TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/20 L521 2169197-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2019
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Entscheidungsdatum

20.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §6
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L521 2169197-1/25E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Mathias KOPF, LL.M. über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, 1090 Wien, Alser Straße 20, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.08.2017, Zl. 1075476508-150748474, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18.02.2019 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wird gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte im Gefolge seiner schlepperunterstützten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 27.06.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Marchegg am Tag der Antragstellung gab der Beschwerdeführer an, den Namen XXXX zu führen und Staatsangehöriger des Irak zu sein. Er sei XXXX geboren und habe von 1995 bis 2006 im Gouvernement Diyala die Grundschule besucht. Er sei Angehöriger der arabischen Volksgruppe, Moslem, im Irak zuletzt als Maler tätig gewesen und verheiratet. Seine Eltern, seine Ehegattin, sechs Kinder und 16 Geschwister seien im Irak oder einem anderen Drittstaat aufhältig.

Im Hinblick auf seinen Reiseweg brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, den Irak Ende Dezember 2014 legal von Bagdad ausgehend per Bus nach Istanbul und von dort nach Izmir verlassen zu haben. In der Folge sei er schlepperunterstützt am Seeweg nach Griechenland gelangt, wo er von den dortigen Behörden erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Anschließend sei er auf dem Landweg - großteils zu Fuß - über Nordmazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich gelangt.

Zu den Gründen seiner Ausreise aus dem Heimatland befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass drei Brüder erschossen worden und drei Brüder noch immer vermisst seien. Er habe durch die Milizen des Islamischen Staates alles verloren. Bei einer Rückkehr fürchte er seinen Tod.

2. Mit Schreiben vom 15.10.2015 brachte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - jeweils in Kopie - seinen irakischen Personalausweis, seinen irakischen Staatsbürgerschaftsnachweis, seine irakische Meldekarte, seinen irakischen Bezugsschein und irakische Identitätsdokumente bezüglich seiner Ehegattin und Kinder sowie ein Konvolut an irakischen - nicht näher bezeichneten - Dokumenten in Vorlage.

3. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 11.04.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers sowie einer Vertrauensperson des Beschwerdeführers in der Sprache Arabisch niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.

Zunächst wurde anhand der Angaben im irakischen Reisepass der Name des Beschwerdeführers mit Verfahrensanordnung korrigierend auf XXXX festgestellt. Des Weiteren bestätigte der Beschwerdeführer, am XXXX in der Stadt XXXX im Gouvernement Diyala geboren zu sein.

Ferner bestätigte der Beschwerdeführer, bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht zu haben. Die Niederschrift der Erstbefragung sei ihm zwar nicht rückübersetzt worden, er habe deren Inhalt jedoch später im Wege der Akteneinsicht zur Kenntnis genommen. Abgesehen von einem Fehler bezüglich des Transportmittels von Bagdad nach Istanbul sei die Niederschrift der Erstbefragung korrekt.

Zur Person und den Lebensumständen befragt gab der Beschwerdeführer an, Staatsangehöriger des Irak, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und des sunnitischen Glaubens zu sein. Er habe bis einen Monat vor seiner Ausreise in der Stadt XXXX im Gouvernement Diyala gelebt. Er habe in der Stadt XXXX die Grund- und anschließend ein Jahr die Hauptschule besucht. Nach dem Sturz von Saddam Hussein sei seine Familie nach XXXX gezogen, wo er noch drei Schuljahre absolviert habe. In der Folge sei er verschiedenen Tätigkeiten in XXXX und Erbil, etwa auf Feldern, im Bereich der Geflügelzucht, als Schmied und bei einem Brunnenbau- und Brunnenbohrungsunternehmen, nachgegangen. Seine Ehegattin, drei minderjährige Kinder, seine Eltern, 13 Brüder und 14 Schwestern sowie elf Onkel seien noch im Irak wohnhaft. Vier Brüder seien bereits verstorben. Er stehe mit seiner Ehegattin und seiner Mutter etwa einmal pro Monat in Kontakt. Seine finanzielle Situation sei mittelmäßig gewesen. Seine Ehegattin und seine Kinder befänden sich bei seinen Eltern und fünf Geschwistern im Haus eines Freundes in XXXX im Gouvernement Sulaimaniyya. Sie würden Unterstützung von den dortigen Organisationen erhalten. Zudem beziehe sein Vater eine Pension.

Zu den Gründen für das Verlassen seines Heimatstaates befragt, gab der Beschwerdeführer an, er und seine Familie seien nach der Eroberung der Stadt XXXX durch die Milizen des Islamischen Staates und heftiger werdenden Kämpfen im Juni 2014 nach Baquba geflüchtet. Dort seien einige Männer der Miliz Kata'ib al-Imam Ali während seiner Abwesenheit zweimal zu ihnen nach Hause gekommen, um sich nach seiner Person und einen Neffen von ihm zu erkundigen. Die Milizen würden mit der Regierung kooperieren, weshalb die Milizen nach ihm gesucht hätten. Vor seiner Flucht seien durch Unbekannte drei Brüder getötet und drei Brüder entführt worden. Die entführten Brüder seien bislang nicht aufgetaucht. Sie wüssten nicht, ob diese noch leben würden.

Nachgefragt zu Details wiederholte der Beschwerdeführer unter anderem, dass er bei den zweimaligen Erkundigungen nach seiner Person nicht zu Hause gewesen sei. Er sei nie persönlich bedroht worden. Er sei damals im Haus seines Onkels mütterlicherseits gewesen. Er könne sich lediglich erinnern, dass es im neunten Monat 2014 gewesen sei. Das zweite Mal seien die Männer genau eine Woche später - wieder im neunten Monat 2014 - gekommen. Anschließend hätten sich die Männer nicht mehr nach ihm erkundigt. Erst 2016 hätten diese Männer bei seinen Eltern nach ihm gefragt. Er wisse nicht, weshalb die Milizen nach ihm gesucht hätten.

Er sei in den Jahren 2006 und 2007 zweimal in Haft gewesen, weil in seinem Wohnort eingebrochen worden sei. Beim ersten Mal sei er 20 Tage und beim zweiten Mal etwa zehn Tage im Gefängnis verblieben.

Im Rahmen der Einvernahme brachte der Beschwerdeführe eine psychotherapeutische Stellungnahme vom 03.04.2017 im Original und - jeweils in Kopie - Befunde bezüglich der Krebserkrankung einer Schwägerin und irakische Gerichts- bzw. Behördenunterlagen in Vorlage. Des Weiteren legte er seinen irakischen Reisepass, seinen irakischen Personalausweis, seinen irakischen Staatsbürgerschaftsnachweis, seinen irakischen Meldenachweis und seine irakische Bezugskarte jeweils im Original vor.

4. Die im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde am 11.04.2017 vorgelegten irakischen Gerichtsunterlagen wurden - ebenso wie die Sterbeurkunden zweier in den Jahren 2004 und 2010 verstorbenen Brüder und eine ersatzweise ausgestellte Lebensmittelkarte - seitens des Beschwerdeführers einer Übersetzung zugeführt. Anschließend wurden diese Unterlagen samt Übersetzung am 17.07.2017 der belangten Behörde übergeben.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.08.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die belangte Behörde nach der Wiedergabe der Einvernahme des Beschwerdeführers und den Feststellungen zu dessen Person aus, der Beschwerdeführer habe den Irak Ende Dezember 2014 legal verlassen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Irak vor seiner Ausreise von den Milizen des Islamischen Staates oder der Miliz Kata'ib al-Imam Ali verfolgt bzw. bedroht worden sei. Der Beschwerdeführer habe mit den Behörden im Irak keine Probleme gehabt und sei weder verfolgt noch verhaftet worden. Dem Beschwerdeführer sei eine Rückkehr in den Irak möglich und zumutbar.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte seiner Entscheidung ferner Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zugrunde (vgl. die Seiten 24 bis 70 des angefochtenen Bescheides).

