Entscheidungsdatum
14.10.2019Norm
AVG §68Spruch
L518 2100021-5/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger über den Antrag von XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan und Israel, vertreten durch Mag. Katrin HULLA, Asylrechtsberatung der Caritas der ED Wien, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 27.08.2019, Zl. L518 2100021-4/6E, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens beschlossen:
A)
Der Antrag auf Wiederaufnahme wird gemäß § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrenshergang
1. Nachstehender Verfahrensgang wurde dem in Frage stehenden Erkenntnis zu Grunde gelegt:
I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP4" bezeichnet), sind Familienangehörige. Die verheirateten bP 1 und 2 brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich erstmalig 2008 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz für sich und den minderjährigen, miteingereisten Sohn, die bP 3 ein.
Die bP 1 gab an, aserbaidschanischer Staatsangehöriger zu sein. Sie habe aufgrund der politischen Probleme des Vaters, mit dem sie zusammengearbeitet habe, auch Probleme mit Männern des Staatspräsidenten bekommen und sei aus politischen Gründen verfolgt worden. Der Vater sei 2003 festgenommen worden und im Gefängnis 2008 verstorben.
Die bP 2 stützte sich auf das Fluchtvorbringen der bP 1. Für die bP 3 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.
Eine individuelle Anfragebeantwortung über die Staatendokumentation ergab, dass die Angaben der bP 1 hinsichtlich einer Verurteilung und Verfolgung in Aserbaidschan nicht den Tatsachen entsprechen und insbesondere keine Partei existiert, für die die bP 1 illegal Flugzettel verteilt haben will.
Die ersten Anträge der bP 1 bis bP 3 auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl = belangte Behörde = bB) vom 09.10.2009 abgewiesen. Dies da das Vorbringen aufgrund des Erhebungsergebnisses unglaubwürdig war und auch die Sterbeurkunde des Vaters nur ergab, dass dieser an einem Schlaganfall verstorben ist. Da sich die bP 1 in diesem Verfahren nicht nur auf eine aserbaidschanische Staatsangehörigkeit stützte, sondern auch mit einem aserbaidschanischen Führerschein, ausgestellt am XXXX .2005 ausgewiesen hat, wurde die Identität der bP 1 dementsprechend festgestellt. Zudem wurde eine Heiratsurkunde vorgelegt.
Da die bP nach Beschwerdeerhebung an den Asylgerichtshof freiwillig am XXXX .2009 aus Österreich ausreisten und nach Aserbaidschan zurückkehrten, wurden die Beschwerden vom Asylgerichtshof als gegenstandslos abgelegt und erwuchsen die erstinstanzlichen Bescheide in Rechtskraft.
I.2. Am 08.01.2014 bzw. 24.07.2014 stellten die bP 1-3 ihre zweiten Anträge auf internationalen Schutz. Zwischenzeitlich wurde die bP 4 in Österreich geboren und wurde auch für sie ein Antrag gestellt.
Die bP 1 gab an, aus Aserbaidschan zu stammen und die israelische Staatsangehörigkeit zu besitzen.
Konkret führte sie erstbefragt aus:
"Ich bin nach meinem Vater halb Aserbaidschaner und nach meiner Mutter halb Jude. Von der Religion bin ich aber Moslem. Ich besitze seit dem Jahr 2005 eine israelische Staatsbürgerschaft. Nach den israelischen Gesetzen müsste ich in Israel den Militärdienst absolvieren. Das will ich jedoch nicht, da ich verpflichtet wäre. Gegen Moslems zu kämpfen um diese zu töten. Ich selbst bin ein Moslem, meine Frau und mein Sohn sind ebenfalls Moslems. In Aserbaidschan kann ich nicht leben, da ich ein israelischer Staatsbürger bin und für Aserbaidschan ein Visum benötige, dieses kostet ca. für 3 Monate, 400 Euro. Aus diesem Grunde muss ich immer ausreisen, mich woanders aufhalten, in anderen Ländern und danach wieder zurückreisen. Ich bekomme keine Staatsbürgerschaft von Staat Aserbaidschan, ich müsste meine israelische Staatsbürgerschaft zurücklegen, was für mich nicht in Frage kommen würde, da ich persönlich nach Israel reisen müsste. In so einem Fall würde ich festgenommen werden und zum Militärdienst gezwungen werden. Außer meine Frau und mein Sohn, können mit mir auch nicht in Israel zusammenleben, da beide vom Staat Israel keine Bewilligung dafür bekommen würden."
Im Rahmen der Einvernahme vor der bB führte die bP 1 dann aus, im ersten Verfahren gelogen zu haben. Der Vater sei verstorben, weshalb sie keine Unterkunft mehr gehabt habe und nach Österreich gegangen sei. In Israel hätte die Familie nicht bleiben können, ohne dass die bP 1 den Militärdienst ableistet, was sie nicht wolle.
Auch die bP 2 gab an, dass sie 2009 nach Aserbaidschan zu ihren Eltern zurückgekehrt sind. Im Anschluss wären sie kurzzeitig nach Israel, dann in die Russische Föderation, dann nach Deutschland und dann zuletzt wieder nach Aserbaidschan gegangen. In Aserbaidschan seien sie nie bedroht worden, aber der Mann hätte sich dort nicht aufhalten dürfen. In Israel und der Russischen Föderation hätte sie Probleme wegen ihres Kopftuches gehabt und sei sie diskriminiert worden. Eine Schwester von ihr lebe nunmehr zwecks Studium in Österreich und habe hier geheiratet, deren genaue Adresse kenne sie nicht. Sie hätten nicht oft Kontakt, ca. monatlich.
Diese (zweiten) Anträge der bP 1 - 3 wurden von der belangten Behörde ebenfalls gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei.
Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtkraft der Rückkehrentscheidung.
Die bB begründete ihre Entscheidung vom 22.12.2014 mit dem Umstand, dass sich kein asylrelevanter Sachverhalt ergab, die bP1 sowohl aserbaidschanischer als auch israelischer Staatsangehöriger sei und eine Rückkehrentscheidung keine Verletzung von Art. 8 EMRK darstelle. Ebenso kam kein unter § 57 AsylG subsumierbarer Sachverhalt hervor. Die Frist für die freiwillige Ausreise ergebe sich ex lege und liege kein Grund für das Abgehen von dieser Frist vor.
