Fluchtbegründend kann jedoch eine solche schwierige Allgemeinsituation nicht sein, eine nicht gegebene persönliche Verfolgung gegen Sie wird auch durch Ihr fortwährendes, reguläres Verbleiben in Ihrem Heimatland und den Mangel an Verfolgungshandlungen gegen Sie belegt.

Wie den Länderfeststellungen jedoch zu entnehmen ist, leben in der Türkei etwa 13 bis 15 Millionen Kurden. Folgt man den Länderinformationen, muss gesagt werden, dass Kurden zwar einer gewissen Form der Diskriminierung ausgesetzt sind, von einer asylrelevanten Verfolgungssituation kann jedoch in keiner Weise ausgegangen werden. Den aktuellen Informationen ist nicht zu entnehmen, dass es in den letzten Jahren zu erwähnenswerten Übergriffen auf Kurden gekommen ist. Da 13 bis 15 Millionen Kurden in der Türkei leben können, ist nicht anzunehmen, dass gerade Sie nur wegen Ihrer Zugehörigkeit zu Ihrer kurdischen Abstammung alleine verfolgt werden sollten. Wie den Informationen zu entnehmen ist, hat die türkische Regierung sowohl durch Gesetze als auch in der Praxis Schritte unternommen, um die kurdische Bevölkerung zu integrieren. Den aktuellen Informationen ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass es in den letzten Jahren zu erwähnenswerten Übergriffen auf Kurden gekommen ist, sofern diese Kurden nicht der terroristischen PKK nahe stehen. Es ist daher auch auszuschließen, dass Sie aufgrund Ihrer kurdischen Abstammung in der Türkei verfolgt werden könnten.

Zur Vervollständigung wird angemerkt, dass hinsichtlich des bloßen Umstands Ihrer kurdischen Abstammung darauf hinzuweisen ist, dass sich entsprechend der herangezogenen Länderberichte und aktuellen Medienberichte die Situation für Kurden - abgesehen von den Berichten betreffend das Vorgehen des türkischen Staates gegen Anhänger und Mitglieder der als Terrororganisation eingestuften PKK und deren Nebenorganisationen, wobei eine solche Anhängerschaft durch Ihre Person nicht festgestellt werden konnte - nicht derart gestaltet, dass von Amts wegen aufzugreifende Anhaltspunkte dafür existieren, dass gegenwärtig Personen kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit in der Türkei generell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit allein aufgrund ihrer Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit einer eine maßgebliche Intensität erreichenden Verfolgung ausgesetzt bzw. staatlichen Repressionen unterworfen sein würden.

Schließlich haben Sie ja auch noch Ihre Eltern, Geschwister und sonstige Verwandte in der Türkei, die ja ebenfalls kurdischer Abstammung sind und ebenfalls dort leben können. Ihr Vorbringen und Ihre Behauptung, wegen Ihrer kurdischen Abstammung diskriminiert zu werden, stellen sich somit als haltlos dar.

Eine aktuelle, konkrete gegen Sie gerichtete asylrelevante Verfolgung konnte weder im gesamten Verfahren festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine derart gestaltete Verfolgung für wahrscheinlich erscheinen hätten lassen.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Es konnten keinerlei Anhaltspunkte dahingehend gefunden werden, dass Sie im Falle einer Rückkehr in die Türkei einer Verfolgungsgefährdung i. S. d. Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wären.

Sie vermochten auch keine konkrete Gefahr im Fall Ihrer Rückkehr vorbringen, sondern konnten nur keine Gefahren erkennen. Ein reales Risiko im Fall Ihrer Rückkehr konnte nicht ausgemittelt werden und wurde von Ihnen nicht vorgebracht.

Sie brachten im Verfahren keine anderen Gefährdungspotenziale vor als jene, die für nicht asylrelevant erachtet wurden. Solche können auch amtswegig im Falle Ihrer Rückkehr in die Republik Türkei nicht festgestellt werden.

