TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/27 L518 1409713-6

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.2019
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Entscheidungsdatum

27.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z2
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AVG §68
BFA-VG §17 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L518 2100021-4/6E

L518 1409713-6/6E

L518 1409715-6/6E

L518 2113820-4/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan und Israel, vertreten durch Strohmayer Heihs Strohmayer Schlor Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2019, Zl XXXX , zu Recht erkannt:

A I.) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, vertreten durch Strohmayer Heihs Strohmayer Schlor Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A I.) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch Strohmayer Heihs Strohmayer Schlor Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A I.) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, vertreten durch die Mutter XXXX , diese vertreten durch Strohmayer Heihs Strohmayer Schlor Rechtsanwälte OG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A I.) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX auch XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan und Israel, XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, und XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, alle vertreten durch Strohmayer Heihs Strohmayer Schlor Rechtsanwälte OG, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und 30.07.2019, Zl. XXXX den Beschluss gefasst:

A II) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP4" bezeichnet), sind Familienangehörige. Die verheirateten bP 1 und 2 brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich erstmalig 2008 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz für sich und den minderjährigen, miteingereisten Sohn, die bP 3 ein.

Die bP 1 gab an, aserbaidschanischer Staatsangehöriger zu sein. Sie habe aufgrund der politischen Probleme des Vaters, mit dem sie zusammengearbeitet habe, auch Probleme mit Männern des Staatspräsidenten bekommen und sei aus politischen Gründen verfolgt worden. Der Vater sei 2003 festgenommen worden und im Gefängnis 2008 verstorben.

Die bP 2 stützte sich auf das Fluchtvorbringen der bP 1. Für die bP 3 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Eine individuelle Anfragebeantwortung über die Staatendokumentation ergab, dass die Angaben der bP 1 hinsichtlich einer Verurteilung und Verfolgung in Aserbaidschan nicht den Tatsachen entsprechen und insbesondere keine Partei existiert, für die die bP 1 illegal Flugzettel verteilt haben will.

Die ersten Anträge der bP 1 bis bP 3 auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl = belangte Behörde = bB) vom 09.10.2009 abgewiesen. Dies da das Vorbringen aufgrund des Erhebungsergebnisses unglaubwürdig war und auch die Sterbeurkunde des Vaters nur ergab, dass dieser an einem Schlaganfall verstorben ist. Da sich die bP 1 in diesem Verfahren nicht nur auf eine aserbaidschanische Staatsangehörigkeit stützte, sondern auch mit einem aserbaidschanischen Führerschein, ausgestellt am XXXX .2005 ausgewiesen hat, wurde die Identität der bP 1 dementsprechend festgestellt. Zudem wurde eine Heiratsurkunde vorgelegt.

Da die bP nach Beschwerdeerhebung an den Asylgerichtshof freiwillig am XXXX 2009 aus Österreich ausreisten und nach Aserbaidschan zurückkehrten, wurden die Beschwerden vom Asylgerichtshof als gegenstandslos abgelegt und erwuchsen die erstinstanzlichen Bescheide in Rechtskraft.

I.2. Am 08.01.2014 bzw. 24.07.2014 stellten die bP 1-3 ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz. Zwischenzeitlich wurde die bP 4 in Österreich geboren und wurde auch für sie ein Antrag gestellt.

Die bP 1 gab an, aus Aserbaidschan zu stammen und die israelische Staatsangehörigkeit zu besitzen.

Konkret führte sie erstbefragt aus:

"Ich bin nach meinem Vater halb Aserbaidschaner und nach meiner Mutter halb Jude. Von der Religion bin ich aber Moslem. Ich besitze seit dem Jahr 2005 eine israelische Staatsbürgerschaft. Nach den israelischen Gesetzen müsste ich in Israel den Militärdienst absolvieren. Das will ich jedoch nicht, da ich verpflichtet wäre. Gegen Moslems zu kämpfen um diese zu töten. Ich selbst bin ein Moslem, meine Frau und mein Sohn sind ebenfalls Moslems. In Aserbaidschan kann ich nicht leben, da ich ein israelischer Staatsbürger bin und für Aserbaidschan ein Visum benötige, dieses kostet ca. für 3 Monate, 400 Euro. Aus diesem Grunde muss ich immer ausreisen, mich woanders aufhalten, in anderen Ländern und danach wieder zurückreisen. Ich bekomme keine Staatsbürgerschaft von Staat Aserbaidschan, ich müsste meine israelische Staatsbürgerschaft zurücklegen, was für mich nicht in Frage kommen würde, da ich persönlich nach Israel reisen müsste. In so einem Fall würde ich festgenommen werden und zum Militärdienst gezwungen werden. Außer meine Frau und mein Sohn, können mit mir auch nicht in Israel zusammenleben, da beide vom Staat Israel keine Bewilligung dafür bekommen würden."

Im Rahmen der Einvernahme vor der bB führte die bP 1 dann aus, im ersten Verfahren gelogen zu haben. Der Vater sei verstorben, weshalb sie keine Unterkunft mehr gehabt habe und nach Österreich gegangen sei. In Israel hätte die Familie nicht bleiben können, ohne dass die bP 1 den Militärdienst ableistet, was sie nicht wolle.

Auch die bP 2 gab an, dass sie 2009 nach Aserbaidschan zu ihren Eltern zurückgekehrt sind. Im Anschluss wären sie kurzzeitig nach Israel, dann in die Russische Föderation, dann nach Deutschland und dann zuletzt wieder nach Aserbaidschan gegangen. In Aserbaidschan seien sie nie bedroht worden, aber der Mann hätte sich dort nicht aufhalten dürfen. In Israel und der Russischen Föderation hätte sie Probleme wegen ihres Kopftuches gehabt und sei sie diskriminiert worden. Eine Schwester von ihr lebe nunmehr zwecks Studium in Österreich und habe hier geheiratet, deren genaue Adresse kenne sie nicht. Sie hätten nicht oft Kontakt, ca. monatlich.

Diese (zweiten) Anträge der bP 1 - 3 wurden von der belangten Behörde ebenfalls gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtkraft der Rückkehrentscheidung.

Die bB begründete ihre Entscheidung vom 22.12.2014 mit dem Umstand, dass sich kein asylrelevanter Sachverhalt ergab, die bP1 sowohl aserbaidschanischer als auch israelischer Staatsangehöriger sei und eine Rückkehrentscheidung keine Verletzung von Art. 8 EMRK darstelle. Ebenso kam kein unter § 57 AsylG subsumierbarer Sachverhalt hervor. Die Frist für die freiwillige Ausreise ergebe sich ex lege und liege kein Grund für das Abgehen von dieser Frist vor.