Der Entscheidung wurden insbesondere Anfragebeantwortungen zum Erwerb der israelischen Staatsangehörigkeit sowie zu einer doppelten Staatsbürgerschaft in Aserbaidschan zugrunde gelegt. Demnach würden 1,5 Mio Aserbaidschaner zwei oder mehr Staatsangehörigkeiten besitzen. Es sei Aserbaidschanern nicht verboten, eine andere Staatsangehörigkeit anzunehmen, man verliere dadurch auch nicht die aserbaidschanische. Gerade der Umstand, dass die bP freiwillig im November 2009 nach Aserbaidschan zurückkehrten, ließe erkennen, dass sich die bP dort nicht bedroht fühlten. Obwohl die bP 1 über einen im November 2002 ausgestellten israelischen Personalausweis verfügte, hat sie dennoch im gesamten ersten Verfahren eine israelische Staatsangehörigkeit nicht erwähnt. In der Heiratsurkunde aus dem Jahr 2005 scheint als Staatsangehörigkeit der bP 1 wiederum Aserbaidschan auf. Es wurde daher die Doppelstaatsangehörigkeit der bP 1 festgestellt. Festgehalten wurde zudem, dass die bP 1 absolut widersprüchliche Angaben zum Aufenthaltsort ihrer Mutter tätigte, weshalb ihr in diesem Zusammenhang jegliche Glaubwürdigkeit verwehrt wurde. Widersprüchlich waren auch die Angaben der bP 1 und 2 zu ihrem Aufenthalt in Russland und angeblichen Problemen dort durch das Tragen eines Kopftuches durch die bP 2. Letztlich hat die bP 1 in der Einvernahme die Annahme des Einvernahmeleiters, dass sie versuchten, durch den Asylantrag die Bestimmungen zur Einwanderung zu umgehen bestätigt. Zudem wurde in den Länderfeststellungen festgehalten, dass Rückkehrer aufgrund ihrer Asylanträge im Ausland nicht mit staatlichen Zwangsmaßnahmen zu rechnen haben.
Festgestellt wurde, dass die bP 1 eben eine Doppelstaatsbürgerschaft hat und die bP 2-4 aserbaidschanische Staatsangehörige sind. Die bP sind Moslem. Die bP 2 hat die Schule besucht und anschließend in einem Frisörladen gearbeitet. Die bP 1 absolvierte eine Lehre als Automechaniker. Die bP 1 ist demnach in Aserbaidschan geboren und lebte dort bis zu ihrem 18ten Geburtstag. Dann ging sie nach Israel, um 2005 wieder nach Aserbaidschan zurückzukehren. Nach einem weiteren Aufenthalt in Israel erfolgte die Asylantragstellung in Österreich 2008. Die bP sind freiwillig 2009 aus Österreich ausgereist und kehrten nach Aserbaidschan ins Elternhaus der bP 2 zurück. Im Anschluss lebten sie zeitweise in der Russischen Föderation und Israel. Eine Schwester der bP 2 lebt in Österreich, familiäre Anknüpfungspunkte in Aserbaidschan wurden angenommen. Die bP würden im Falle der Rückkehr nicht in eine existenzbedrohende Situation gelangen. Es konnten keine lebensbedrohlichen Erkrankungen festgestellt werden.
Die dagegen erhobenen Beschwerden, welchen jeweils einseitige Reisepasskopien der bP 1 und 2 (Israel bzw. Aserbaidschan) beigelegt wurden, wurden mit Beschluss des BVwG vom 30.06.2015 als verspätet zurückgewiesen. Auch in diesen Beschlüssen wurde die Doppelstaatsangehörigkeit der bP 1 im Spruch festgehalten.
Die dagegen eingebrachte Revision wurde zurückgewiesen.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 24.09.2015 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 19.08.2015, mit welchem der Antrag der bP 4 vom 09.06.2015 abgewiesen wurde, als unbegründet abgewiesen. Festgestellt wurde, dass die bP 4 Teil der Kernfamilie von bP1, einem Staatsangehörigen von Aserbaidschan und von Israel sowie der bP 2, einer aserbaidschanischen Staatsangehörigen ist.
I.3. Am 04.12.2017 stellten die bP gegenständliche, weitere Anträge auf internationalen Schutz.
Wiederum wurde von der bP 1 ausgeführt, dass sie einen aserbaidschanischen Vater und eine jüdische Mutter habe. Daher habe sie die israelische Staatsangehörigkeit. Da die Ehegattin und Kinder Aserbaidschaner wären, könnte die Familie nicht in Israel leben. Die bP 1 könne wiederum nicht nach Aserbaidschan. Ein Kind sei in Österreich geboren und wisse die Familie nicht, wo sie leben könnte. Nachdem die bP 1 muslimisch-israelischer Staatsangehöriger sei und die Frau Muslimin aus Aserbaidschan komme die Frage der Religion zur Geltung. Da sie den Militärdienst in Israel abgebrochen habe, würde die bP 1 auch deswegen Probleme haben. In Aserbaidschan sei sie nur Gast und habe nichts. Zudem würde sie bei einer Einreise in Israel am Flughafen aufgrund der Asylantragstellung in Österreich festgenommen werden und drohe ihr eine Gefängnisstrafe.
Die bP 2 führte aus, dass immer noch die alten Probleme vorlägen und alles gleich geblieben sei. Sie habe Angst, dass die Familie nicht zusammenleben könnte.
I.4. Die Anträge der bP 1, 2, 3 und 4 auf internationalen Schutz wurden folglich mit Bescheiden der belangten Behörde ("bB") vom 29.06.2018 gemäß § 68 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 68 AVG wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Festgehalten wurde, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkte III-VI).
Gegen die genannten Bescheide wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Mit Beschlüssen des BVwG vom 30.01.2019 wurde den Beschwerden stattgegeben und wurden die Bescheide behoben, da sich die bB nicht entsprechend mit der Doppelstaatsangehörigkeit der bP 1 auseinander gesetzt hat bzw. im Bescheid die Staatsangehörigkeit nur mit Israel festgestellt hat.
I.5. Am 26.02.2019 wurde die bP 1 erneut einvernommen. Wiederum gab sie an, die Fluchtgründe aufrecht zu erhalten. Die israelische Staatsangehörigkeit besitze sie seit 2005. Vor 4, 5 oder 6 Jahren habe sie sich für ca. 1 Jahr in Deutschland aufgehalten und dort gearbeitet. Nach der 1ten Asylantragstellung in Österreich sei sie mit der Familie nach Aserbaidschan zurückgegangen und hätten sie dort 1 1/2 Jahre gelebt. Länger hätte sie sich nicht in Aserbaidschan aufhalten dürfen, da sie keine aserbaidschanische Staatsangehörigkeit habe. 2013 seien sie nach Russland verzogen. Aber auch dort hätten sie nicht leben können.
