TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/25 L506 2127171-1

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Veröffentlicht am 25.10.2019
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Entscheidungsdatum

25.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L506 2127171-1/29E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht beschießt durch die Richterin Mag. GABRIEL über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch RA Mag. Reichenvater, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.05.2016, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.10.2019

I.)

A)

Das Verfahren wird wegen Zurückziehung der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II.) und erkennt zu Recht:

A)

1.) Hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG und § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

2.) Herrn XXXX wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" auf die Dauer von 12 Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan, stellte am 05.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Zuge der Erstbefragung am 05.01.2015 und der behördlichen Einvernahme am 20.01.2016 erklärte der BF zu seinen Ausreisegründen, er sei Mitglied der Partei ANP sowie ANP-Präsident eines Distrikts in der Stadt XXXX und als solcher sowie als Betreiber eines Elektrohandels von den Taliban telefonisch bedroht sowie zweimal tätlich angegriffen worden. Auch sein Vater, der ANP-Mitglied gewesen sei, sei im Rahmen einer Erpressung im Jahr 2012 getötet worden. Mit Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA vom 25.04.2016 wurden die Angaben des BF nach einer Recherche im Herkunftsstaat des BF im wesentlichen bestätigt.

3. Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX , vom 04.05.2016, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gem. § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen (Spruchpunkt II.) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Das BFA hielt beweiswürdigend fest, dass der BF zwar Opfer von Schutzgelderpressung war, doch ein Bezug zu seiner politischen Tätigkeit nicht habe festgestellt werden können. Auch habe der BF anlässlich seiner Erstbefragung lediglich einen Vorfall genannt und handle es sich beim zweiten, erst in der behördlichen Einvernahme geltend gemachten Vorfall um eine Vorbringenssteigerung und sei den diesbezüglichen Angaben des BF die Glaubwürdigkeit zu versagen.

Spruchpunkt II. begründete die Behörde zusammengefasst damit, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd § 8 Abs 1 Z 1 AsylG zu verneinen sei.

Zu Spruchpunkt III. hielt das Bundesamt fest, dass bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise gefunden werden könnten, welche den Schluss zuließen, dass durch die gegenständliche Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familien- und Privatlebens eingegriffen werden würde.

4. Mit Verfahrensanordnung vom 04.05.2016 wurde dem BF gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

5. Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

6. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens langten hg. weitere Stellungnahmen und Urkundenvorlagen ein.

7. Am 11.10.2019 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an welcher der Beschwerdeführer, dessen rechtsfreundliche Vertretung sowie ein Vertreter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl teilnahmen.

8. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt, Erörterung der zahlreichen vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Beweismittel zu seiner Integration in Österreich sowie durch die Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei.

9. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den behördlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 11.10.2019, insbesondere auch der Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I und II des angefochtenen Bescheides sowie in die zahlreichen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in Vorlage gebrachten Schreiben und Dokumente zum Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich und dessen Integration.

Festzuhalten ist, dass im vorliegenden Fall inhaltlicher Gegenstand der Entscheidung ausschließlich die Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist, zumal der Beschwerdeführer bzw. sein rechtsfreundlicher Vertreter seine Beschwerde hinsichtlich der Nichtgewährung von Asyl und der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung nach Pakistan im Rahmen der hg. mündlichen Verhandlung eigeninitiativ zurückgezogen hat und sohin Spruchteil I und II des erstinstanzlichen Bescheides in Rechtskraft erwachsen sind.

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers konnte mangels Vorlage geeigneter Identitätsdokumente nicht abschließend festgestellt werden. In seinem Herkunftsstaat betrieb der Beschwerdeführer ein Elektrowarengeschäft. Er hat an der Universität in XXXX studiert und befindet sich dessen Familie (Frau, Kind), zu welcher der Beschwerdeführer in Kontakt steht, im Herkunftsstaat.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen wurden durch eine Vorortrecherche der Staatendokumentation des BFA zum Großteil verifiziert.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 05.01.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und befindet sich sohin seit knapp fünf Jahren durchgehend in Österreich. Es handelt sich bei dem Antrag auf internationalen Schutz um dessen einzigen Antrag. Folgeanträge wurden nicht gestellt und kam der Beschwerdeführer auch seiner Mitwirkungspflicht im Asylverfahren nach. Die Verfahrensdauer ist ihm daher nicht anzulasten.