Der Entscheidung wurden insbesondere Anfragebeantwortungen zum Erwerb der israelischen Staatsangehörigkeit sowie zu einer doppelten Staatsbürgerschaft in Aserbaidschan zugrunde gelegt. Demnach würden 1,5 Mio Aserbaidschaner zwei oder mehr Staatsangehörigkeiten besitzen. Es sei Aserbaidschanern nicht verboten, eine andere Staatsangehörigkeit anzunehmen, man verliere dadurch auch nicht die aserbaidschanische. Gerade der Umstand, dass die bP freiwillig im November 2009 nach Aserbaidschan zurückkehrten, ließe erkennen, dass sich die bP dort nicht bedroht fühlten. Obwohl die bP 1 über einen im November 2002 ausgestellten israelischen Personalausweis verfügte, hat sie dennoch im gesamten ersten Verfahren eine israelische Staatsangehörigkeit nicht erwähnt. In der Heiratsurkunde aus dem Jahr 2005 scheint als Staatsangehörigkeit der bP 1 wiederum Aserbaidschan auf. Es wurde daher die Doppelstaatsangehörigkeit der bP 1 festgestellt. Festgehalten wurde zudem, dass die bP 1 absolut widersprüchliche Angaben zum Aufenthaltsort ihrer Mutter tätigte, weshalb ihr in diesem Zusammenhang jegliche Glaubwürdigkeit verwehrt wurde. Widersprüchlich waren auch die Angaben der bP 1 und 2 zu ihrem Aufenthalt in Russland und angeblichen Problemen dort durch das Tragen eines Kopftuches durch die bP 2. Letztlich hat die bP 1 in der Einvernahme die Annahme des Einvernahmeleiters, dass sie versuchten, durch den Asylantrag die Bestimmungen zur Einwanderung zu umgehen bestätigt. Zudem wurde in den Länderfeststellungen festgehalten, dass Rückkehrer aufgrund ihrer Asylanträge im Ausland nicht mit staatlichen Zwangsmaßnahmen zu rechnen haben.

Festgestellt wurde, dass die bP 1 eben eine Doppelstaatsbürgerschaft hat und die bP 2-4 aserbaidschanische Staatsangehörige sind. Die bP sind Moslem. Die bP 2 hat die Schule besucht und anschließend in einem Frisörladen gearbeitet. Die bP 1 absolvierte eine Lehre als Automechaniker. Die bP 1 ist demnach in Aserbaidschan geboren und lebte dort bis zu ihrem 18ten Geburtstag. Dann ging sie nach Israel, um 2005 wieder nach Aserbaidschan zurückzukehren. Nach einem weiteren Aufenthalt in Israel erfolgte die Asylantragstellung in Österreich 2008. Die bP sind freiwillig 2009 aus Österreich ausgereist und kehrten nach Aserbaidschan ins Elternhaus der bP 2 zurück. Im Anschluss lebten sie zeitweise in der Russischen Föderation und Israel. Eine Schwester der bP 2 lebt in Österreich, familiäre Anknüpfungspunkte in Aserbaidschan wurden angenommen. Die bP würden im Falle der Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Situation gelangen. Es konnten keine lebensbedrohlichen Erkrankungen festgestellt werden.

Die dagegen erhobenen Beschwerden, welchen jeweils einseitige Reisepasskopien der bP 1 und 2 (Israel bzw. Aserbaidschan) beigelegt wurden, wurden mit Beschluss des BVwG vom 30.06.2015 als verspätet zurückgewiesen. Auch in diesen Beschlüssen wurde die Doppelstaatsangehörigkeit der bP 1 im Spruch festgehalten.

Die dagegen eingebrachte Revision wurde zurückgewiesen.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 24.09.2015 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 19.08.2015, mit welchem der Antrag der bP 4 vom 09.06.2015 abgewiesen wurde, als unbegründet abgewiesen. Festgestellt wurde, dass die bP 4 Teil der Kernfamilie von bP1, einem Staatsangehörigen von Aserbaidschan und von Israel sowie der bP 2, einer aserbaidschanischen Staatsangehörigen ist.

I.3. Am 04.12.2017 stellten die bP gegenständliche, weitere Anträge auf internationalen Schutz.

Wiederum wurde von der bP 1 ausgeführt, dass sie einen aserbaidschanischen Vater und eine jüdische Mutter habe. Daher habe sie die israelische Staatsangehörigkeit. Da die Ehegattin und Kinder Aserbaidschaner wären, könnte die Familie nicht in Israel leben. Die bP 1 könne wiederum nicht nach Aserbaidschan. Ein Kind sei in Österreich geboren und wisse die Familie nicht, wo sie leben könnte. Nachdem die bP 1 muslimisch-israelischer Staatsangehöriger sei und die Frau Muslimin aus Aserbaidschan komme die Frage der Religion zur Geltung. Da sie den Militärdienst in Israel abgebrochen habe, würde die bP 1 auch deswegen Probleme haben. In Aserbaidschan sei sie nur Gast und habe nichts. Zudem würde sie bei einer Einreise in Israel am Flughafen aufgrund der Asylantragstellung in Österreich festgenommen werden und drohe ihr eine Gefängnisstrafe.

Die bP 2 führte aus, dass immer noch die alten Probleme vorlägen und alles gleich geblieben sei. Sie habe Angst, dass die Familie nicht zusammenleben könnte.

I.4. Die Anträge der bP 1, 2, 3 und 4 auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der belangten Behörde ("bB") vom 29.06.2018 gemäß § 68 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 68 AVG wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Festgehalten wurde, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkte III-VI).

Gegen die genannten Bescheide wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Mit Beschlüssen des BVwG vom 30.01.2019 wurde den Beschwerden stattgegeben und wurden die Bescheide behoben, da sich die bB nicht entsprechend mit der Doppelstaatsangehörigkeit der bP 1 auseinander gesetzt hat bzw. im Bescheid die Staatsangehörigkeit nur mit Israel festgestellt hat.

I.5. Am 26.02.2019 wurde die bP 1 erneut einvernommen. Wiederum gab sie an, die Fluchtgründe aufrecht zu erhalten. Die israelische Staatsangehörigkeit besitze sie seit 2005. Vor 4, 5 oder 6 Jahren habe sie sich für ca. 1 Jahr in Deutschland aufgehalten und dort gearbeitet. Nach der 1ten Asylantragstellung in Österreich sei sie mit der Familie nach Aserbaidschan zurückgegangen und hätten sie dort 1 1/2 Jahre gelebt. Länger hätte sie sich nicht in Aserbaidschan aufhalten dürfen, da sie keine aserbaidschanische Staatsangehörigkeit habe. 2013 seien sie nach Russland verzogen. Aber auch dort hätten sie nicht leben können.

Konkret führte die bP 1 zudem aus:

F: Wie lange lebten Sie insgesamt in Aserbaidschan?

A: Ich wurde in Aserbaidschan geboren. Ich habe dort gelebt bis ich 17 Jahre alt war und dann bin ich nach Israel umgezogen, dort habe ich gearbeitet und ich habe dort eine Staatsbürgerschaft bekommen, damit habe ich die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft verloren und dann dazwischen, habe dort 1 1/2 Jahre dort gelebt.

F: Laut Mitteilung in der Beschwerdeschrift waren sie vom 04.04.1984 bis zu Ihren 17 Lebensjahren und danach von 2005 bis 2008, sowie nach Ihrer Rückkehr im Jahre 2009 für 1 1/2 Jahre in Aserbaidschan aufhältig. Warum könnten Sie jetzt nicht mehr nach Aserbaidschan zurückkehren?

A: Ich habe die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft nicht mehr. Ich habe in Israel gelebt, gearbeitet, habe dort eine Staatsbürgerschaft bekommen. Jetzt kann ich in Aserbaidschan nur leben solange ich ein Visum habe. Das heißt jeden Monat müsste ich 50 Euro zahlen um mein Visum zu verlängern. Meldezettel habe ich dort auch nicht, wie könnte ich dort leben. Es gibt nicht so Organisationen wie hier.