Beweiswürdigend erwog die belangte Behörde im Wesentlichen, dass das Vorbringen nicht glaubhaft sei, zumal der Beschwerdeführer trotz Todesangst noch drei Monate im Irak verblieben und dort seine Reisevorbereitungen vorangetrieben habe. Es erscheine auch merkwürdig, dass sich der Beschwerdeführer trotz der angeblichen Kooperation der Milizen mit den staatlichen Behörden vor seiner Ausreise einen Reisepass ausstellen lassen und den Irak anschließend legal verlassen habe. Des Weiteren habe der Beschwerdeführer nicht bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, etwa in Griechenland, einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, sondern mehrere sichere Länder durchquert. Schließlich sei der mit ihm nach Österreich gereiste Bruder, welcher ebenfalls von den Milizen bedroht worden sei und die gleichen Fluchtgründe wie der Beschwerdeführer angegeben habe, freiwillig in den Irak zurückgekehrt und könne dort unbehelligt leben.

In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde, der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewärtigen, sodass kein internationaler Schutz zu gewähren sei. Dem Beschwerdeführer sei der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen, da keine reale Gefahr einer Verletzung in elementaren Rechte sowie keine Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts drohe. Dem Beschwerdeführer sei schließlich kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen.

6. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Absatz 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und dieser ferner gemäß § 52a Absatz 2 BFA-VG darüber informiert, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

7. Gegen den dem Beschwerdeführer am 17.08.2017 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die im Wege der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation fristgerecht eingebrachte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

In dieser wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert und beantragt, den angefochtenen Bescheid abzuändern und dem Antrag auf internationalen Schutz Folge zu geben und dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen oder hilfsweise den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zuzuerkennen oder hilfsweise die Rückkehrentscheidung aufzuheben oder hilfsweise den angefochtenen Bescheid abzuändern, dass der Bescheid im Spruchpunkt III. betreffend der gegen den Beschwerdeführer festgestellten Abschiebung aufgehoben werde oder hilfsweise einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach §§ 57 und 55 AsylG 2005 zu erteilen. Schließlich wird ein Aufhebungsantrag gestellt und jedenfalls eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht begehrt.

In der Folge wird moniert, dass die belangte Behörde ihrer Pflicht gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 nicht ausreichend nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer halte seine Aussagen zu den Fluchtgründen aufrecht.

Was die Beweiswürdigung betrifft, so wird zunächst angemerkt, dass der Beschwerdeführer während der Einvernahme umfangreiche und klare Angaben zu den erlebten Bedrohungs- und Verfolgungssituationen gemacht habe. Es sei daher nicht ersichtlich, weshalb ihm diesbezüglich von der belangten Behörde die Glaubwürdigkeit abgesprochen worden sei. Insoweit die belangte Behörde ausführe, es wäre nicht ersichtlich und habe der Beschwerdeführer auch selbst keine plausible Erklärung vorgeben können, weshalb er trotz der Todesgefahr seit September 2014 noch bis 31.12.2014 im Irak verblieben sei, so sei dem zu widersprechen. Vielmehr habe der Beschwerdeführer bereits während der Einvernahme erklärt, dass er in dieser Zeit seine Ausreise sowie die Ausstellung seines Reisepasses organisiert habe. Zudem habe er in dieser Zeit versteckt bei einem Cousin gewohnt, weshalb man keineswegs davon sprechen könne, dass der Beschwerdeführer unbehelligt im Irak leben habe können. Des Weiteren habe die belangte Behörde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer angegeben habe, dass sein mittlerweile in den Irak zurückgekehrter Bruder, ebenso von den Milizen am Leben bedroht worden sei und die gleichen Fluchtgründe wie der Beschwerdeführer angegeben habe. Auch dies entspreche nicht den Tatsachen. Der Beschwerdeführer habe mehrmals angegeben, dass die Miliz Kata'ib al-Imam Ali nach ihm sowie dem Sohn seines Bruders gefragt habe. Es sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer klar ausgesagt habe, dass die Miliz ihn, nicht jedoch seinen zurückgekehrten Bruder gesucht habe.

Es sei dem Beschwerdeführer nicht möglich bzw. nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen.

Außerdem ergebe sich schlüssig aus dem Gesamtvorbringen des Beschwerdeführers, dass er sich keiner Seite im Zuge der fortwährenden Kampfhandlungen angeschlossen habe und auch eine Rekrutierung abgelehnt habe. Vor diesem Hintergrund müsse die Furcht des Beschwerdeführers vor einer Verfolgung durch oppositionelle/fundamentalistische, zum Teil islamistische Gruppierungen im Irak als berechtigt und wohlbegründet im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention angesehen werden.

Zur allfälligen Gewährung subsidiären Schutzes wird angemerkt, dass sich die Situation im Irak derzeit so auswirke, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr einem Klima ständiger Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen sowie einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wäre. Unter auszugsweiser Zitierung mehrerer Länderberichte wird unter anderem darauf verwiesen, dass Bagdad - nach wie vor - fast täglich Schauplatz von Anschlägen und Gewaltakten sei. Zudem sei es zu Entführungen und erzwungenen Vertreibungen gekommen. Insbesondere in Bagdad und im Gouvernement Diyala würden kriminelle Banden, die mit den irakischen Sicherheitskräften verbunden seien, Drohungen aussprechen und Morde verüben, die nicht untersucht werden würden. Einen großen Einfluss in Bagdad habe die für Menschenrechtsverletzungen bekannte schiitische Miliz Asa'ib Ahl al-Haqq. Zum Teil sei diese Miliz einflussreicher als die örtliche Polizei. Nach wie vor seien staatliche Stellen für zahlreiche Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Des Weiteren sei es ihnen derzeit nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Regierungstruppen seien für wahllose Angriffe auf Gebiete unter Kontrolle des Islamischen Staates verantwortlich gewesen und hätten außergerichtliche Hinrichtungen verübt. Die Menschenrechtslage habe sich weiterhin verschlechtert. Alle Konfliktparteien hätten Kriegsverbrechen begangen sowie andere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und Menschenrechtsverstöße begangen. Auch vom Einsatz von "Kindersoldaten" werde berichtet. Es komme weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei und Sicherheitskräfte. Im Zuge der Rückeroberung von Gebieten unter Kontrolle des Islamischen Staates komme es weiters zu Repressionen durch kurdische Peschmerga, durch schiitische und sunnitische Milizen, insbesondere gegen Angehörige (anderer) sunnitischer Stämme, die der Kollaboration mit dem Islamischen Staat bezichtigt werden würden.

Der Beschwerde sind in Kopie eine Teilnahmebestätigung an einem Werte- und Orientierungskurs und an einem Deutschkurs angeschlossen.

8. Die Beschwerdevorlage langte am 30.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde in weiterer Folge der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zugewiesen.

9. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 30.01.2019 wurden dem Beschwerdeführer seitens des Bundesverwaltungsgerichtes die aktuellen länderkundlichen Informationen zur Lage im Irak zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eröffnet, sich hiezu schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zu äußern.

10. Am 12.02.2019 langte eine mit Telefax eingebrachte Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den ihm mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.01.2019 übermittelten länderkundlichen Berichten beim Bundesverwaltungsgericht ein.