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der XXXX Universität XXXX vom 19.02.2019 zum Studium der Anglistik und Amerikanistik unter der Bedingung zugelassen, dass er vor der ersten Diplomprüfung die Ergänzungsprüfung Latein nachweist; der Beschwerdeführer geht diesem Studium nach. Zuvor hat er einen Vorstudienlehrgang der XXXX Universitäten und Hochschulen im Wintersemester 2016/2017 Deutsch Niveaustufe 2 besucht. Er hat am XXXX die B1 Deutschprüfung bestanden sowie am XXXX die C1 Prüfung mit gutem Erfolg absolviert und war auch ohne Dolmetscher in der Lage, in der hg. Verhandlung die an ihn gerichteten Fragen ohne Probleme zu verstehen und umfassend in gutem Deutsch zu beantworten.

Der Beschwerdeführer hat zahlreiche Empfehlungsschreiben (alleine 17 in der letzten Urkundenvorlage vom 14.05.2019) von Privatpersonen in Vorlage gebracht, welche ihm ua. gute Sprachkenntnisse, ein intensives freiwilliges Engagement sowie einen großen Freundeskreis und positive Charaktereigenschaften attestieren.

Der Stadtrat für Gesundheit und Pflege XXXX sowie die XXXX Stadträtin für Verkehr bestätigte dem Beschwerdeführer ein umfassendes Engagement für die Gesellschaft durch seine zahlreichen freiwilligen Tätigkeiten.

Seit Februar 2018 versieht der Beschwerdeführer jeden Samstag und Sonntag von 14 bis 22 Uhr gemeinnützige Hilfstätigkeiten als Reinigungskraft im Auftrag der Stadt XXXX im Ausmaß von 16 Wochenstunden, wofür er 300 bis 400 Euro monatlich verdient.

Insgesamt 16 bis 20 Wochenstunden leistet der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2017 bzw. 2018 freiwillige gemeinnützige Tätigkeiten (Montag: Essensausgabe im Stadteilzentrum XXXX , Dienstag: Hilfstätigkeiten wie zB Reinigungsarbeiten bei der Volkshilfe, Mittwoch: GFSG -Gesellschaft zur Förderung seelischer Gesundheit - Seniorenbetreuung im Seniorenzentrum XXXX , Donnerstag: Verkaufstätigkeiten für die Caritas, Freitag: Verein XXXX - Seniorenbetreuung). Für diese Tätigkeiten erhält der Beschwerdeführer monatlich 100-150 Euro.

Aus den genannten Einkünften bestreitet der Beschwerdeführer zum Teil seinen Unterhalt; den restlichen Unterhalt bestreitet der Beschwerdeführer aus der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer verfügt hinsichtlich der genannten Tätigkeiten über den österreichischen Freiwilligenpass und hat einen Erste- Hilfekurs inklusive Auffrischungskurs absolviert.

Für seine unterschiedlichen freiwilligen Tätigkeiten hat der Beschwerdeführer auch mehrfach verschiedene Schulungen und Fortbildungsveranstaltungen besucht.

Er hat sich bei diversen Unternehmen (Fa. XXXX , Fa. XXXX , Fa. XXXX , Fa. XXXX Autoreinigung) beworben und hat Einstellungszusagen/Arbeitsvorverträge unter der Bedingung der Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung vorgelegt. In der hg. Verhandlung hat er einen Arbeitsvorvertrag vom XXXX für eine Vollzeitbeschäftigung als Friseur bei Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung vorgelegt, in dem der künftige Nettolohn von ? 1.335,- bestätigt wird, womit der Beschwerdeführer selbsterhaltungsfähig ist. Er möchte nach Erteilung eines entsprechenden Aufenthaltstitels unverzüglich eine Arbeit aufnehmen, um sich auch im Arbeitsprozess vollständig zu integrieren.