F: Seit wann haben Sie nicht mehr die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft?

A: Seit 2004-2005 habe ich nicht mehr die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft.

F: Seit wann sind Sie israelische Staatsbürger?

A: Seit 2005. Ich habe einen Ausweis abgegeben.

F: Laut Einvernahme am 20.05.2014, haben Sie angegeben seit 2002 die israelische Staatsbürgerschaft zu haben, was sagen Sie dazu?

A: Wissen sie ich kann mich nicht genau daran erinnern. Das kann schon sein.

F: Sie haben angegeben, dass sie nach ihrer Rückkehr im Jahre 2009 nach Israel nur mehr kurzfristig für wenige Monate in Aserbaidschan aufhältig sein konnten und hierzu kurzfristige Visa erhalten haben! Können Sie diese Visumsvormerke heute der Behörde vorlegen bzw. belegen?

A: Nein.

F: Warum nicht?

A: Ich besitze jetzt das Visum nicht. Es war ein Visum nur für ein Monat. Vielleicht steht ein Stempel im Pass. Mein Pass ist bei meinem Rechtsanwalt. Diesen Pass habe ich der Behörde nicht vorgelegt.

F: Warum haben Sie den Reisepass mit Stempel nach Aserbaidschan nicht vorgelegt?

A: Wir hatten Angst vor Abschiebung.

F: Wann war der Stempel?

A: Nachdem wir den negativen Bescheid erhalten haben, habe ich dann diesen Stempel erhalten.

F: Können Sie den Pass an die Behörde schicken?

A: Ich muss mit meinem Rechtsanwalt reden.

Anmerkung: AW wird aufgefordert bis 05.03.2019 (einlangend) seinen israelischen Pass an die Behörde zu schicken.

...

F: Können Sie dies nunmehr belegen (Beweismittel, Urkunde etc.), dass keine Staatsbürgerschaft zu Aserbaidschan mehr vorliegt?

A: Nein.

Anmerkung: Anfragebeantwortung vom 08.02.2018 zur Doppelstaatsbürgerschaft wird dem AW durch den Dolmetscher übersetzt und mit dem AW erörtert.

F: Wollen Sie hierzu eine Stellungnahme abgeben zur Doppelstaatsbürgerschaft?

A: Ich habe es verstanden und vielleicht hat die Behörde die Informationen bekommen, aber das betrifft mich nicht. Ich musste ein Visum besorgen. Ich müsste immer mein Visum verlängern. Wie kann das dann sein, dass ich aserbaidschanischer Staatsbürger bin. Ich hatte niemals eine Doppel Staatsbürgerschaft.

F: Können Sie ein Visum vorlegen?

A: Nein.

F: Aus dem nunmehr gesicherten Ermittlungsstand hinsichtlich der Rechtslage sowie der Sachlage kann die Behörde keinen maßgeblichen Sachverhalt ableiten der nicht bereits im Erstverfahren für diesen Themenkomplex im Wesentlichen bereits thematisiert wurde. Für die Behörde steht fest, dass aufgrund ihrer vorliegenden Doppelstaatsangehörigkeit keine Gefährdungslage bzw. eine existenzbedrohende Situation in Aserbaidschan im Falle ihrer Rückkehr vorliegt! Was sagen Sie dazu?

A: Warum wollen Sie uns nach Aserbaidschan schicken, obwohl ich keine Staatsbürgerschaft besitze. Meine Frau ist zwar eine Aserbaidschanerin, aber das heißt nichts. Wenn Sie uns schon abschieben wollen dann nach Israel.

Vorgelegt wurden von der bP Schulzeugnisse der Kinder, israelischer Reisepass und Personalausweis der bP 1 und Einstellungszusagen für bP 1 und 2.

I.6.1. Die Anträge der bP 1, 2, 3 und 4 auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde ("bB") gemäß § 68 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 68 AVG wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Festgehalten wurde, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkte III-VI).

1.6.2. Die angefochtenen Bescheide wurden im Wesentlichen damit begründet, dass sich weder in der Sach- noch in der Rechtslage eine wesentliche Änderung im Vergleich zu jenem Bescheid bzw. Erkenntnis ergab, in denen letztmalig inhaltlich über die Anträge entschieden wurde.

Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltsrechts lägen nicht vor und insbesondere stellte eine Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben der bP dar.

Es konnten auch keine schweren psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten insbesondere iSd Judikatur des EGMR zu Art. 3 EMRK relevante, lebensbedrohende Erkrankungen festgestellt werden.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Aserbaidschan traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Es wurde insbesondere die mit der bP 1 erörterte Anfragebeantwortung vom 08.02.2018 hinsichtlich Doppelstaatsbürgerschaft in Aserbaidschan der Entscheidung zugrunde gelegt.

I.6.3. Beweiswürdigend hielt die bB konkret hinsichtlich der bP 1 fest (hinsichtlich der anderen bP wurde sinngemäß argumentiert):

- betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Bereits im ersten Asylrechtsgang, Az: 08 10.527 - BAL konnte ihre Identität, in concreto Ihre Staatsangehörigkeit von Aserbaidschan festgestellt werden. Die Feststellung beruhte auf ihren eigenen Angaben (siehe hierzu auch Erstbefragung vom 28. Oktober 2008) sowie der Vorlage eines unbedenklichen Führerscheines, Nationalität Aserbaidschan, Serie und Nummer: XXXX auf XXXX , geb. am XXXX (Vorakt Seite 337). Am XXXX .2009 sind Sie freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist und in Ihren Herkunftsstaat (Aserbaidschan) zurückgereist.

Spätesten am 08.01.2014 sind Sie neuerlich in das Bundesgebiet eingereist. In Ihrem zweiten Asylrechtsgang unter der Zahl 1000100503-14011525 RD-NÖ wurde rechtskräftig festgestellt, dass Sie sowohl aserbaidschanischer als auch israelischer Staatsbürger sind. Die Feststellung der israelischen Staatsbürgerschaft ergibt sich aus der Vorlage eines unbedenklichen israelischen Personalausweises und nunmehr auch durch die Vorlage eines israelischen Reisepasses. Die Identität steht sohin auch hinsichtlich ihrer israelischen Staatsbürgerschaft fest. In diesem Verfahren wurde auch überprüft, wie aus einer ACCORD Anfragebeantwortung vom 03.09.2013 zu entnehmen ist, dass man nicht automatisch bei Annahme einer weiteren Staatsbürgerschaft die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft verliert. Ihren Ausführungen, dass Sie nach Erhalt des israelischen Personalausweises, in ihrem aserbaidschanischen Ausweis eine Visumsverpflichtung sowie deswegen dauernd ausreisen müssten, wurde bereits im zweiten Asylrechtsgang als unglaubwürdig gewertet (siehe hiezu auch Vorakt Seite 371). Sie konnten bis dato weder den aserbaidschanischen Reisepass noch sonstige stichhaltige Beweise geltend machen, woraus eine Änderung der bereits rechtskräftig abgesprochenen Umstände ersichtlich wäre. Vielmehr wiederholten sie bspw. im Rahmen der Beschwerde vom 31.07.2018, ohne jedes Beweisanbot, ihr damaliges Vorbringen. Hierzu liegt jedenfalls entschieden Sache vor. Auch hinsichtlich der eingeholten, aktuelleren Staatendokumentationsanfrage vom Februar 2018 betreffend der Doppelstaatsbürgerschaft (Israel - Aserbaidschan), ergeben sich keine maßgeblichen Änderungen hinsichtlich der rechtlichen und sachlichen Situation im Vergleich zu dem maßgeblichen zweiten österreichischen Asylrechtsgang und sohin liegt auch hierzu entschiedene Sache vor. Schlussendlich sind auch ihre eigenen Ausführungen hierzu widersprüchlich, zumal Sie in Ihrer Einvernahme vom 26.02.2019 auf die Frage seit wann Sie nicht mehr die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft besitzen würden, lapidar mit 2004-2005 angegeben haben. Würde dies den Tatsachen entsprechen, wäre aber zu erwarten gewesen, dass Sie diesen Umstand bereits in Ihrem Erstverfahren bspw. im Rahmen der Erstbefragung vom 28.10.2008 (Vorakt Seite 13) vorgetragen hätten. Auch wäre im Wahrheitsfall eine freiwillige Heimreise nach Aserbaidschan, wie sie von Ihnen am XXXX .2009 wahrgenommen wurde, geradezu unmöglich sein. Es bleibt ihnen unbenommen mit Ihrer Familie in Aserbaidschan zu wohnen, zu arbeiten bzw. sämtliche Bürgerrechte in Anspruch zu nehmen. Seitens des Bundesamtes steht sohin zweifelsfrei fest, dass Sie Staatsbürger von Aserbaidschan als auch von Israel sind und für beide Staaten eine uneingeschränkte Staatsbürgerschaft vorliegt.

