TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/9 L504 2197618-2

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Veröffentlicht am 09.10.2019
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Entscheidungsdatum

09.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L504 2197602-2/17E

L504 2197610-2/7E

L504 2197614-2/7E

L504 2197618-2/7E

L504 2197621-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von

1) XXXX alias XXXX , XXXX alias XXXX geb., StA. Libanon alias Syrien, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2018, Zl. XXXX ,

2) XXXX alias XXXX , XXXX alias XXXX geb., StA. Libanon alias Syrien, vertreten XXXX alias XXXX , diese vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2018, Zl. XXXX ,

3) XXXX alias XXXX , XXXX alias XXXX geb., StA. Libanon alias Syrien, vertreten durch XXXX alias XXXX , diese vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2018, Zl. XXXX ,

4) XXXX alias XXXX , XXXX alias XXXX geb., StA. Libanon alias Syrien, vertreten durch XXXX alias XXXX , diese vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2018, Zl. XXXX ,

5) XXXX alias XXXX , XXXX alias XXXX geb., StA. Libanon alias Syrien, vertreten durch XXXX alias XXXX , diese vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2018, Zl. XXXX ,

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführenden Parteien 1 - 5 [bP] stellten am 02.01.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es handelt sich dabei um eine Frau [bP1] mit ihren zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen Kindern [bP2-5].

Die bP1 gab als Mutter für sich und ihre Kinder in der Erstbefragung am 02.01.2015 im Wesentlichen an, dass sie Staatsangehörige von "Syrien" seien und in Damaskus gelebt hätten. Sie seien am 31.12.2014 aus Syrien geflüchtet, weil im April dieses Jahres ihr Ehegatte entführt worden sei. Im folgenden Juli seien unbekannte Männer in ihr Haus gestürmt und hätten die bP1 vergewaltigt. Sie hätten gedroht wiederzukommen, um dann ihre Töchter ebenfalls zu vergewaltigen. Sie habe Angst um das Leben der Familie und zudem herrsche in Syrien Krieg.

Am 12.01.2015 wurde das Verfahren zugelassen.

Am 01.02.2016 wurde die bP1 von der LPD OÖ wegen Gefährlicher Drohung und Falscher Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde angezeigt, da sie ua. im Verdacht stand ihren Bruder mit einem Messer bedroht zu haben.

Am 02.02.2016 teilte die bP1 dem Bundesamt ihre neue Meldeadresse mit. Dabei gab sie bei der Ummeldung nach wie vor die behauptete syrische Identität an.

Am 18.03.2016 wurde von der Österreichischen Botschaft in Beirut in Bezug auf die bP ein "Verdacht der Asylerschleichung" durch diese Familie mitgeteilt. Die bP1 hat demnach am 26.11.2014 an der ÖB Beirut gemeinsam mit ihren 4 Töchtern die Erteilung von Schengen-SV beantragt. Die Touristenvisa wurden mit einer Gültigkeit von 24.12.2014 bis 01.01.2015 mit 9 Tagen Aufenthalt, einmalige Einreise, erteilt. Am 16.03.2016 hat ein Bruder der bP1 mit dessen Sohn ebenfalls einen Antrag auf einen SV vom 31.03 bis 07.04.2016 gestellt.

Mitgesandt wurden von der Botschaft ua. die ausgefüllten Antragsformulare mit Fotos für das Touristenvisum. Aus diesen Unterlagen ergeben sich für die bP andere Identitäten und die Staatsangehörigkeit Libanon, jeweils nachgewiesen durch Reisepass.

Aus dem von der ÖB ebenfalls weitergeleiteten Mail des Informanten ergibt sich, dass die bP1 behauptet habe, dass ihr Ehegatten ebenso wie sie vor der Hizbollah geflohen sei und sich in der Türkei aufhalte. Richtig sei jedoch, dass er am 20.11.2015 ein Schengen-Visum von der italienischen Botschaft im Libanon ausgestellt erhielt und er nun gefälschte Unterlagen als Nachweis dafür, dass sie vor der Hizbollah geflohen seien, besorgt habe. Der Informant sandte Kopien ihrer österreichischen "ID-card" und ihrer libanesischen ID-card sowie die gefälschten Unterlagen mit.

Den Visa-Unterlagen ist ua. eine Beschäftigungs- und Einkommensbestätigung des Ehegatten vom 04.12.2014 zu entnehmen, weiters eine auf die bP ausgestellte Krankenversicherungspolizze für das Touristenvisum, eine Bestätigung eines Wiener Hotels vom 21.11.2014, dass die bP1-5 vom 24.12.2014 bis 01.01.2015 ein Zimmer gebucht haben, ein Flugticket von Beirut nach Istanbul und von dort weiter nach Wien für den 24.12.2014 mit Rückflug am 01.01.2015, eine Arbeits- und Gehaltsbestätigung für die bP1 vom 19.11.2014, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt 4 Jahre im genannten Unternehmen gearbeitet hat, amtliche Wohnsitzbestätigungen für die gesamte Familie vom 17.11.2014.

Im Zuge von gerichtlichen Erhebungen gegen die bP1 und deren Bruder als Beschuldigte wegen Schwerer Nötigung, Gewerbsmäßiger Betrug und Fälschung besonders geschützter Urkunden wurde im Rahmen einer angeordneten Hausdurchsuchung am 18.07.2017 in den Zimmern des Bruders und der Schwester mehrere Original-Dokumente aus dem Libanon sichergestellt und dem BFA übermittelt. In der niederschriftlichen Einvernahme bei der Polizei gestand die bP1 ein, dass sie zuerst der Wahrheit nicht entsprechend syrische Identitäten angegeben haben. Dies sei aber nach einem Streit mit ihrem in Österreich befindlichen Bruder "aufgeflogen" und sie hätten darauf hin nunmehr ihre wahre Identität und damit auch ihre libanesische Staatsangehörigkeit preisgegeben (AS 203).

Die Einvernahme mit der bP1 am 27.02.2018 beim Bundesamt gestaltete sich - nachdem ihre Falschangaben zur Identität und Herkunft bekannt wurden - im Wesentlichen wie folgt:

[...]

LA: Haben Sie in der Erstbefragung am 02. Jänner 2015 bezüglich Ihrem Fluchtgrund

wahrheitsgemäße Angaben gemacht?

VP: Nein, das stimmt. Das tut mir leid.

LA: Das was Sie in der Erstbefragung gesagt haben, bezüglich dem Fluchtgrund stimmt

nicht?

VP: Nein, stimmt nicht.

LA: Sie gaben in der Erstbefragung an, dass es einen Vorfall bezüglich den Eingriff in die

sexuelle Selbstbestimmung gegeben hat. Stimmt das?

VP: Nein, das stimmt auch nicht.

VP: Ich möchte das nicht sagen. Aber eine Frau hat empfohlen, dass ich das sagen soll.

LA: Welche Frau meinen Sie?

VP: Eine Frau in Libanon hat gesagt, dass ich das sage, weil ich sonst keine

Fluchtgründe habe. Auch der Dolmetscher hat gesagt, dass ich keinen Fluchtgrund habe

und deswegen sagen soll, dass ich vergewaltigt wurde.