In dieser wird unter auszugsweiser Zitierung mehrerer Länderberichte ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer den Ausführungen zur Verschlechterung der Sicherheitslage im Irak anschließe. Die Sicherheitslage im gesamten Irak sei weiterhin volatil. Auch im Jahr 2018 sei es zu zahlreichen Sprengstoffanschlägen auf zivil besiedelte Gebiete gekommen. Berichten zufolge würden irakische Streitkräfte willkürlich Verdächtige, die dem Islamischen Staat zugehören sollen, - überwiegend sunnitische Männer - festnehmen. Die Milizen des Islamischen Staates habe 2017 massive Menschenrechtsverstöße und schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die teilweise Kriegsverbrechen dargestellt hätten, verübt. Der Islamische Staat habe im ganzen Land Selbstmordattentate und andere Anschläge, bei denen Zivilpersonen getötet oder verletzt worden seien, verübt. Im Irak sei er insbesondere in den Provinzen Diyala, Kirkuk und Salah ad-Din inzwischen wieder so aktiv wie seit Monaten nicht mehr. Regierungstruppen, paramilitärische Milizen und die US-geführte Militärallianz hätten wiederholt Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verübt, von denen einige möglicherweise Kriegsverbrechen dargestellt hätten. Die Badr-Organisation sei die älteste schiitische Miliz im Irak und gleichermaßen die mit den längsten und engsten Beziehungen zum Iran. Badr sei bisher an allen wichtigen militärischen Auseinandersetzungen in den Provinzen Diyala, Salah ad-Din, Anbar und Ninewah beteiligt gewesen. Asa'ib Ahl al-Haqq sei 2006 gegründet worden und habe zu jener Zeit die US-amerikanischen Truppen im Irak bekämpft. Die Miliz erhalte starke Unterstützung vom Iran und sei wie die Badr-Organisation und Kata'ib Hezbollah vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv. Sie gelte heute als gefürchtetste, weil besonders gewalttätige Gruppierung innerhalb der Volksmobilisierung, die religiös-politische mit kriminellen Motiven verbinde. Was die Sicherheitslage in der Provinz Diyala betrifft, so sei diese eine sunnitisch-schiitisch gemischte Provinz. Diyala zähle zu den gewalttätigsten Provinzen im Irak. Auch wenn die Zahl der Angriffe und die Zahl der getöteten Zivilisten in den letzten Jahren zurückgegangen sei, so habe es der Islamische Staat dennoch geschafft, insbesondere in den ländlichen Gebieten, präsent zu sein. Berichten zufolge würden Milizen in der Provinz Diyala Versuche von ethnischen Säuberungen vorgeworfen werden. Gegen einige der Milizen seien Vorwürfe erhoben worden, sie hätten Racheaktionen an Sunniten in den vom Islamischen Staat befreiten Ortschaften und Städten durchgeführt. Ihren Opfern würden sie vorwerfen, sie hätten zum Islamischen Staat gehört oder hätten mit diesem sympathisiert. Die Milizführer würden zugeben, dass gelegentlich "Fehler" gemacht worden wären.

11. Am 18.02.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und eines Vertreters der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation sowie eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch durchgeführt. Im Verlauf dieser Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer einerseits Gelegenheit gegeben, neuerlich seine Ausreisemotivation umfassend darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung im Irak anhand der dem Beschwerdeführer bereits zur Stellungnahme übermittelten Länderdokumentationsunterlagen erörtert. Seitens des Beschwerdeführers wurden erneut ein Konvolut an arabischsprachigen Dokumenten sowie medizinische Unterlagen aus den Jahren 2015 und 2017 vorgelegt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verzichtete auf die Teilnahme an der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

12. Mit E-Mail vom 19.02.2019 brachte der Beschwerdeführer ein bereits im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde vorgelegtes irakisches Dokument (bezüglich seiner gewünschten Festnahme) und die im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung angekündigte Videodatei in Vorlage.

13. Das mit Schreiben vom 15.10.2015 vorgelegte Konvolut an irakischen - nicht näher bezeichneten - Dokumenten und die im Zuge der Einvernahme vor der belangten Behörde am 11.04.2017 vorgelegten und teilweise bereits übersetzten irakischen Gerichts- und Behördenunterlagen, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erneut vorgelegt wurden, sowie die mit E-Mail vom 19.02.2019 vorgelegte Videodatei wurden vom Bundesverwaltungsgericht einer Übersetzung zugeführt.

14. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25.04.2019 wurden der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation des Beschwerdeführers seitens des Bundesverwaltungsgerichtes - unter Setzung einer zweiwöchigen Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ab Zustellung dieses Schreibens - ergänzende länderkundliche Informationen zur Lage im Irak zur Kenntnis gebracht. Bis zum Entscheidungszeitpunkt wurde vom Beschwerdeführer keine Stellungnahme in Vorlage gebracht.

15. Im Abschluss-Bericht des Stadtpolizeikommandos Klagenfurt am Wörtersee vom 19.07.2019 werden der nicht geständige Beschwerdeführer und eine weitere nicht geständige Person beschuldigt, XXXX in Klagenfurt am 14.07.2019 gegen 16.00 Uhr verbal gefährlich mit dem Umbringen mit einer Waffe mit Schalldämpfer bedroht zu haben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist Staatsangehöriger des Irak. Er wurde am XXXX in der Stadt XXXX im Gouvernement Diyala geboren und lebte dort etwa bis zum Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003. Anschließend verzog er in die ebenfalls im Gouvernement Diyala liegende Stadt XXXX . Abgesehen von einem zwischenzeitlichen Aufenthalt in Erbil zwecks Erwerbstätigkeit von 2011 bis April/ Mai 2014 verblieb der Beschwerdeführer bis Juni 2014 in XXXX . Vor seiner Ausreise hielt sich der Beschwerdeführer zudem noch in XXXX im Gouvernement Diyala auf. Er bewohnte dort gemeinsam mit seinem Vater, seiner Ehegattin, seinen Kindern und mehreren Geschwistern ein gemietetes Haus. Der Beschwerdeführer ist Angehöriger der arabischen Volksgruppe, bekennt sich zum Islam der sunnitischen Glaubensrichtung, er ist verheiratet und hat mehrere minderjährige Kinder. Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprache Arabisch.

Der Beschwerdeführer besuchte in XXXX und XXXX die Grund- und Hauptschule. Im Anschluss war der Beschwerdeführer im Bereich Geflügelzucht, als Feldarbeiter, Schmied und in einem Brunnenbau- und Brunnenbohrungsunternehmen beruflich tätig.

Seine Mutter ist Anfang des Jahres 2018 verstorben. Sein Vater, seine Gattin und Kinder sowie zumindest zehn Geschwister leben in Baquba , wobei seine Gattin und die Kinder bei seinen Schwiegereltern wohnen. Zudem befinden sich zumindest fünf Geschwister in XXXX . Sein Vater bezieht eine Pension. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Gattin telefonisch in Kontakt.

Ende Dezember 2014 verließ der Beschwerdeführer den Irak legal von Bagdad ausgehend im Luftweg in die Türkei und reiste in weiterer Folge schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 27.06.2015 den verfahrensgegenständlichen Asylantrag stellte.

1.2. Der Beschwerdeführer hatte in seinem Herkunftsstaat keine Schwierigkeiten aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder seines Religionsbekenntnisses zu gewärtigen. Der Beschwerdeführer gehört keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an. Der Beschwerdeführer war vor dem Sturz von Saddam Hussein einfaches Mitglied der Baath-Partei.

In den Jahren 2005 bis 2009 wurde der Beschwerdeführer zweimal im Zuge von polizeilichen Ermittlungen wegen Einbrüchen in seiner Ortschaft jeweils für bis zu drei Wochen inhaftiert.