Die Feststellung, zu Ihrem Gesundheitszustand ergibt sich aus Ihren Angaben. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen haben sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass Sie an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leiden.

Aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten erkennungsdienstlichen Behandlung ergibt sich, dass Sie mit der Person, die unter AIS-Zahl: 0810527 und VZ-Zahl: 14011525 einen Antrag eingebracht hat, identisch sind.

- betreffend die Feststellungen zu Ihrem Vorverfahren:

Betreffend des rechtskräftigen Abschlusses Ihres Vorverfahrens wurde in den Verwaltungsakt Einblick genommen. Es bestehen diesbezüglich keine Bedenken.

Die Feststellungen betreffend den Ausgang Ihrer Vorverfahren sowie der damals maßgeblichen Gründe für Ihren Antrag auf internationalen Schutz gründen sich auf den Akteninhalt zu AIS-Zahl: 0810527 und VZ-Zahl: 14011525.

- betreffend die Feststellungen zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz:

Unter Berücksichtigung der bereits in Ihrem Vorverfahren festgestellten Unglaubwürdigkeit und mangels Nachweis für das tatsächliche Bestehen der von Ihnen behaupteten Rückkehrbefürchtungen, sowie aufgrund der in einer Zusammenschau des gesamten vorliegenden Sachverhalts davon aus, dass die von Ihnen im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe und Rückkehrbefürchtungen nach wie vor nicht den Tatsachen entsprechen.

Sie haben sich im nunmehrigen Verfahren betreffend Ihre Motivation Ihr Heimatland verlassen zu haben bzw. betreffend Ihrer Gründe, weswegen Sie nicht in Ihr Heimatland zurückkehren könnten, auf dieselben Beweggründe wie in dem bereits rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahrensgang bezogen. Sie stützen sich auf Ihre ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründe, welche bereits von der Rechtskraft des Vorverfahrens erfasst sind und konnten dazu auch keine Neuerungen angeben.

Laut Ihren Aussagen können Sie nicht nach Aserbaidschan zurückkehren, weil Sie keine gültige Papiere hätten. Letztendlich stützten Sie sich wieder auf die selben Aussagen, nämlich, dass Sie nicht in Aserbaidschan leben können. Am 26.02.2019 wurden Sie erneut beim Bundesamt einvernommen. Sie haben lediglich angeführt, dass die alten Fluchtgründe weiterhin bestehen. Sie wurden erneut über Ihre Staatsangehörigkeit befragt. Sie gaben an seit dem Jahr 2005 israelischer Staatsbürger zu sein. Laut Ihren Aussagen hätten Sie seit dem Jahr 2004 - 2005 keine aserbaidschanische Staatsbürgerschaft mehr. Es ist anzumerken, dass Sie jedoch am XXXX .2009 freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet ausreisten und freiwillig nach Aserbaidschan zurückkehrten. Diese Vorgehensweise entspricht keinesfalls der, einer tatsächlich schutzsuchenden Person.

Der von Ihnen behauptete Sachverhalt, dass Sie nur israelischer Staatsbürger wären, erfüllt die geforderten Voraussetzungen im Sinne einer "zumutbaren" Mitwirkung nicht. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie kein aserbaidschanischer Staatsbürger sind.

Die von Ihnen aufgestellten Behauptungen erfüllen somit in keinster Weise die vom Verwaltungsgerichtshof für eine Glaubhaftmachung erforderliche "zumutbare" Mitwirkung Ihrerseits im Verfahren. Im Asylverfahren ist es nicht ausreichend, dass der Asylwerber Behauptungen aufstellt, sondern er muss diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen und auch der Asylwerber persönlich glaubwürdig auftreten.

Am 26.02.2019 wurde Ihnen die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Doppelstaatsbürgerschaft übersetzt (vom 08.02.2018). Sie gaben lediglich an, niemals eine doppelte Staatsbürgerschaft gehabt zu haben. Es ist nachweislich aus dem Beschluss von BVwG zu entnehmen, dass Sie aserbaidschanische und die israelische Staatsbürgerschaft führen (GZ: L515 1409714-2/11E). Ebenso ist anzumerken, dass selbst als Doppelstaatsbürger isralischer Abstammung die aserbaidschanischen Behörden den Aufenthalt, unter Berufung eines Artikels gewähren. Hierzu liegt auch hinsichtlich der Rechtslage im Vergleich zu den Ermittlungen ihres Vorverfahrens entschiedene Sache vor.

Soweit sie in Ihrer Beschwerde vom 31.07.2018 eine Gefährdungslage aus der Ableistung des Armeedienstes in Israel vortragen möchten, wird ausgeführt, dass mit heutigen Tag eine Rückkehrentscheidung/Abschiebung nach Aserbaidschan ausgesprochen wurde und sohin das Vorbringen betreffend Aserbaidschan irrelevant ist.

Ihre Angaben zur Verfolgungssituation konnte nicht glaubhaft nachvollzogen werden. Sie waren nicht in der Lage, Ihre Gründe darzulegen. Sie hielten sich mit Ihren Ausführungen zu Ihren Fluchtgründen bedeckt und oberflächlich und es ist Ihnen nicht gelungen, Ihrer Fluchtgeschichte ein persönliches Moment zu verleihen, erachtet die erkennende Behörde Ihren behaupteten Fluchtgrund als unglaubwürdig. Ein glaubhafter Kern konnte nicht festgestellt werden.

In Ihrem Fall bedeutet das:

Seit Ihrer ersten Asylantragsstellung haben sich Ihre Fluchtgründe in keinster Weise verändert.

Beweismittel für Ihr Vorbringen, sowohl was die Person, als auch, was die Fluchtgründe betrifft, haben Sie nicht in Vorlage gebracht. Ihre Angaben sind weiterhin nur allgemein gehalten und war Ihr Vorbringen auch zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert, um dieses als asylrelevant zu bezeichnen.