LA: Verstehe ich das richtig, dass empfohlen wurde, dass Sie sagen sollen, dass Sie

vergewaltigt wurden.

VP: Ja. Ich schäme mich dafür, dass ich das gesagt habe.

[...]

LA: Haben Sie im Verfahren bis dato (Polizei, Traiskirchen, Erstbefragung) der Wahrheit

entsprechende Angaben gemacht, wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt

protokolliert?

VP: Nein.

LA: Was wurde falsch von Ihnen angegeben?

VP: Alles. Das einzige was stimmt ist, dass ich vier Kinder habe.

[...]

LA: Wie geht es Ihnen und der Familie gesundheitlich, befinden Sie sich oder jemand aus

der Familie in Therapie, Behandlung oder leiden Sie bzw. jemand aus der Familie an

einer chronischen Krankheit.

VP: Meine Tochter XXXX leidet an Epilepsie, seit letztem Jahr, sie nimmt 3

Tabletten am Vormittag und 3 am Nachmittag. Den andern Kindern geht es gut. Mir geht

es auch gut. XXXX ist in Behandlung, sie muss eine Tomographie machen.

LA: Haben Sie aktuelle Befunde von Ihrem Kind XXXX ?

VP: Nein, nur das was ich vorgelegt habe. Sie war zweimal bei der Untersuchung.

LA: Seit wann leidet Ihre Tochter an Epilepsie?

VP: Seit letztem Jahr 2017.

LA: Welche Medikamente nimmt Ihre Tochter ein?

VP: Steht auf den Zettel, den Namen weiß ich nicht. Die Geschwister wissen nicht, Dass

sie Epilepsie hat. Nur ich und meine Nachbarin, XXXX .

LA: Sie werden aufgefordert innerhalb von 2 Wochen aktuelle medizinische Unterlagen

hinsichtlich der angegebenen Erkrankung Ihrer Tochter vorzulegen!

VP: Meine Nachbarin hat mir empfohlen, dass wir Befunde von meiner Tochter im

Krankenhaus holen sollen.

LA: Sind Sie schwanger?

VP: Nein.

Lebenslauf

[...]

LA: Können Sie bitte einen kurzen Lebenslauf bezüglich ihrer Person schildern? Z.B.: Wo

sind sie aufgewachsen, welche Schulausbildung haben sie absolviert, welchen Beruf

haben sie ausgeübt etc.?

VP: Ich bin in XXXX geboren. Mit 6 Jahren bin ich in die Schule gegangen. Ich bin 12

Jahre in die Schule gegangen. 2 Jahre habe ich Jus studiert, daneben habe ich

Sozialpädagogik 6 Jahre lang studiert und auch abgeschlossen. 4 Jahre lang habe ich

Arabisch studiert und auch abgeschlossen. Ich wollte dann meine Magisterarbeite

machen ich bin aber nicht dazu gekommen und bin ausgereist. Ich habe 18 Jahre lang in

einer Schule in der Nähe meines Heimatortes XXXX als Lehrerin unterrichtet.

Anmerkung: Die VP trägt ein Kopftuch und langärmlige Kleidung.

[...]

LA: Geben Sie chronologisch Ihre Wohnorte an.

VP: Zuerst in XXXX , dort bin ich aufgewachsen. Dann habe ich in XXXX geheiratet bis

2012 gelebt. Danach bin ich mit meiner Familie nach XXXX , ist neben von

XXXX .. In den Sommerferien habe ich immer in XXXX gelebt.

LA: Welcher Volksgruppe und Religion gehören Sie an?

VP: Ich bin Araberin und Schiitin.

Familienstand

LA: Sind Sie verheiratet?

VP: Ja.

LA: Wie heißt Ihr Mann und wann ist sie geboren?

VP: XXXX , er ist XXXX geboren.

LA: WO ist Ihr Mann?

VP: Im Libanon, glaube ich.

LA: Haben Sie Kontakt zu Ihrem Mann?

VP: Nein. Alle meine Töchter haben Kontakt zu Ihrem Mann.

LA: Welche Staatsangehörigkeit hat Ihr Ehemann?

VP: Er ist Libanese

LA: Sind Sie mit Ihrem Ehemann verwandt?

VP: Nein. Aber es war eine arrangierte Ehe.

LA: Wann und wo haben Sie geheiratet?

VP: 2012 in XXXX .

LA: Waren Sie bei der Hochzeit selbst anwesend, oder wurde die Ehe ohne Ihre

Anwesenheit geschlossen?

VP: Ich war anwesend und auch mein Mann.

Nachgefragt gebe ich an, dass ich ansonsten nie geheiratet habe.

LA: Haben Sie mit Ihrem Ehepartner im Libanon zusammengelebt und wenn ja, wo?

VP: Ja, in XXXX .

LA: Wie lautet die derzeitige Wohnadresse Ihres Ehemannes?

VP: Zuletzt, beim letzten Kontakt vor 2 Jahren lebte in XXXX .

LA: Warum haben Sie zu Ihrem Mann seit 2 Jahren keinen Kontakt?

VP: Weil er immer seine Meinung ändert. Wer wir etwas besprochen haben dann ändert

er seine Meinung nachdem er mit seinem Bruder gesprochen hat.

Kinder

LA: Haben Sie Kinder?

VP: Ja, vier Töchter. XXXX , 13 Jahre, XXXX , 12 Jahre, XXXX

XXXX, 10 J, und XXXX 5 Jahre

Nachgefragt gebe ich an, dass ich die leibliche Mutter meiner Kinder bin.

LA: Hatten Sie einen libanesischen Reisepass?

VP: Ja. Ich habe es zerrissen und verbrannt.

LA: Wann haben Sie das gemacht?

VP: Am Anfang als ich nach Wien kam.

LA: Sind Ihre Kinder gesund?

VP: Ja sind gesund, bis auf XXXX .

LA: Haben Ihre Kinder eigene Fluchtgründe?

VP: Ja, zwei haben eigene Fluchtgründe. Nachgefragt: XXXX und XXXX . XXXX trug

diese Kleidung im Libanon.

Anmerkung. VP zeigt auf eine Fotokopie vom XXXX .

LA: Welche Fluchtgründe haben Ihre Töchter?

VP: Sie wollten nicht in einer religiösen Gemeinschaft leben.

LA: Haben Ihre Kinder weitere Fluchtgründe?

VP: Ja, sie können ab einem gewissen Alter nicht mehr in die Schule gehen.

Vorhalt: Wie konnten Sie dann 12 Jahre die Schule und auch die Universität besuchen?

VP: Wie ich noch in der Schule war, war ich noch nicht verheiratet. Und auf der

Universität war ich nur wegen der Prüfung dort. Es hat keiner aus der Familie meines

Mannes gewusst, dass ich studiert habe. Meine Töchter mussten am Freitag am Abend

und Samstag zum Religionsunterricht zur Hisbollah gehen.

LA: Welche Sprache sprechen Ihre Kinder?

VP: Alle Arabisch, und auch Englisch und Deutsch.

LA: Welche Staatsangehörigkeit haben Ihre Kinder?

VP: Libanon.