Mehrere Brüder und Neffen des Beschwerdeführers verstarben in den vergangenen Jahren eines gewaltsamen Todes. Drei weitere Brüder des Beschwerdeführers sind dessen Angaben zufolge aus nicht feststellbaren Gründen "inhaftiert" bzw. gelten als vermisst. Die genaue Identität oder das Motiv der Täter waren nicht feststellbar. Das Haus des Beschwerdeführers in XXXX wurde im Juni 2014 von den Milizen des Islamischen Staates im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers zerstört.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in seinem Herkunftsstaat einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat vor der Ausreise Drohungen oder Übergriffen einer schiitischen Miliz oder eines ihrer Mitglieder ausgesetzt war bzw. er der Gefahr von Übergriffen durch schiitische extremistische Gruppierungen, insbesondere der Miliz Kata'ib al-Imam Ali, oder psychischer und/oder physischer Gewalt seitens verbliebener Anhänger des Islamischen Staates im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

Zudem wird dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in seine Herkunftsregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Anhängerschaft bzw. Unterstützung des Islamischen Staates oder ein sonstiges Naheverhältnis zum Islamischen Staat vor der Ausreise unterstellt werden.

Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass wider den Beschwerdeführer im Irak ein Haftbefehl besteht oder er in anderer Weise von zivilen oder militärischen Behörden oder Gerichten gesucht würde.

1.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung des Beschwerdeführers festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie kriegerische Ereignisse oder extremistische Anschläge im Irak.

Der Beschwerdeführer ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit mehrjähriger Schulbildung sowie Berufserfahrung im Bereich Geflügelzucht, als Feldarbeiter, Schmied und in einem Brunnenbau- und Brunnenbohrungsunternehmen.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Der Beschwerdeführer verfügt in seinem Herkunftsstaat über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage und über bestehende familiäre Anknüpfungspunkte in den Städten XXXX und XXXX im Gouvernement Diyala. Dem Beschwerdeführer ist ferner die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu Sicherstellung des eigenen Auskommens möglich und zumutbar.

Ihm steht im Falle einer Rückkehr in den Irak im Hinblick auf eine Bedrohung und/oder Verfolgung durch schiitische Milizen oder die Milizen des Islamischen Staates auch eine zumutbare und taugliche Aufenthaltsalternative in einer Großstadt wie Bagdad und dort in einem sunnitischen Stadtviertel zur Verfügung. Dort wäre die existentielle Lebensgrundlage des Beschwerdeführers angesichts der finanziellen Unterstützung durch seine in XXXX oder XXXX lebenden Familienmitglieder - etwa durch Überweisungen - oder durch Aufnahme einer eigenen beruflichen Tätigkeit gesichert. Offene Kampfhandlungen finden in Bagdad nicht statt und kann von einer weiteren Stabilisierung der Sicherheitslage ausgegangen werden. Die Stadt Bagdad ist für den Beschwerdeführer auch direkt erreichbar.

Der Beschwerdeführer verfügt über mehrere irakische Ausweisdokumente im Original (Reisepass, Personalausweis und Staatsbürgerschaftsnachweis).

1.4. Der Beschwerdeführer hält sich seit Ende Juni 2015 in Österreich auf. Er reiste rechtswidrig in Österreich ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel. Der Beschwerdeführer ist für keine Person im Bundesgebiet sorgepflichtig.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten. Im Abschluss-Bericht des Stadtpolizeikommandos Klagenfurt am Wörthersee vom 19.07.2019 werden der nicht geständige Beschwerdeführer und eine weitere nicht geständige Person beschuldigt, XXXX in Klagenfurt am 14.07.2019 gegen 16.00 Uhr verbal gefährlich mit dem Umbringen mit einer Waffe mit Schalldämpfer bedroht zu haben.

Der Beschwerdeführer bezieht seit der Antragstellung bis dato Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Er ist in Österreich keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen, ist jedoch grundsätzlich erwerbsfähig und sind etwaige gesundheitliche Einschränkungen des Beschwerdeführers nicht aktenkundig. Eine konkrete Erwerbstätigkeit am regulären Arbeitsmarkt hat der Beschwerdeführer nicht in Aussicht.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten und pflegt im Übrigen normale soziale Kontakte. Der Beschwerdeführer hat keine gemeinnützige Arbeit verrichtet. Er ist weder in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation Mitglied. Er besuchte am 10.08.2017 einen Werte- und Orientierungskurs.

Der Beschwerdeführer besucht(e) mehrere Deutschkurse, erbrachte aber keinen Nachweis über abgelegte Prüfungen. Er verfügt über grundlegende Kenntnisse der deutschen Sprache.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Der Beschwerdeführer wurde nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.

1.5. Zur gegenwärtigen Lage im Gouvernement Bagdad werden folgende Feststellungen getroffen:

Das Gouvernement Bagdad ist das mit ca. 4.555 km² flächenmäßig kleinste Gouvernement des Landes und beherbergt die gleichnamige irakische Hauptstadt Bagdad. In Bagdad lebten 2018 offiziell schätzungsweise 8,1 Millionen Menschen. Obwohl Bagdad das kleinste Gouvernement im Irak ist, hat es die höchste Einwohnerzahl von allen Gouvernements. 87% der Bevölkerung des Gouvernements leben in der Stadt Bagdad selbst. Die Hauptstadt ist das wichtigste Wirtschaftszentrum des Landes und beherbergt die stark geschützte grüne Zone.

Die Stadt Bagdad ist in neun Verwaltungsbezirke gegliedert: Adhamiyah, Karkh, Karada, Khadimiyah, Mansour, Sadr City, Al Rashid, Rasafa und 9 Nissan ('new Baghdad'). Die restliche Fläche des Gouvernements beherbergt die Verwaltungsbezirke Al Madain, Taji, Tarmiyah, Mahmudiyah und Abu Ghraib, die den sogenannten "Bagdad Belt" bilden und die Vororte beherbergen.

Gouvernement und Stadt Bagdad weisen eine gemischte Bevölkerung aus Schiiten und Sunniten mit einer geringeren Anzahl christlicher Gemeinschaften auf. Während die meisten Stadtteile in Bagdad in der Vergangenheit von einer Mischung aus Sunniten und Schiiten bewohnt waren, führte die gewaltsame Säuberung im Zuge der konfessionellen Konflikte insbesondere in den Jahren 2006 und 2007 dazu, dass die Stadt viel stärker religiös geteilt und von den Schiiten dominiert zu sein scheint (siehe dazu im Detail unten 1.10 "Lage von sunnitischen Arabern in Bagdad").

Die Einheiten der irakischen Armee in Bagdad unterstehen der Führung des Baghdad Operations Command (BOC), das in zwei Gebiete unterteilt ist, das Karkh Area Command und das Rusafa Area Command. Die Special Forces Division (SFD) des Premierministers ist für die Sicherheit in der grünen Zone und den Schutz des Premierministers verantwortlich und kann vom Verteidigungsministerium, dem BOC, dem Joint Operations Command (JOC) sowie dem Premierminister selbst eingesetzt werden. Die SDF wird auch für Sicherungsaufgaben in Bagdad herangezogen, insbesondere während der schiitischen Pilgerreisen.