Konkret führte die bP 1 zudem aus:
F: Wie lange lebten Sie insgesamt in Aserbaidschan?
A: Ich wurde in Aserbaidschan geboren. Ich habe dort gelebt bis ich 17 Jahre alt war und dann bin ich nach Israel umgezogen, dort habe ich gearbeitet und ich habe dort eine Staatsbürgerschaft bekommen, damit habe ich die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft verloren und dann dazwischen, habe dort 1 1/2 Jahre dort gelebt.
F: Laut Mitteilung in der Beschwerdeschrift waren sie vom XXXX bis zu Ihren 17 Lebensjahren und danach von 2005 bis 2008, sowie nach Ihrer Rückkehr im Jahre 2009 für 1 1/2 Jahre in Aserbaidschan aufhältig. Warum könnten Sie jetzt nicht mehr nach Aserbaidschan zurückkehren?
A: Ich habe die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft nicht mehr. Ich habe in Israel gelebt, gearbeitet, habe dort eine Staatsbürgerschaft bekommen. Jetzt kann ich in Aserbaidschan nur leben solange ich ein Visum habe. Das heißt jeden Monat müsste ich 50 Euro zahlen um mein Visum zu verlängern. Meldezettel habe ich dort auch nicht, wie könnte ich dort leben. Es gibt nicht so Organisationen wie hier.
F: Seit wann haben Sie nicht mehr die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft?
A: Seit 2004-2005 habe ich nicht mehr die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft.
F: Seit wann sind Sie israelische Staatsbürger?
A: Seit 2005. Ich habe einen Ausweis abgegeben.
F: Laut Einvernahme am 20.05.2014, haben Sie angegeben seit 2002 die israelische Staatsbürgerschaft zu haben, was sagen Sie dazu?
A: Wissen sie ich kann mich nicht genau daran erinnern. Das kann schon sein.
F: Sie haben angegeben, dass sie nach ihrer Rückkehr im Jahre 2009 nach Israel nur mehr kurzfristig für wenige Monate in Aserbaidschan aufhältig sein konnten und hierzu kurzfristige Visa erhalten haben! Können Sie diese Visumsvormerke heute der Behörde vorlegen bzw. belegen?
A: Nein.
F: Warum nicht?
A: Ich besitze jetzt das Visum nicht. Es war ein Visum nur für ein Monat. Vielleicht steht ein Stempel im Pass. Mein Pass ist bei meinem Rechtsanwalt. Diesen Pass habe ich der Behörde nicht vorgelegt.
F: Warum haben Sie den Reisepass mit Stempel nach Aserbaidschan nicht vorgelegt?
A: Wir hatten Angst vor Abschiebung.
F: Wann war der Stempel?
A: Nachdem wir den negativen Bescheid erhalten haben, habe ich dann diesen Stempel erhalten.
F: Können Sie den Pass an die Behörde schicken?
A: Ich muss mit meinem Rechtsanwalt reden.
Anmerkung: AW wird aufgefordert bis 05.03.2019 (einlangend) seinen israelischen Pass an die Behörde zu schicken.
...
F: Können Sie dies nunmehr belegen (Beweismittel, Urkunde etc.), dass keine Staatsbürgerschaft zu Aserbaidschan mehr vorliegt?
A: Nein.
Anmerkung: Anfragebeantwortung vom 08.02.2018 zur Doppelstaatsbürgerschaft wird dem AW durch den Dolmetscher übersetzt und mit dem AW erörtert.
F: Wollen Sie hierzu eine Stellungnahme abgeben zur Doppelstaatsbürgerschaft?
A: Ich habe es verstanden und vielleicht hat die Behörde die Informationen bekommen, aber das betrifft mich nicht. Ich musste ein Visum besorgen. Ich müsste immer mein Visum verlängern. Wie kann das dann sein, dass ich aserbaidschanischer Staatsbürger bin. Ich hatte niemals eine Doppel Staatsbürgerschaft.
F: Können Sie ein Visum vorlegen?
A: Nein.
F: Aus dem nunmehr gesicherten Ermittlungsstand hinsichtlich der Rechtslage sowie der Sachlage kann die Behörde keinen maßgeblichen Sachverhalt ableiten der nicht bereits im Erstverfahren für diesen Themenkomplex im Wesentlichen bereits thematisiert wurde. Für die Behörde steht fest, dass aufgrund ihrer vorliegenden Doppelstaatsangehörigkeit keine Gefährdungslage bzw. eine existenzbedrohende Situation in Aserbaidschan im Falle ihrer Rückkehr vorliegt! Was sagen Sie dazu?
A: Warum wollen Sie uns nach Aserbaidschan schicken, obwohl ich keine Staatsbürgerschaft besitze. Meine Frau ist zwar eine Aserbaidschanerin, aber das heißt nichts. Wenn Sie uns schon abschieben wollen dann nach Israel.
Vorgelegt wurden von der bP Schulzeugnisse der Kinder, israelischer Reisepass und Personalausweis der bP 1 und Einstellungszusagen für bP 1 und 2.
I.6.1. Die Anträge der bP 1, 2, 3 und 4 auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde ("bB") gemäß § 68 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 68 AVG wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Festgehalten wurde, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkte III-VI).
1.6.2. Die angefochtenen Bescheide wurden im Wesentlichen damit begründet, dass sich weder in der Sach- noch in der Rechtslage eine wesentliche Änderung im Vergleich zu jenem Bescheid bzw. Erkenntnis ergab, in denen letztmalig inhaltlich über die Anträge entschieden wurde.
Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltsrechts lägen nicht vor und insbesondere stellte eine Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben der bP dar.
Es konnten auch keine schweren psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten insbesondere iSd Judikatur des EGMR zu Art. 3 EMRK relevante, lebensbedrohende Erkrankungen festgestellt werden.
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Aserbaidschan traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Es wurde insbesondere die mit der bP 1 erörterte Anfragebeantwortung vom 08.02.2018 hinsichtlich Doppelstaatsbürgerschaft in Aserbaidschan der Entscheidung zugrunde gelegt.