LA: Leben Ihre Kinder in einem gemeinsamen Haushalt mit Ihnen?

VP Ja.

LA: Wie hat Ihr Mann Sie im Libanon behandelt?

VP: Normal.

LA: Dürfte ich Sie fragen warum Sie heute ein Kopftuch tragen?

VP: Bevor ich heiratete habe ich kein Kopftuch im Libanon getragen. Nach der Heirat

musste ich ein Kopftuch tragen, weil der Schwager, der aus Deutschland abgeschoben

worden ist, mich gezwungen hat ein Kopftuch zu tragen. Dieser Schwager lebte bei uns.

LA: Was hat Ihr Mann dazu gesagt?

VP: Er sagte nur, warum er sich zwischen seinem Bruder und seiner Frau entscheiden

muss.

LA: Hat Ihr Mann Sie gezwungen Kopftuch zu tragen?

VP: Zum Schluss wollte er das auch, damit er Probleme mit dem Bruder vermied.

Anmerkung. Die VP merkt auch an, dass "Ich trug ein kurzes Kleid und offene Haare."

Vorhalt: Sie gaben an, dass Sie bevor Sie heirateten kein Kopftuch im Libanon getragen

haben. Wie kommt es dann, dass Ihre beiden Töchter Kopftücher trugen.

LA: Sie wurden von der Familie meines Mannes gezwungen zu tragen, weil diese sehr

religiös sind. XXXX musste mit 9 Jahren fasten.

Familie

LA: Haben Sie Geschwister? Wenn ja: Name, Alter, Wohnort (Provinz, Distrikt, Stadt

oder Dorf), Beruf, Kontakt.

VP: Ja, ich habe eine leibliche Schwester und vier leibliche Brüder. Mein Vater war mit 5

Frauen verheiratet. Ich glaube ich habe insgesamt 20 Halbgeschwister.

LA: Wie viele Halbgeschwister leben im Libanon?

VP: Ich weiß nicht wo die wohnen, ich habe keinen Kontakt. Ich habe nur Kontakt mit

meiner Schwester.

LA: Welche Verwandten leben noch in Libanon?

VP: XXXX und XXXX im Libanon.

LA Wie geht es ihnen im Libanon.

VP: XXXX ist mit einem Christen verheiratet und kann nicht in ihr Heimatort.

LA: Vorhalt Ihr Bruder XXXX gab heute an, dass dieser Schwager am Papier Moslem ist.

VP: Ja, nur am Papier.

LA: Warum ist Ihre Mutter am 30.07.2015 freiwillig in Ihren Herkunftsstaat Libanon

ausgereist?

VP: Sie hatte einen Tumor. Sie wurde bereits im Libanon operiert. Sie hätte in Österreich

operiert werden sollen, jedoch hätten Komplikationen auftreten. Weshalb sie in den

Libanon ging, weil sie dort sterben möchte.

LA: Sie wurden am 19. Juli 2017 bei der PI Leonding einvernommen

(Beschuldigtenvernehmung). Und diesbezüglich habe ich ein paar Fragen an Sie. Sie

gaben in der Beschuldigtenvernehmung an, dass sie falsche Namen im Asylverfahren

angaben und sagten, dass Sie aus Syrien seien. Was war der Grund dieser falschen

Angaben?

VP: Weil ich Angst um meine Kinder hatte, weil ich Schiitin bin. Wir haben in Österreich

in einem Heim gelebt, wo sunnitische Syrer lebten. Ich habe mit meinem Bruder

ausgemacht, dass wir dort nicht sagen, dass wir Schiiten sind und dies erst in der

Einvernahme sagen. Nachdem es bekannt wurde, dass ich Schiitin bin und ich bei einem

Deutschkurs in Österreich war. Hat ein Sunnite zu mir gesagt, dass die Schiitin nicht

glauben brauchen, dass Sie ins Paradies kommen wenn sie einen Sunniten töten.

LA: Verstehe ich das richtig. Weil Sie Angst in Österreich wegen Ihrem Schiitischen

Glaubens haben Sie sich als Syrerin ausgegeben.

VP: Ich wollte nicht, dass die Familie meines Mannes mitbekommt, wo ich bin und habe

deswegen eine falsche Identität angegeben.

LA: Wann haben Sie entschieden, dass Sie die Behörde über Ihre Identität täuschen

möchten?

VP: Damals wo ich noch im Libanon war. Als meine Nachbarin mir das empfohlen hat.

LA Hat Ihre Nachbarin das mit der Vergewaltigung und falsche Identität empfohlen?

VP: Als ich in Wels in einer Unterkunft war, habe ich mich mit einem Syrer beraten lassen

und habe gefragt ob ich das alles bei der Einvernahme richtig stellen muss.

LA: Wessen Idee war die Täuschung der Behörde bezüglich Ihrer Identität?

VP: Meine Nachbarin, XXXX .

LA: Wie war das Verhältnis zu Ihrem Bruder XXXX im Libanon?

VP: Normal.

LA: Stimmt es, dass Ihr Vater ein gemäßigter Moslem ist?

VP: Ja, genau. Mein Vater ist nicht, nicht religiös.

LA: Hat Ihr Vater erlaubt, dass Ihre Schwester einen Christen heiratet?

VP: Ja, und er hat sie unterstützt.

LA: Wovon lebt die Familie in Libanon (Wovon bestreitet die Familie den

Lebensunterhalt)?

VP: Mein Vater hat damals gearbeitet und er hat davon noch Ersparnisse und kann

davon leben. Er hat mit Palmen und Steinen gehandelt.

LA: Hat Ihre Familie noch irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland, z.B. Häuser,

Grund?

VP: Meine Halbgeschwister sind schon wohlhabend. Mein Vater hatte zwei Gebäude und

jeder von meinen Geschwistern hat eine Wohnung darin bekommen.

LA: Wann haben Sie den Entschluss gefasst Libanon zu verlassen?

VP: Dezember 2014

LA: Sie werden darauf hingewiesen auf Arabisch und nicht in Englisch zu antworten.

LA: Wann genau haben Sie Libanon verlassen?

VP: 24.12.2014

Reiseweg

LA Schildern Sie kurz Ihren Reiseweg.?

VP: Von XXXX nach Beirut mit dem Auto. Von Beirut nach Türkei. Und dann

mit dem Flugzeug nach Wien.

LA: Reisten Sie mit gültigen Reisedokumenten und Visum in Österreich ein?

VP: Ja, Reisepass und Touristenvisa.

LA: Hatten auch Ihre Kinder einen Reisepass und ein Visum?

VP: Ja.

Beantworten Sie die nachstehenden Fragen mit "Ja" oder "Nein". Sie haben später noch

die Gelegenheit, sich ausführlich zu diesen Fragen zu äußern:

LA: Sind Sie vorbestraft oder waren Sie in Ihrem Heimatland inhaftiert oder hatten Sie

Probleme mit den Behörden in der Heimat?

VP: Dreimal nein.

LA: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl,

Strafanzeige, Steckbrief etc.?

VP: Nein.

LA: Sind oder waren Sie politisch tätig?

VP: Nein.

LA: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei?

VP: Ja.