Dem Karkh Area Command untersteht die 6. irakische Armeedivision mit verschiedenen Brigaden, die in und außerhalb der Stadt stationiert sind. Die dem Rusafa Area Command unterstehende 9. Irakische Armeedivision ist derzeit nicht in Bagdad stationiert. Die Bundespolizei des irakischen Innenministeriums ist in Bagdad durch drei Bundespolizeidivisionen vertreten. Die 1. Federal Police Division sichert die südwestliche, westliche und südöstliche Kanalzone von Bagdad. Die 2. Federal Police Division, die einzige mechanisierte Division der Bundespolizei in Bagdad, wird hauptsächlich zur Terrorismusbekämpfung in Bagdad und den Bagdad-Belts, zur Sicherung von Pilgerwegen und zu Aufgaben in Zusammenhang mit der Strafverfolgung herangezogen. Die 4. Federal Police Division deckte das südliche Bagdad und Gebiete südlich der Hauptstadt ab und betreibt das Gefängnis in Karkh. Ergänzend steht westlich von Bagdad die 3. Brigade der Emergency Response Division (ERD) zur Verfügung. Die Stadt Bagdad und die Vororte werden grundsätzlich von den irakischen Behörden kontrolliert. In der Praxis teilen sich die Behörden jedoch die Verteidigungs- und Strafverfolgungsaufgaben mit den schiitisch dominierten Milizen der Volksmobilisierungseinheiten (al-hashd al-sha'bi, engl.: popular mobilization units, PMU oder popular mobilization forces bzw. popular mobilization front, PMF), was zu einer "unvollständigen" oder überlappenden Kontrolle mit diesen Milizen führt. Für die Jahre 2014 und 2015 liegen Berichte vor, wonach Einheiten der PMF an Misshandlungen und Morden an Zivilisten und Sunniten im Zusammenhang mit Operationen gegen den Islamischen Staat in den Bagdad-Belts beteiligt waren.

Seit dem Eintritt der militärischen Niederlage des Islamischen Staates im Dezember 2017 gibt es in Bagdad und anderen Landesteilen weniger Angriffe des Islamischen Staates mit großer Breitenwirkung. Der Islamische Staat verfügt weiterhin über aktive Zellen im nördlichen und westlichen Bagdad-Belt, diese befinden sich jedoch erheblichen Verlusten im Jahr 2017 in einem inaktiven Zustand. Seit dem Jahr 2018 sind Bagdad und die Bagdad-Belts kein prioritäres Operationsgebiet des Islamischen Staates mehr und ist der Islamische Staat nicht mehr für den überwiegenden Teil der Gewalttätigkeiten in der irakischen Hauptstadt verantwortlich. Die Möglichkeit, Anschläge auch im Zentrum der irakischen Hauptstadt zu verüben, dürfte nach wie vor gegeben sein, allerdings befindet sich die verbliebenen Anhänger des Islamischen Staates in einer Phase der Neuaufstellung.

Wenn der Islamische Staat die Verantwortung für Angriffe übernimmt, werden die Opfer entweder als "Abtrünnige" oder "Rafida" (eine abfällige Bezeichnung für schiitische Muslime) oder als bewaffnete Akteure bezeichnet, obwohl die Opfer möglicherweise Zivilisten sind. Der Islamische Staat übertreibt das häufig die Verluste, die seine Anschläge nach sich ziehen.

Die nachstehende Grafik zeigt, dass die Anzahl der zivilen Opfer von Gewaltakten in Bagdad in den Jahren 2017 und 2018 gegenüber den Vorjahren signifikant gesunken ist und wieder das Niveau vor dem Erstarken des Islamischen Staates erreicht hat (Anmerkung: Die Datenbank Iraq Body Count kommt zu abweichenden Werten, siehe dazu die weitere Grafik).

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Die folgende Grafik veranschaulicht die Entwicklung der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Gouvernement Bagdad und Anzahl der Opfer nach der Datenbank Iraq Body Count, wobei die Darstellung jedwede Art von Gewaltanwendung (insbesondere Bombenanschläge, Selbstmordattentate, Attacken mit Schusswaffen und außergerichtliche Tötungen) umfasst.

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Die Verwaltungsbezirke mit der höchsten Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen, die zu zivilen Todesfällen führten, waren im Jahr 2018 Adhamiya mit 78 sicherheitsrelevanten Vorfällen, die zu 94 zivilen Todesfällen führten, gefolgt von Resafa (einschließlich Thawra 1 & 2) mit 77 sicherheitsrelevanten Vorfällen, die zu 161 zivilen Todesfällen führten, gefolgt von und Mada'In mit 63 sicherheitsrelevanten Vorfällen, bei denen 69 Zivilisten ums Leben kamen. Die höchste Rate an Todesfällen pro 100.000 Einwohner) wurden im Vorort Tarmia (35,80) verzeichnet, gefolgt von Mada'in (15,91) und Adhamiya (8,25). Die meisten von der Iraq Body Count im Jahr 2018 im Gouvernement Bagdad erfassten Vorfälle betrafen Schießereien (46,4%), gefolgt von Morden ("executions") (30,6%) und die Verwendung improvisierter Sprengsätze (20,7%).

Dem Experten Michael Knights zufolge ereigneten sich in Bagdad 2018 die wenigsten Terroranschläge von -Jihadisten seit dem Jahr 2003. Anschläge des Islamischen Staates sind in der Stadt selbst "mehr oder weniger verschwunden", in den Bagdad-Belts sind die Anschläge des islamischen Staates zurückgegangen. Derzeit verhält sich der Islamische Staate in Bagdad und den Bagdad-Belts unauffällig und hat 2018 nicht viele Operationen durchgeführt. Wenn Angriffe verübt werden, handelt es sich meistens um Anschläge mit improvisierten Sprengsätzen. Der Islamische Staat ist wahrscheinlich nicht für den Großteil der Gewalt in Bagdad verantwortlich. Das Institute for the Study of War geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass die derzeit registrierten Gewaltakte in Bagdad im Zusammenhang mit kriminellen und politischen Auseinandersetzungen (unter letztes fallen politische Einschüchterung, gezielte Attentate usw.) und nicht mit dem Islamischen Staat stehen. Auch der Experte Michael Knights geht davon aus, dass meisten Gewalttaten in Bagdad nicht dem Islamischen Staat zuzuschreiben sind. Quellen besagen, dass der Islamische Staat seine Aktivitäten derzeit nur im Bagdad-Belt und in den Randgebieten der angrenzenden Gouvernements entfaltet, anstatt in der Stadt selbst. Der Experte Joel Wing gab an, dass die gewalttätigsten Vorfälle mit improvisierten Sprengsätzen und Schießereien, die er aufzeichnete, Medienberichten zufolge im äußersten Norden und Süden von Bagdad und in geringerem Maße im Westen vorkommen. Das Institute for the Study of War stellte fest, dass die intensiveren Angriffe mit improvisierten Sprengsätzen im nördlichen und nordwestlichen Teil der Stadt Bagdad (Kadhimiyah, Adahamyah) und im Vorort Tarmia (nördlich von Bagdad) verübt werden. Nur einige Vorfälle ereigneten sich in Bagdad westlich des Tigris - Karadah und Neu-Bagdad / al-Nissan und östlich des Tigris (Rusafa, Karkh, Rasheed und Mansour) sowie in Doura, jedoch in geringerer Intensität.

Das Institute for the Study of War kommt in seiner Analyse zum Ergebnis, dass "überwiegende Mehrheit" der Gewaltakte in Bagdad im Jahr 2018 "politische Gewalt" darstellte, die im Allgemeinen politische Einschüchterungen, bewaffnete Scharmützel und gezielte Morde unter Schiiten vor dem Hintergrund des anhaltenden politischen Wettbewerbs und der Regierungsbildung nach den Wahlen im Mai 2018 umfasste. In ähnlicher Weise erklärt der Experte Michael Knights, dass der Haupttrend bei der Gewalt in Bagdad darin besteht, dass es sich fast ausschließlich um persönliche, gezielte oder kriminelle Gewalt handelt, die in erster Linie den Einsatz von Kleinwaffen, Erpressung, Einschüchterung, improvisierte Sprengsätze oder Granaten, Schießereien, Raubüberfälle und andere Erscheinungsformen organisierter Kriminalität umfasst. Diese Aktivitäten dienen dem Experten zufolge in erster Linie der Einschüchterung und Gewalt gegen Zivilisten, um Geld zu verdienen, Zivilisten zu vertreiben, die als Außenseiter angesehen werden, oder um politische Gegner oder Menschen mit einer anderen ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit zu vertreiben oder ist gegen Personen gerichtet, die aufgrund ihres Lebensstils oder ihrer vorherigen Beteiligung an Verbrechen oder bewaffneten Konflikten exponiert sind. Er erwähnte auch, dass die politischen Spaltungen unter den Schiiten derzeit einen Großteil der Gewalt in den schiitischen Gebieten von Bagdad und Basrah ausmachen.