Diesbezüglich muss erwähnt werden, dass in Österreich über eine Sache nur einmal entschieden werden kann, wenn der Sachverhalt unverändert bleibt. Somit sind für den neuerlichen Asylantrag ausschließlich neue Gründe entscheidend, die zwischen der Rechtskraft des Vorbescheides und dem heutigen Tag entstanden sind.

Deshalb ist festzuhalten, dass Ihre Angaben einen unveränderten Sachverhalt darstellen, weswegen sich zum jetzigen Zeitpunkt auch hinsichtlich der im Vorverfahrens getroffenen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Aserbaidschan ebenfalls keine Änderung ergeben hat und diese daher nach wie vor für zulässig erachtet wird.

Aufgrund der Feststellungen im Vorverfahren, sowie auch aufgrund der Feststellungen, dass sich in Bezug auf die Länderberichte zu Aserbaidschan keine wesentlichen Veränderungen der Lage ableiten lassen, kann weiterhin nicht von einer gezielt gegen Sie gerichteten Verfolgung ausgegangen werden und ist auch weiterhin davon auszugehen, dass Ihnen bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan zusätzlich auch sehr wohl die Möglichkeit der innerstaatliche Fluchtalternative bietet, sollte diese, entgegen der Einschätzung des BFA, tatsächlich von Nöten sein. Die Gründe für Ihre Ausreise mögen im rein privaten Bereich, nämlich der Verbesserung der Lebenssituation gelegen haben, eine Verfolgung Ihrerseits konnten Sie jedenfalls aus obengenannten Gründen nicht glaubhaft darlegen.

Die vorgebrachten Gründe, warum es Ihnen nun nicht mehr möglich wäre, in Ihr Herkunftsland zurückzukehren, sind somit nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25_4.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl, zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des ho. vorliegenden Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom BFA von Amts wegen zu berücksichtigen wären, liegen auch nicht vor, da sich die allgemeine Situation in Aserbaidschan seit Rechtskraft des vorherigen Verfahrens, nicht wesentlich geändert hat.

Sie sind kein Vereinsmitglied und haben offensichtlich keine Ausbildungskurse besucht bzw. liegen dem Bundesamt keine Bestätigungen diesbezüglich vor. Somit geht das Bundesamt von einer nicht besonderen Integration aus. Ihr bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet ist alleine auf immer wieder gestellte Asylanträge begründet. Hierzu darf auf folgendes Erkenntnis hingewiesen werden: GZ: W273 2179345-1, Entscheidungsdatum: 23.05.2019: "Insgesamt ist nicht von einer besonderen, im Entscheidungszeitpunkt berücksichtigungswürdigen Integration des Beschwerdeführers auszugehen. Nach der Rechtsprechung stellen selbst die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vernetzt und integriert ist, keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029)." ... "Im Vergleich zur Bindung des Beschwerdeführers an Österreich ist die Bindung an den Herkunftsstaat als stärker zu werten: Der Beschwerdeführer wuchs in seiner Herkunftsprovinz auf."... "Er ist nach den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates sozialisiert." Zu den vorgelegten Zeugnissen Ihres Sohnes XXXX darf angeführt werden, dass Ihr Sohn die Schule in Aserbaidschan besuchen kann. Hierzu darf nochmals angemerkt werden, dass Sie bereits einmal freiwillig mit Ihrer Familie im Jahr 2009 nach Aserbaidschan zurückkehrten und anscheinend gut zu Recht kamen. Aus den Länderfeststellungen ist zu entnehmen, dass die Schulbildung verpflichtend ist, kostenfrei und universell bis zum Alter von 17.

Die erkennende Behörde kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.

- betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Weder aus Ihrem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, noch aus Ihren Vorverfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Ihrem Heimatland, unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahren verwendeten Quellenmaterials, gehen Hinweise auf eine seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens maßgeblich geänderte Lage in Ihrem Heimatland hervor.

Dass offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung Ihrer Person in Österreich besteht, ergibt sich aus dem Umstand, dass Sie seit Ihrer illegalen Einreise nach Österreich -unter objektiven Gesichtspunkten betrachtet- realistischer Weise zu keinem Zeitpunkt Ihres Aufenthalts in Österreich davon ausgehen konnten, dass Ihnen ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht in Österreich zukommen würde. Auch haben Sie im Verfahren nicht dargelegt, dass in Ihrem Fall -unter objektiven Gesichtspunkten betrachtet- besonders gewichtige Interessen an einem Verbleib in Österreich bestehen. Unter diesen Gesichtspunkten ist praktisch auszuschließen, dass bislang eine Integrationsverfestigung Ihrer Person in Österreich erfolgen konnte.

- betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsland:

Weder aus Ihrem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, noch aus den im Erst- bzw. Zweitverfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Ihrem Heimatland, unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahren verwendeten Quellenmaterials, ergeben sich Hinweise auf eine sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens maßgeblich geänderte Lage in Ihrem Heimatland.

Ihre vorherigen Asylverfahren wurden bereits rechtskräftig abgeschlossen. In diesen Verfahren wurden bereits alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt, sodass darüber im gegenständlichen Verfahren nicht mehr neuerlich zu entscheiden ist. In der ersten Entscheidung wurde auch der Refoulementsachverhalt im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG 2005 berücksichtigt.

I.7. Gegen die Bescheide wurde innerhalb offener Frist gegenständliche Beschwerde erhoben.

In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass die bP keinen Kontakt mit Angehörigen in Aserbaidschan hätten. Die engsten Familienmitglieder (Eltern und Geschwister) würden inzwischen in der EU leben. Das Vorbringen wurde wiederholt und stützten sich die bP wiederum insbesondere darauf, dass die bP 1 nur die israelische Staatsangehörigkeit habe und die Familie nicht gemeinsam in Aserbaidschan leben könnte. Die Familie sei sehr gut integriert. Der Aufenthalt der bP werde faktisch geduldet, weshalb eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG zu erteilen gewesen wäre. Auch lägen die Voraussetzungen von § 56 und 55 AsylG vor. Die Kinder hätten in Aserbaidschan keine gleichwertige Schulbildung. Es gäbe keine Gleichbehandlung und würden Frauen Opfer von Gewalt. Unter anderem wurden ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und Durchführung einer Verhandlung sowie darauf auszusprechen, dass die bP in Österreich gemäß § 46 a FPG geduldet werden oder ihnen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG erteilt werden, gestellt. Die Einvernahme eines Zeugen wurde als Beweis für das unter I. bis III. dargelegte Vorbringen beantragt.

Vorgelegt wurden:

- Aufenthaltstitel der Mutter und Schwester der bP 1 von Deutschland

- Aufenthaltstitel der Brüder der bP 2 von Deutschland

- Schreiben des beantragten Zeugen (Katholischer Priester der Heimatgemeinde der bP)

- Geburtsurkunde bP 4

- Schulzeugnisse und Leistungsbeschreibungen bP 3

I.8. Die Beschwerdevorlage langte am 22.08.2019 beim BVwG in der Außenstelle Linz ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Das Bundesverwaltungsgericht nimmt den im Rahmen des Verfahrensherganges unter Punkt I. geschilderten Sachverhalt als erwiesen an.

Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die die bP betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person der bP gelegenen Umstände.