Er ist Mitglied im Turnverein XXXX und im Aesthetic Group Gymnastics, base XXXX aktiv, hat den XXXX Cricketclub gegründet, wo er bis dato Obmann-Stellvertreter und Schriftführer ist und verfügt über einen Ausweis der Stadtbibliothek XXXX .

Ferner ist er Inhaber des Kulturpasses und hat einen Werte- und Orientierungskurs besucht.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

2.2. Beweiswürdigung:

Die Identität und Nationalität des Antragstellers konnte durch die Recherchen des Vertrauensanwaltes im Herkunftsstaat des BF zwar glaubhaft gemacht werden, doch mangels Vorlage eines geeigneten Identitätsdokumentes nicht abschließend festgestellt werden. Die Feststellungen hinsichtlich der Recherche in Pakistan resultiert aus der im Akt einliegenden Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA, welche nicht in Zweifel gezogen wird.

Die festgestellte wirtschaftliche, sprachliche und soziale Integration des Beschwerdeführers in Österreich resultiert aus den Angaben des BF in der hg. Beschwerdeverhandlung, in welcher sich die erkennende Richterin auch einen persönlichen Eindruck von der Person des BF verschaffen konnte, den diesbezüglichen im Akt einliegenden Ausführungen in den zahlreichen schriftlichen Stellungnahmen und Bestätigungen sowie aus den in Vorlage gebrachten Unterlagen (insbes. Bescheid der Universität XXXX , ÖSD Zertifikate, Freiwilligenpass, Bestätigungen der Organisationen, in denen der BF tätig ist etc.).

Die Feststellungen zur Einreise und zum Aufenthalt in Österreich sowie zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF ergeben sich aus den Daten der Antragstellung sowie aus Auszügen aus von österreichischen Behörden geführten Datenregistern (ZMR, GVS, SC, SA und FI). Es bestand daher auch kein Anlass an der Richtigkeit der Auszüge und Auskünfte daraus zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu I) Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I und II

A) (Spruchpunkt I)

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerde in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 11.10.2019 ist der behördliche (im Spruch genannte) Bescheid des BFA vom 04.05.2016 hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. rechtskräftig geworden und daher das diesbezügliche hg. Verfahren mit Beschluss einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.

Zu II.) Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels

Zu A) (Spruchpunkt II)

3.1.1. Ob eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, ergibt sich aus § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG. Dieser lautet:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

3.1.2. Es ist zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG einen zulässigen Eingriff in das Recht des BF auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Österreich darstellt (Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechtes nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).

Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

* die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

* das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

* die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

* den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

* die Bindungen zum Heimatstaat,

* die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

* auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567;

21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99;

23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00).

In Ergänzung dazu verleiht weder die EMRK noch ihre Protokolle das Recht auf politisches Asyl (EGMR 30.10.1991, Vilvarajah ua., Zl. 13163/87 ua.; 17.12.1996, Ahmed, Zl. 25964/94; 28.02.2008 [GK] Saadi, Zl. 37201/06).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).

Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen beeinträchtigt das Recht auf Privatsphäre eines Asylantragstellers dann in einem Maße, der sie als Eingriff erscheinen lässt, wenn über jemanden eine Ausweisung verhängt werden soll, der lange in einem Land lebt, eine Berufsausbildung absolviert, arbeitet und soziale Bindungen eingeht, ein Privatleben begründet, welches das Recht umfasst, Beziehungen zu anderen Menschen einschließlich solcher beruflicher und geschäftlicher Art zu begründen (Wiederin in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg., 2002, Rz 52 zu Art 8 EMRK).

Nach der jüngsten Rechtsprechung des EGMR (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi

v. the United Kingdom, 21878/06 bzgl. einer ugandischen Staatsangehörigen die 1998 einen Asylantrag im Vereinigten Königreich stellte) ist im Hinblick auf die Frage eines Eingriffes in das Privatleben maßgeblich zwischen niedergelassenen Zuwanderern, denen zumindest einmal ein Aufenthaltstitel erteilt wurde und Personen, die lediglich einen Asylantrag gestellt haben und deren Aufenthalt somit bis zur Entscheidung im Asylverfahren unsicher ist, zu unterscheiden (im Falle der Beschwerdeführerin Nnyanzi wurde die Abschiebung nicht als ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Privatleben angesehen, da von einem grundsätzlichen Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer effektiven Zuwanderungskontrolle ausgegangen wurde).

Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat, unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) auch in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung ist zwar nicht ausschlaggebend, ob der Aufenthalt des Fremden zumindest vorübergehend rechtmäßig war (EGMR 16.09.2004, Ghiban / BRD; 07.10.2004, Dragan / BRD; 16.06.2005, Sisojeva u.a. / LV), bei der Abwägung jedoch in Betracht zu ziehen (vgl. VfGH 17.03.2005, G 78/04; EGMR 08.04.2008, Nnyazi / GB). Eine langjährige Integration ist zu relativieren, wenn der Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten, insbesondere etwa die Vortäuschung eines Asylgrundes (vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169), zurückzuführen ist (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168). Darüber hinaus sind auch noch Faktoren wie etwa Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, sowie der Grad der Integration welcher sich durch Intensität der Bindungen zu Verwandten und Freunden, Selbsterhaltungsfähigkeit, Schulausbildung bzw. Berufsausbildung, Teilnahme am sozialen Leben, Beschäftigung manifestiert, aber auch die Bindungen zum Herkunftsstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (VfGH 29.09.2007, B1150/07 unter Hinweis und Zitierung der EGMR-Judikatur).

Gemäß der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 07.10.2010, B 950/10 sind betreffend der Frage der Integration einer Familie in Österreich insbesondere die Aufenthaltsdauer der Familie in Österreich, ein mehrjährigen Schulbesuch von minderjährigen Kindern, gute Deutschkenntnisse und eine sehr gute gesellschaftliche Integration der gesamten Familie zu berücksichtigen.

Es ist weiters als wesentliches Merkmal zu berücksichtigen, wenn - anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte (vgl. zB VfGH 12.6.2010, U614/10) - die Integration der Beschwerdeführer während eines einzigen Asylverfahrens (dessen Dauer im durch den Verfassungsgerichtshof entschiedenen Fall sieben Jahre betrug), welches nicht durch eine schuldhafte Verzögerung durch den Beschwerdeführer und seine Familie geprägt war, erfolgte.

Bei der Abwägung der betroffenen Rechtsgüter zur Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes ist immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalls im Detail abzustellen. Eine Ausweisung hat daher immer dann zu unterbleiben, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

3.1.3. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Antrag:

3.1.3.1. Mit der Zurückziehung der Beschwerde sind die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides - wie unter I. A) dargestellt - in Rechtskraft erwachsen. Es ist demnach lediglich über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu entscheiden.

3.1.3.2. Der Beschwerdeführer hält sich seit Anfang Jänner 2015, sohin nicht ganz fünf Jahre, durchgehend in Österreich auf und hat seit Beginn seines Aufenthalts auch deutlich erkennbare und intensive Anstrengungen unternommen, um sich in Österreich in sprachlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht so weit wie möglich zu integrieren.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen (Distriktsleiter der Partei ANP in XXXX , Betreiber eines Elektrowarenhandels; Tötung des Vaters des BF durch die Taliban; tätliche Übergriffe auf den BF durch die Taliban) konnten durch die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BFA grundsätzlich verifiziert werden. Der Beschwerdeführer hat sohin nicht versucht, die Behörden durch tatsachenwidrige Angaben hinsichtlich seiner Asylgründe durch falsche Angaben zu täuschen, sodass dieser, was die Glaubwürdigkeit seines Vorbringens betrifft, nicht zwangsläufig mit einem negativen Ausgang des Asylverfahrens rechnen musste. Auch dieser Umstand schlägt sich positiv auf Seiten der Interessen des BF nieder und wird in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass der BF eben nicht durch bewusste und vorsätzliche Vortäuschung eines Asylgrundes seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erschlichen und somit das Asylrecht grob missbraucht hat. Es liegt sohin kein Fall vor, in dem das Gewicht aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten - insbesonders bei Vortäuschung eines Asylgrundes, beruht (VwGH 28.06.2007, 2006/21/0114, VwGH 30.08.2007, 2006/21/0246).