Die Expertin Geraldine Chatelard hebt hervor, dass Milizen in Bagdad häufig von Sunniten und Minderheiten der Gewalt beschuldigt werden, Morddrohungen, Entführungen, gezielte Attentate oder die Übernahme von Gebäuden von rechtmäßigen Eigentümern verübt zu haben, dies unter Hinweis darauf, dass sogar Schiiten Opfer von Erpressung und Tötung geworden sind. Der Expterte Michael Knights weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Sunniten und Christen in erster Linie befürchten, von schiitischen Milizen in Bagdad erpresst oder entführt zu werden, jedoch Quellen davon berichteten, dass die Zuweisung der Verantwortung für bestimmte Angriffe zu bestimmten Täter in Bagdad schwierig ist und insbesondere Sprengstoff sowohl zu politischen als auch zu kriminellen Zwecken eingesetzt wird, um Ziele anzugreifen und einzuschüchtern. Den PMF-Milizen werden dabei "enge Verbindungen zu kriminellen Banden" zugeschrieben, die Unterscheidung zwischen beiden ist nicht immer klar.

Der Experte Michael Knights vertritt zur Sicherheitslage allgemein die Ansicht, dass in der Stadt Bagdad die Gebiete sicherer sind und weniger Raum für offene Gewalt wie z.B. improvisierte Sprengsätze oder Raubüberfälle bieten, in denen sich die irakischen Streitkräfte auf die Bewachung wichtiger Standorte konzentrieren - etwa die Verwaltungsbezirke Karkh, Doura und Mansour. Dort wo die irakischen Streitkräfte weniger dominant ist und bewaffnete Akteure wie kriminelle Banden und Milizen Revierkämpfe führen und um Einfluss konkrurrieren, ist die Sicherheitslage entsprechend angespannter, wie in Kadhimiyah, Jihad, Bayaa und Karadah. Er vertrat die Ansicht, dass die "schlimmsten Sicherheitsbereiche" in der Stadt Adhamiyah, New Bagdad und Sadr City seien.

Milizen sind auch in bewaffnete Zusammenstöße zwischen ihnen selbst und den regulären Sicherheitskräften verwickelt, die laut Michael Knights im Jahr 2018 im Zentrum der Hauptstadt und in östlich gelegenen Gebieten mehrmals stattfanden. Ein Vorfall zog mediale Aufmerksamkeit nach sich: Am 20. Juni 2018 stoppte die irakische Polizei ein Auto in der Innenstadt von Bagdad, das Angehörigen der von Iran unterstützten Miliz Kataib Hezbollah ("Hisbollah-Brigaden") gehörte. Ein Hisbollah-Konvoi mit fünf Fahrzeugen traf ein und begann auf die Polizei zu schießen, was zu einem Feuergefecht führte, bei dem zwei Offiziere und ein Milizionär verletzt wurden. Die Polizei umzingelte daraufhin das Hauptquartier der Kataib Hezbollah, bis der Schütze der Polizei übergeben wurde. Der Vorfall spiegelt den möglichen Machtkampf zwischen irakischen Sicherheitskräften (Armee, Bundespolizei, örtliche Polizei) und PMF-Milizen wider.

EASO hat die folgenden sicherheitsrelevanten Vorfälle im Jahr 2018 exemplarisch identifiziert:

Anschläge mit improvisierten Sprengsätzen und Bomben

Bagdad wurde in der Vergangenheit vom Islamischen Staat wegen der Bevölkerungskonzentration bevorzugt angegriffen, da die großen Menschenansammlungen die Möglichkeit geboten haben, mit einem Bombenanschlag eine große Anzahl von Opfern zu treffen. 2018 sind solche Anschläge jedoch zurückgegangen. Noch im Jahr 2017 verfolgte der Experte Michael Knights eine hohe Anzahl von Angriffen mit Hilfe von improvisierten Sprengsätzen auf Märkte und Geschäfte in Bagdad. Die Anzahl der Angriffe dieser Art ging jedoch im weiteren Verlauf des Jahres 2018 zurück. Das Institute for the Study of War stellte fest, dass ein in Bagdad im Jahr 2018 festgestellter charakteristischer Angriff des Islamischen Staates darin bestand, Sprengsätze gegen kleine Personenbusse einzusetzen, die jeweils etwa zehn Personen befördern und die in ganz Bagdad zum Straßenbild gehören. Diese Busse wurden im Islamischen Staat im Jahr 2018 mehrmals mit improvisierten Sprengsätzen angegriffen, was zwar nur minimale Verluste, aber Einschüchterungen der Zivilbevölkerung zur Folge hatte.

Noch im Januar 2018 sprengten sich zwei Selbstmordattentäter auf dem überfüllten Tayran-Markt in Bagdad und töteten dabei mindestens 38 Menschen und verletzten bis zu 90 Menschen. Der Angriff schockierte die Bevölkerung von Bagdad, da er nach einem signifikanten Rückgang solcher Angriffe in Bagdad. Er wurde vom Guardian als der schwerste Angriff auf Bagdad seit der Erklärung des Sieges über den Islamischen Staat beschrieben. Beispiele für andere explosive Angriffe im Jahr 2018 sind die folgenden:

- In Rashidiya explodierte im Januar 2018 eine Bombe, ein Milizionär der PFM wurde getötet und zwei weitere wurden verletzt wurden.

- Am 23. Januar 2018 wurde ein Soldat getötet und zwei weitere verletzt, als eine irakische Militärpatrouille in Tarmiya nördlich von Bagdad von einer Straßenbombe getroffen wurde.

- Am 16. Mai 2018 wurden 5 Menschen getötet und 10 verletzt, als ein Selbstmordattentäter ein schiitisches Begräbnis in Tarmiya angriff.

- Am 23. Mai 2018 verübte der Islamische Staat einen Selbstmordanschlag in der Shula-Region, bei dem Angaben des Islamischen Staates zufolge 33 Menschen getötet und verletzt wurden. Die irakischen Medien berichteten demgegeneüber, dass vier Menschen getötet und 15 verletzt wurden.

- Der Islamische Staat meldete im August 2018 5 Angriffe mit improvisierten Sprengsätzen auf Kleinbusse in Bagdad in den Distrikten Amil, Shula, Turath und Baladiyat. 669 Zwei dieser Angriffe töteten und verletzten 12 schiitische Muslime.

- Im Juni 2018 wurden 17 Menschen bei einer Explosion eines Waffenlagers der Miliz von Muqtada al Sadr getötet und 80 verletzt. Berichten zufolge wurden die Waffen in einer Moschee aufbewahrt, die von Sadr-Anhängern benutzt wurde.

- Eine Explosion auf einem Markt in Sadr City am 14. August 2018 wurde von einer Quelle im Sicherheitsapparat auf kriminelle Gründe zurückgeführt. Dabei wurden drei Menschen getötet und vier verletzt.

- Ein improvisierter Sprengsatz, der auf Schiiten im Bezirk Jihad (West-Bagdad) abzielt, tötete Berichten zufolge im September 2018 vier Menschen in der Nähe eines Einkaufszentrums.