I.6.3. Beweiswürdigend hielt die bB konkret hinsichtlich der bP 1 fest (hinsichtlich der anderen bP wurde sinngemäß argumentiert):
- betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:
Bereits im ersten Asylrechtsgang, Az: 08 10.527 - BAL konnte ihre Identität, in concreto Ihre Staatsangehörigkeit von Aserbaidschan festgestellt werden. Die Feststellung beruhte auf ihren eigenen Angaben (siehe hierzu auch Erstbefragung vom 28. Oktober 2008) sowie der Vorlage eines unbedenklichen Führerscheines, Nationalität Aserbaidschan, Serie und Nummer: XXXX auf XXXX , geb. am XXXX (Vorakt Seite 337). Am XXXX .2009 sind Sie freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist und in Ihren Herkunftsstaat (Aserbaidschan) zurückgereist.
Spätesten am 08.01.2014 sind Sie neuerlich in das Bundesgebiet eingereist. In Ihrem zweiten Asylrechtsgang unter der Zahl 1000100503-14011525 RD-NÖ wurde rechtskräftig festgestellt, dass Sie sowohl aserbaidschanischer als auch israelischer Staatsbürger sind. Die Feststellung der israelischen Staatsbürgerschaft ergibt sich aus der Vorlage eines unbedenklichen israelischen Personalausweises und nunmehr auch durch die Vorlage eines israelischen Reisepasses. Die Identität steht sohin auch hinsichtlich ihrer israelischen Staatsbürgerschaft fest. In diesem Verfahren wurde auch überprüft, wie aus einer ACCORD Anfragebeantwortung vom 03.09.2013 zu entnehmen ist, dass man nicht automatisch bei Annahme einer weiteren Staatsbürgerschaft die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft verliert. Ihren Ausführungen, dass Sie nach Erhalt des israelischen Personalausweises, in ihrem aserbaidschanischen Ausweis eine Visumsverpflichtung sowie deswegen dauernd ausreisen müssten, wurde bereits im zweiten Asylrechtsgang als unglaubwürdig gewertet (siehe hiezu auch Vorakt Seite 371). Sie konnten bis dato weder den aserbaidschanischen Reisepass noch sonstige stichhaltige Beweise geltend machen, woraus eine Änderung der bereits rechtskräftig abgesprochenen Umstände ersichtlich wäre. Vielmehr wiederholten sie bspw. im Rahmen der Beschwerde vom 31.07.2018, ohne jedes Beweisanbot, ihr damaliges Vorbringen. Hierzu liegt jedenfalls entschieden Sache vor. Auch hinsichtlich der eingeholten, aktuelleren Staatendokumentationsanfrage vom Februar 2018 betreffend der Doppelstaatsbürgerschaft (Israel - Aserbaidschan), ergeben sich keine maßgeblichen Änderungen hinsichtlich der rechtlichen und sachlichen Situation im Vergleich zu dem maßgeblichen zweiten österreichischen Asylrechtsgang und sohin liegt auch hierzu entschiedene Sache vor. Schlussendlich sind auch ihre eigenen Ausführungen hierzu widersprüchlich, zumal Sie in Ihrer Einvernahme vom 26.02.2019 auf die Frage seit wann Sie nicht mehr die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft besitzen würden, lapidar mit 2004-2005 angegeben haben. Würde dies den Tatsachen entsprechen, wäre aber zu erwarten gewesen, dass Sie diesen Umstand bereits in Ihrem Erstverfahren bspw. im Rahmen der Erstbefragung vom 28.10.2008 (Vorakt Seite 13) vorgetragen hätten. Auch wäre im Wahrheitsfall eine freiwillige Heimreise nach Aserbaidschan, wie sie von Ihnen am XXXX .2009 wahrgenommen wurde, geradezu unmöglich sein. Es bleibt ihnen unbenommen mit Ihrer Familie in Aserbaidschan zu wohnen, zu arbeiten bzw. sämtliche Bürgerrechte in Anspruch zu nehmen. Seitens des Bundesamtes steht sohin zweifelsfrei fest, dass Sie Staatsbürger von Aserbaidschan als auch von Israel sind und für beide Staaten eine uneingeschränkte Staatsbürgerschaft vorliegt.
Die Feststellung, zu Ihrem Gesundheitszustand ergibt sich aus Ihren Angaben. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen haben sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass Sie an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leiden.
Aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten erkennungsdienstlichen Behandlung ergibt sich, dass Sie mit der Person, die unter AIS-Zahl: 0810527 und VZ-Zahl: 14011525 einen Antrag eingebracht hat, identisch sind.
- betreffend die Feststellungen zu Ihrem Vorverfahren:
Betreffend des rechtskräftigen Abschlusses Ihres Vorverfahrens wurde in den Verwaltungsakt Einblick genommen. Es bestehen diesbezüglich keine Bedenken.
Die Feststellungen betreffend den Ausgang Ihrer Vorverfahren sowie der damals maßgeblichen Gründe für Ihren Antrag auf internationalen Schutz gründen sich auf den Akteninhalt zu AIS-Zahl: 0810527 und VZ-Zahl: 14011525.
- betreffend die Feststellungen zu den Gründen für Ihren neuen Antrag auf internationalen Schutz:
Unter Berücksichtigung der bereits in Ihrem Vorverfahren festgestellten Unglaubwürdigkeit und mangels Nachweis für das tatsächliche Bestehen der von Ihnen behaupteten Rückkehrbefürchtungen, sowie aufgrund der in einer Zusammenschau des gesamten vorliegenden Sachverhalts davon aus, dass die von Ihnen im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe und Rückkehrbefürchtungen nach wie vor nicht den Tatsachen entsprechen.
Sie haben sich im nunmehrigen Verfahren betreffend Ihre Motivation Ihr Heimatland verlassen zu haben bzw. betreffend Ihrer Gründe, weswegen Sie nicht in Ihr Heimatland zurückkehren könnten, auf dieselben Beweggründe wie in dem bereits rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahrensgang bezogen. Sie stützen sich auf Ihre ursprünglich vorgebrachten Fluchtgründe, welche bereits von der Rechtskraft des Vorverfahrens erfasst sind und konnten dazu auch keine Neuerungen angeben.