Obwohl sich bislang der Aufenthalt des BF seit der Asylantragstellung nur auf die damit verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung stützte, hat sich der Beschwerdeführer dem Verfahren letztlich nicht entzogen und ist ihm weder dessen knapp fünfjährige Dauer anzulasten, noch darin ein qualifizierter Missbrauch der österreichischen Rechtsordnung zu sehen (vgl. dazu auch VfGH 06.06.2014, U 145/2014).

Der BF hat seine Integration auch in sprachlicher und sozialer Hinsicht erfolgreich vollzogen, indem er entsprechende Sprachprüfungen erfolgreich absolvierte und auch über einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, dem auch viele österreichische Staatsbürger angehören, in Österreich verfügt, was auch durch die im Verfahren vorgelegten zahlreichen Empfehlungsschreiben von Privatpersonen umfassend bestätigt wird.

Der Beschwerdeführer verfügt über gute Deutschkenntnisse. Er betrieb seinen Spracherwerb durch die erfolgreiche Absolvierung verschiedener Sprachkurse und hat schließlich die B1 Prüfung abgelegt, die C1 Prüfung mit gutem Erfolg absolviert und praktiziert seine Sprachkenntnisse im Zuge seiner zahlreichen sozialen Kontakte und auch in Verbindung mit seinen freiwilligen Tätigkeiten.

Besonders die festgestellten vielen unterschiedlichen freiwilligen gemeinnützigen Tätigkeiten, welche der BF schon über einen längeren Zeitraum (seit 2017/2018) durchgehend in einem wöchentlichen Ausmaß von 16-20 Stunden regelmäßig und zum Großteil unentgeltlich versieht, machen sein Bemühen, aktiv einen sozialen Beitrag zu leisten und einer Beschäftigung nachzugehen, evident und wird letztlich sein Bestreben nach einer Arbeitsaufnahme, die ihm die Selbsterhaltungsfähigkeit ermöglicht, auch durch seine mehrfachen Bewerbungen bei den in den Feststellungen genannten Firmen sowie die diesbezüglichen Einstellungszusagen und Arbeitsvorverträge, welche an die Bedingung einer Aufenthaltsberechtigung geknüpft sind, bestätigt.

Der Beschwerdeführer, der derzeit zum Teil für seinen Unterhalt selbst aufkommt und zum anderen Teil staatliche Grundversorgung bezieht, möchte zur Gänze selbsterhaltungsfähig sein, was durch die mehrfach vorliegenden Einstellungszusagen und Arbeitsvorverträge belegt wird, zuletzt jedoch bislang aus formellen Gründen scheiterte. Er geht jedoch den in den Feststellungen genannten Tätigkeiten nach und bringt für seine Reinigungstätigkeiten für die Stadt XXXX im Ausmaß von 16 Wochenstunden 300 Euro monatlich ins Verdienen. Insgesamt ist von einer Wochenarbeitszeit des BF von ca. 36 Stunden auszugehen

Hinsichtlich der beabsichtigten Tätigkeit als Friseur verfügt der BF auch über einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag mit einem XXXX Friseur, in dem auch der künftige Nettolohn von ? 1.335,- bestätigt wird, womit der BF selbsterhaltungsfähig ist. Auch die Fa. XXXX , wo der BF eine Einstellungszusage als Lagerarbeiter hat, hat beim Vertreter des BF, wie dieser in der hg. Verhandlung glaubwürdig versicherte, ein aktuelles Interesse an der Arbeitsaufnahme des BF bekundet.