- Am 25. September 2018 wurde in den folgenden Bezirken eine Reihe von Explosionen gemeldet, die zu Opfern führten: Al Jadid (New Bagdad) östlich von Bagdad (1 Tote, 2 Verletzte), al Shaab nördlich von Bagdad (2 Tote) und al-Baayaa westlich von Bagdad (2 Tote) .Der Islamische Staat übernahm am 25. September 2018 die Verantwortung für fünf improvisierte Sprengsätze gegen Shula, Kadhimiyah (Nord-Bagdad), Shaab und Bataween (Rusafa), und den Bezirk Bayaa (Zentral-Bagdad), dabei wurden 3 Zivilisten getötet.

- Am 1. und 2. Oktober 2018 forderten zwei improvisierte Sprengsätze in Shaab und Al Jadid einen Toten und mehrere Verwundete. Dem Islamischen Staat zufolge sei die Zahl der Opfer bei diesen beiden Angriffen viel höher gewesen und habe mehr als 50 Tote und Verwundete betragen.

- Am 7. Oktober 2018 wurden bei einer Reihe von Angriffen auf verschiedene Vororte in Bagdad (Abu Dshir, 17 km südlich von Bagdad, Abu Ghraib, 44 km westlich von Bagdad und im Norden von Bagdad) vier Personen getötet und fünf verletzt.

- Am 4. November 2018 wurden bei einer Serie von fünf improvisiertem Sprengsätzen in verschiedenen Gebieten des Gouvernements 8 Personen getötet und 14 verletzt. Eine andere Quelle berichtete von 7 Toten und 16 Verletzten. Der Islamische Staat behauptete jedoch, es seien bei den von ihm verübten Anschlägen mehr als 50 Opfer zu beklagen gewesen.

Beispiele für bewaffnete Zusammenstöße im Jahr 2018 sind die folgenden:

- Unbekannte bewaffnete Personen eröffneten das Feuer im Stadtteil Jihad im Westen von Bagdad und töteten im Januar 2018 einen lokalen Bürgermeister.

- Der Islamische Staat ermordete 8 Zivilisten bei einem Angriff auf den Vorort Tarmia im Mai 2018; die Opfer stellten Werbung für die Parlamentswahl auf; der Islamische Staat bezeichnete sie als Mitglieder einer Stammesmiliz.

- Bei einem weiteren, nächtlichen Angriff des Islamischen Staates auf den Vorort Tarmia Anfang Mai 2018 wurden 21 Mitglieder eines lokalen Stammes (18 Männer, 2 Frauen und ein Kind) getötet. Sämtliche Opfer waren Mitglieder des Albu-Faraj-Stammes, der ein überzeugter Gegner des Islamische Staates in der Region ist. Die Mitglieder sind Teil der lokalen sunnitischen Miliz und der PMF, die zur Verteidigung gegen des Islamischen Staat gegründet wurden. Die Angreifer des Islamischen Staates trugen Armeeuniformen und gingen zunächst gegen einen Anwalt vor, von dem bekannt war, dass er Opfern des Islamischen Staates half, und töteten ihn in seinem Haus. Als andere Dorfbewohner kamen, um zu helfen, eröffneten sie das Feuer, töteten und verletzten sie und zogen sich zurück, bevor die Armee eintraf, um sie zu fassen.

In Bagdad gab es mehrere Morde an Persönlichkeiten, die in sozialen Medien bekannt geworden waren, ohne dass die Täter identifiziert und einer bestimmten Gruppierung zugeordnet werden konnten.

- Tara Fares, bekannt aus Instagram, die in den sozialen Medien über persönliche Freiheit berichtet, wurde am 27. September 2018. in Bagdad erschossen, als sie in ihrem Porsche fuhr.

- Im Jahr 2017 wurde Karar Nushi, ein männliches Model, das Morddrohungen wegen seiner langen Haare und seiner engen Kleidung erhalten hatte, in der Palästina-Straße erstochen aufgefunden, wobei sein Körper Anzeichen von Folter zeigte.

- Hammoudi al-Meteiry, ein 15-jähriger und als "König von Instagram" bezeichneter Jugendlicher, der Berichten zufolge wegen seiner Homosexualität von unbekannten Tätern getötet wurde.

Der Islamische Staat gab bekannt, Scheichs und Stammesführer angegriffen zu haben, die die Parlamentswahlen im Mai 2018 unterstützten. Im Mai 2018 behauptete der Islamische Staat, er habe das Haus eines wahlfördernden Stammesführers mit einer Bombe angegriffen zu haben; es ist unklar, ob diese dabei getötet wurde. Folgende weiteren Angriffe wurden dem Islamischen Staat zugeschrieben:

- Am 27. Februar 2018 wurden vier Mitglieder der Sahwa-Bewegung von unbekannten Tätern im Norden Bagdads erschossen. Einer wurde getötet, die anderen drei verwundet.

- Am 1. März 2018 wurde ein ehemaliger Beamter der Sahwa-Bewegung durch eine Bombe in Bagdad getötet.

- Am 29. April 2018 wurde ein Führer der PMF, Qassim Al-Zubaidi, bei einem Attentat in der Innenstadt von Bagdad verletzt. Stunden zuvor wurde ein Wahlkandidat der Rechtsstaat-Koalition nördlich von Bagdad getötet.

- Am 22. Juni 2018 gab der Islamische Staat bekannt, einen Stammesführer in al-Zour in der Nähe von Tarmia nördlich der Hauptstadt getötet zu haben, weil er die Parlamentswahlen unterstützt hatte.

- Am 8. Juli 2018 wurden ein Kommandeur der Stammesmiliz und einer seiner Begleiter bei einem Bombenangriff in Nordbagdad verwundet.

- Am 19. Juli 2018 wurde ein Angehöriger der Sicherheitskräfte bei einem Angriff mit einer auf der Straße platzierten Bombe auf ihn in Tarmia im Norden von Bagdad verwundet.

- Am 2. August 2018 wurde mit einer am Straßenrand platzierten Bombe ein Fahrzeug der Sicherheitskräfte in der Region Sabaa al-Bour nördlich von Bagdad angegriffen. Eine Person wurde getötet, eine andere verletzt.

Im Januar 2018 erklärte der Direktor des Medienbüros des BOC, dass die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Fortschritte in Bezug auf das Sammeln von Informationen über den Islamischen Staat gemacht hätten und dass sich Militäreinsätze im Bagdader Gürtel positiv auf die Sicherheitslage ausgewirkt hätten. Der Direktor kündigte ferner den Bau eines Sicherheitszauns um Bagdad mit Sicherheitstoren an, um Aufständische daran zu hindern, in die Stadt einzusickern.

Dem Institute für the Study of War zufolge hat sich BOC im vergangenen Jahr auf die Bagdad-Belts konzentriert, was zu dem Rückgang der Angriffe in Bagdad beigetragen hat. Im Allgemeinen sei es den Sicherheitskräften gelungen, die Rückkehr weitverbreiteter Gewalt nach Bagdad im Jahr 2018 zu verhindern. Dieser Erfolg zeigt sich in der allgemeinen Abnahme von Gewaltereignissen im vergangenen Jahr. Politische Gewalt stelle nach wie vor die größte Herausforderung dar, dazu komme Destabilisierung angesichts der anhaltenden Blockade der neuen irakischen Regierung unter dem irakischen Premierminister Adel Abdul-Mahdi. Die PMF und andere lokale Sicherheitskräfte in Bagdad würden häufig eher auf politische Akteure reagieren, als auf den institutionellen staatlichen Sicherheitsapparat.