Laut Ihren Aussagen können Sie nicht nach Aserbaidschan zurückkehren, weil Sie keine gültige Papiere hätten. Letztendlich stützten Sie sich wieder auf die selben Aussagen, nämlich, dass Sie nicht in Aserbaidschan leben können. Am 26.02.2019 wurden Sie erneut beim Bundesamt einvernommen. Sie haben lediglich angeführt, dass die alten Fluchtgründe weiterhin bestehen. Sie wurden erneut über Ihre Staatsangehörigkeit befragt. Sie gaben an seit dem Jahr 2005 israelischer Staatsbürger zu sein. Laut Ihren Aussagen hätten Sie seit dem Jahr 2004 - 2005 keine aserbaidschanische Staatsbürgerschaft mehr. Es ist anzumerken, dass Sie jedoch am XXXX .2009 freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet ausreisten und freiwillig nach Aserbaidschan zurückkehrten. Diese Vorgehensweise entspricht keinesfalls der, einer tatsächlich schutzsuchenden Person.
Der von Ihnen behauptete Sachverhalt, dass Sie nur israelischer Staatsbürger wären, erfüllt die geforderten Voraussetzungen im Sinne einer "zumutbaren" Mitwirkung nicht. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie kein aserbaidschanischer Staatsbürger sind.
Die von Ihnen aufgestellten Behauptungen erfüllen somit in keinster Weise die vom Verwaltungsgerichtshof für eine Glaubhaftmachung erforderliche "zumutbare" Mitwirkung Ihrerseits im Verfahren. Im Asylverfahren ist es nicht ausreichend, dass der Asylwerber Behauptungen aufstellt, sondern er muss diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen und auch der Asylwerber persönlich glaubwürdig auftreten.
Am 26.02.2019 wurde Ihnen die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Doppelstaatsbürgerschaft übersetzt (vom 08.02.2018). Sie gaben lediglich an, niemals eine doppelte Staatsbürgerschaft gehabt zu haben. Es ist nachweislich aus dem Beschluss von BVwG zu entnehmen, dass Sie aserbaidschanische und die israelische Staatsbürgerschaft führen (GZ: L515 1409714-2/11E). Ebenso ist anzumerken, dass selbst als Doppelstaatsbürger isralischer Abstammung die aserbaidschanischen Behörden den Aufenthalt, unter Berufung eines Artikels gewähren. Hierzu liegt auch hinsichtlich der Rechtslage im Vergleich zu den Ermittlungen ihres Vorverfahrens entschiedene Sache vor.
Soweit sie in Ihrer Beschwerde vom 31.07.2018 eine Gefährdungslage aus der Ableistung des Armeedienstes in Israel vortragen möchten, wird ausgeführt, dass mit heutigen Tag eine Rückkehrentscheidung/Abschiebung nach Aserbaidschan ausgesprochen wurde und sohin das Vorbringen betreffend Aserbaidschan irrelevant ist.
Ihre Angaben zur Verfolgungssituation konnte nicht glaubhaft nachvollzogen werden. Sie waren nicht in der Lage, Ihre Gründe darzulegen. Sie hielten sich mit Ihren Ausführungen zu Ihren Fluchtgründen bedeckt und oberflächlich und es ist Ihnen nicht gelungen, Ihrer Fluchtgeschichte ein persönliches Moment zu verleihen, erachtet die erkennende Behörde Ihren behaupteten Fluchtgrund als unglaubwürdig. Ein glaubhafter Kern konnte nicht festgestellt werden.
In Ihrem Fall bedeutet das:
Seit Ihrer ersten Asylantragsstellung haben sich Ihre Fluchtgründe in keinster Weise verändert.
Beweismittel für Ihr Vorbringen, sowohl was die Person, als auch, was die Fluchtgründe betrifft, haben Sie nicht in Vorlage gebracht. Ihre Angaben sind weiterhin nur allgemein gehalten und war Ihr Vorbringen auch zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert, um dieses als asylrelevant zu bezeichnen.
Diesbezüglich muss erwähnt werden, dass in Österreich über eine Sache nur einmal entschieden werden kann, wenn der Sachverhalt unverändert bleibt. Somit sind für den neuerlichen Asylantrag ausschließlich neue Gründe entscheidend, die zwischen der Rechtskraft des Vorbescheides und dem heutigen Tag entstanden sind.
Deshalb ist festzuhalten, dass Ihre Angaben einen unveränderten Sachverhalt darstellen, weswegen sich zum jetzigen Zeitpunkt auch hinsichtlich der im Vorverfahrens getroffenen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Aserbaidschan ebenfalls keine Änderung ergeben hat und diese daher nach wie vor für zulässig erachtet wird.
Aufgrund der Feststellungen im Vorverfahren, sowie auch aufgrund der Feststellungen, dass sich in Bezug auf die Länderberichte zu Aserbaidschan keine wesentlichen Veränderungen der Lage ableiten lassen, kann weiterhin nicht von einer gezielt gegen Sie gerichteten Verfolgung ausgegangen werden und ist auch weiterhin davon auszugehen, dass Ihnen bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan zusätzlich auch sehr wohl die Möglichkeit der innerstaatliche Fluchtalternative bietet, sollte diese, entgegen der Einschätzung des BFA, tatsächlich von Nöten sein. Die Gründe für Ihre Ausreise mögen im rein privaten Bereich, nämlich der Verbesserung der Lebenssituation gelegen haben, eine Verfolgung Ihrerseits konnten Sie jedenfalls aus obengenannten Gründen nicht glaubhaft darlegen.
Die vorgebrachten Gründe, warum es Ihnen nun nicht mehr möglich wäre, in Ihr Herkunftsland zurückzukehren, sind somit nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25_4.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl, zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des ho. vorliegenden Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen, die vom BFA von Amts wegen zu berücksichtigen wären, liegen auch nicht vor, da sich die allgemeine Situation in Aserbaidschan seit Rechtskraft des vorherigen Verfahrens, nicht wesentlich geändert hat.
Sie sind kein Vereinsmitglied und haben offensichtlich keine Ausbildungskurse besucht bzw. liegen dem Bundesamt keine Bestätigungen diesbezüglich vor. Somit geht das Bundesamt von einer nicht besonderen Integration aus. Ihr bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet ist alleine auf immer wieder gestellte Asylanträge begründet. Hierzu darf auf folgendes Erkenntnis hingewiesen werden: GZ: W273 2179345-1, Entscheidungsdatum: 23.05.2019: "Insgesamt ist nicht von einer besonderen, im Entscheidungszeitpunkt berücksichtigungswürdigen Integration des Beschwerdeführers auszugehen. Nach der Rechtsprechung stellen selbst die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vernetzt und integriert ist, keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029)." ... "Im Vergleich zur Bindung des Beschwerdeführers an Österreich ist die Bindung an den Herkunftsstaat als stärker zu werten: Der Beschwerdeführer wuchs in seiner Herkunftsprovinz auf."... "Er ist nach den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates sozialisiert." Zu den vorgelegten Zeugnissen Ihres XXXX darf angeführt werden, dass Ihr Sohn die Schule in Aserbaidschan besuchen kann. Hierzu darf nochmals angemerkt werden, dass Sie bereits einmal freiwillig mit Ihrer Familie im Jahr 2009 nach Aserbaidschan zurückkehrten und anscheinend gut zu Recht kamen. Aus den Länderfeststellungen ist zu entnehmen, dass die Schulbildung verpflichtend ist, kostenfrei und universell bis zum Alter von 17.