LA: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses bzw. Ihrer

Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)?

VP: Ja.

LA: Nahmen Sie in ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen

Auseinandersetzungen aktiv teil.

VP: Nein.

Fluchtgrund

LA: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag

gestellt haben, detailliert, von sich aus, vollständig und wahrheitsgemäß.

Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die

Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

VP: Seit September 2014 habe ich mit meinen Töchtern in XXXX alleine

gelebt. Weil mein Mann ist nach XXXX gezogen. Mein Schwager hat es als

Gelegenheit gesehen und hat sich in mein Leben eingemischt. Wo ich gewohnt habe, in

der Nähe gab es einen Sitzungsort der Hisbollah und mein Schwager hatte eine starke

Beziehung, weil er sehr religiös war. Er hat versucht, dass ich auch zu der Hisbollah

gehen soll. Er hat zu mir Frauen von der Hisbollah geschickt und die haben mit mir

gesprochen. Ich habe mit denen eine Ausbildung gemacht. Das war ein

Religionsunterricht. Im Center der Hisbollah gab es Spielplätze, Häuser und eine

Moschee. In dem Center haben nur Mitglieder der Hisbollah gelebt. Ich wurde dann

zweimal von der Hisbollah einvernommen. Ich wurde von einer Frau einvernommen, ich

musste ihr mein Lebenslauf von Geburt bis Heirat erzählen. Nach einem Monat wurde ich

noch einmal einvernommen, an einem anderen Ort. Ich wurde über alles gefragt. Danach

hat es sich herausgestellt, dass ich eine Gute bin und ich soll auch mit den Aktivitäten bei

den Hisbollah mitmachen. Ich habe natürlich mitgemacht und darauf gewartet, bis ich

eine Gelegenheit hatte mit meinen Kinder weggehen kann. Manche Leute sprachen über

uns, weil meine Schwester mit einem Christen verheiratet und Verwandte mit Israel

gearbeitet haben.

LA: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Libanon verlassen haben?

VP: Nein.

LA: Was würde Sie konkret erwarten, wenn sie jetzt in ihren Herkunftsstaat zurückkehren

müssten?

VP: Wo ich ausgereist bin, war der Schwager in Afrika. Das erste was sie machen

werden ist dass sie meine Kinder wegnehmen und ich von der Hisbollah einvernommen

werde.

[...]

LA: Warum lebten Sie seit September 2017 alleine mit Ihren Kindern?

VP: Mein Bruder und mein Mann hatten Probleme. Und sein Bruder wollte meinen Mann

nicht helfen und deswegen ist er nach XXXX gezogen.

LA: Sie gingen nicht von Ihrem Mann weg?

VP: Nein, ich bin nicht von ihm weggegangen.

LA: Sie bejahten die Frage ob Sie Mitglied in einer politischen Partei sind oder waren.

Was meinen Sie damit?

VP: Ich war Mitglied in der Nationalpartei. Und auch fast alle meiner Geschwister.

LA: Was haben Sie als Mitglied gemacht?

VP: Ich habe nichts gemacht, ich war nur am Papier Mitglied.

LA: Hatten Sie aufgrund der Mitgliedschaft Probleme?

VP: Nein, außer, dass die Familie meines Mannes gesagt hat, dass wir Mitglieder sind.

LA: Gab es außer den beiden Einvernahmen durch die Hisbollah noch andere Vorfälle

mit der Hisbollah?

VP: Nein.

LA: Sie gaben an, dass Sie mitgemacht haben. Was meinen Sie damit?

VP: Ich habe mit denen gearbeitet.

LA: Was haben Sie da gemacht?

VP: Ich habe bei den Aktivitäten mitgeholfen. Wenn Frauen gekommen sind und geweint,

warum ihre Männer in Syrien kämpfen habe ich mit ihnen gesprochen und gesagt, dass

es ihre Pflicht ist.

LA: Wie lange haben Sie für die Hisbollah?

VP: Ich glaube für 4 Monate.

LA: Wann haben Sie das erste Mal für die Hisbollah gearbeitet?

VP: September 2014.

LA: Wurden Sie von der Hisbollah bezahlt?

VP: Nein.

LA: Wo befand sich dieses Hisbollah Center?

VP: Zwischen XXXX und XXXX .

LA: Gab es Sie betreffend einen Vorfall, weil Ihre Schwester mit einem Christen

verheiratet ist?

VP: Nein.

LA: Welche Verwandten haben mit Israel zusammengearbeitet?

VP: Schwiegervater von meinem Bruder XXXX , der Schwager von meiner Schwester

XXXX , Schwiegervater von meinem Bruder XXXX . Dieser Schwiegervater ist aber nach

Amerika gegangen.

LA: Hatten Sie dadurch ein Problem?

VP: Ja, die Familie meines Mannes hat gemeint, dass er sich von mir scheiden lassen,

weil ich nicht von einer guten Familie komme.

LA: Verstehe ich das richtig, dass niemand von Ihren Familienangehörigen mit Israel

zusammengearbeitet hat?

VP: Ja, das stimmt.

LA: Wie hat sich Ihr Schwager in Ihr Leben eingemischt?

VP: Nachdem ich geheiratet habe, 2 Monate danach wurde der Schwager aus

Deutschland abgeschoben und er lebte dann bei uns. Er hat zb. gesagt, dass ich nicht

kochen kann. Er wollte dann meine Schwester heiraten, sie wollte das nicht. Dadurch hat

er auch mehr Hass gegen mich gehabt. Dann hat er sich in das Leben meiner Kinder

eingemischt. Dass meine Kinder in den Islamunterricht gehen müssen.

LA: Wurden Sie persönlich verfolgt oder bedroht?

VP: Nein.

LA: Wurden ihre Familienangehörigen verfolgt oder bedroht?

VP: Mein Bruder XXXX .

LA: Von wem?

VP: Von der Hisbollah.

LA: Wie wurde Ihr Bruder verfolgt oder bedroht?

VP: Ich weiß es nicht selber, weil ich nicht selber dabei war. Ich habe es aber von meiner

Familie gehört, dass er nicht mit der Hisbollah zusammenarbeiten wollte. Als im Juli 2014

es Krieg gab, wurden Häuser zerstört auch unseres. Die anderen Leute wurden von der

Hisbollah finanzielle unterstützt wir jedoch nicht.

LA: Haben Sie erwartete, dass die Hisbollah Sie unterstützt?

VP: Nein. Wir haben aber Unterstützung von der Regierung zum Wiederaufbau

bekommen. Auch andere Leute haben Unterstützung von der Regierung bekommen.

LA: Sie haben jetzt die Möglichkeit die Fragen in Deutsch zu beantworten.

LA: Haben sie Verwandte/sonstige Bezugspersonen in Österreich?

VP: Ja, meine Kinder und mein Bruder. (VP antwortet in Deutsch)

[...]

LA: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen,

vollständig geschildert?

VP: Ja.

[...]

LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was ihnen besonders wichtig erscheint?

VP: Ich entschuldige mich, dass ich falsche Identitäten angegeben habe. Und hoffe auf

ein besseres Leben. Ich möchte nicht, dass sie so ein Leben führen wie ich in Libanon.