Die Expertin Geraldine Chatelard erklärt, dass die Wirksamkeit des Schutzes der Zivilbevölkerung vor verschiedenen Formen von Gewalt vom politischen Willen der beteiligten Akteure abhängen kann. Schutzbemühungen werden durch die Situation vor Ort untergraben, in der PMF-Milizen auf Befehl ihrer eigenen Kommandos handeln und nicht der irakischen Regierung, weil sie verschiedenen politischen Anwärtern oder iranischen Gönnern gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Die Regierung könne Erscheinungen von "Gesetzlosigkeit und Kriminalität" seitens der Milizen derzeit nicht wirksam begegnen. Der Experte Michael Knights geht davon aus, dass Gesetzesverstöße von Milizen auch derzeit folgenlos bleiben. Landinfo schätzt die Lage in Bagdad so ein, dass Milizen weiterhin Bewegungsfreiheit zukommt und sie über Verbindungen zur Polizei verfügen und an Kontrolle, Verhaftung, Bestrafung bzw. Entführung von Personen ebenso beteiligt sind, wie an anderweitigen an kriminellen Aktivitäten.

In den Bagdad-Belts haben die Milizen mehr Handlungsspielraum, dort können sie den Einheimischen das Recht verweigern, in ihre Häuser zurückzukehren. Die PMF-Milizen sind dessen ungeachtet populär und haben sowohl formelle als auch informelle Macht. Sie konzentrieren sich auch auf den Wiederaufbau. In Bagdad wurde etwa ihre Rolle beim Wiederaufbau einer medizinischen Klinik beworben. Manchmal wenden sich die Einheimischen, auch in Bagdad, an die Milizen der Nachbarschaft, anstatt an die Polizei, um Gerechtigkeit zu suchen.

Michael Knights zufolge gibt es eine große Konzentration von Sicherheitskräften, einschließlich der in Bagdad stationierten Armee, die seiner Ansicht nach angemessen und aktiv geführt werden und über adäquate Beratung und nachrichtendienstliche Unterstützung verfügen. Die Androhung bzw. Zufügung von Gewalt in Bagdad erfolge derzeit eher "persönlich und gezielt" und weniger "situativ" (Anwesenheit am falschen Ort / zum falschen Zeitpunkt). Das Institute for the Study of War erklärte, dass Milizen in Bagdad in einem gewaltsamen Wettbewerb um territoriale Präsenz und Territorium, Bevölkerung und politischen Einfluss stehen. Viele ihrer politischen Machthaber wurden im Mai 2018 in das irakische Parlament bzw. die Regierung gewählt.

Checkpoints in Bagdad werden dazu verwendet, um sicherzustellen, dass Autobomben und Selbstmordattentäter nicht in die Stadt eindringen. Dem Experten Fanar Haddad zufolge betreiben PMF-Milizen keine regulären Checkpoints in der Stadt Bagdad, richten solche bei Zwischenfällen aber ad hoc ein. In den Bagdad-Belts gibt es demgegenüber sichtbare PMF-Präsenz und PMF-Kontrollpunkte Eine ähnliche Ansicht vertrat ein im Irak ansässiger Sicherheitsanalytiker, der erklärte, dass sich die von PMF-Milizen betriebenen Kontrollpunkte hauptsächlich am Stadtrand von Bagdad befinden und nicht in der Stadt selbst, wobei an Kontrollpunkten im Osten der Stadt PMF-Elemente gemeldet wurden. Es sei für die PMF-Milizen möglich, temporäre Kontrollpunkte einzurichten, um auf bestimmte Probleme in den Stadtteilen von Bagdad zu reagieren. Im Januar 2018 teilte der Mediendirektor der BOC der Zeitung Asharq Al-Awsat mit, dass 281 Kontrollpunkte in Bagdad aufgehoben wurden, mindestens 600 Hauptstraßen und Ausgänge und ihre Vororte wiedereröffnet und am 10. Dezember 2018 Tausende Betonblöcke entfernt wurden. Im Jahr 2018 wurde außerdem die befestigte Internationale Zone (grüne Zone) in der Innenstadt für die Öffentlichkeit geöffnet. Dies ist die erste Wiedereröffnung nach Jahren. Im Jahr 2015 hatte die Regierung die grüne Zone für ein paar Tage geöffnet, aber nach Widerstand von US-Beamten wieder geschlossen.

1.6. Zur gegenwärtigen Lage im Gouvernement Diyala werden folgende Feststellungen getroffen:

Das Gouvernement Diyala hat eine geschätzte Einwohnerzahl von 1.637.000 Personen und ist organisatorisch in die Distrikte Baquba (zugleich die Hauptstadt des Gouvernements), Baladrooz, Khalis, Khaniqin, Kifri und al-Muqdadiyya gegliedert. Die Bevölkerung des Gouvernements Diyala ist in ethnischer und religiöser Hinsicht gemischt, die Mehrheit der Einwohner sind Araber, Kurden und Turkmenen, die sich zum sunnitischen und zum schiitischen Islam bekennen. Im Gouvernement vertreten sind außerdem (schiitische) Faili-Kurden, Christen, Jesiden und Ahl al-Haqq. Diyala wird als "ethnisch-religiöser" Mikrokosmos für den gesamten Irak beschrieben.

Das Gouvernement beherbergt 2004 extremistische Aufständische und diente schon seit dem Jahr 2003 für Vorgängerorganisationen des Islamischen Staates Irak und al-Qaida im Irak als Rückzugs und Operationsgebiet, da das Gouvernement aufgrund seiner Lage östlich der Hauptstadt Bagdad und südlich von Kirkuk die Einsatzgebiete extremistischer Gruppierungen miteinander verbindet und das schwierige Gelände einen idealen Ort für Aufständische bietet, die Schutz vor Sicherheitskräften suchen. Bedeutung hat das Gouvernement außerdem aufgrund der Grenze zum Iran, die von der irakischen Regierung und den vom Iran unterstützten PMF vorrangig kontrolliert wird.

Abu Musab al -Zarqawi, der den ersten Flügel von al-Qaida im Irak bildete, gab die Gründung der Organisation aus Diyala bekannt. Im Jahr 2013 benannte sich die al-Qaida im Irak offiziell in Islamischer Staat um. Laut dem Experten Michael Knights war Diyala der erste Ort, an dem der Islamische Staat im Jahr 2014 Gebiete faktisch beherrschte. Obwohl des Islamische Staat während der Offensive große Gebiete im Norden des Gouvernements besetzen konnte, einschließlich Saadiyah und Jalawla, fiel das Gouvernement nicht in seiner Gesamtheit an den Islamische Staat. In der Folge gehörte Diyala im Januar 2015 zu den ersten Gebieten, die nach einer Besetzung von etwa sechs Monaten, die zur Vertreibung von Tausenden Einwohnern führte, vom Islamischen Staat befreit wurden.

Die Stämme Juburi und Tamimi sind die größten und einflussreichsten Stämme im Gouvernement. Es ist bekannt, dass beide Stämme die Zentralregierung im Jahr 2007 in den frühen Stadien des wachsenden Aufstands in Diyala unterstützen. Andere Stämme, die ebenfalls maßgeblich am Kampf gegen den Islamischen Staat beteiligt sind, sind die Stämme Aza und Obeidi.

Die Einheiten der irakischen Armee im Gouvernement Diyala unterstehen dem Dijla Operations Command (DOC), das sich Sicherheitskräfte im Gouvernement Diyala, östlichen Teilen des Gouvernement Salah al-Din und seine ethnisch gemischte Stadt Tuz Khurmatu sowie die Hamrin-Berge gehören. Diyala stellte eine wichtige militärische und wirtschaftliche Verbindung zum Iran dar. Dem Institute for the Study of War zufolge übt die Badr-Organisation einen "starken Einfluss" auf die 5. Armeedivision in Diyala und die Operationen des DOC aus. Das DOC stimmt sich Berichten zufolge mit Hadi al-Ameri ab, dem Anführer der Badr-Organisation. Dem DOC unterstellt ist die 5. irakische Armee

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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