Die erkennende Behörde kann sohin nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt sohin entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.
- betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Weder aus Ihrem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, noch aus Ihren Vorverfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Ihrem Heimatland, unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahren verwendeten Quellenmaterials, gehen Hinweise auf eine seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens maßgeblich geänderte Lage in Ihrem Heimatland hervor.
Dass offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung Ihrer Person in Österreich besteht, ergibt sich aus dem Umstand, dass Sie seit Ihrer illegalen Einreise nach Österreich -unter objektiven Gesichtspunkten betrachtet- realistischer Weise zu keinem Zeitpunkt Ihres Aufenthalts in Österreich davon ausgehen konnten, dass Ihnen ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht in Österreich zukommen würde. Auch haben Sie im Verfahren nicht dargelegt, dass in Ihrem Fall -unter objektiven Gesichtspunkten betrachtet- besonders gewichtige Interessen an einem Verbleib in Österreich bestehen. Unter diesen Gesichtspunkten ist praktisch auszuschließen, dass bislang eine Integrationsverfestigung Ihrer Person in Österreich erfolgen konnte.
- betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsland:
Weder aus Ihrem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren, noch aus den im Erst- bzw. Zweitverfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Ihrem Heimatland, unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahren verwendeten Quellenmaterials, ergeben sich Hinweise auf eine sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahrens maßgeblich geänderte Lage in Ihrem Heimatland.
Ihre vorherigen Asylverfahren wurden bereits rechtskräftig abgeschlossen. In diesen Verfahren wurden bereits alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt, sodass darüber im gegenständlichen Verfahren nicht mehr neuerlich zu entscheiden ist. In der ersten Entscheidung wurde auch der Refoulementsachverhalt im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG 2005 berücksichtigt.
I.7. Gegen die Bescheide wurde innerhalb offener Frist gegenständliche Beschwerde erhoben.
In der Beschwerde wurde ausgeführt, dass die bP keinen Kontakt mit Angehörigen in Aserbaidschan hätten. Die engsten Familienmitglieder (Eltern und Geschwister) würden inzwischen in der EU leben. Das Vorbringen wurde wiederholt und stützten sich die bP wiederum insbesondere darauf, dass die bP 1 nur die israelische Staatsangehörigkeit habe und die Familie nicht gemeinsam in Aserbaidschan leben könnte. Die Familie sei sehr gut integriert. Der Aufenthalt der bP werde faktisch geduldet, weshalb eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG zu erteilen gewesen wäre. Auch lägen die Voraussetzungen von § 56 und 55 AsylG vor. Die Kinder hätten in Aserbaidschan keine gleichwertige Schulbildung. Es gäbe keine Gleichbehandlung und würden Frauen Opfer von Gewalt. Unter anderem wurden ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und Durchführung einer Verhandlung sowie darauf auszusprechen, dass die bP in Österreich gemäß § 46 a FPG geduldet werden oder ihnen Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG erteilt werden, gestellt. Die Einvernahme eines Zeugen wurde als Beweis für das unter I. bis III. dargelegte Vorbringen beantragt.
Vorgelegt wurden:
- Aufenthaltstitel der Mutter und Schwester der bP 1 von Deutschland
- Aufenthaltstitel der Brüder der bP 2 von Deutschland
- Schreiben des beantragten Zeugen (Katholischer Priester der Heimatgemeinde der bP)
- Geburtsurkunde bP 4
- Schulzeugnisse und Leistungsbeschreibungen bP 3
Folglich wurde mit ho. Erkenntnissen vom 27.08.2019 die dagegen eingebrachten Rechtsmitteln der Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
Mit per Fax am 23.9.2019 an das BVwG übermittelten Schriftsatz hat die wiederaufnahmewerbende Partei (wP) einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des BVwG vom 27.08.2019, Zl. L518 2100021-4/6E, abgeschlossenen Verfahrens eingebracht.
Begründend wurde ausgeführt, dass das Gericht, obwohl die wP den israelischen Reisepass und die in diesem Pass erteilten Kurzzeitvisa für Aserbaidschan zum Nachweis dafür, dass er nicht aserbaidschanischer Staatsangehöriger ist, vorgelegt.
Nunmehr liege der wP ein Schreiben der Aserbaidschanischen Botschaft in Wien vor, aus dem hervorgeht, dass die wP gemäß den Eintragungen im Staatsbürgerschaftsregister nicht aserbaidschanischer Staatsangehöriger sei und verwies auf die in Beilage befindliche Bescheinigung.
Da der Termin bei der Botschaft erst notwendig wurde, als nach Zustellung des Erkenntnisses klar war, dass das Gericht von der falschen Staatsangehörigkeit ausgeht, obwohl die wP den israelischen Pass vorgelegt hatte, konnte die oben bezeichnete Bestätigung erst am 9.9.2019 nach Vorsprache bei der Botschaft erhalten werden.
Der Antrag auf Wiederaufnahme werde seitens der rechtsfreundlichen Vertretung auf § 32 Abs. 2 VwGVG gestützt und es sei nicht auszuschließen, dass die vorgebrachte Neuerung, bei der es sich aus dargelegten Gründen um eine nova reperta handelt, welche ohne das Verschulden des Antragstellers nicht geltend gemacht werden konnte - alleine oder in Verbindung mit den sonstigen Verhandlungsergebnissen eine im Hauptinhalt des Spruches anderslautende Entscheidung herbeigeführt hätte. Aufgrund der Tatsache, dass diese Bestätigung dem Antragsteller erst am 9.9.2019 zur Kenntnis gelangte, ist dieser Antrag auch rechtszeitig.