LA: Verstehe ich das richtig, dass Sie nicht wollen, dass Ihre Kinder eine Schule

besuchen und studieren. So wie zb. sie im Libanon studiert haben?

VP: Das habe ich nicht gemeint. Ich meinte, dass Sie nicht ein Kopftuch tragen müssen

und arrangierte Ehe eingehen möchten.

Vorhalt: Sie haben im Libanon 12 Jahre die Schule besucht, 6 Jahre studiert und haben

18 Jahre lang als Lehrerin gearbeitet. Was war daran nicht gut?

VP: Ja, es waren schöne Zeiten. Das habe ich alles gemacht, als ich noch bei meinen

Eltern war und zuhause war.

[...]"

Die Anträge der Familie auf internationalen Schutz wurden folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Libanon nicht zugesprochen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Libanon gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Einer dagegen erhobenen Beschwerde hat das BVwG mit Beschluss vom 25.06.2018 gem. § 28 Abs 3 VwGVG stattgegeben und zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Begründet wurde dies damit, dass das Bundesamt als veraltet geltende Berichtsquellen zur Beurteilung der maßgeblichen asyl- und abschiebungsrelevanten Lage heranzog.

Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens hat das Bundesamt mit gegenständlichen Bescheiden vom 24.10.2018 spruchgemäß gleich entschieden.

In der dagegen erhoben Beschwerde durch den gewillkürten Vertreter wird moniert, dass

* die von den bP falsch angegebenen Daten in Bezug auf Herkunft und Identität unerheblich seien und durch die Verfolgung von Familienangehörigen erklären würden;

* im Bescheid die bP1 pauschal als "unglaubwürdig" erklärt werde ohne dies zu begründen;

* aus den Berichten hervorgehe, dass Frauen- und Kinderrechte schwer mangelhaft seien;

* eine Schutzfähigkeit oder Schutzwilligkeit zugunsten von Frauen nicht gegeben sei;

* eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Stellungnahme nicht erfolgt sei;

* der bP1 im Falle der Rückkehr die Obsorge für die Kinder entzogen würde.

Eine Verhandlung wurde beantragt.

Am 04.03.2019 hat das BVwG eine Verhandlung in Anwesenheit der bP sowie ihres gewillkürten Vertreters durchgeführt. Das Bundesamt blieb entschuldigt fern.

Im Zuge der Verhandlung brachte die bP1 für sich und die Kinder als Rückkehrproblematik Folgendes vor:

"[...]

Seit Ihrer Ausreise aus Ihrem Heimatland ist nun schon einige Zeit vergangen. Würden Sie aus heutiger Sicht bei einer Rückkehr in den Libanon noch Probleme erwarten? Wenn ja, geben Sie bitte konkret und vollständig alle Probleme an, die Sie persönlich für sich und ihre Kinder bei einer Rückkehr erwarten würden.

P: Das erste Problem ist, ich bin mit meinen Kindern hierhergekommen und sie waren alle verschleiert, die Familie meines Mannes ist sehr religiös, sie würden dies nie akzeptieren. Wenn wir nach Libanon zurückkehren werden die Mädchen ein großes Problem mit dem Schleier bekommen, sie werden auch dazu gezwungen, mit Gewalt dazu gezwungen einen Schleier zu tragen. Ich bin vom Libanon ganz geheim ausgereist vor meinen Schwiegereltern, sie wussten nichts, ich habe das im Geheimen gemacht, sie würden mich bestrafen. [Anm.: Ende der freien Rede]

Die übrigen P (bis auf XXXX , P2) verlassen den Verhandlungssaal um 08:57 Uhr

Gibt es weitere Probleme, die Sie im Falle einer Rückkehr erwarten würden?

P: vorher habe ich beim Interview auch erwähnt, dass ich in der Hisbollah als Mitglied war, wenn ich jetzt zurückkehre, ich werde verhört. Ich habe einen Bescheid den ich vorlegen möchte. Ich wurde dabei freigesprochen.

P legt vor: Einstellungsbeschluss der StA Linz. (wird in Kopie zum Akt genommen)

Was von diesen Problemen, die Sie jetzt angegeben haben, war ursächlich für Ihre Ausreise?

P: Ich habe im Libanon schwierige Situationen erlebt, ich hatte das Gefühl, dass ich meine Familienmitglieder schützen solle, deshalb konnte ich dort nicht immer darüber sprechen. Ich habe bis jetzt meine Aussage nicht geändert, aber als ich nach Österreich kam, ich war so schwach und ängstlich und jedes Mal, wenn ich zu einem Interview kam, wurde ich etwas mutiger darüber zu sprechen. Ich habe sehr viel erlebt und möchte nicht, dass meine Kinder das genauso erleben wie ich.

Vor was oder wen wollten Sie ihre Familienmitglieder schützen?

P: Ich habe gemeint, ich schütze meine Familie, dass sie nicht wie ich leben, wie ich gelebt habe.

Vorhalte / Fragen:

Haben Sie bei der Antragstellung für ein Touristenvisum für Österreich falsche Angaben und/oder falsche oder gefälschte Beweismittel vorgelegt?

P: Sie haben kein Interview gemacht, ich habe nur das Visum beantragt und dieses bekommen.

Auf einem in deutscher Sprache im Akt befindlichen Lebenslauf von Ihnen fehlen die Beschäftigungen für die Sie bei der Visaantragstellung Bestätigungen vorlegten. Was sagen Sie dazu?

P: Ist das auf Deutsch geschrieben? Was genau steht darin? Wie ich gesagt habe, ich hatte auf der Botschaft kein Interview, ich habe nur meinen Antrag abgegeben.

RI hält der P die Angaben aus dem Lebenslauf vor und stellt die Angaben aus den Antragsunterlagen des Visumaktes entgegen, wonach sie die letzten vier Jahre in einer Küche gearbeitet hat.

P: Das war von mir ein Vorwand, diese 4 Jahre Arbeit, damit ich ein Visum bekomme und hierherkommen kann.

Sie haben beim Bundesamt eine Bestätigung aus dem Libanon über Ihre Verfolgung vorgelegt. Diese wurde zu einem Zeitpunkt ausgestellt als Sie schon in Österreich waren. Erzählen Sie detailliert wie Sie diese Bestätigung besorgt haben.

P: Meine Eltern haben mir diese per Post geschickt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich selber meinen Vater erzählt habe, dass ich hier in Österreich einen Beweis brauche, eine Bestätigung brauche, rein mündlich gilt dies nicht. Er solle mir eine Bestätigung geben. Sie wissen, Libanon ist klein, mein Vater ist zum Ortsvorsteher gegangen, er hat ihm erzählt, dass seine Tochter die Bestätigung braucht, er hat diese bekommen und sie mir geschickt. Ganz detailliert weiß ich aber nicht, mit wem mein Vater Kontakt aufgenommen hat um diese Bestätigung zu bekommen.

RI hält der P und dem RV die Bestätigung vor. RI merkt an, dass die Stempel im oberen Bereich abgeschnitten sind und so der Eindruck erweckt wird, dass etwas dazu kopiert wurde.