Ihre Familienangehörigen, Ihre Eltern, Ihre Geschwister und nahe Verwandte sowohl väterlicher als auch mütterlicherseits sind nach wie vor in der Türkei aufhältig. Diesbezüglich wird auf die entsprechenden Feststellungen im gegenständlichen Bescheid verwiesen!

Wie bereits ausgeführt, verfügen Sie über eine mehrjährige fundierte Berufserfahrung in verschiedenen Tätigkeitsbranchen. Sie haben zuletzt in der Türkei gemeinsam mit Ihrem Bruder ein Textilgeschäft betrieben.

Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird.

Es ist Ihnen zuzumuten sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung und der Unterstützung (finanzieller Zuschüsse) Ihres Bruders aus Österreich zeitweilig Ihren Lebensunterhalt in der Türkei zu sichern.

Es wäre Ihnen auch zumutbar durch eigene und notfalls auch wenig attraktive Arbeit oder erforderlichenfalls durch Zuwendungen von dritter Seite - auch unter Anbietung Ihrer gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu Ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können.

Sie gaben an, dass Sie im Falle einer Rückkehr in die Türkei Angst hätten, Ihren Wehrdienst abzuleisten. Weiters gaben Sie an, dass Sie im Falle einer Rückkehr und im Falle Verweigerung Ihres Wehrdienstes vor einem Gericht verurteilt würden.

[...]

F: Was befürchten Sie im Falle der Rückkehr in die Türkei?

A: Weil ich nicht den Militärdienst abgeleistet habe, könnte ich als Verräter gelten. Deswegen könnte ich dem Gericht vorgeführt werden.

[...]

Da Ihnen im Herkunftsstaat keine Verfolgung iSd GFK droht, geht das Bundesamt davon aus, dass Ihnen im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Die Feststellungen zu Ihrem Familienstand, resultiert aus Ihren glaubhaften Angaben.

Entsprechend Ihrer eigenen Angaben, haben Sie in Österreich, einen Bruder.

Sie stehen zu Ihrem Bruder keinesfalls in Abhängigkeitsverhältnis, gegenteiliges haben Sie nicht vorgebracht.

Hinsichtlich Ihrer sozialen und integrativen Verfestigung brachten Sie keinen Sachverhalt vor.

Dass Sie trotz genügend frei verfügbarer Zeit keinen Deutschkurs besuchten und auch sonst nicht erkennen ließen, dass Sie bemüht wären, den Spracherwerb zu erlernen, lässt auf einen mangelnden Integrationswillen Ihrerseits schließen.

Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA. Diese ist gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 BFA-G zur Objektivität verpflichtet und unterliegt der Beobachtung eines Beirates. Es ist daher davon auszugehen, dass alle zitierten Unterlagen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen stammen, ausgewogen zusammengestellt wurden und somit keine Bedenken bestehen, sich darauf zu stützen.

Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können. Diese Länderfeststellungen wurden Ihnen zur Einsichtnahme u. Abgabe einer Stellungnahme angeboten. Sie haben die Möglichkeit der Einsicht in die Länderinformation wahrgenommen und gaben bekannt, dass Sie dazu keine Stellungnahme abgeben wollen.

[...]."

Seitens des BVwG wird eingangs angemerkt, dass gerade beim Antrag auf internationalen Schutz der persönlichen Aussage zur eigenen Gefährdungssituation im Herkunftsstaat als Beweismittel und zentralem Punkt in diesem Verfahren besondere Bedeutung zukommt, handelt es sich doch behauptetermaßen um persönliche Erlebnisse bzw. eigene sinnliche Wahrnehmungen des Antragstellers / der Antragstellerin über die berichtet wird. Diese entziehen sich zumeist - insbesondere auf Grund der faktischen und rechtlichen Ermittlungsschranken der Asylinstanzen - weitgehend einer Überprüfbarkeit und liegen diese idR alleine in der persönlichen Sphäre der bP.