Wie oben dargelegt, wurde die Beschwerde vom BVwG mit Erkenntnis vom 27.08.2019, L518 2100021-4/6E, rechtswirksam der wP zugestellt
Dabei wurden vom BVwG betreffend die Feststellungen zur Person der wP der bB folgende Feststellungen zitiert:
Bereits im ersten Asylrechtsgang, Az: 08 10.527 - BAL konnte ihre Identität, in concreto Ihre Staatsangehörigkeit von Aserbaidschan festgestellt werden. Die Feststellung beruhte auf ihren eigenen Angaben (siehe hierzu auch Erstbefragung vom 28. Oktober 2008) sowie der Vorlage eines unbedenklichen Führerscheines, Nationalität Aserbaidschan, Serie und Nummer: XXXX auf XXXX , geb. am XXXX (Vorakt Seite 337). Am XXXX .2009 sind Sie freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist und in Ihren Herkunftsstaat (Aserbaidschan) zurückgereist.
Spätesten am 08.01.2014 sind Sie neuerlich in das Bundesgebiet eingereist. In Ihrem zweiten Asylrechtsgang unter der Zahl 1000100503-14011525 RD-NÖ wurde rechtskräftig festgestellt, dass Sie sowohl aserbaidschanischer als auch israelischer Staatsbürger sind. Die Feststellung der israelischen Staatsbürgerschaft ergibt sich aus der Vorlage eines unbedenklichen israelischen Personalausweises und nunmehr auch durch die Vorlage eines israelischen Reisepasses. Die Identität steht sohin auch hinsichtlich ihrer israelischen Staatsbürgerschaft fest. In diesem Verfahren wurde auch überprüft, wie aus einer ACCORD Anfragebeantwortung vom 03.09.2013 zu entnehmen ist, dass man nicht automatisch bei Annahme einer weiteren Staatsbürgerschaft die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft verliert. Ihren Ausführungen, dass Sie nach Erhalt des israelischen Personalausweises, in ihrem aserbaidschanischen Ausweis eine Visumsverpflichtung sowie deswegen dauernd ausreisen müssten, wurde bereits im zweiten Asylrechtsgang als unglaubwürdig gewertet (siehe hiezu auch Vorakt Seite 371). Sie konnten bis dato weder den aserbaidschanischen Reisepass noch sonstige stichhaltige Beweise geltend machen, woraus eine Änderung der bereits rechtskräftig abgesprochenen Umstände ersichtlich wäre. Vielmehr wiederholten sie bspw. im Rahmen der Beschwerde vom 31.07.2018, ohne jedes Beweisanbot, ihr damaliges Vorbringen. Hierzu liegt jedenfalls entschieden Sache vor. Auch hinsichtlich der eingeholten, aktuelleren Staatendokumentationsanfrage vom Februar 2018 betreffend der Doppelstaatsbürgerschaft (Israel - Aserbaidschan), ergeben sich keine maßgeblichen Änderungen hinsichtlich der rechtlichen und sachlichen Situation im Vergleich zu dem maßgeblichen zweiten österreichischen Asylrechtsgang und sohin liegt auch hierzu entschiedene Sache vor. Schlussendlich sind auch ihre eigenen Ausführungen hierzu widersprüchlich, zumal Sie in Ihrer Einvernahme vom 26.02.2019 auf die Frage seit wann Sie nicht mehr die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft besitzen würden, lapidar mit 2004-2005 angegeben haben. Würde dies den Tatsachen entsprechen, wäre aber zu erwarten gewesen, dass Sie diesen Umstand bereits in Ihrem Erstverfahren bspw. im Rahmen der Erstbefragung vom 28.10.2008 (Vorakt Seite 13) vorgetragen hätten. Auch wäre im Wahrheitsfall eine freiwillige Heimreise nach Aserbaidschan, wie sie von Ihnen am XXXX .2009 wahrgenommen wurde, geradezu unmöglich sein. Es bleibt ihnen unbenommen mit Ihrer Familie in Aserbaidschan zu wohnen, zu arbeiten bzw. sämtliche Bürgerrechte in Anspruch zu nehmen. Seitens des Bundesamtes steht sohin zweifelsfrei fest, dass Sie Staatsbürger von Aserbaidschan als auch von Israel sind und für beide Staaten eine uneingeschränkte Staatsbürgerschaft vorliegt.
Die Feststellung, zu Ihrem Gesundheitszustand ergibt sich aus Ihren Angaben. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen haben sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass Sie an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leiden.
Aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten erkennungsdienstlichen Behandlung ergibt sich, dass Sie mit der Person, die unter AIS-Zahl: 0810527 und VZ-Zahl: 14011525 einen Antrag eingebracht hat, identisch sind.
Das erkennende Gericht folgte den Ausführungen der belangten Behörde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das BVwG hat zentral durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie durch den eingebrachten Antrag samt Einsicht des in Vorlage gebrachten Bescheinigungsmittels Beweis erhoben.
1. Feststellungen (Sachverhalt)
Das oben bezeichnete, bezughabende Verfahren des BVwG wurde mit Erlassung des Erkenntnisses rechtswirksam abgeschlossen. Dies wurde dem Grunde nach nicht in Abrede gestellt.
Am 9.9.2019 erhielt die wP von der aserbaidschanischen Botschaft die Bestätigung, dass kein Eintrag über das Bestehen eines Dokumentes, welches die Staatsangehörigkeit der Republik Aserbaidschan von XXXX , geb. am XXXX bestätigt in dem zwischenbehördlichen automatisierten Informationssuchsystem "Ein- und Ausreise und Registration" festgestellt wurde.
2. Beweiswürdigung
Der für diese Entscheidung maßgebliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung
1.
§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn
1. [...]
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder
3. [...]
4. [...]
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
1.1. Wie die Materialien zum VwGVG 2014 (RV 2009 Blg NR 24. GP, 7) erkennen lassen, sind die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG 2014 denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet. Auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe kann folglich zurückgegriffen werden (VwGH 28.06.2016, Ra 2015/10/0136).
Der gegenständliche Antrag zielt darauf ab, das mit oa. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes rechtskräftig abgeschlossene vorangegangene Verfahren des Wiederaufnahmewerbers aufgrund neuer Tatsachen, beziehungsweise Beweismittel im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG wieder aufzunehmen.
Es muss sich um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde ("nova reperta"), nicht aber um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel ("nova producta" bzw. "nova causa superveniens"). Nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG 2014 rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen; gleiches gilt für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf "alte" - d.h. nicht erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene - Tatsachen beziehen (18.01.2017, Ra 2016/18/0197 ).