P: Im Original habe ich es so nicht bekommen, aber ich habe alles abgegeben. Das vorgehaltene Dokument (AS 25) ist nicht das Original. Ich habe seit 3 Jahren diese Bestätigung nicht mehr gesehen., ich interessiere mich nicht so dafür.

Wer ist der Aussteller der Bestätigung?

P: Ich weiß es nicht, ich habe nur die Familie kontaktiert, wie wo und wer weiß ich nicht.

Woher hat der Aussteller Kenntnis, dass Sie im Libanon von einer "bewaffneten Organisation" verfolgt werden?

P: Sicher wurde die Nachricht verbreitet, wohin ich gegangen sei, auch von der Partei selber, den Schwiegereltern, ich habe früher in XXXX gelebt. Nur im Sommer habe ich in XXXX, für ein paar Monate verbracht.

RV merkt an, dass er auch nicht das Original hat, nur eine Kopie, worauf auch die Stempel abgeschnitten sind.

Sie haben beim Bundesamt einen Auszug aus dem libanesischen Personalregister vorgelegt. Daraus ist ersichtlich, dass der Antrag auf Ausstellung während Ihres Asylverfahrens am 11.08.2015 "durch Sie selbst" gestellt wurde. Was sagen sie dazu?

P: Darf ich diesen Auszug sehen? Ich war nicht am 11.08. dort, jeder kann für mich diesen Auszug besorgen, meine Familie kann das.

Wer hat diesen besorgt?

P: Sicher meine Familie. Das kann jeder, mein Vater, mein Bruder...

Was war Ihr persönliches Motiv weshalb Sie sich entschlossen haben im Asylverfahren doch ihre wahre Identität und libanesische Staatsangehörigkeit bekannt zu geben?

P: Ich habe zwei Gründe. Zuerst damit meine Schwiegereltern niemals erfahren wo ich derzeit lebe, wenn sie nach meinen Namen fragen. Zweitens bin ich eine Schiitin, ich bekam damals eine Empfehlung von einer Freundin von mir, dass ich nicht Details über meine Daten spreche, weil ich sonst Probleme bekomme. Nicht nur als Schiitin Probleme bekam, denn auch meine Tochter XXXX hat dasselbe Problem bekommen, hier in Österreich.

Warum sind Sie dann ausgerechnet nach Österreich gekommen, wenn Sie hier solche Probleme erwarten?

P: Ich wollte eh am Anfang sagen, aber ich habe keine Ahnung über diese Asylverfahren hier, ich habe mein Ohr zuerst immer für andere geöffnet, jetzt weiß ich genau, was ich zu sagen habe. Ich habe mit meinem Bruder ausgemacht, dass ich beim BFA über alles spreche und sage. Ich habe libanesische Papiere mit mir in Linz gehabt, ich wollte nicht lügen.

RI wiederholt die Frage, warum sie sich entschlossen hat, ihre wahre Identität anzugeben.

P: Am Anfang war ich eine schwache Person, ich habe Angst gehabt, es stimmt schon, dass ich ausgebildet bin, aber ich habe keine Erfahrung für das Leben. Wenn ich gelogen habe, ich habe es schon so gemacht wegen der Zukunft meiner Kinder, nicht nur wegen mir.

War der Grund nicht vielmehr der, dass bei einer Hausdurchsuchung durch die Polizei ihre libanesischen Dokumente gefunden und das Bundesamt durch ein Mail Kenntnis erlangte, dass Sie aus dem Libanon kommen?

P: Die Polizei hat diese Hausdurchsuchung gemacht wegen meines Bruders XXXX .

RI wiederholt die Frage und erinnert die P an die Wahrheitspflicht.

P: Ich habe vorher bekannt gegeben, dass ich eine Libanesin bin, nämlich bei der Befragung in Leonding, als mein Bruder behauptet hat, dass ich ihn töten möchte. Sogar auch mein Bruder hat damals erwähnt, dass er und ich vor dem BFA die Wahrheit sagen werden.

Hätten Sie sich zur Bekanntgabe Ihrer wahren Identität und Herkunft auch entschlossen, wenn das Bundesamt nicht schon von anderer Seite über ihre falschen Angaben erfahren hätte?

P nickt.

Warum?

P: Mein Bruder hat das gesagt, niemand hat es vorher gewusst, die Polizei hat es auch nicht gewusst. Ich will auch über dieses Mail sprechen, wenn sie mir Zeit geben. Ich habe dieses Mail gelesen. Wenn sie das Datum anschauen, dann werden sie auch sehen, dass dieses Datum nach dem Problem mit meinem Bruder XXXX , der sich in Österreich befindet, war. Ich habe dieses Wort Alpha (phonetisch) mehrmals von meinem Bruder gehört. Ich habe hier gelernt, dass ich immer sage Nein, er hat mich mehrmals in der Woche geschlagen, drei Mal in der Woche. Ich habe selber bei der Polizei bekannt gemacht, dass ich durch ein Visum hierherkam. Nachdem die Polizei gefragt hat, wie ich nach Österreich kam, habe ich dies ihnen auch gesagt. Ich habe die Wahrheit gesagt, weil ich wusste, dass sie alles über mich wussten. Mein Bruder hat mich auch bedroht, deswegen hat er das Mail geschickt, damit er mich schädigt. Er hat mich auch bedroht dahingehend, dass er alles machen wird, dass ich nach Libanon zurückkehre und von meinen Kindern getrennt werde, ich habe für diese Drohung auch Zeugen.

Nach Rückübersetzung gibt die P an, dass: ich habe die Wahrheit gesagt, weil ich wusste, nachdem ich die Wahrheit sage, werden sie auch von mir wissen.

Was stimmt ihrer Ansicht nach nicht am Inhalt des Mails?

P: Es gibt schon Teile des Mails, die wahr sind und welche die gelogen sind.

RI wiederholt die Frage und fordert die P auf konkrete Angaben zu gestellten Fragen zu geben.

P: Zum Beispiel stimmt es nicht, dass die Partei mich verfolgt, das ist eine Lüge, aber ich war ein Mitglied in dieser Partei, ich habe diese plötzlich verlassen und bin geflüchtet.

P hat dieses Mail vor sich liegen und liest dieses durch.

P: Er sagt z.B. einen Punkt, dass ich nicht von der Partei Hisbollah verfolgt werde, das stimmt nicht. Nachgefragt ob sonstige Teile des Mails falsch sind, gebe ich an, dass alles, was er betreffend die Hisbollah gesagt hat, nicht stimmt.

Was sagen Sie zu der durch Mail eingelangten Information, dass Ihr Ehegatte "für" die Hiszbollah gearbeitet hat. Ist diese auch nicht korrekt?

P: Ich habe das nirgends gelesen, wo steht das? Von 17.3 oder 18.3?

RI zitiert der P das Mail vom 09.04.2016 vor.

P: Ich habe das hier nicht.

War Ihr Mann bei der Hisbollah und ist er nach Syrien zum Kampf gegangen?

P: Nein, mein Mann ist ein Koch. Ich möchte dazu sagen, dass die Männer meistens vor ihren Frauen nicht alles sagen.

[...]