Ebenso ergab sich kein sonstiger unter die Tatbestandsmerkmale des Art. 1 Abschnitt A Ziffer der der GFK zu subsumierender Sachverhalt.

Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.

Weitere Hinweise auf das Bestehen eines Sachverhaltes, welcher die inhaltliche Prüfung des vorliegenden Antrages gebieten würde, kamen bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen nicht hervor, weshalb die inhaltliche Prüfung des gegenständlichen Antrages ausscheidet.

Die Feststellungen des BFA in seinen oben zitierten rechtskräftigen Entscheidungen werden um folgende Feststellungen ergänzt:

Die bP leben seit Jänner 2014 bzw. die bP 4 seit ihrer Geburt in Österreich.

Die Identität der bP 1 steht fest. Die bP 1 betätigt sich gemeinnützig beim Roten Kreuz und bei der Betreuung kranker Kinder. Die bP 4 besucht einen Kindergarten. Die bP 3 ist in ihr schulisches Umfeld eingegliedert. Die bP 1 und 2 haben Einstellungszusagen.

In Bezug auf die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat schließt sich das ho. Gericht den Ausführungen der belangten Behörde (bB) an.

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 12.4.2018, vorgezogene Präsidentschaftswahlen (relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage)

Amtsinhaber Ilham Aliyev sicherte sich bei den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen vom 11.4.2018 mit rund 86% der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 74,5% seine vierte Amtszeit in Folge. Die wichtigsten Oppositionsparteien nahmen nicht an den Wahlen teil und hatten zum Boykott aufgerufen, mit der Begründung, die Wahl sei manipuliert (RFE/RL 12.4.2018).

Die Präsidentschaftswahlen fanden in einem restriktiven politischen Umfeld und unter einem Rechtsrahmen statt, der die Grundrechte und -freiheiten einschränkt, die Voraussetzung für echte demokratische Wahlen sind. Vor diesem Hintergrund und in Ermangelung von Pluralismus, auch in den Medien, fehlte dieser Wahl ein echter Wettbewerb. Die Wahlbehörde war zwar gut ausgestattet und hatte die Wahl effizient vorbereitet, doch am Wahltag berichteten internationale Beobachter von weit verbreiteter Missachtung verbindlicher Regeln, mangelnder Transparenz und zahlreichen schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten, wie z.B. das Füllen der Wahlurnen mit gefälschten Stimmzetteln (OSCE/ODIHR u.a. 12.4.2018).

Quellen:

* OSCE/ODIHR u.a. - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (12.4.2018): INTERNATIONAL ELECTION OBSERVATION MISSION Republic of Azerbaijan - Early Presidential Election, 11 April 2018 - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, https://www.osce.org/odihr/elections/azerbaijan/377617?download=true, Zugriff 12.4.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.4.2018): Azerbaijan's President Secures Fourth Term In Vote Criticized As Uncompetetive, https://www.rferl.org/a/azerbaijan-aliyev-expected-win-reelection-april-11-vote/29158177.html, Zugriff 12.4.2018

Politische Lage

Aserbaidschan ist ein säkularer Staat mit einer muslimischen Bevölkerungsmehrheit. Die Verfassung von 1995 etablierte ein Präsidialsystem, das dem Präsidenten weitreichende Vollmachten einräumt. Mit dem Referendum vom 18.3.2009 wurde die Begrenzung der Wiederwahl des Präsidenten aufgehoben. Die nächsten Präsidentschaftswahlen finden am 11.04.2018 statt. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten und die Minister, die allein ihm verantwortlich sind. Er ist dem Parlament gegenüber nicht verantwortlich, kann jedoch wegen schwerer Amtsvergehen auf Initiative des Verfassungsgerichts vom Parlament entlassen werden. Er kann Rechtsverordnungen erlassen und das Parlament auflösen. Der Präsident besitzt das Vorschlagsrecht für die Ernennung von Richtern des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichtshofs und des Appellationsgerichts durch das Parlament und ernennt die übrigen Richter. Mit Referendum vom 26.9.2016 wurde die Amtszeit des Präsidenten von fünf auf sieben Jahre verlängert und dessen Position noch weiter gestärkt. Es wurde u.a. die Einführung der Ämter des Ersten Vizepräsidenten und weiterer Vizepräsidenten beschlossen (AA 2.2018a).

Obwohl Präsident Ilham Aliyev, immer noch der mächtigste Mann im Land ist, hat er im Gegensatz zu seinem verstorbenen Vater nur eine begrenzte Autorität, da er die Macht mit einigen sehr mächtigen Staatsbeamten und Oligarchen teilen muss (BTI 2018).

Bereits am 20.9.2016 äußerte die Venediger Kommission des Europarates Bedenken hinsichtlich der aserbaidschanischen Verfassungsänderungen. Laut der Kommission würden viele der vorgeschlagenen Abänderungen das Machtgleichgewicht zugunsten des Präsidenten verschieben. So könne die Verlängerung der Amtszeit angesichts der Machtfülle und des Umstandes, dass seit 2009 eine unbegrenzte Wiederwahl möglich ist, nicht gerechtfertigt werden. Zudem erhält der Präsident die Befugnis, das Parlament auflösen zu können. Die Unabhängigkeit der Justiz ist dadurch betroffen, dass das Parlament nun eine eingeschränkte Rolle bei der Ernennung der Richter innehält. Die Kommission zeigte sich insbesondere besorgt, dass der Präsident von sich aus vorgezogene Präsidentschaftswahlen ausrufen kann und das neu eingeführte Amt eines Vizepräsidenten keiner Wahl unterliegt (CoE 21.9.2016).

Die bereits geplante Beobachtung der Parlamentswahl vom 1.11.2015 wurde durch die OSZE abgesagt, da sich die Organisation mit Restriktionen seitens der aserbaidschanischen Behörden konfrontiert sah (OSCE 11.9.2015). Während die Regierung auf administrative Ressourcen und die staatlich kontrollierten elektronischen Medien zurückgreifen kann, wurden die Versuche der Opposition sich öffentlich zu versammeln oder sonst öffentlich wahrnehmbar zu äußern, beinahe unmöglich gemacht. Auch im Vorfeld des am 21.9.2016 abgehaltenen Verfassungsreferendums kam es zu Verhaftungen und Druck auf Regierungskritiker. Es gab keine Möglichkeit einer Kampagne gegen die von der Präsidialverwaltung zur Abstimmung gestellten Änderungen (AA 22.3.2017).

Am 23.2.2017 ernannte Staatspräsident Ilham Aliyev seine Ehefrau und stellvertretende Vorsitzende der Regierungspartei, Mehriban Alieyeva, zur Ersten Vizepräsidentin. Sollte der Präsident nicht in der Lage sein, seine Pflichten zu erfüllen, geht die Position des Staatsoberhauptes nicht wie bisher auf den Premierminister über, sondern auf die Vizepräsidentin. Die Opposition erklärte, dass dies die Macht der Familie Aliyev stärke, und veranstaltete Kundgebungen mit Slogans wie "keine Monarchie" (JAMnews 29.12.2017).