Neu entstandene Tatsachen, also Änderungen des Sachverhalts nach Abschluss des Verfahrens, erübrigen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil in diesem Fall einem Antrag auf der Basis des geänderten Sachverhaltes die Rechtskraft des bereits erlassenen Bescheides nicht entgegensteht. Bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung über einen Asylantrag eingetreten sind, ist kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag (auf internationalen Schutz) zu stellen (vgl. dazu VwGH 17.02.2006, 2006/18/0031; 07.04.2000, 96/19/2240, 20.06.2001, 95/08/0036; 18.12.1996, 95/20/0672; 25. 11. 1994, 94/19/0145; 25.10.1994, 93/08/0123; 19.02.1992, 90/12/0224 u.a.).
Das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweise allein genügt nicht, um das Verfahren wieder aufzunehmen. Es handelt sich bei diesem "Neuerungstatbestand" nämlich um einen relativen Wiederaufnahmegrund und ist für eine Wiederaufnahme weiters erforderlich, dass die neuen Tatsachen und Beweise voraussichtlich auch zu einem anderen Verfahrensergebnis führen würden (vgl. VwGH 14.06.1993, 91/10/0107; 27.09.1994, 92/070074; 22.02.2001, 2000/04/0195). Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (vgl. VwGH vom 19. April 2007, 2004/09/0159).
Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das BVwG entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. VwGH vom 18.01.2017, Ra 2016/18/0197).
Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient jedenfalls nicht dazu, Versäumnisse während eines Verwaltungsverfahrens zu sanieren (VwGH 27.07.2001, Zl. 2001/07/0017; 22.12.2005, Zl. 2004/07/0209).
2. Fallbezogen ergibt sich somit Folgendes:
2.1. Auf Grund der Aktenlage ist unstreitig, dass die wP den Wiederaufnahmeantrag gem. § 32 Abs 2 VwGVG binnen zwei Wochen ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes, somit rechtzeitig, beim BVwG eingebracht hat.
2.2. Die wP legte mit dem Wiederaufnahmeantrag eine am 9.9.2019 ausgestellte Bescheinigung der Botschaft der Republik Aserbaidschan in Wien vor, welche bestätigt, dass kein Eintrag über das Bestehen eines Dokumentes, welches die Staatsangehörigkeit der Republik Aserbaidschan von XXXX , am XXXX geb., im Informationssuchsystem IAMAS "Ein- und Ausreise und Registration" feststellt.
Bei diesem Bescheinigungsmittel handelt es sich um ein solches Beweismittel iSd § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG, das zum Zeitpunkt des Abschlusses des wiederaufzunehmenden Verfahrens noch nicht vorhanden war und erst über Veranlassung der wP verfasst wurde. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es der wP möglich gewesen wäre, dieses Bescheinigungsmittel bereits anlässlich des in Frage stehenden Bezug habenden Verfahrens zu erwirken.
Hierbei handelt es sich somit um eine schriftliche Bekräftigung des mündlichen Vorbringens im vorangegangen Verfahren. Für die Beurteilung ob dieses geeignet ist eine Wiederaufnahme zu begründen, bedarf es einer Beurteilung ob es die Eignung hat, dass ein anderes Ergebnis der Entscheidung zustande kommt. Diese Eignung ist im konkreten Fall jedoch zu verneinen.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Vorlage des israelischen Reisepasses mit einem aserbaischanischen Visum nicht geeignet ist, die im Vorverfahren festgestellte Doppelstaatsbürgerschaft zu widerlegen. Vielmehr wird dadurch lediglich bestätigt, dass die Person, welche dieses nationale Dokument vorlegt, auch die israelische Staatsangehörigkeit besitzt, welche nicht in Abrede gestellt wurde.
Insoweit die Bestätigung aussagt, dass eine Person mit der Schreibweise des Namens " XXXX " nicht im Informationssuchsystem IAMAS "Ein- und Ausreise und Registration als aserbaidschanischer Staatsangehöriger aufscheine, so war festzustellen, dass bereits bei einer leicht geänderten Schreibweise des Namens (z.B. " XXXX ") ein negatives Ergebnis, wie auch bei diversen Anfragesystemen der Republik Österreich auch, aufscheinen würde. Zudem steht fest, dass die wP am XXXX .2009 freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Aserbaidschan zurückkehrte. Wenn, wie bereits oben dargelegt, die wP bereits im Jahr 2004 bis 2005 keine aserbaidschanische Staatsbürgerschaft mehr besessen hätte, wäre diese freiwillige Rückkehr nach Aserbaidschan nicht möglich gewesen. Zudem war festzustellen, dass die wP anlässlich der erstmaligen Asylantragstellung einen unbedenklichen nationalen aserbaidschanischen Führerschein mit der Nummer XXXX , ausgestellt am 17.06.2005, lautend auf " XXXX ", geb. am XXXX (Vorakt Seite 337).
Auch diese Daten mit den in Vorlage gebrachten aserbaidschanischen Führerschein lassen sich nicht in Einklang bringen mit den in der Bescheinigung der Botschaft - offensichtlich durch die wP - angegebenen Daten. So scheint in diesem Führerschein nicht nur eine andere Schreibweise des Familiennamens, sondern auch ein weiterer Vorname auf.
Bereits in vorangegangenen Verfahren hat sowohl die belangte Behörde als auch das Bundesverwaltungsgericht die Doppelstaatsbürgerschaft der wP festgestellt und schlüssig nachvollziehbar dargelegt.
An dieser Einschätzung und Würdigung des gesamten Vorbringens der wP im vorangegangenen Verfahren vermag das nun vorgelegte "Beweismittel" nichts ändern. Die zitierte Beweiswürdigung und der festgestellte Sachverhalt wird dadurch nicht unschlüssig. Dieses Beweismittel ist im Ergebnis nicht geeignet voraussichtlich eine im Spruch anders gelagerte Entscheidung herbeizuführen.
Resümierend ist somit festzuhalten, dass im Wiederaufnahmeantrag keine neuen Beweismittel bzw. Tatsachen dargelegt wurden die voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anderslautendes Erkenntnis des BVwG herbeiführen könnten.
Absehen von der Verhandlung:
Eine Verhandlung konnte gem. § 24 Abs 4 VwGVG entfallen. Die wiederaufnahmewerbende Partei hat zudem auch gar keine Verhandlung beantragt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Doppelstaatsbürger nova reperta Voraussetzungen Wiederaufnahme Wiederaufnahmeantrag WiederaufnahmegrundEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L518.2100021.5.00Im RIS seit
23.09.2020Zuletzt aktualisiert am
23.09.2020