Worterteilung an RV:

RV bittet die P2 den Verhandlungssaal zu verlassen (10:04 Uhr).

RV an P: Wie unterscheidet sich Ihr Leben in Österreich von jenem im Libanon?

P: Hier kann ich das Wort Nein sagen, unten könnte ich das nie vorbringen.

RV: Erklären Sie bitte genauer, was Sie damit meinen.

P: Zum Beispiel, was meinen Mann betrifft, ich wollte diese Person nicht heiraten, aber ich konnte nicht Nein sagen. Wenn ich Nein gesagt hätte, dann hätten sie mich geschlagen, genau wie mein Bruder mich hier vor meinen Kindern geschlagen hat. Hier kann ich meine Töchter schützen, im Libanon kann ich das nicht. Es gibt ihnen vorliegend 2 Bilder von meinen Töchtern, ein Bild mit Zähnen und eins ohne. Als mein Bruder mich geschlagen hat, bin ich geflüchtet vor ihm, habe die Tür aufgemacht. Meine Tochter war hinter der Tür, die Tür hat sie stark getroffen und hat sie dabei ihre Zähne verloren. Ich bin hier eine andere Person geworden. Am Anfang war ich eine "Nullperson", hier habe ich schwimmen, Rad fahren gelernt, ich besuche das Bad mit meinen Freunden. Nachdem ich hier diese Freiheit als Mensch, als Frau bekommen habe, sie können sich nicht vorstellen, dass ich auf der Straße getanzt habe. Ich habe hier gelernt, wie ich über meine Rechte spreche, hier gibt es Gesetze, die mich schützen. Unten gibt es niemanden und nichts, das mich schützt. Sie können sich vorstellen, nachdem ich über meinen Bruder XXXX gesprochen habe, habe ich gleichzeitig meine Familie im Libanon verloren.

Nach Rückübersetzung gibt die P an, dass sie mit ihren Freunden eine Bar besucht, aber selbst dort nichts trinkt.

RV: Sie haben sich Ihren Ehemann nicht ausgesucht?

P: Ja, selber habe ich mir diesen nicht ausgesucht, das haben meine Eltern für mich ausgesucht.

RV: Was meinen Sie dazu, wenn Eltern die Ehepartner für ihre Kinder aussuchen?

P: Das ist unfair, das ist die größte Unterdrückung der Menschheit. Wenn z.B. jemand mir eine Frage stellt, wer oder was sie bedroht hat, dann glaubt man, dass man nur getötet wird, das heißt, sie vergessen, dass auch das Leben mit einem Partner, den man nicht ausgesucht hat, ebenfalls dem Tod gleichkommt.

RV: Wenn Sie es sich aussuchen können, würden Sie wieder mit ihrem Ehemann zusammenleben?

P: Nein.

RV: Was wäre passiert, wenn sie gesagt hätten, sie wollen ihn nicht heiraten?

P: Ich habe Nein gesagt, aber sie haben mich geschlagen. An dem Tag, als ich Ja gesagt habe und unterschrieben habe, haben meine Eltern mir ein Kleid mit langen Ärmeln gegeben, damit die Gäste die Blutergüsse darunter nicht sehen.

RV: Theoretisch, wenn das Gericht eine negative Entscheidung fällt, und sie und ihre Kinder zurück in den Libanon geschickt werden, könnten sich ihre Töchter ihren Ehepartner selbst aussuchen?

P: von meiner Seite, bekommen die Kinder die volle Freiheit, ich habe auch meinen Kindern gesagt, dass sie nur die beste Ausbildung machen sollten, sie sollen auch ihren Partner selbst aussuchen.

RV: Hier in Österreich ja, aber wenn Sie in den Libanon abgeschoben werden würden?

P: Dort habe ich keine Macht, ich hätte nichts zu sagen.

RV: Wer entscheidet sonst?

P: Mein Mann und seine Familie.

RV: Wie unterscheidet sich das Leben ihrer Töchter in Österreich von jenem, dass sie im Libanon erwartet?

P: Im Libanon sind sie nur von der Schule nach Hause, und von zuhause in die Schule, sie hatten ein Kopftuch. In ihrer Freizeit haben sie religiöse Vorträge bzw. Vorlesungen besucht. Sie hätten auch nicht Schwimmen gekonnt.

RV: Die Kinder waren damals auch etwas jünger, aber wie wäre deren Leben jetzt im Libanon?

P: Jetzt wird es noch schlimmer, sie müssen in diesem Alter perfekt sein, wie sie sitzen, sprechen, sich bewegen. Sie dürften nicht schwimmen gehen, nicht laut lachen, wenn ein Mann um ihre Hand verlangt und wird sie einfach so aus der Schule genommen um ihn zu heiraten. Ich sage ihnen, das war auch in meiner Familie so, als meine Schwester 13 Jahre alt war, war sie gut in der Schule, aber als ein Mann um ihre Hand verlangte, wurde sie aus der Schule genommen und sie mit ihm verheiratet, das war beim ersten Mann, jetzt ist sie mit jemand anderen verheiratet.

RV: Haben die Mädchen auch österreichische Freunde oder nur andere Araber?

P: Sie haben österreichische, internationale Freunde, sie besuchen eine bestimmte Schule, die von allen Nationalitäten besucht wird. Ich versuche meine Kinder so weit wie möglich fern von der arabischen Gesellschaft zu halten, damit sie nicht gefragt werden, ob sie sunnitisch oder schiitisch sind, oder warum deren Mutter alleine hier in Österreich ist, warum der Mann nicht hier ist.

RV: Gehen oder gingen Sie mit ihren Kindern zur Moschee?

P: Nein, obwohl das viele Bekannte mit mir versucht haben, ich habe dies abgelehnt.

RV: Haben die Mädchen Pläne für ihre Zukunft in Österreich?

P: Ja, XXXX möchte Management studieren, XXXX möchte Köchin oder Kosmetikerin werden. XXXX möchte zuerst ein Sportsstar werden, dort wo sie jetzt spielt, danach will sie Polizistin werden.

Nach Rückübersetzung gibt die P an, dass sie Hotelmanagement meinte. Die Dolmetscherin merkt an, dass die P dies zuvor nicht gesagt hat.

RV: Betreffend der Krankheit von XXXX , wie äußert sich diese im Alltag?

P: Sie bekommt Situationen, wo sie mit der Konzentration Probleme bekommt, daraufhin wird sie gleich nervös und ungeduldig, dann sagt sie: Bitte sprich jetzt nicht mit mir, ich kann mich nicht konzentrieren.

Ich habe dauernd Angst um sie, wenn sie auf die Straße oder schwimmen geht. Ich habe z.B. ihr erklärt auf Arabisch, welche Krankheit sie hat, aber sie kränkt sich dauernd, weil sie glaubt, dass die arabische Gesellschaft sie als behindert betrachtet, das heißt, dass die arabische Gesellschaft eine solche Art von Mädchen bzw. Krankheit nicht akzeptiert. Sie haben mir vorher eine Frage gestellt, falls wir in den Libanon zurückgehen. Ich sage dazu auch, wenn wir zurückkehren, wird XXXX von der Gesellschaft nicht akzeptiert, sie würde nie heiraten, sie würde von den Leuten unten als verrückt betrachtet werden. Sogar ihre Geschwister wissen nicht welche Krankheit sie hat. Ich möchte sie vor allen Seiten schützen, auch vor ihren Schwestern. Sie wissen, dass sie Medikamente nimmt, dass sie krank ist, aber sie wissen nicht um welche Krankheit es sich handelt. Wenn XXXX z.B. bei ihren Freunden übernachtet, ich gebe ihr die Medikamente ohne Schachtel und Namen darauf, damit die Leute nicht merken, welche Krankheit sie hat.