Im Wesentlichen geht es für die Entscheider darum, zu beurteilen, ob es im konkreten Fall glaubhaft ist, dass die diesbezüglichen Aussagen der bP auf einem tatsächlichen persönlichen Erleben beruhen oder ob sich die Partei dabei der Lüge bedient bzw. die Aussagen nicht erlebnisbegründet sind.

Im Allgemeinen erfolgt eine (vorsätzliche) Falschaussage nicht ohne Motiv (vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Auflage, Rz 246ff). Im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz kann eine derartige Motivationslage, die den Wahrheitswillen eines Antragstellers/einer Antragstellerin zu beeinflussen geeignet ist, darin liegen, dass sie ihrer Überzeugung nach - uU auch durch Suggestion Dritter beeinflusst - dadurch gesteigerte Erfolgsaussichten erwarten, um den beantragten Status als Asylberechtigter oder als subsidiär Schutzberechtigter und damit einen Aufenthaltstitel samt Zugang zum Arbeitsmarkt und/oder staatlicher Versorgung zu erlangen (sog. "Folgenberücksichtigung", siehe oben zitierte Quelle).

Als Beurteilungskritierien für die Glaubhaftmachung nennt der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise:

Bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung reicht für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011; 1.10.1997, 96/09/0007). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte ist die Behörde / das Bundesverwaltungsgericht nicht verpflichtet jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/20/0314, mwN).

Es ist Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubhaft anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl. zB. VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Auch auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren ist bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung Bedacht zu nehmen. Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601; 14.6.2005, 2005/02/0043], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht und Darlegungslast des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

Wenn das BFA auf Grund des Ermittlungsverfahrens davon ausgeht, dass es keine stichhaltigen Anhaltspunkte für eine systematische asylrechtlich relevante Diskriminierung von Angehörigen der kurdischen Volksgruppe im Zuge der Wehrdienstableistung gibt, ist ihr seitens des BVwG beizupflichten. Das BFA räumt auch richtigerweise ein, dass zum Teil die Länderinformationen der Staatendokumentation den Angehörigen der kurdischen Volksgruppe eine schwierige Situation bescheinigen, jedoch darin keine asylrelevante Verfolgungssituation zu erblicken sei. Dem BFA ist auch hinsichtlich der Feststellung, dass die bP ihre Mitwirkungspflicht im Sinne des § 15 AsylG 2005 Abs. 1 Z 5 verletzt hat, indem sie bis dato den türkischen Einberufungsbefehl nicht nachgereicht hat, beizupflichten. Es handelt sich hier um Umstände die in der alleinigen Sphäre der bP gelegen sind und besteht diesbezüglich eine erhöhte Mitwirkungsverpflichtung.

Für das BFA war es nicht einleuchtend, dass die bP den Fluchtgrund der Mitgliedschaft bei der DHKP-C nicht bereits in der Ersteinvernahme, zumindest ansatzweise, sondern erst vor dem BFA vorbrachte und wertete dies als nicht glaubhaft, was auch durch die detailarme Schilderung bestärkt wurde.

Wenngleich dies in der Beschwerde nicht moniert wird, ist zum Umstand, dass die Behörde die "Fluchtgründe" aus der Erstbefragung mit jenen aus der folgenden Einvernahme würdigte, Folgendes anzumerken: auf dem Boden der gesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 ist es weder der Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt ist, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten zu späteren Angaben einzubeziehen, es bedarf aber sorgsamer Abklärung und auch der in der Begründung vorzunehmenden Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind [Hinweis VwGH v 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018, und E vom 13. November 2014, Ra 2014/18/0061, sowie das E des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Februar 2014, U 1919/2013 ua.] (VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0189, VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/0168-3).

Unter den gegebenen Voraussetzungen war es dem BFA nicht verwehrt dies im Rahmen der Beweiswürdigung aufzugreifen.

Die vom BFA vorgenommene Beweiswürdigung ist im Wesentlichen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anzunehmen braucht, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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