Der BF engagiert sich durch seine umfassende, mehrjährige freiwillige Tätigkeit (vor allem im Bereich der Bedürftigen- und Seniorenbetreuung) für die österreichische Gesellschaft und hat diesbezüglich auch mehrfach Fortbildungsveranstaltungen (zB ?Die Lebenswelt von Menschen mit Demenz', ?Beziehungen, Begegnungen - Wie funktioniert das zwischen uns?', ?Kommunikation: Beobachtung und Interpretation') sowie einen erste-Hilfe-Kurs (inkl. Auffrischungskurs) besucht. Er ist an der österreichischen Geschichte und Kultur interessiert, hat einen Werte- und Orientierungskurs absolviert und verfügt über einen Kulturpass, den er, wie in der hg. Verhandlung dargelegt, auch nutzt. Ferner ist er Mitglied in einem Turnverein und hat selbst einen Cricketverein gegründet, in dem er aktiv mitarbeitet.

Durch die genannten umfangreichen Aktivitäten wird der Wille des BF deutlich, sich in das gesellschaftliche Leben in Österreich einzugliedern und Bestandteil der Gesellschaft zu werden.

Er beabsichtigt das Anglistikstudium fortzuführen und möchte seinen Unterhalt als Friseur bestreiten. Der Beschwerdeführer wird sohin künftig seine Integration auch in beruflicher bzw. wirtschaftlicher Hinsicht gänzlich erfolgreich vollziehen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vermochte der Beschwerdeführer glaubhaft zu machen, dass er schon in der Vergangenheit gewillt war, zu versuchen, aus eigenen Kräften für seinen Lebensunterhalt aufzukommen, was ihm zum Teil auch bereits gelungen ist. Es ist davon auszugehen, dass er dies auch künftig tun und sich so weiterhin in die österreichische Gesellschaft und insbesondere auch vollständig am österreichischen Arbeitsmarkt integrieren wird. Der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks - durch Einvernahme des Fremden im Zuge der vom VwG durchgeführten mündlichen Verhandlung - bei der Bewertung der integrationsbegründenden Umstände im Rahmen der Interessenabwägung sowie bei der vom VwG vorgenommenen Zukunftsprognose kommt eine besondere Bedeutung zu (VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/055 mit Hinweis E 16. Oktober 2014, Ra 2014/21/0039).

Die Familie des BF lebt in Pakistan, doch ist der Grad der Beziehungen zu dieser schon insbesondere dadurch herabgesetzt, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr seit knapp fünf Jahren in Österreich aufhält und lediglich einmal monatlich mit seiner Frau über Facebook Kontakt hat. Dieser durchgängige, langjährige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und sein Integrationswille, der sich in den zahlreichen Aktivitäten des BF manifestiert, war jedenfalls im Hinblick auf die Bindungen zu Österreich sowie zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

Neben der sprachlichen und wirtschaftlichen Integration hat der Beschwerdeführer auch Anstrengungen im Hinblick auf eine gesellschaftliche Integration unternommen. Er hat durch seine Kurse und freiwilligen Tätigkeiten bei den genannten Vereinen und Organisationen gemeinnützige Tätigkeiten geleistet und durch seine Hilfsbereitschaft und seinen Fleiß auch einen erheblichen gesellschaftlichen Beitrag geleistet. Der Beschwerdeführer vermochte die knapp fünfjährige Dauer seines Aufenthaltes auch dahingehend zu nutzen, sich einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich aufzubauen, was die vorgelegten Fotos sowie die im Verfahren vorgelegten zahlreichen Bestätigungsschreiben verschiedener Privatpersonen und Organisationen auch belegen.

Die Feststellung der strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF stellt der Judikatur folgend weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420).

Schließlich ergibt sich aus den dargelegten Faktoren in einer Gesamtschau und aufgrund der Spezifika des konkreten Falles sowie unter Berücksichtigung der aktuellen höchstgerichtlichen Judikatur (jüngst VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0149-6 mit Verweis auf VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058, VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, VwGH 10.04.2019, Ra 2019/18/0049 und VwGH 10.04.2019, Ra 2019/18/0058), dass der Beschwerdeführer viele der eingangs dargelegten Kriterien, die bei der Abwägung der betroffenen Interessen maßgeblich zu berücksichtigen sind, erfüllt, und diese sich aus den exzeptionellen Umständen des Falles ergebenden verdichteten privaten Interessen des BF auch die öffentlichen Interessen an der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung überwiegen.

Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften im Rahmen einer Güterabwägung grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen in einer Gesamtschau und Abwägung aller Umstände das private Interesse an der - nicht nur vorübergehenden - Fortführung des Privatlebens des Beschwerdeführers dennoch höher zu bewerten, als das öffentliche Interesse an einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme. So ist in casu auch keine ausreichende Rechtfertigung zu erkennen, warum öffentliche Interessen es zwingend erfordern würden, dass der Beschwerdeführer Österreich verlassen müsste.

Im Hinblick auf die knapp fünfjährige Aufenthaltsdauer, die dargestellten intensiven Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers, insbesondere in den dargelegten Bereichen, geht das Bundesverwaltungsgericht sohin davon aus, dass die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens überwiegen, und eine Rückkehrentscheidung daher im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK unverhältnismäßig wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der genannten besonderen fallbezogenen Umstände zu dem Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer unzulässig ist.

Zu 2.) Aufenthaltstitel bzw. "Aufenthaltsberechtigung plus"

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 idF BGBl. 70/2015 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

§ 55 AsylG 2005 samt Überschrift lautet:

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen."

Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 14a Abs. 4 NAG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt (Z 1), einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3) oder einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4).

Das Modul 1 dient gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung. Die näheren Bestimmungen zu den Inhalten der Module 1 und 2 hat gemäß § 14 Abs. 3 NAG der Integrationsvereinbarung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen. Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist gemäß § 7 Abs. 1 IV-V die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben. Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet gemäß § 7 Abs. 2 IV-V eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF. Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §§ 14a Abs. 4 Z 2 oder 14b Abs. 2 Z 1 gelten gemäß § 9 Abs. 4 IV-V Zeugnisse des ÖIF nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

Der Beschwerdeführer hat ein ÖSD Zertifikat Deutsch C1, hat einen Werte- und Orientierungskurs absolviert und verfügt daher über die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm § 14a Abs. 4 Z 1 iVm § 14 Abs. 2 Z 1 NAG und § 7 Abs. 1 IV-V. Es ist ihm somit gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen.

Gemäß § 54 Abs. 1 AsylG 2005 werden Drittstaatsangehörigen folgende Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt:

1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt;

2. "Aufenthaltsberechtigung ", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt;

3. "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind diese Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.

Aus den EB zum FRÄG 2015 ergibt sich, dass damit zusätzlich klargestellt werden soll, dass auch das Bundesverwaltungsgericht - in jeder Verfahrenskonstellation - über einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 absprechen darf. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Einräumung einer amtswegigen Entscheidungszuständigkeit für das Bundesverwaltungsgericht, welche entsprechend dem Prüfungsbeschluss des VfGH vom 26. Juni 2014 (E 4/2014) als unzulässig zu betrachten wäre, da die Frage der Erteilung des Aufenthaltstitels diesfalls vom Prüfungsgegenstand einer angefochtenen Rückkehrentscheidung mitumfasst ist und daher in einem zu entscheiden ist.

Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 im Falle des Beschwerdeführers in Folge des Ausspruches der dauerhaften Unzulässigkeit einer diese betreffenden Rückkehrentscheidung gegeben ist, und darüber hinaus der Beschwerdeführer Deutschkenntnisse auf dem Niveau C1 - also über dem Niveau A2 - iSd § 14a Abs. 4 NAG nachweisen konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen, der Beschwerdeführer hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

Es ist daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen, insbesondere der Abwägung des Privatlebens, auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung zu Fragen des Art. 8 EMRK wurde bei den Erwägungen unter A) wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltsdauer Berufstätigkeit Deutschkenntnisse Deutschkurs Empfehlungsschreiben Integration Integrationsvereinbarung Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Sprachkenntnisse Studienbeginn Verein Verfahrenseinstellung Zurückziehung Zurückziehung der Beschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L506.2127171.1.00

Im RIS seit

23.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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