RV: Was sagen die Ärzte ist die langfristige Prognose der Krankheit?

P: Die wird nicht 100%ig geheilt, es wird mit der Zeit auch schlimmer. Vielleicht können die Medikamente etwas helfen, aber sie wird immer nervöser. Es ist auch möglich, dass diese Anfälle länger bleiben, wenn sie das einmal bekam, und nicht wie jetzt in kurzer Zeit.

RV: Was würde passieren, wenn sie die Medikamente nicht mehr nimmt?

P: Vor einem Monat hat sie auch die Medikamente nicht bekommen, ich habe gemerkt, dass sie bewusstlos wurde. Sogar auch in der Schule leidet sie unter Konzentrationsschwäche. Wenn sie die Medikamente bekommt, machen diese sie müde, sie bekommt davon auch Bauchschmerzen, sie wird müde davon, sie bekam ihre Medikamente deswegen kurz vor dem Schlaf.

RV: Was würde passieren, wenn sie gar keine Medikamente mehr bekommt?

P: Dann bekam sie die Anfälle mehrmals hintereinander, ihr Zustand wurde dann sehr schlecht.

RV: Das Bundesamt hat argumentiert, die Kinder sind noch jung, und sie könnten sich an die Unterschiede am Leben im Libanon wieder gewöhnen, was meinen Sie dazu?

P: Es ist unmöglich, dass meine Kinder sich an die Gewohnheiten im Libanon sich gewöhnen würden, weil sie hier das Gegenteil erlebt und leben. Sogar meine Tochter XXXX ist sehr empfindlich, sie wird an diese gesellschaftlichen Vorschriften sich nicht gewöhnen, wie sie sitzt, spricht und dass sie ein Kopftuch trägt. XXXX würde gleich eine Depression bekommen, da die Leute merken würden, welche Krankheit sie hat. XXXX hatte hier in Österreich zwei Suizidversuche, vor ca. 2 Monaten. Die Schule hat das schon gewusst, die Schule hat schon unterstützt, ich habe von der Caritas auch die Unterstützung verlangt, aber damals war das in der Zeit meiner Umsiedlung, sie hat mir damals gesagt, ich weiß nicht wer mit ihr gesprochen hat, dass sie einen Termin beim Psychologen ausmachen werden.

Weil sie in der Schule Probleme mit ihren Klassenkolleginnen hatte, weil sie Asylantin ist, nicht gut sprechen kann, deswegen hat sie einen Selbstmordversuch gemacht. Wenn sie nach Libanon zurückkehren würde, würde sie ihre Lage dort nicht akzeptieren. XXXX ist sehr zufrieden, mit sich selbst sehr zufrieden, sie würde so viel verlieren, wenn sie zurückgeht.

RV: Keine weiteren Fragen.

Ich beabsichtige die Beweisaufnahme zu schließen. Möchten Sie noch zur Sache etwas vorbringen was Ihre Problemlage und jene der Kinder im Libanon betrifft und Sie bisher noch nicht vorbringen konnten?

P: Ich möchte nur sagen, ich bereue es wie ich nach Österreich so falsch gekommen bin und ich bin bereit dass ich alles ertrage und für alles verantwortlich bin, aber meine Kinder sollen keine Schwierigkeiten bekommen, bitte.

[...]"

Im Rahmen der bestehenden Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht wurde von den bP seit der Verhandlung keine Änderung von Umständen mitgeteilt, die in ihrer persönlichen Sphäre liegen, weshalb das BVwG davon ausgeht, dass dieser Sachverhalt seit der Verhandlung im Wesentlichen unverändert ist.

Am 05.07.2019 teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass das Ermittlungsverfahren wegen §§ 228, 293 StGB eingestellt wurde. Diesbezüglich hat das BVwG gem. § 78 StPO Anzeige erstattet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde und dem ergänzenden Ermittlungsverfahren Beweis erhoben.

Auf Grund des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges wurden die Verfahren der beschwerdeführenden Parteien gem § 39 Abs 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Identität und Herkunftsstaat:

Die bP1-5 sind Staatsangehörige des Libanon und gehören der arabischen Volksgruppe an.

Die bP1 ist die Mutter der zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährigen Kinder bP2-5.

Die bP1 gab für sich und die Kinder im österreichischen Asylverfahren in Täuschungsabsicht zuerst eine falsche Identität und als Herkunftsstaat nicht den Tatsachen entsprechend den Staat Syrien an.

1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnisse vor der Ausreise:

Die 1980 in XXXX (auch XXXX ) geborene bP1 absolvierte in XXXX von 1985 - 1998 ihre Schulausbildung mit Universitätsreife. 1998-2000 studierte sie Rechtswissenschaften südlich von Beirut in XXXX (auch XXXX ). Von 1999 bis 2001 absolvierte sie eine Ausbildung zur Lehrerin. 2006 hat sie in XXXX das Studium der Soziologie abgeschlossen. 2011 hat sie in XXXX das Studium für Arabistik abgeschlossen.

Von 2002 bis 2010 war sie als Lehrerin für Englisch, Arabisch und Biologie berufstätig.

Die bP1 ist verheiratet. Ihren Angaben nach lebt ihr Ehegatte im Libanon und haben die Kinder regelmäßig mit ihm Kontakt, den sie als gut bezeichnet. Die Ehe wird von ihr nicht als zerrüttet dargestellt.

Auf Grund widersprüchlicher Angaben kann nicht festgestellt werden wo die bP vor der Ausreise lebten. Beim Visumantrag gar die bP1 an dies wäre in XXXX , beim Bundesamt gab sie den Ort XXXX an. Die hinsichtlich ihrer Echtheit als bedenklich einzustufende Bestätigung über ihre Verfolgung durch die Hisbollah stammt hingegen vom Bürgermeister der Stadt XXXX .

Die XXXX im Libanon geborene bP2 ist die Tochter der bP1. Sie besuchte bis zur Ausreise im Dezember 2014 die Schule.

Die XXXX im Libanon geborene bP3 ist die Tochter der bP1. Sie besuchte bis zur Ausreise die Schule.

Die XXXX im Libanon geborenen bP4 ist die Tochter der bP1.

Die XXXX im Libanon geborene bP5 ist die Tochter der bP1.

Die Kinder der bP1 lebten mit der Mutter im Libanon im gemeinsamen Haushalt.

1.3. Familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat

Die bP verfügt ihren Angaben nach über eine große Familie im Libanon. Ihr Vater war mit 5 Frauen verheiratet, die bP1 hat dadurch zahlreiche Halbgeschwister. Sie kennt nur die Gesch

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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