Die Nationalversammlung (Milli Mejlis) ist ein Einkammerparlament mit 125 Abgeordneten, die nach absolutem Mehrheitswahlrecht für fünf Jahre gewählt werden. Der Einfluss des Parlaments auf die Politikgestaltung ist gering. Nach den letzten Parlamentswahlen am 1.11.2015 verfügt die regierende Partei "Neues Aserbaidschan" (YAP) mit 72 Sitzen über die Mehrheit der Sitze im Parlament. Die restlichen Sitze teilen sich unabhängige Abgeordneten sowie Vertreter von Kleinstparteien. Die regierungskritische Opposition ist im Parlament nicht vertreten. Neben dem Parlament haben auch der Präsident, das Oberste Gericht, die Staatsanwaltschaft und das Parlament der Autonomen Republik Nachitschewan Gesetzesinitiativrecht. Der Staatshaushalt wird dem Parlament vom Staatspräsidenten zur Zustimmung vorgelegt. Aserbaidschan ist ein Zentralstaat. Die Verwaltungschefs der 66 Provinzen (Rayons) werden vom Präsidenten eingesetzt, ebenso die Kommunalverwaltungen. 1999 wurden Kommunalwahlen eingeführt, bei denen die Gemeinderäte gewählt werden. Die letzten Kommunalwahlen fanden am 23.12.2014 statt. Die Exklave Nachitschewan hat den Status einer Autonomen Republik mit eigener Verfassung und eigenem Parlament (AA 2.2018b).

Das Parlament und die kommunalen Vertreter, obgleich vom Volk nominell gewählt, verhalten sich im politischen Entscheidungsprozess passiv. Parlamentarier sind oft Schützlinge und Verwandte von Oligarchen und einflussreicher Regierungsfunktionäre. Sie führen lediglich Befehle aus, die sie direkt vom Präsidentenbüro erhalten, das defacto der alleinige bestimmende Akteur der Legislative ist (BTI 2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (2.2018a): Aserbaidschan, Staatsaufbau, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aserbaidschan-node/-/202964, Zugriff 26.3.2018

- AA - Auswärtiges Amt (22.3.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, Zugriff 6.3.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Azerbaijan, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Azerbaijan.pdf, Zugriff 22.3.2018

- CoE - Council of Europe (21.9.2016): Venice Commission legal experts raise alarm over draft modifications to Azerbaijan's constitution, http://www.humanrightseurope.org/2016/09/venice-commission-legal-experts-raise-alarm-over-draft-modifications-to-azerbaijans-constitution/, Zugriff 6.3.2018

- JAMnews (29.12.2017): Azerbaijan in 2017, https://jam-news.net/?p=78478, Zugriff 6.3.2018

- OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (11.9.2015): Restrictions imposed by Azerbaijan compel cancellation of parliamentary election observation mission, says ODIHR Director Link, https://www.osce.org/odihr/elections/azerbaijan/181611, Zugriff 6.3.2018

Sicherheitslage

Von Reisen in die unmittelbar auf aserbaidschanischer Seite der Waffenstillstandslinie (Kontaktlinie) angrenzenden Gebiete rät beispielsweise das Deutsche Auswärtige Amt dringend ab. Es muss dort, sowie an der aserbaidschanisch-armenischen Landesgrenze, einschließlich der Grenze zwischen der aserbaidschanischen Autonomen Republik Nachitschewan und Armenien, mit Schusswechseln gerechnet werden (AA 6.3.2018). Trotz des Waffenstillstandes kommt es entlang der Waffenstillstandslinie immer wieder zu gewaltsamen Zwischenfällen mit Todesopfern, weshalb das BMEIA von einem "hohen Sicherheitsrisiko" (Sicherheitsstufe 3) für die Region Berg-Karabach und die angrenzenden armenisch besetzten Bezirke (Agdam, Füsuli, Dschabrayil, Sangilan, Kubadli, Ladschin und Kalbadschar) ausgeht. Für den Rest des Landes gilt die Sicherheitsstufe 2, d.h. "erhöhtes Sicherheitsrisiko" (BMEIA 6.3.2018).

Die schweren Zusammenstöße entlang der Kontaktlinie und der armenisch-aserbaidschanischen Grenze vobewm 1. bis 5.4.2016 führten zu der höchsten Zahl von Todesopfern seit der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens von 1994. Die Konfliktparteien haben auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerden eingereicht, in denen sie sich gegenseitig beschuldigen, in dieser Zeit Gräueltaten begangen zu haben (USDOS 3.3.2017). Laut aserbaidschanischen Angaben starben auch Zivilisten (Standard 3.4.2016, RFL/RL 4.4.2016). Das Verteidigungsministerium der de facto Republik Nagorny Karabach berichtete ebenfalls von zivilen Opfern (CK 2.4.2016). Während der militärischen Zusammenstöße im April 2016 gab es ungefähr dreihundertfünfzig Opfer, wobei mehr als hundert Militärangehörige und Zivilisten getötet wurden (CFR 21.2.2017).

Am 25.2.2017 kam es erneut zu Zusammenstößen zwischen armenischen und Truppen von Nagorny Karabach einerseits und der aserbaidschanischen Armee andererseits, bei denen mindestens fünf aserbaidschanische Armeeangehörige den Tod fanden. Am 1.3.2017 wurde bei einem aserbaidschanischen Artillerieangriff u.a. eine armenische Kaserne zerstört und einen Tag später griff Armenien aserbaidschanische Stellungen an (EurasiaNet 10.3.2017).

Am 6.10.2017 nahmen die Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans, Serzh Sargsyan und Ilham Aliyev, sowie die Außenminister beider Länder an einem Gipfeltreffen unter der Schirmherrschaft der Ko-Vorsitzenden der Minsk-Gruppe in Genf teil. Die Präsidenten kamen überein, Maßnahmen zu ergreifen, um den Verhandlungsprozess zu intensivieren und zusätzliche Schritte zu unternehmen, um Spannungen an der Kontaktlinie abzubauen. Die Ko-Vorsitzenden äußerten sich zufrieden über diese direkten Gespräche, die nach einer langen Unterbrechung stattfanden (OSCE 16.10.2017).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.3.2018): Aserbaidschan - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aserbaidschan-node/aserbaidschansicherheit/201888#content_0, Zugriff 6.3.2018

- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (26.3.2018): Aserbaischan - Sicherheit und Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aserbaidschan/, Zugriff 26.3.2018

- CFR - Coucil on Foreign Relations (21.2.2017): Renewed Conflict Over Nagorno-Karabakh, https://www.cfr.org/report/renewed-conflict-over-nagorno-karabakh, Zugriff 5.3.2018

- CK - Caucasus Knot (2.4.2016): One child killed and two wounded in shelling in the Karabakh conflict zone, http://eng.kavkaz-uzel.ru/articles/35119/, Zugriff 5.3.2018

- EurasiaNet.org (10.3.2017): Karabakh: Diplomatic Attention Needed to Address Growing Risks, http://www.eurasianet.org/node/82771, Zugriff 5.3.2018

- OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (16.10.2017): Joint Statement by the Foreign Ministers of Armenia and Azerbaijan and the Co-Chairs of the OSCE Minsk Group, https://www.osce.org/minsk-group/350091, Zugriff 6.3.2018

- Der Standard (3.4.2016): Bergkarabach: Militärische Eskalation im Kaukasus, http://derstandard.at/2000034103285/Bergkarabach-Militaerische-Eskalation-am-Kaukasus, Zugriff 5.3.2018

- USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1394729.html, Zugriff am 5.3.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Ungeachtet zahlreicher Gesetze, die sich an westlichen Standards orientieren, bleibt die Rechtsanwendung hinter den Standards des Europarats zurück. Die Rechtsprechung ist zwar formell unabhängig, steht aber faktisch unter dem Einfluss der Regierungsgewalt. Insbesondere in den Verfahren, die von politischer Bedeutung sind (wie z. B. Strafverfahren gegen kritische Journalisten und oppositionelle Menschenrechtsaktivisten), scheinen die Urteile politischen Vorgaben zu folgen. Bei Urteilen zulasten der Regierung sind Umsetzung bzw. Vollstreckung problematisch. Strafverteidiger, die Oppositionsaktivisten oder von staatlicher Willkür betroffene Bürger vertreten, werden regelmäßig unter Druck gesetzt, einige von ihnen wurden mit zweifelhaften Begründungen aus der Anwaltskammer ausgeschlossen. 2015 kam es zum Ausschluss der Strafverteidiger prominenter Aktivisten durch die Staatsanwaltschaft, indem diese zu Zeugen in anderen Verfahren erklärt wurden (AA 22.3.2017).

Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, agieren die Richter nicht unabhängig von der Exekutive. Die Justiz gilt weiterhin als weitgehend korrupt und ineffizient. Viele Urteile sind rechtlich unhaltbar und weitgehend ohne Bezug auf während des Prozesses vorgelegten Beweise. Die Urteile scheinen häufig bereits im Voraus festgelegt. Die Gerichte verabsäumen es oft, den Vorwürfen der Folter und der unmenschlichen Behandlung von Häftlingen in Polizeigewahrsam nachzugehen. Das Justizministerium kontrolliert den Justizverwaltungsrat. Der Rat ernennt einen gerichtlichen Auswahlausschuss, der die gerichtliche Auswahlprüfung verwaltet und das langfristige gerichtliche Ausbildungs- und Auswahlverfahren überwacht. Glaubwürdigen Berichten zufolge erhalten Richter und Staatsanwälte Anweisungen von der Präsidialverwaltung und dem Justizministerium, insbesondere in Fällen, die für internationale Beobachter von Interesse sind. Es gab glaubwürdige Berichte, dass Richter routinemäßig Bestechungsgelder annahmen (USDOS 3.3.2017).

In Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz erkannte der UN-Menschenrechtsausschuss im November 2016 zwar die unternommenen Reformschritte hinsichtlich des Justizwesens an, zeigte sich jedoch nach wie vor besorgt über die anhaltende mangelnde Unabhängigkeit der Justiz von der Exekutive, einschließlich der Strafverfolgungsbehörden. Der Menschenrechtsausschuss war insbesondere besorgt darüber, dass der Justiz- und Rechtsrat, dem weitreichende Befugnisse in Angelegenheiten mit der Ernennung, Beförderung und Disziplinierung von Richtern eingeräumt werden, anfällig für eine unzulässige Einmischung durch die Exekutive ist. Überdies wurden weiterhin Korruptionsvorwürfe innerhalb der Justiz gemeldet. Der Menschenrechtsausschuss war zudem wegen der Zahl der Disziplinarverfahren besorgt, die in den letzten Jahren gegen Richter eingeleitet wurden, und bedauerte zugleich den Mangel an Informationen über die bestehenden Schutzvorkehrungen, die sicherstellen, dass Richter nicht für geringfügige Verstöße oder für eine umstrittene Rechtsauslegung bestraft werden können (UN-HRC 16.11.2016). Hinsichtlich der Unabhängigkeit und Sicherheit von Rechtsanwälten zeigte sich der Menschenrechtsausschuss besorgt ob der Berichte über physische Angriffe, politisch motivierte Anklagen und anderer nachteiliger Auswirkungen, wie z.B. ein Berufsverbot für Anwälte, welche sich kritisch über die staatliche Politik oder die Behörden äußerten sowie gegen Anwälte, die Folteropfer, Menschenrechtler, Aktivisten und Journalisten vertreten. Ferner zeigte sich der Menschenrechtsausschuss wegen der angeblichen Praxis besorgt, dass Rechtsanwälte als Zeugen in Fällen aufgerufen werden, in denen sie einen Angeklagten eigentlich vertreten, mit dem Ziel, den Anwälten mit dem Argument angeblicher Interessenkonflikte den Fall zu entziehen (UN-HRC 16.11.2016).

Derzeit herrscht in Aserbaidschan ein erheblicher Mangel an Rechtsanwälten und Rechtsberatungsbüros. Die Zahl der Anwälte ist nach wie vor die niedrigste pro Kopf der Mitgliedstaaten des Europarates mit nur zehn Anwälten pro 100.000 Einwohner. Viele Anwälte, darunter insbesondere diejenigen, die Mandanten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vertreten, haben sich für eine Tätigkeit außerhalb der Struktur der Anwaltskammer entschieden oder sind durch Disziplinarstrafen zuvor ausgeschlossen worden. Das Problem des Mangels an Rechtsanwälten im Land wurde teilweise dadurch gelöst, dass Personen, die außerhalb der Struktur der Rechtsanwaltskammer tätig waren, die Möglichkeit hatten, Personen vor Gericht zu vertreten, mit Ausnahme von Strafsachen. Die Gesetzesnovelle vom November 2017 hindert nun Rechtsanwälte, die nicht Mitglied der Rechtsanwaltskammer sind, daran, Personen vor Gericht zu vertreten. Ohne Übergangsregelungen für die in Kraft tretenden Änderungen müssen diese Anwälte die Vertretung ihrer Mandanten in einer Vielzahl von Fällen sofort einstellen (ICJ 1.12.2017).

Im Oktober 2017 zeigte sich auch die Parlamentarische Versammlung des Europarats (PACE) in ihrer Resolution besorgt über Vorwürfe eines systematischen Mangels an Unabhängigkeit der Justiz gegenüber der Exekutive und der willkürlichen Anwendung des Strafrechts. PACE war besorgt wegen Behauptungen, wonach Richter auf Ersuchen der Staatsanwälte exzessiv die Untersuchungshaft verhängen ohne eingehende Prüfung der Gründe, die eine solche Inhaftierung rechtfertigen könnten. Außerdem gäbe es Probleme hinsichtlich der Wahrung der Rechte der Verteidigung (PACE 11.10.2017).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist nach wie vor die letzte Chance für Rechtssuchende in Aserbaidschan. In den letzten Jahren hat die Regierung jedoch die Entscheidungen des EGMR verzögert und sogar ignoriert (BTI 2018). Es kommt zu Fällen von Einschüchterungen von Klienten und Rechtsanwälten, die beim EGMR Klagen einbringen. Mehrfach wurden prominente Rechtsanwälte von der Rechtsanwaltskammer befragt, warum sie die Umsetzung von EGMR-Urteilen verlangten. Der EGMR hat in mehreren seiner Urteile den Druck auf Kläger und deren Anwälte erörtert (IPHR 8.9.2016). Im prominenten Fall des Anwaltes Intigam Aliyev, der mehrere Fälle beim EGMR erfolgreich vertreten hatte, führten Hausdurchsuchungen zur Beschlagnahme von Akten, sodass die Kläger beim EGMR nicht mehr effektiv ihre Anliegen verfolgen konnten (EHRAC 9.9.2016). Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (22.3.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, Zugriff 6.3.2018

* BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Azerbaijan, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Azerbaijan.pdf, Zugriff 22.3.2018

* EHRAC - European Human Rights Advocacy Centre (9.9.2016):

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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